Читать книгу GEGEN UNENDLICH. Phantastische Geschichten – Nr. 14 - Alban Nikolai Herbst - Страница 2
ОглавлениеVORWORT
Liebe Freunde phantastischer Geschichten,
die einzelnen Ausgaben unserer Reihe »Gegen unendlich« kennen keinerlei Themenausrichtung, die Herausgeber sind offen für alle Motive und Spielarten der Phantastik. So öffnet sich ein weites Feld, das eine lebendige, abwechslungsreiche Mischung verspricht. Trotzdem kommt es vor, dass eine Anthologie eine Eigendynamik entwickelt und sich durch die Zusammenstellung der ausgewählten Geschichten wie von selbst zu einem Schwerpunkt hin verdichtet.
Das ist auch mit der vorliegenden Ausgabe passiert. Tiefgründig, hintersinnig und nachdenklich, aber auch abenteuerlich und böse sind die erzählerischen Streifzüge, zu denen die Leser eingeladen sind. Schon die Titel der einzelnen Geschichten wirken wie zufällige Markierungspunkte im Kontinuum einer harmlos scheinenden und dennoch verstörenden Welt: Sonne, Schatten, Schwärze, die Nacht, Stille, letzte Tage und Sommernächte kommen darin vor.
Den Reigen eröffnet Michael J. Awe mit »Unter der Sonne von Cela 14«. Ein menschlicher Besucher erhofft sich einen Traumurlaub in einem fernen Urlaubsparadies, muss aber erkennen, dass die heimische Flora mehr zu bieten hat als prächtige Blüten und verführerischen Duft.
Wo Licht ist, da ist auch Schatten. Aus welchem Stoff der besteht, davon erzählt Andreas Fieberg in seiner Geschichte, in der es um Fluch und Segen des Schattenmachens geht.
Von schwarzen Löchern, mit denen die Zeit ausgetrickst wird, handelt Kurt Tichys fulminante Geschichte »Schwarze Hügel«. Der Reisende durch Vergangenheit und Zukunft erscheint allerdings nicht allzu glaubwürdig, so schillernd seine Berichte auch sein mögen.
Matthias Ramtke führt uns an den Rand einer Grube auf einem Gefängnisplaneten, in der ein Rätsel lauert. Das verheißt dem einzigen überlebenden Häftling nichts Gutes.
Hubert Katzmarz taucht in seiner bildgewaltigen, symbolschweren Geschichte »Nachtwanderung« tief ein in einen Alptraum, der den Erzähler fest im Griff hat, während Uwe W. Appelbe in seiner atmosphärisch dichten Geschichte »Die Kinder« das Grauen in einer nebelverhangenen englischen Grafschaft beschwört.
Ebenfalls eine düstere Angelegenheit ist – trotz ihres heiteren Titels – die Anekdote »In einer Sommernacht« von Ambrose Bierce, die das Motiv der Beerdigung eines Lebenden nonchalant parodiert.
Stefan Lammers beweist mit seiner virtuos abgezirkelten Kürzestgeschichte »Acht Grad«, dass effektives Erzählen auch auf engstem Raum funktioniert. Er liefert hier die ultimative Story zum Thema »Internet der Dinge«.
Schließlich konnten wir mit Herbert W. Franke, Alban Nikolai Herbst, Georg Klein und Friedrich Wilhelm Korff vier Autoren gewinnen, von denen jeder auf seine ganz eigene Art beträchtliches literarisches Gewicht in die Waagschale wirft.
Georg Kleins Erzählung »Allwurzler« macht uns mit einer bizarren Symbiose bekannt, die trotz ihrer Fremdheit etwas Heimeliges und Tröstendes hat. Den Lesern dürfte nicht neu sein, dass Georg Klein zuletzt mit dem vieldiskutierten phantastischen Roman »Miakro« hervorgetreten ist, der für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert wurde.
Alban Nikolai Herbst wiederum ist genre-affinen Lesern vor allem dank seiner monumentalen »Thetis«-Trilogie vertraut, deren erster Teil mit dem Phantastik-Preis der Stadt Wetzlar ausgezeichnet wurde. In der hier vorgestellten Erzählung erliegen die Figuren der Magie der geschwungenen Linie, die markant war in der Gestaltung des Architekten Antoni Gaudí.
Herbert W. Franke steht mit seiner Kurzgeschichte »Das Spiel der letzten Tage« den beiden Vorgenannten in stilistischer Brillanz und erzählerischem Tiefgang in nichts nach. Schauplatz ist ein mondänes Schloss, in dem vergnügliche Kurzweil herrscht, dessen Inszenierung über eine fatale Situation hinwegtäuschen soll.
Gleiches wie über seine Kollegen lässt sich von Friedrich Wilhelm Korff sagen, der – von Marcel Reich-Ranicky einst hochgelobt – seinerzeit als eine der Hoffnungen der jungen deutschen Literatur galt. »Der stille Katarakt« berichtet von einer Stromschnelle in einem Zufluss des Amazonas, die jene verzaubert, die ihren Lockungen nachgeben. Diese Erzählung steht stellvertretend für viele von Korffs Texten: »Es entsteht ein Sog des Irrationalen, der sich als plötzliches Erschrecken vor einer rätselhaften Wirklichkeit mitteilt« (Manfred Durzak). Es ist uns ein Anliegen, diesen Autor mit seinen bemerkenswerten Texten einer neuen Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Das Titelbild verdanken wir wie schon oft, so auch diesmal Stefan Böttcher, der es gleich den hier vertretenen Autoren versteht, seinen Motiven unverwechselbare Gestalt zu geben.
Wir wünschen Ihnen so viel Freude beim Schmökern, wie wir beim Zusammenstellen dieser Ausgabe hatten. Lassen Sie sich gut unterhalten!
Die Herausgeber
Awe / Fieberg / Pack
Bonn, im August 2018