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Einleitung

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Mumien besitzen eine unglaubliche Anziehungskraft. Man kann sich kaum der Faszination entziehen, die von den konservierten Körpern ausgeht, auch wenn es sich um tote Menschen handelt, die nicht immer einen schönen Anblick bieten müssen. Wissenschaftler und Experten aller möglichen Fachrichtungen reißen sich geradezu darum, Mumienfunde unter die Lupe zu nehmen. Jährlich pilgern abertausende Besucher in die Museen dieser Welt, um Ausstellungen um oder mit Mumien zu sehen. Ausstellungen, die sich ausschließlich mit diesem Thema beschäftigt haben, wie beispielsweise die von den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim initiierte Schau „Mumien – Der Traum vom ewigen Leben“, haben sich als wahre Publikumsmagneten entpuppt. Worin gründet diese Begeisterung, was treibt uns an, uns so intensiv mit den Verstorbenen früherer Zeiten zu beschäftigen? Ein Grund liegt sicher darin, dass Mumien einen unmittelbaren Einblick in die Lebensumstände unserer Vorfahren geben können, zum Beispiel ihre Ernährungsweise, ihre Krankheiten und vieles mehr. Schließlich handelt es sich hierbei um Menschen, die mitunter vor vielen tausend Jahren gelebt haben und somit ein unverfälschtes Bild längst versunkener Kulturen zu liefern vermögen. Dazu kommt, dass durch den Erhalt des Weichgewebes, wie der Haut, der Haare und inneren Organen bis hin zu noch erkennbaren Gesichtszügen, eine gewisse Unmittelbarkeit entsteht. Man erkennt, dass es sich um Menschen handelt, die einmal gelebt und vielleicht mit denselben Ängsten und Nöten zu kämpfen hatten wie wir oder auch die gleichen Freuden erlebt haben. Darüber hinaus konfrontieren uns Mumien auch mit dem eigenen Tod, mit der Vergänglichkeit und der Möglichkeit, den Körper zu konservieren und damit auch den Traum vom ewigen Leben zu versinnbildlichen. Schließlich sind es oft auch die besonderen Fundumstände oder die historischen und kulturellen Hintergründe, aus denen die konservierten Körper stammen, die den besonderen Reiz ausmachen. Sind Mumien doch oft Teil von Kulturen, in denen religiöse Vorstellungen dazu geführt haben, Techniken zu entwickeln, um den natürlichen Kreislauf der Natur zu unterbrechen und den Körper für ein Leben nach dem Tod zu erhalten. Ein Phänomen, das weiter verbreitet ist, als man zunächst denken würde, und bis in unsere Zeit seine Spuren hinterlassen hat.

Mit dem Begriff „Mumien“ verbindet man in erster Linie ägyptische Mumien und hierbei vor allem die berühmten Könige der pharaonischen Reiche, wie beispielsweise den jungen Pharao Tutanchamun, den „Ketzerkönig“ Echnaton und den erfolgreichen Kriegsherrn und Baumeister Ramses II. Aber auch die Mumien von hohen Beamten und Gelehrten, die zu Dutzenden in den verschiedenen Museen und Sammlungen auf der ganzen Welt zu finden sind, haben die ägyptischen Mumien zum Inbegriff der Mumifizierung und des Wunsches nach der Unversehrtheit des Körpers im Jenseits werden lassen. Die oft kunstvoll gewickelten ägyptischen Mumien und gerade auch die bunt bemalten und reich verzierten Särge mit zahllosen Beigaben von Schmuck, Amuletten, Gefäßen und vielem mehr faszinierten von Beginn an Forscher, Entdeckungsreisende sowie die Leser ihrer Berichte und die Museumsbesucher. Mumien aus anderen Kulturkreisen sind meist weit weniger bekannt. Eine Ausnahme bildet der in den Ötztaler Alpen (Südtirol) gefundene Mann aus dem Eis, der unter seinem Spitznamen „Ötzi“ ebenfalls großes Interesse auf sich gezogen hat. Das mit 5300 Jahren hohe Alter der Gletschermumie, die zufälligen Fundumstände, aber auch die intensive Erforschung seines Lebens bis hin zu seinem gewaltsamen Tod haben ihm einen besonderen Stellenwert sowohl in der Forschung als auch in der öffentlichen Wahrnehmung verschafft. Nicht zuletzt, weil ein Großteil seiner Kleidung und seiner Ausrüstung erhalten geblieben ist, die einen völlig neuen und einmaligen Einblick in die frühe Kupferzeit des Alpenraums ermöglichen. Etwas weniger bekannt als der Mann aus dem Eis oder die ägyptischen Mumien, aber mindestens genauso beeindruckend ist die Mumie der Rosalia Lombardo, die in den Katakomben des Kapuzinerklosters in Palermo auf Sizilien zu finden ist. Der außergewöhnlich gut erhaltene Körper des jungen Mädchens, das von den Einheimischen auch „la bella addormentata“, die schöne Schlafende, genannt wird, wurde nach seinem Tod im Jahre 1920 von Alfredo Salafia meisterhaft einbalsamiert. Darüber hinaus wird gelegentlich auch von Mumienfunden in Südamerika, insbesondere in Peru und Chile, berichtet. Es dürfte aber den wenigsten wirklich bewusst sein, dass Mumien sich nicht auf bestimmte Regionen der Erde und bestimmte Kulturen beschränken, sondern vielmehr ein weltweites Phänomen darstellen. In der Tat finden sich mumifizierte menschliche Überreste auf allen Kontinenten unserer Erde und in vollkommen unterschiedlichen geographischen Regionen mit extrem voneinander abweichenden klimatischen Gegebenheiten. Diese Funde reichen von den in Eis mumifizierten Teilnehmern der Franklin-Expedition im Norden Kanadas bis zu den Hochland- und Wüstenmumien Südamerikas, von den Moorleichen in Nordeuropa über die verschiedensten Kirchenmumien in ganz Europa bis zu den Guanchen-Mumien auf den Kanarischen Inseln und schließlich von den Skythen-Mumien in Sibirien über mumifizierte chinesische, koreanische und japanische Mönche bis hin zu den tätowierten Köpfen der Maori in Neuseeland. Dabei variieren die Zeitstellung und die Art der Mumifikation ganz erheblich und hängen sehr stark von den entsprechenden Umgebungsbedingungen ab. Das vorliegende Buch beschränkt sich daher nicht auf einige wenige bekannte Mumienfunde, sondern möchte einen umfassenden und allgemein verständlichen Überblick über das Phänomen Mumien geben. Dabei soll zunächst geklärt werden, auf welche Weise Mumien entstehen, wo sie gefunden wurden und aus welcher Zeit sie stammen. Im Anschluss werden Mumienfunde aus allen Regionen der Welt vorgestellt, mit besonderem Augenmerk auf die Forschungsergebnisse, die in jüngster Zeit erzielt wurden.

Die Welt der Mumien

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