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I.
Spieler und Fälscher
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Als das Ballet zu Ende war, machte Sandfort den Vorschlag, ein in der Nähe des Theaters befindliches Kaffeehaus zu besuchen. Der Vorschlag wurde angenommen und wir gingen.

Oben auf der Treppe, die von den ersten Logen zur Vorhalle führt, stießen wir auf Mr.**, meinen Chef, der ebenfalls das Theater verließ. Er beantwortete die Entschuldigungen Merton’s mit einer leichten Verbeugung und sah uns einen Augenblick mit der größten Gleichgültigkeit an, ohne daß er die Bekanntschaft mit mir durch Blick oder Geberde merken ließ. Ich glaubte wirklich, er hätte mich in meinem neuen Anzuge nicht erkannt; aber als ich mich umsah, wurde ich enttäuscht; ein flüchtiger Blick, der zugleich Befriedigung und Ermuthigung ausdrückte, schoß mit Blitzesschnelle aus seinen Augen hervor.

Er wußte nicht, wie wenig ich einer Aneiferung bedurfte, um das Ziel, welches wir Beide vor Augen hatten, zu erreichen.

Sandfort ließ Champagner bringen, wir stachen drei bis vier Flaschen aus. Sandfort zumal schien sehr vergnügt; er war, wie gewöhnlich, geschwätzig. aber witzig; er kramte eine Menge scandalöser Anekdoten aus; er sah in mir nur eine neue Beute, einen reichen Gimpel, den er zum zweiten Male eben so leicht rupfen könne wie das erste Mal, und er frohlockte schon im Voraus über den seiner Meinung nach unfehlbaren Sieg, über die guten Entschließungen und die Gelübde die ich dem Gott Hymen geleistet hatte.

Zwischen zwölf und ein Uhr erbot sich Sandfort uns zu einem Freunde zu führen, wo wir gute und vergnügte Gesellschaft finden würden.

Der Vorschlag wurde von Charles Merton sehr bereitwillig angenommen. Der junge Gentleman schien das Champagnertrinken für ein gar zu unschuldiges Vergnügen zu halten und hatte schon längst seine Ungeduld zu erkennen gegeben.

Ich stand auf und nahm meinen Hut um mit den Andern fortzugehen. .

»Sie gehen doch mit uns, Waters?« fragte Sandford.

»Sie spielen nicht« aber zusehen werden Sie doch?«

»Ja,« erwiederte ich; »aber Sie müssen mir Ihr Ehrenwort geben, mich zum Spiel nicht zu verleiten.«

»O! von Herzen gern; Ihre Tugend soll nicht in Versuchung kommen, so wahr ich ein Gentleman bin.«

In zehn Minuten kamen wir vor ein ganz ruhiges und anständig aussehendes Haus unweit des Strandes.

Sandfort klopfte leise und auf eigenthümliche Weise an die Hausthür. Es wurde sogleich auch von Innen geklopft. Ein Losungswort, das ich nicht verstand, wurde durch das Schlüsselloch gewechselt; dann that sich die Thür auf und wir traten ein.«

Der Hausgang war von einer Lampe beleuchtet. Wir gingen in den ersten Stock hinauf. Die Fensterläden waren sorgfältig verschlossen und mit Polstern verrammelt, so daß man von der Straße unmöglich sehen konnte, was im Hause vorging.

Die Zimmer waren glänzend erleuchtet. Zwei Tische erregten sogleich meine Aufmerksamkeit: ein Roulettetisch und ein Tisch mit Würfeln und Karten.

Beide Tische waren mit Spielern besetzt. Auf einem dritten Tische stand eine Menge Wein, Liqueur und Backwerk.

Ich warf einen flüchtigen Blick auf die Gesellschaft. Diese bestand aus zwölf bis fünfzehn Personen. Einige derselben gehörten, wie Charles Merton, offenbar den höheren Ständen an; die Uebrigen waren Gauner nach Art meines Freundes Sandfort-Cardon.

Im ersten Augenblicke wurde mir ganz bange, als ich die unheimlichen, tückischen Gesichter sah; ich fürchtete, der eine oder andere dieser eleganten Gauner könne die wahre Absicht meines Erscheinens in ihrer Mitte errathen; aber bald tröstete ich mich mit dem Gedanken, daß meine Besorgniß ungegründet sey: ich war erst seit drei bis vier Monaten im Dienste der Polizei und hatte meinen Posten immer in einem sehr entfernten Stadttheile gehabt, es war daher keineswegs wahrscheinlich, daß einer von ihnen mein Gesicht bemerkt hatte.

Trotzdem machte mein Erscheinen einiges Aufsehen.

Man sah Sandfort und Merton fragend an, und ein dicker Mann, der in amerikanischem Accent sprach, trieb seine Neugier und Rücksichtslosigkeit so weit, daß er mich für einen verdächtigen Menschen erklärte.

»Ich bürge für ihn,« sagte Sandfort. »Damn it!« wenn ich für Jemand gutstehe, so wird sich doch in der ehrenwerthen Gesellschaft Niemand erkühnen, ihn mit Mißtrauen zu betrachten!«

Dann flüsterte er dem dicken Amerikaner einige Worte zu, die ein höhnisches Lächeln auf dessen Mund hervorriefen und sein Benehmen gegen mich änderten.

Dies beruhigte mich, denn obgleich ich in meinen Beinkleidertaschen doppelläufige Terzerole trug und eins derselben beständig in der Hand hielt, konnte ich mich doch mitten unter diesen Gaunern, deren Platz auf den Galeeren und nicht in einem Salon war, einer gewissen Bangigkeit nicht erwehren.

Bald war das Spiel in vollem Zuge. Man lud mich ein, am Spiel Theil zu nehmen; ich lehnte es ab, und man schien meine Weigerung nicht weiter zu beachten.

Fünf Minuten nachher wurde die Einladung wiederholt; ich sträubte mich dieses Mal nur schwach. Die Spieler wechselten einige bedeutungsvolle Blicke: sie gaben dadurch zu verstehen, man müsse meinem Gewissen Zeit zum Einschlummern lassen. Endlich auf die dritte Einladung ergab ich mich, aber unter der Bedingung, nicht mehr als eine Guinee zu setzen. Man antwortete mir, die Gesellschaft spiele nicht um zu gewinnen, sondern zur Unterhaltung, es stehe mir daher frei, nach Belieben zu setzen. Ich setzte mich an den Tisch: mein Gegner war der dicke Americaner.

Er hatte wirklich die Manieren eines Gentleman; er war so artig, mich anfangs gewinnen zu lassen, so daß ich am Schlusse der Sitzung zehn Pfund Sterling besaß, die aus der Tasche des Dämons schnurstracks in die meinige gewandert waren.

Charles Merton, den ich nicht aus den Augen ließ, spielte mit einer an Wahnsinn grenzenden Leidenschaft. Er schien sehr beträchtliche Summen zu verlieren, und da er kein Geld bei sich hatte, so stellte er Wechsel aus. Die Gauner brandschatzten den unglücklichen jungen Gentleman mit unerhörter Frechheit; nur ein Neuling konnte sich so betrügen lassen, oder die Leidenschaft des Spiels mußte ihn dergestalt blenden, daß er das Complott nicht merkte und den Rath seines Freundes Sandfort, der weder Würfel noch Karten anrührte, blindlings befolgte.

Die ehrenwerthe Gesellschaft trennte sich gegen sechs Uhr Morgens. Jeder entfernte sich durch die Hinterthür und erhielt zum Abschiede das Losungswort für die folgende Nacht.

Einige Minuten nachher war ich bei Mr.** und stattete ihm Bericht ab. Er war sehr erfreut über; den glücklichen Erfolg meiner Kriegslist, empfahl mir aber die größte Vorsicht und Geduld.

Da ich das Losungswort kannte, so wäre es mir ein Leichtes gewesen, in der folgenden Nacht die ganze Bande gefangen zu nehmen; aber ich würde dann meinen Auftrag nur halb vollzogen haben. Denn einige von diesen Gaunern, namentlich Sandfort, waren nicht nur falsche Spieler, sondern der Ausgabe fremder gefälschter Banknoten dringend verdächtig. Mein Augenmerk mußte daher auf den gesetzlichen Beweis dieses neuen Verbrechens gerichtet seyn, und überdies mußten wo möglich alle von Charles Merton ausgestellten Wechsel und Schuldscheine in Beschlag genommen werden.

»In den folgenden sieben bis acht Tagen ereignete sich nichts Bemerkenswerthes. Es wurde wie gewöhnlich jede Nacht gespielt, und jede Nacht sank Charles Merton tiefer in den Abgrund. Eines Abends brachte er den Schmuck seiner Schwester; er verlor Alles, ohne daß ihn Jemand fragte, wie er in den Besitz dieser Damengeschmeide gekommen war. Endlich hatten seine »Ehrenschulden« – wie man die Spielschulden nennt – eine so bedeutende Summe erreicht, daß ihm Sandfort zu verstehen gab, es werde Niemand mehr mit ihm spielen, wenn er nicht Geld herbeischaffe, um seine Wechsel und Schuldscheine einzulösen. Er machte ihm den Vorschlag, seine Besitzungen zu verpfänden und mit der Anleihe seine Spielschulden zu bezahlen.

Charles Merton bebte anfangs zurück vor dem Abgrunde, in welchen er nicht nur sich selbst, sondern auch seine Familie stürzte. Aber um seine Bedenklichkeiten zu besiegen, wurde ein albernes, aber unter solchen Umständen ganz unfehlbares Mittel angewandt. Merton glaubte sehr geschickt im Ecarté zu seyn; man wählte dieses Spiel und ließ ihn mehre Partien gewinnen, zum scheinbaren Aerger der Verlierenden. In dieser Schlinge hatte ich mich vormals selbst fangen lassen und war daher leicht im Stande sie zu entdecken. Ueberdies merkte ich wohl, daß man einen Hauptschlag vorbereitete.

Während dieser acht Tage war ich natürlich nicht müßig geblieben: ich hatte Sandfort auf einem Wege, den er für ganz zuverläßlich hielt, im Vertrauen sagen lassen, daß ich nach London gekommen sey, um eine Summe von vier- bis fünftausend Pfund Sterling in Empfang zu nehmen; daß diese Summe aber nur ein kleiner Theil des von meinem Oheim Paßgrov geerbten Vermögens sey. Dieselbe Person hatte hinzugesetzt, daß ich nach Empfang jener Summe in die Provinzstadt, wo ich meinen bleibenden Aufenthalt genommen, zurückkehren würde.

Wie funkelten die Augen Sandfort’s und seiner Spießgesellen, als ich gesprächsweise äußerte was er schon wußte!

O! Freund Sandfort, trotz deiner Schlauheit und Arglist habe ich Dich am Gängelbande geführt, wie einen blinden Einfaltspinsel! Denn nur ein Einfaltspinsel kann wähnen, der Mann, den Du ruinirt, fast entehrt hattest, könne deine Ruchlosigkeit und Tücke so leicht vergessen.

Die Angelegenheit war ihrer Lösung nahe, die glückliche oder unglückliche Entscheidung mußte in der Nacht erfolgen. Charles Merton hatte Geld auf Hypothek erhalten, seine Wechsel sollten am andern Morgen eingelöst werden. Ich hatte gesprächsweise gesagt, daß ich die fünftausend Pfund Sterling, die eigentliche Ursache meiner Anwesenheit in London, an demselben Tage erhalten würde.

Durch seine neuen Siege im Ecarté geblendet und durch seinen Freund Sandfort angeeifert, hatte Merton in der vorigen Nacht einen unheilvollen Entschluß gefaßt. Statt neuerlich seine Schulden zu bezahlen, setzte er so viel baares Geld, wie er den Gaunern verschrieben hatte. Wenn ihm nun das Glück, welches ihm in den letzten Nächten gelächelt hatte, fortwährend günstig war, so konnte er Alles, was er seit sechs Monaten verloren, in einer Nacht wieder gewinnen

Merton’s Gegner, die mit Sicherheit auf einen Gewinn zählten, konnten am andern Morgen nicht nur seine Wechsel und Schuldscheine, sondern auch die zu deren Einlassung bestimmte Summe besitzen.

Sandfort wußte die Sache so einzuleiten, daß Charles Merton selbst den Vorschlag machte.

Dieser Vorschlag erfüllte natürlich die feurigsten Wünsche der Spieler, aber zum Schein widersetzten sie sich und machten ihm viele Gegenvorstellungen, und erst als Merton von Sandfort unterstützt, bei seinem Vorsatz beharrte, gab die Gesellschaft nach.

Man kam überein, das; Merton wieder sein Glück im Ecarté versuchen solle, um seine Wechsel und Schuldscheine, und mit ihnen seine verlorene Ruhe wieder zu gewinnen.

Als diese Uebereinkunft getroffen war, legte Merton die Hand auf Sandfort’s Arm und sagte ganz heiter:

»Freund Sandfort, ich schwöre, daß ich nie wieder Karten und Würfel anrühren werde, wenn ich dieses Mal Glück habe.«

Leider bemerkte Merton das spöttische Lächeln nicht, welches diese Worte auf den Lippen der Spieler hervorriefen.

Die Partie sollte in der folgenden Nacht stattfinden. Es stand mehr als eine halbe Million auf dem Spiel, die Partie war daher fast mit einem Duell aus Leben und Tod zu vergleichen.

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