Читать книгу 140 Tage — Balkan-Tiger & Brusketa - Aleksandra Valeria - Страница 7
Kapitel 3
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Stress total! Und keine Nachricht von Darko ... Komm schon, schreib mir etwas Schönes, versüß mir den Tag ... lass dich doch nicht so bitten!
23:59 Uhr — ich muss diese Geschichte beenden. Ich habe keine Nerven dafür. Den ganzen Tag schaue ich mit flehendem Blick auf dieses dämliche Handy und wünsche mir nichts mehr, als dass dieser Idiot sich meldet.
Mittwoch, 13. Juni
Um 08:46 Uhr erreicht mich die Email, die wie eine Bombe einschlägt. 'Hiermit nehmen wir Ihr Angebot gerne an ... ' Ich habe den Auftrag bekommen! Meine Agentur ist gerettet! Ich bin die glücklichste Frau auf Erden! Dubrovnik scheint gerade mein Schicksal zu bestimmen. Zuerst Darko und jetzt der Auftrag. Ich werde sechs Wochen in Dubrovnik arbeiten ... Ich muss sofort meine Mitarbeiter informieren. Aber zuerst schreibe ich Darko — nein, zuerst meinem Mann ...
SMS 09:09, Ana schreibt
Guten Morgen, Darko,
ich habe soeben sensationelle Neuigkeiten bekommen! Sobald ich kann, werde ich dir alles schreiben. Du kannst es dir nicht vorstellen ...
Mail 10:53, Ana schreibt
Guten Morgen, Darko,
also jetzt kommen meine Neuigkeiten und ich hoffe du sitzt. Ich bin ganz aufgeregt. Natürlich sitzt du, am Computer sitzt man. Erinnerst du dich, als ich dir in Dubrovnik von einem großen Projekt, das eventuell ansteht, erzählt habe?
Ich hatte mich mit meiner Event Agentur für die Organisation von hochrangigen Management-Seminaren im Ausland beworben. Als Veranstaltungsort habe ich Dubrovnik vorgeschlagen. Das war, bevor ich an Pfingsten gekommen bin. Stell dir vor, sie haben mir heute den Auftrag erteilt! Da ich etwas abergläubisch bin, habe ich vorher niemandem davon erzählt. Ich werde vom 3.11. bis 16.12. in Dubrovnik sein. Das sind sechs Wochen! Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich mich freue. Was sagst du dazu?
Ana
Ich habe Victor nichts von meiner Teilnahme an der Ausschreibung erzählt. Warum eigentlich nicht? Klar habe ich ihm gesagt, dass ich meinen Kunden verloren habe, und dass es Probleme in der Agentur gibt, aber ich habe nicht das Gefühl, dass er sich viele Gedanken darüber macht, denn aus seiner Sicht handelt es sich nicht um existenzielle Probleme. Wir sprechen zwar immer mal über unsere Jobs, aber keiner von uns kennt Details aus dem Berufsleben des anderen. Die wenige Zeit, die wir gemeinsam verbringen, versuchen wir zu genießen, in dem wir schön essen gehen, Einladungen annehmen und uns über die Kinder austauschen. Außerdem wollte ich ihn nicht unnötig belasten ... Nein, Ana, du lügst dich selbst an. Du bist feige! Du hast Angst, dass er nicht so reagiert, wie du es gerne hättest. Wann immer ich etwas verändern wollte, hatte ich bei Victor das Gefühl mich rechtfertigen zu müssen. Er hatte eine eigene Vorstellung davon, wie unser Leben aussehen sollte. Aber seine Vorstellung deckte sich nicht immer mit meiner und das führte häufig zu hitzigen Diskussionen, die zu keinem Kompromiss führten, denn am Ende setzte einer von uns seinen Kopf durch. Würde er mich noch mal heiraten, wenn wir die Zeit zurückdrehen könnten? War er glücklich mit mir? Wer weiß, wie unser Leben verlaufen wäre, wenn ich damals nicht schwanger geworden wäre? Wären wir heute noch zusammen? Was für schreckliche Gedanken! Schluss damit! Victor kommt heute Abend aus London zurück und ich werde mit ihm essen gehen und ihm von meinem großen Erfolg erzählen. Ein wenig Angst habe ich schon ihm zu sagen, dass ich ganze sechs Wochen in Dubrovnik verbringen werde ... wenn ich nur an seine Reaktion vor vielen Jahren denke ... meine Entscheidung wieder arbeiten zu gehen, löste eine gewaltige Ehekrise aus ... eine von vielen ...
Ich hatte den Kontakt zu Rainer und Silke, den Inhabern der Eventagentur, in der ich als Studentin gejobbt habe, nie abgebrochen. Sie waren die Gründer von 'Action Point' und führten die Firma mit 14 festen Mitarbeitern und mehreren Aushilfen wie einen Familienbetrieb. Mittags saßen wir zusammen in der großen Küche oder im Sommer auf unserer Terrasse, aßen zu Mittag und besprachen Projekte oder plauderten über unser Privatleben. Rainer und Silke waren kaum jünger als meine Eltern, aber Silke wirkte so jung und lebhaft, dass der Altersunterschied zwischen ihr und vielen jungen Mitarbeitern kaum auffiel. Sie war eine großartige Networkerin, kannte Gott und die Welt und bekam für alle bedeutenden Veranstaltungen VIP-Einladungen, obwohl 'Action Point' eine relativ kleine Agentur war. Silke war ein Profi in ihrem Job und zog immer tolle Kunden und Projekte an Land, blieb jedoch im Umgang mit uns immer bodenständig. Dafür schätzten wir sie sehr. Jeden Erfolg feierte sie mit uns. Rainer war so etwas wie die graue Eminenz. Er war für die Finanzen verantwortlich, war aber sehr großzügig zu uns. Die beiden haben die stürmische Entwicklung meines Leben, mit den zwei aufeinanderfolgenden Schwangerschaften und der überstürzten Heirat, hautnah miterlebt. Silke, die selbst keine Kinder hatte, machte mir immer Mut. Sie hatte auf den perfekten Zeitpunkt gewartet, um Mutter zu werden, aber so seien die Jahre vergangen und sie hatte den passenden Moment wohl verpasst. Immer wieder sagte sie mir, dass es für meine Kinder bestimmt toll sei, eine junge Mutter zu haben und wie sehr sie mich für meine positive Ausstrahlung bewunderte. Auch hochschwanger durfte ich bei 'Action Point' weiterarbeiten und ich war ihnen dafür sehr dankbar. Es gab immer viel zu tun, sodass Rainer und Silke meine Arbeitszeiten sehr flexibel handhabten. Sobald meine Mutter auf meine Kinder aufpassen konnte, bin ich stundenweise in der Agentur eingesprungen. Manchmal durfte ich die Kinder sogar mitbringen und Silke hat sich mit ihnen beschäftigt, während ich arbeitete. Die Agentur wurde zu einer Art zweiten Familie und Rainer und Silke zu meinen engen Vertrauten. Es war ein tolles Gefühl, für ein paar Stunden aus der Routine des Mutter-Ehefrau-Hausfrau-Daseins auszubrechen. Besonders gut fühlte es sich an, wenn ich am Monatsanfang mein selbst verdientes Geld von meinem Konto abheben konnte. Es waren kleine Beträge, aber es waren meine und ich war stolz darauf. So konnte ich zumindest meinen Friseurbesuch, mein Parfum oder meinen Nagellack von meinem eigenen Geld bezahlen.
Als Isabella und Luca im Kindergarten waren, boten mir Rainer und Silke eine Dreiviertel-Stelle als Projektleiterin an. Ich konnte mein Glück nicht fassen und fiel Silke um den Hals. Ich war so begeistert, dass ich am liebsten sofort zugesagt hätte. Das Problem war, dass meine Kinder im öffentlichen Kindergarten keinen Mittagessenplatz bekommen hatten, da ich nicht voll berufstätig war — aber das hatte sich ja nun geändert. Meine Zeit war gekommen und es wäre ja gelacht, wenn es an zwei Mittagessenplätzen für die Kinder scheitern sollte — dachte ich. Sofort rief ich im Kindergarten an, um zwei Plätze für Isabella und Luca zu reservieren. Meine Kollegin Rita, eine alleinerziehende Mutter, die mir gegenübersaß, lachte mich für diesen Anruf noch Monate später aus. Ich hätte geklungen, als wollte ich ein Hotelzimmer buchen, als sei es das Selbstverständlichste der Welt, zwei Mittagessenplätze im Kindergarten zu buchen. Sie hatte den Antrag für den Ganztageskindergartenplatz für ihren Sohn kurz nach seiner Geburt gestellt. Die ernüchternde Antwort des Kindergartens auf meine 'Buchung' war, dass die Wartezeit für zwei Mittagessenplätze sich auf mindestens ein Jahr belief. Ich war verzweifelt und den Tränen nahe. Silke tröstete mich und kam auf die Idee, es mit einem privaten Ganztageskindergarten zu versuchen, sie wäre bereit einen Teil der Kosten zu übernehmen. Victor wollte ich nicht belasten und erzählte ihm vorerst nichts von meinen Plänen. Ich hatte großes Glück — eine Familie mit zwei Kindern zog gerade um und zwei Plätze in einem privaten Kindergarten wurden kurzfristig frei. Die Kindergartenplätze waren zwar um ein Vielfaches teurer, als im öffentlichen Kindergarten, und ein Großteil meines Gehalts würde dafür draufgehen, aber das war mir egal. Ich wollte diese Stelle unbedingt! Als ich binnen zwei Wochen die Kinder im alten Kindergarten abgemeldet, im neuen angemeldet und meinen Arbeitsvertrag unterschrieben hatte, wollte ich das alles mit Victor feiern. Ich rief ihn in der Kanzlei an und bat ihn abends mit mir essen zu gehen. Ich war ganz aufgeregt und konnte es kaum abwarten Victor alles zu erzählen, was ich auf die Beine gestellt hatte. Ich wünschte mir, dass er stolz auf mich wäre. Seine Reaktion glich jedoch einem Faustschlag in die Magengrube: Er fühlte sich hintergangen. Es seien auch seine Kinder und er habe ein Wörtchen mitzureden. Ich hätte mich damals für die Kinder entschieden, warum ich mich jetzt nicht um sie kümmern wollte ... was, wenn die Kinder krank werden ... wenn sie sich im neuen Kindergarten nicht wohlfühlen ... das Mittagessen ihnen nicht bekommt ... sie ihre Mutter vermissen ... Kinder brauchen geordnete Verhältnisse ... Ich spürte, wie ich die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte, stand auf und ging auf die Toilette. Was erwartete er von mir? Immer wieder hörte ich zwischen den Zeilen Vorwürfe, dass ich mich damals für die Kinder entschieden hätte. Die ersten Jahre waren wirklich nicht einfach, aber wir haben doch das Beste daraus gemacht. Das Schlimmste hatten wir doch hinter uns, warum sollte ich jetzt nicht arbeiten? Das war doch meine Chance! Für ihn änderte sich doch nichts! Ich trocknete meine Tränen und ging zurück an den Tisch. Victor änderte nun seine Taktik: "Schau mal Ana, ich verdiene genug, warum willst du dich diesem Stress aussetzen? Es ist nicht so, dass ich dich nicht unterstützen möchte, aber du siehst doch selbst, dass ich rund um die Uhr arbeite, das tue ich doch alles für uns. Schau mal, wie sich unser Leben verändert hat, was wir uns jetzt alles leisten können ... Du kannst ja ein paar Stunden arbeiten — wenn es dir so viel Spaß macht — wenn deine Mutter dir die Kinder abnimmt, aber eine Verpflichtung mit einem festen Arbeitsvertrag, zwei Kindern und dem Haushalt ... das wird dir bestimmt alles zu viel ... Ich brauche einen freien Kopf im Job, den habe ich nur, wenn zu Hause alles klar läuft ... " Er hatte mir eine klare Rolle zugeteilt und diese Rolle passte mir gar nicht. Ich hatte meine Entscheidung getroffen und dabei blieb es, ob es ihm passte oder nicht!
Ich bin gespannt, wie das heutige Gespräch laufen wird. Victor parkt seinen Wagen immer am Flughafen, sodass ich ihn nicht abholen muss. Ich habe für 20:30 Uhr einen Tisch in einem neuen In-Lokal reserviert und wir werden uns dort treffen. Ich nehme ein Taxi, um von dort mit Victor gemeinsam nach Hause fahren zu können. Während ich auf Victor warte, bestelle ich mir schon mal ein Glas Champagner. Zehn Minuten später kommt er. Ich schaue ihn an: Er sieht müde aus. Dennoch hat er eine unglaubliche Präsenz. Er lächelt, als er mich ansieht und ich spüre, dass ich ihn liebe. Im gleichen Moment wird mir bewusst, wie sehr meine berufliche Krise auch an unserer Beziehung genagt hatte. Ich empfinde eine lange vermisste Leichtigkeit. Eine Last ist von meinen Schultern gefallen, seit ich die gute Nachricht erhalten habe. Ich küsse Victor auf den Mund und muss wohl über das ganze Gesicht strahlen. "Gibt es etwas zu feiern?", fragt er mich. Ich erzähle ihm die ganze Geschichte, unterbreche nur, um mit ihm das Essen auszuwählen und die Bestellung aufzugeben. Am Ende hole ich tief Luft und sage ihm, dass dieser Auftrag auch bedeutet, dass ich sechs Wochen in Dubrovnik das Projekt leiten werde. Victor nimmt meine Hand, lächelt und sagt: "Du Sturkopf, du hast doch längst alles entschieden, wie immer. Du informierst mich doch nur darüber." Seine Worte treffen mich. Er hat recht, ich stellte ihn vor vollendete Tatsachen. — Und das nicht zum ersten Mal. "Ana, ich freue mich für dich und ich bin auch stolz auf dich. Komm, lass uns anstoßen, meine Kämpferin." Ich bin so glücklich, wie schon lange nicht mehr. Wie viele Jahre habe ich mir etwas Anerkennung von Victor gewünscht? Nach zwanzig Jahren sagt er mir endlich, dass er stolz auf mich ist. Ob er etwas von Darko ahnt? Habe ich mich verändert? Ich bin verunsichert. "Ist das wirklich in Ordnung für dich, wenn ich dich so lange alleine lasse?", frage ich ihn. "Ana, du bist es, die fast immer alleine ist, weil ich nicht da bin. Aber zumindest zwei Wochenenden solltest du schon nach Hause fliegen, das ist doch wohl drin, oder?" — "Klar, ist das drin!" Wir trinken eine gute Flasche Rotwein zum Essen und machen uns auf den Heimweg.
23.59 Uhr: Darko hat sich nicht gemeldet. 'Bockt ihn alles gar nicht', wie mein Sohn sagen würde. Aber es interessiert mich auch gar nicht mehr. Ich hatte endlich mal einen wundervollen Abend mit Victor und mir war klar geworden, wohin ich gehöre. Basta mit dieser Spielerei mit Darko! Dennoch muss ich vorsichtig sein, denn schließlich werde ich sechs Wochen in Dubrovnik verbringen — da kann man sich nicht so gut aus dem Weg gehen ...
Donnerstag, 14. Juni
Mail 15:48, Darko schreibt
Gratuliere! Ich freu mich sehr. Aber ich habe dich nicht so richtig verstanden. Was genau machst du in Dubrovnik ? Auf jeden Fall hört es sich nach einem großen Karriereschritt an, oder? Was mach ich dann mit einer so berühmten und erfolgreichen Frau? Für mich wirst du immer die Ana sein, die ich kenne, meine Brusketina.
Du brauchst das Meer und etwas Ruhe wirst du hier mit Sicherheit auch finden.
Ich weiß, ich müsste mich freuen, aber du fehlst mir jetzt schon so sehr und es ist noch so lang bis November! Ich hoffe dieser Sommer vergeht wie im Flug oder vielleicht kannst du ja vorher auf einen Sprung, nach Dubrovnik kommen. Ich habe solche Sehnsucht nach dir. Wenn du doch nur nicht so weit weg wärst. Aber da kann man wohl nichts machen, im Leben kommt es, wie es kommt. Ana, in jeder freien Minute denke ich nur an dich. Ich weiß nicht, was mit mir geschieht, ich fühle mich zurückversetzt in meine Jugend. Ich finde keine Antwort auf meine Fragen, aber was soll's, ich lasse meinen Gedanken einfach freien Lauf, ist vielleicht das Beste. Ich denke unentwegt an dich.
Ciao, dein Darko
Mein Herz tanzt vor Freude und ich bin mal wieder atemlos ... Schreibt Darko diese Mails wirklich alle selbst? Oder hat er einen Ghostwriter? Ich versuche ihn mir vorzustellen, wie er an seinem Computer oder Laptop sitzt und schreibt — das fällt mir irgendwie schwer. Wie lange hat er wohl gebraucht, um diese Mail zu schreiben? Hat er vorher nachgedacht oder hat er sich einfach alles von der Seele geschrieben? Seine Worte klingen ehrlich und sehr vertraut. Eigentlich zu vertraut dafür, dass wir uns kaum kennen. Es gefällt mir, es berührt mich sehr. Seine Gefühle übertragen sich auf mich, nehmen mich ein, tragen mich weit fort in eine andere Welt ... eine Mischung aus tiefster Sehnsucht mit einem Hauch Verzweiflung. Ich muss mich zusammenreißen, sonst gehe ich wie eine Schlafwandlerin durchs Leben. Das kann ich mir nicht leisten. Wie war das noch mit 'Basta mit Darko'? Ich muss diese Geschichte irgendwie von meinem realen Leben trennen! Ihn muss ich auch ein wenig in die Realität zurückholen! Ach was, eigentlich müsste ich es sofort beenden ... Victor war gestern so süß zu mir! Ich kann jetzt nicht auf Darkos Mail antworten, ich bin völlig durcheinander ...
Mail 22:50, Ana schreibt
Lieber Darko,
komm schon, du hörst dich so traurig an. Trotz der Entfernung rücken wir jeden Tag ein Stückchen näher zusammen. Und trotz des Wahnsinns, der hier herrscht, vergeht kein Tag, an dem ich nicht an dich denke. Wie auch, du verwöhnst mich ja so mit deinen schönen Mails und SMS! Wenn ich deine Nachrichten bekomme, reißt du mich aus meinem Alltag und ich habe mittlerweile das Gefühl, dass mein Herz vor Freude so laut schlägt, wie die Glocken einer Kathedrale. Du bringst mich wirklich zum Schmunzeln. Es gibt bestimmt Schlimmeres im Leben, als sich wieder ganz jung zu fühlen, lieber Darko :-) das hast du so süß geschrieben. Also, wenn du deinen Gedanken freien Lauf lässt, dann mache ich mit. Ist vielleicht besser, es zusammen zu tun, oder?
Die Tatsache, dass mein Aufenthalt in Dubrovnik nun konkret ist, stimmt mich so positiv und macht mir richtig gute Laune. Ich habe gerade die Tage gezählt — es sind 140, aber 20 Wochen klingt irgendwie besser, oder? Die Zeit wird bestimmt schnell vergehen. Dazwischen liegen für dich die Hochsaison im Bacchus und die Weinlese. Du wirst so viel Arbeit haben, dass du gar nicht merken wirst, wie die Zeit vergeht. Und die Zwischenzeit werden wir uns mit SMS und Mails versüßen.
Erinnerst du dich noch an meinen kleinen Bruder Marko? Er heiratet am siebten Juli. Und was glaubst du wohl, wem er die Organisation seiner Hochzeit übertragen hat? Mir natürlich! Aber ich tue es wirklich gern für ihn. Freu mich sehr, wer hätte gedacht, dass er tatsächlich mal unter die Haube kommt, unser Womanizer.
Vom 10.07. bis 13.07. werde ich geschäftlich in Split sein. Allerdings werde ich fliegen und habe keine Gelegenheit auf einen Sprung nach Dubrovnik zu kommen — das finde ich schade. Hotel und Flug hat der Kunde schon reserviert. Sie möchten die Stadt kennenlernen, um zu entscheiden, ob Split für die Organisation von Kongressen infrage kommt.
Morgen fliege ich zu einem Meeting nach Paris.
Bis ganz bald, lieber Darko
Toll Ana! Wie kannst du nur so ein Miststück sein und nach dem schönen Abend mit Victor wieder solche Mails schreiben? Ist Darko jetzt dein Tagebuch geworden? Hat er sich nach deinem Terminkalender erkundigt? Okay, ich schäme mich, weiß selbst nicht, was mit mir los ist ... und ich schreibe viel zu viel ... was macht dieser Mann nur mit mir, dass ich die Finger nicht von ihm lassen kann — was heißt vom ihm; vom Laptop ... was fasziniert mich so an ihm ... ich weiß es nicht ... ich gehe jetzt schlafen.
Freitag, 15. Juni
SMS 10:18, Darko schreibt
Viel Spaß in Paris heute.
Er denkt an mich ... what a feeling!
SMS 21:06, Ana schreibt
Bin gerade wieder in München gelandet, habe von Paris nicht viel gesehen. Schön, dass wir über alle Grenzen verbunden bleiben :-)
Eigentlich warst du mit mir in Paris, du weißt es nur nicht ... es gab nicht eine Minute, in der ich nicht an dich gedacht hätte.
Samstag, 16. Juni
Mail 15:23, Ana schreibt
Lieber Darko,
ich bin so verwirrt. Heute weiß ich nicht, was mit mir passiert. Ich bin wieder in Gedanken an dich aufgewacht und das passiert mir nun schon jeden Tag. An anderen Tagen musste ich dich aus meinen Gedanken verbannen, um mich auf die Arbeit konzentrieren zu können, was mir zum Teil ganz gut gelungen ist. Heute habe ich keine Termine und bin allein zu Hause. Seit Stunden sitze ich hier wie gelähmt und denke an dich. Was passiert mit uns? Wir haben doch nur ein paar Stunden miteinander verbracht, wir haben uns nicht einmal umarmt oder geküsst, ich bin zu unserer Verabredung nicht erschienen, wir haben nur ein paar Mails und SMS ausgetauscht und es liegen 1.000 Kilometer zwischen uns! Trotzdem habe ich das Gefühl, dass sich etwas Schönes zwischen uns entwickelt, auch wenn ich nicht geglaubt hätte, dass es überhaupt möglich ist, und noch viel weniger weiß ich, wohin es uns in Anbetracht unserer Lebenssituationen überhaupt führen soll. Dennoch wirft mich die Entfernung zu dir heute ins Koma. Ich weiß nicht wohin mit mir.
Ich schicke dir meinen ersten Kuss.
Ana
So muss sich ein Drogenabhängiger auf Entzug fühlen! Nebenwirkung 1: Herzrasen! Nebenwirkung 2: Hirn schaltet aus! Nebenwirkung 3: Magenkrämpfe nach Absenden der Mail. Ich mache den Laptop jetzt aus, damit ich bloß nicht schon wieder in Versuchung komme zu schreiben ...
SMS 21:57, Darko schreibt
Besser geht's nicht :-) Vielleicht der Einfluss der Stadt der Liebe?
Oh Gott, ich hätte es wissen müssen. Er macht sich lustig über meine Mail ...
Sonntag, 17. Juni
Ich drehe fast durch, brauche heute dringend Programm, um mich abzulenken. Was habe ich mit meiner Mail nur angerichtet ... Ich werde mit Klara in den Biergarten gehen und heute Abend gehe ich mit Victor essen. Ich muss mich wieder mehr um meine Ehe kümmern. BASTA!
Montag, 18. Juni
Mail 16:20, Darko schreibt
Ciao Ana,
natürlich erinnere ich mich an Marko, er ist wirklich ein gefährlicher Balkan-Tiger :-) Alle Mädchen in Dubrovnik waren schon ganz aufgeregt, wenn ihr in die Ferien kamt. Freut mich sehr für ihn, dass er die Richtige gefunden hat — und eine bessere als dich, kann er ja wohl für die Organisation seiner Hochzeit kaum finden.
Wie geht es dir? Du bist ja immer sehr aktiv. Schön, dass du am Samstag eine bessere Zeit-Einteilung gefunden hast. :-) Ich habe heute mal vormittags im Bacchus gearbeitet und bin nachmittags im Weinberg. Jetzt mache ich eine kurze Pause, um dir zu schreiben. Ansonsten ist hier immer alles beim Alten, es gibt nichts Neues zu berichten. Wie üblich denke ich in jeder freien Minute an dich. Ich schicke dir einen Kuss, so wunderschön und lang wie die kroatische Küste.
Dein Darko
Er geht überhaupt nicht auf meine Email vom Samstag ein. Ist das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? ... 'bessere Zeiteinteilung' ... hahaha, sehr witzig! Das muss wohl die Strategie der Südländer sein: zuerst die pure Romantik, bis sie dich haben, und dann fühlen sie sich sicher und nutzen die Naivität der Frauen aus. 'Gefährlicher Balkan-Tiger', dass ich nicht lache, wahrscheinlich meint er damit auch sich selbst ... EIN KUSS SO WUNDERSCHÖN UND LANG WIE DIE KROATISCHE KÜSTE ... was würde ich darum geben, eben diesen jetzt zu spüren. Wie fallen ihm nur diese poetischen Beschreibungen ein? Er vereint viele Widersprüche in sich, vielleicht macht ihn das auch so spannend. DER KUSS ... ich bin völlig aus dem Konzept. Wie schafft es dieser Kerl nur, solche Stimmungsschwankungen in mir auszulösen? Ich werde nicht antworten. Ich habe Angst ... ich muss mich wohl oder übel zurückziehen ...
Dienstag, 19. Juni
SMS 10:35, Ana schreibt
Diese Woche Stress! Nur kurz, damit du weißt, dass ich trotzdem an dich denke. Ana
Das war's dann wohl mit dem Zurückziehen ...
SMS 10:37, Darko schreibt
Ana, langsam! Pass auf dich auf.
Ich liebe es, wenn er sich Sorgen um mich macht. Auf mein Umfeld wirke ich wahrscheinlich eher wie eine Frau, um die man sich keine Sorgen machen muss. Ich habe mir bisher keine Gedanken darüber gemacht und ich habe auch nichts vermisst, aber es macht mich glücklich, wenn Darko sich Sorgen um mich macht. Vielleicht bin ich auch nur älter geworden und sensibler? Ich wünschte, er könnte mich jetzt in seine kräftigen Arme schließen und mir ins Ohr flüstern: "Ana, ich pass auf dich auf ..." Strahlend schwebe ich durch mein arbeitsreiches Leben ...
Mail 23:24, Ana schreibt
Ciao Darko,
wie geht es dir? Wieso gibt es aus einer Stadt wie Dubrovnik nichts Neues zu berichten? So viele Touristen aus aller Herren Länder, da muss doch schon ganz schön viel los sein.
Diese Woche habe ich zwar sehr viel Arbeit, muss aber zugeben, dass mich dein Kuss — so wunderschön und lang wie die kroatische Küste — ganz schön aus dem Konzept geworfen hat; ich habe Zeit gebraucht, um mich wieder auf die Arbeit konzentrieren zu können, aber was soll ich sagen ... du bist scheinbar auch ein gefährlicher Balkan-Tiger! LIKE! LIKE! LIKE! Schreib du mir nur weiter so schöne Dinge — kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr du mir den Tag versüßt.
Wie du weißt, zähle ich die Tage. Manchmal frage ich mich, wie unsere nächste Begegnung wohl sein wird ...
Kuss, Ana
Mittwoch, 20. Juni
Komm schon Darko, ich überlebe kaum noch Tage ohne Nachricht von dir. Was ist denn daran so schwer, eine kurze Nachricht einzutippen? Ich werde es nicht tun, bevor du nicht schreibst.
Donnerstag, 21. Juni
SMS 16:20, Darko schreibt
Habe heute eine Degustation bei mir im Weinkeller und denke mehr an dich, als an den Wein. Du weißt, was das bedeutet. Ciao, meine Brusketina
Ja, mein Liebling, ich weiß was das bedeutet. Das ist eins der schönsten Komplimente, die du mir machen kannst, denn Wein ist dein Leben. Und ich liebe dieses 'Brusketina' ... Glückselig fahre ich mit meinem Wahnsinns-Arbeitsprogramm fort und es macht mir nichts aus ...