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Vorwort: E-Commerce sollte einfach sein, doch sind die meisten Händler daran gescheitert

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ToysRus ist pleite, Sears auch, Karstadt und Kaufhof sind auf den Wert ihrer Immobilien zusammengedampft, Walmart findet trotz Milliardenakquisitionen kein Mittel gegen Amazon und mittlerweile drängen asiatische Konzerne mit so hoher Geschwindigkeit in westliche Märkte, dass die Digitalstrategien von Peek & Cloppenburg und Co. aussehen wie Sandkastenspiele von Vorschulkindern. Die Welt des E-Commerce lässt wenig Raum für Konzepte aus der Vergangenheit.

Als Holger Schneider und ich im Jahr 2013 die Idee für dieses Buch hatten, sah die Welt noch deutlich gnädiger aus. Wir hatten „damals“ den Eindruck, dass die meisten Unternehmen zwar die Grundlagen des E-Commerce verstanden hatten und strategisch die richtigen Sachen dachten, aber aufgrund diverser Restriktionen dies einfach zu langsam umgesetzt haben. Dieser Eindruck war damals richtig, gilt heute aber nicht mehr. Durch den hohen Innovationsdruck globaler Digitalkonzerne und das Aufbrechen in die Plattformökonomie, deren Regeln in diesem Buch beleuchtet werden, sind nur noch diejenigen Unternehmen erfolgreich, die ihre Ideen am schnellsten und effizientesten am Markt vertesten können. Es geht also nicht mehr um die richtige Strategie, die ohnehin keiner mehr formulieren kann in einem Umfeld, das sich wöchentlich wandelt. Es geht auch wider Erwarten nicht mehr um möglichst viel Zugriff auf (Fremd-) Kapital, um damit ambitionierte Ideen zu finanzieren. Es geht heute vor allem um den richtigen Modus Operandi – um die Fähigkeit, hundertprozentig im Sinne des Kunden zu handeln und die eigene Legacy bei der Bewertung von Handlungsoptionen außer Acht zu lassen. Dieses Marktumfeld ist tödlich für alle Organisationen, deren Wert sich aus der Summe „alter Assets“ ergibt – siehe Sears oder Karstadt.

Parallel zum Buch ist 2014 auch mein Podcast entstanden, bei dem ich wöchentlich CEOs von Händlern und Marken zu ihren digitalen Herausforderungen befrage. Dieses Format, abrufbar auf www.kassenzone.com, ermöglicht mir einen immer wieder neuen Einblick in den Status quo der Digitalisierung in Deutschland. Zwei Gespräche, die ich in dieser Reihe führte, waren für mich besonders prägend.

In Folge #209 des Podcasts unterhalte ich mich mit dem CIO der Metro Gruppe, Timo Salzsieder, der die Transformation des Konzerns vorantreiben muss. Die Metro Gruppe ist mit ihrer starken B2B-Ausrichtung hier im Vorteil, aber sogar in diesem Multimilliardenkonzern ist es alles andere als einfach, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Das betrifft das Geschäftsmodell, die Organisation, aber auch die Sicht auf Technologie, die für Metro immer zentraler wird. Um schneller und agiler zu werden, hat Metro zum Beispiel auf die Software von Spryker Systems gesetzt, ein Unternehmen, das ich 2014 gegründet habe und bei dem mittlerweile rund 250 Menschen arbeiten. Timo Salzsieder beschreibt im Podcast, wie es ist, eine IT-Organisation zu verändern, die früher darauf incentiviert wurde, möglichst wenig Ressourcen zu verbrauchen. Heute wird er mit der Metro-IT-Organisation Metronom zum differenzierenden Puzzlestück des Konzerns – und diese wird zunehmend daran gemessen, wie schnell sie neue Produkte entwickelt.

In Folge #247 beschreibt einer der renommiertesten deutschen E-Commerce-Manager, Stefan Wenzel, die Transformationserfahrungen des Fashion-Unternehmens Tom Tailor. Als Markenhersteller hat Tom Tailor – verglichen mit Händlern – zwar deutlich bessere Voraussetzungen für die digitale Transformation, aber die richtigen Dinge auch schnell genug umzusetzen ist herausfordernd. Auch ihm stelle ich die Frage, ob man in diesem Prozess überhaupt alle Mitarbeiter mitnehmen kann oder ob man sich auf die machbaren Dinge fokussieren muss. Tom Tailor wurde in diesem Prozess von eTribes begleitet, der mittlerweile führenden Digitalberatung in Deutschland. eTribes hat die Finanzierung der dritten Auflage dieses Buches unterstützt und ermöglicht mir ganz neue Einsichten, die sich auch in diesen aktualisierten Seiten niederschlagen. Besonders in Erinnerung geblieben sind mir die drei Dimensionen der Digitalisierung, die eTribes sehr erfolgreich einsetzt. Im ersten Schritt geht es immer um die (digitale) Optimierung des Kerngeschäfts, im zweiten um die digitale Expansion des bestehenden Geschäfts und dann um neue digitale Geschäftsmodelle, die das Potenzial haben, das eigene Modell zu überholen.

Im Vorwort der zweiten Auflage hatten wir uns noch gefragt, warum alle Unternehmen so sein wollen wie Zalando. Mittlerweile muss auch Zalando aufpassen, in der Plattformökonomie (oder, um es anders zu formulieren, im E-Commerce 2.0) den Anschluss nicht zu verlieren – und das obwohl das Unternehmen bereits über 2.000 Entwickler zur Verfügung hat, auf die es bei der Umsetzung seiner Ideen zurückgreifen kann. Auch in der dritten Auflage des Buches ist Zalando eines der Erfolgsbeispiele, aber damit ist nicht garantiert, dass es in der vierten Auflage auch so bleibt. Vielleicht muss Zalando sich dann als „altes“ Unternehmen gegen neue aufstrebende Plattformen behaupten. Die meisten klassischen Handelsunternehmen, die sich mit Amazon messen mussten, haben verloren und sind teilweise schon aus dem Markt ausgeschieden, wie die unten stehende Tabelle eindrücklich beweist. Allen Unternehmen ist gemein, dass sie sich bei der Umsetzung der Digitalstrategie auf ihre alten Werte, beispielsweise die Filialstruktur, stützten und dabei die IT weiterhin wie eine lästige Kostenstelle behandelten. Eine Digitalisierungsstrategie auf den Softwarelösungen von SAP, IBM oder Salesforce zu basieren, hat sich wohl als teuerster Fehler der Digitalisierung der letzten Dekade erwiesen.

Das ist insofern überraschend, als die CEOs der in der Tabelle aufgezählten Unternehmen noch 2016, 2017 und teils 2018 auf den Konferenzbühnen für ihre Multichannel-Modelle gefeiert wurden, mit denen sie versucht haben, die stationäre Welt mit dem Online-Handel zu verbinden. Das ist aber eine Lösung, die nie von Kunden nachgefragt wurde. Die gleichen Unternehmen hadern nun mit langwierigen, teuren und teilweise existenzbedrohenden ERP-Projekten, die noch vor fünf Jahren als Allheilsbringer angepriesen wurden.


Tabelle: Veränderungen des Börsenwerts in Mrd. USD von 2006 zu 2019

Einige Leser des Buchs werden sich nach der Lektüre fragen, was unsere Einsichten für ihre Unternehmen bedeuten – oder für die Gewichtung des eigenen Aktiendepots. Stark vereinfacht können wir Folgendes sagen: Unternehmen müssen sich daran bewerten lassen, wie schnell sie neue Marktanforderungen umsetzen, und nicht daran, ob sie Antworten im Powerpoint-Modus finden. Unternehmen, denen es schwerfällt, die Kunden-USPs in ihrem aktuellen Modell zu beschreiben, werden im E-Commerce der zweiten Generation gar keinen Platz mehr finden.

Auch in dieser zweiten Generation des E-Commerce bleibt Amazon für uns Buchautoren relevant und unser Erfolg misst sich unter anderem an der Anzahl und Qualität der Kundenrezensionen dort. So würden wir uns sehr freuen, wenn Sie sich fünf Minuten Zeit nehmen, um unser Buch dort zu bewerten. *****

Alexander Graf

Das E-Commerce Buch

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