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Kapitel 2: Im Krankenhaus

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»Und, habt ihr gewonnen?«, fragte der Sanitäter, der sich über Franky beugte. Seine Warnjacke raschelte, er roch nach Rasierwasser. Seine Hand lag auf Frankys Schulter.

Der Junge durchschaute, was der Mann mit der Frage bezweckte. Du willst mich von den Schmerzen ablenken, mir meine Angst nehmen. Netter Versuch.

Trotzdem antwortete er: »Wir waren dabei zu gewinnen, ja. Es stand 2:1. Aber wir können niemanden mehr einwechseln. Ob meine Mannschaft diesen Vorsprung halten kann, obwohl sie in Unterzahl spielen müssen, weiß ich nicht.«

Und es half. Über das Spiel nachzudenken, lenkte ihn tatsächlich ab. Sein Atem wurde ruhiger. Oder waren es die Schmerzmittel, die anfingen zu wirken?

Der Sanitäter nickte und lächelte. »Verstehe. Na, dann hoffen wir mal, dass deine Teamkameraden das hinkriegen werden. Und um dich kümmern wir uns, damit du auch bald wieder auf dem Spielfeld stehen kannst.«

Das hat keine Eile, dachte Franky.

»Dein Arm sollte bald nicht mehr wehtun«, fuhr der Sanitäter fort und kontrollierte den Infusionsbeutel, der über Franky Kopf baumelte. »Wir sind nicht mehr lange unterwegs. Aber ich will noch kurz deinen Blutdruck messen.« Sanft nahm er den unverletzten Arm des Jungen und legte ihm die Manschette an.

Während sie sich pfeifend füllte, schaute Franky durch den oberen Teil des Fensters hinaus, der nicht von der undurchsichtigen Folie bedeckt war. Er sah die kahlen Wipfel von Bäumen vorbeifliegen. Der Krankenwagen fuhr um eine Kurve, dann wurde er langsamer.

Die Bäume verschwanden, ein Dach schob sich in Frankys Sichtfeld. Der Wagen stoppte.


Während Pfleger ihn von einem Raum zum anderen schoben und der verletzte Arm geröntgt wurde, verlor Franky vollständig das Zeitgefühl. Als er wieder in dem Zimmer der Notaufnahme lag, in das er zuerst gebracht worden war, konnte er nicht sagen, ob er erst wenige Minuten im Krankenhaus war oder schon viele Stunden.

Eine Schwester betrat den Raum. »Wir müssen deinen Arm noch freilegen«, erklärte sie. »Leider muss ich dafür das Trikot aufschneiden, damit es nicht zu sehr wehtut.« Sie lächelte entschuldigend.

Franky nickte nur. Das Trikot war ihm in diesem Moment völlig egal.

Die Schwester holte eine Verbandsschere aus einer Schublade und trennte den Stoff auf. Während sie das Shirt entsorgte, saß Franky halb nackt auf der Liege, was ihm ein wenig peinlich war.

Doch sie schien nicht einmal zu bemerken, dass er rot wurde. Geschickt half sie ihm, sich zu waschen und einen Krankenhausschlafanzug mit weiten Ärmeln anzuziehen, der nach Desinfektionsmittel roch.

Nachdem sie den Raum wieder verlassen hatte, starrte Franky die Neonröhren an der Decke an. Der Schock und die Aufregung ließen langsam nach, er wurde müde. Aber zum Schlafen blieb keine Zeit, denn die Tür öffnete sich erneut.

Der junge Arzt mit den strubbeligen Haaren und der runden Brille, der ihn in der Notaufnahme in Empfang genommen hatte, kam herein, ein Röntgenbild in der Hand. »So, jetzt können wir schauen, was genau mit deinem Arm passiert ist«, verkündete er ein wenig zu gut gelaunt und schaltete den Monitor an der linken Wand ein. Dann wischte er über den Bildschirm und öffnete das Röntgenbild. Er betrachtete es nachdenklich.

Franky konnte über die Schulter des Arztes hinweg das Bild vom Inneren seines Arms sehen: Der Oberarmknochen war dicht über dem Ellenbogen in zwei Hälften gespalten, ein schräger Bruch klaffte dunkel in dem weißen Knochenbild. Dem Jungen wurde ein wenig schwindlig.

»Mmmh«, murmelte der Arzt und rieb sich das Kinn. Dann drehte er seinen Kopf zu Franky. »Dass der Arm gebrochen ist, siehst du wahrscheinlich selbst«, meinte er und deutete auf die entsprechende Stelle. »Das ist im Grunde kein Problem, aber sicherheitshalber möchte ich noch eine Spezialistin hinzuziehen. Sie kann genauer sagen, wie wir jetzt am besten vorgehen.«

Er schien zu bemerken, dass Franky blass geworden war, und fügte hinzu: »Du musst dir aber keine Sorgen machen. Das wird schon wieder. Ich werde Dr. Dragumir rufen und dann sehen wir weiter.« Der Arzt nickte ihm zu und verließ den Raum.

Wieder lag Franky allein in dem fensterlosen Zimmer, doch nicht lange. Als sich die Tür erneut öffnete, kam seine Mutter herein.

»Oh piccolo mio«, rief sie und beugte sich über ihn. »Tut es sehr weh?«

Franky schüttelte den Kopf. »Geht schon. Aber der Arm ist gebrochen, sie überlegen gerade, was sie tun werden.«

Seine Mutter nickte und streichelte ihm übers Haar. »Ich habe draußen den Arzt getroffen. Er kommt wohl gleich.«

Und so war es. Kurze Zeit später öffnete sich die Tür wieder und der junge Arzt trat ein, in Begleitung einer etwas älteren Frau. Sie war schlank, mit sorgfältigem Make-up und einer schicken Kurzhaarfrisur. Ein Hauch von Parfüm umgab sie, und sie blickte Franky mit freundlichen, aber irgendwie scharfen Augen an.

Er erkannte den Ausdruck: So sahen einen manche Lehrer an – die, die streng, aber fair waren. Denen nichts entging und bei denen es im Klassenzimmer immer mucksmäuschenstill war. Autorität, dachte er, das ist das Wort dafür. Dr. Dragumir strahlte Autorität aus.

Sobald sie im Raum war, ging alles sehr schnell. Sie begrüßte Franky und seine Mutter und richtete ihre Aufmerksamkeit dann auf den Leuchtkasten. Wenige Momente vor dem Röntgenbild und eine kurze, gemurmelte Unterhaltung mit dem anderen Arzt genügten ihr, bevor sie sich wieder an den Patienten und seine Mutter wandte.

»Ich vermute, dass die Wachstumsfuge am Ellenbogen beeinträchtigt wurde«, erklärte sie. »Der Bruch selbst ist sehr sauber, sodass der Knochen durch eine einfache Ruhigstellung wieder gut zusammenwachsen würde. Aber der Bruch geht leider quer durch die Zone, in der sich dein Knochen verändert. Ich möchte ausschließen, dass es zu Wachstumsstörungen kommt; in deinem Alter ist der Knochen noch lange nicht ausgewachsen.

Wir müssten also operieren und einen Draht einsetzen, der die Wachstumsfuge in der richtigen Position hält. Der bleibt dann so lange drin, bis alles wieder festgewachsen ist.«

Franky schluckte. Das klang brutal.

Er blickte seine Mutter an, die am Kopfende seiner Liege stand und ihre Hand auf seine Schulter gelegt hatte. Auch ihr Gesicht sah besorgt aus.

»Ist das eine schwierige Operation?«, fragte sie Dr. Dragumir.

Die Ärztin schüttelte den Kopf und lächelte. »Sie müssen sich keine Sorgen machen. Ich werde Ihren Sohn selbst operieren und ich habe diesen Eingriff schon oft durchgeführt.« Mit einem Blick auf ihren jüngeren Kollegen fügte sie hinzu: »Dr. Menne wird Ihnen alles Weitere erklären.«

Dann schüttelte sie Frankys Mutter die Hand, lächelte Franky aufmunternd zu und verließ den Raum.

Was Dr. Menne alles über die Risiken der Prozedur erzählte, bekam Franky nicht ganz mit. Die Angst vor der bevorstehenden Operation nahm ihn zu sehr gefangen. Seine Mutter unterschrieb einen Zettel, danach wurde sein Bett aus dem Untersuchungszimmer gerollt, durch endlose Flure, in einen Raum, in dem es vor Ärzten und Krankenschwestern zu wimmeln schien.

Mehrere Leute machten sich an ihm zu schaffen; irgendjemand veränderte etwas an der Infusion, die ihm schon im Krankenwagen gelegt worden war. Das Letzte, an das Franky sich erinnerte, waren Dr. Dragumirs freundliche, aber scharfe Augen über einer Chirurgenmaske, die ihn ansahen.


Antonias Mutter hatte darauf bestanden, dass die drei Freunde zuerst zur Seeburg kamen und zu Abend aßen, bevor sie sich auf den Weg machten. Deshalb war es schon dunkel, als Jaron, Antonia und Emma auf ihren Fahrrädern in Kempfenhausen eintrafen. Das Krankenhaus – eine imposante Anlage – lag wie eine herrschaftliche Villa in einem Park in Ufernähe. Jetzt, im Winter, hielt sich niemand in dem weitläufigen Gelände auf, aber im Sommer musste es hier wunderschön sein.

Die Freunde betraten das Gebäude und sahen sich suchend im Eingangsbereich um, der für ein Krankenhaus sehr wohnlich wirkte. Einige Leute saßen auf gepolsterten Sitzgruppen, die mit großen Kübelpflanzen voneinander getrennt waren. Jaron war der Erste, der den Schalter entdeckte, über dem »Information« stand. Er trat an den Tresen und erkundigte sich nach Franky.

Die Dame wollte ihm nichts Genaues sagen, erklärte ihnen aber, wohin sie gehen sollten.

Kurze Zeit später öffnete Antonia eine Tür und blieb auf der Schwelle stehen. Statt eines Patientenzimmers sahen die Freunde einen kleinen Raum mit Stühlen, Tischen, Kaffeemaschine und Spielecke vor sich. Germano und Elvira Giuliani saßen an einem der Tische.

Sie wandten den Kopf, als die Tür aufging; auf ihren Gesichtern spiegelte sich Enttäuschung.

Wahrscheinlich haben sie einen Arzt erwartet, dachte Jaron und fragte sich im selben Augenblick: Aber wo ist Franky?

Frankys Mutter stand auf. »Schön, dass ihr gekommen seid«, sagte sie und lächelte. »Das wird Franco sehr freuen, wenn er aufwacht.«

Jetzt begriff Jaron. Deshalb sind die Eltern nicht bei ihm. Das hier ist ein Wartezimmer. »Muss Franky etwa operiert werden?«, erkundigte er sich.

Elvira nickte, sie wirkte besorgt. »Der Arm ist gebrochen, und die Ärzte wollen einen Draht einsetzen, weil die Wachstumsfuge beschädigt ist. Sie haben Franco vor einer Stunde in den OP geschoben. Bis jetzt haben wir noch nichts gehört. Aber setzt euch doch zu uns.«

Frankys Vater nickte den dreien freundlich, jedoch etwas abwesend zu, als sie sich nun ebenfalls an dem Tisch niederließen. Er hielt sein Handy in der Hand und tippte irgendwas.

»Ist es sehr schlimm?«, fragte Emma.

Frankys Mutter zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht wirklich. Aber sie haben hier eine Spezialistin, die operiert ihn gerade. Er ist also wohl in guten Händen.«

Germano sah auf. »Ich hoffe, dass sie wissen, was sie tun. Warum musse das gerade passieren jetzt, warum?« Er gestikulierte wild mit der rechten Hand, während er sprach.

Darauf wusste niemand eine Antwort, deshalb verstummte das Gespräch für eine Weile. Zu hören waren nur die Geräusche aus dem Flur und die Tastengeräusche von Germanos Handy. So saßen sie, bis es zweimal kräftig klopfte.

Sofort richteten sich alle Blicke auf die Tür. Eine attraktive ältere Ärztin trat ein, sie trug lilafarbene Operationskleidung unter ihrem weißen Kittel.

»Dr. Dragumir«, rief Frankys Mutter und stand auf.

Germano ließ das Handy sinken.

»Aber, bitte, bleiben Sie doch sitzen«, meinte Dr. Dragumir und trat an den Tisch.

Elvira setzte sich langsam wieder, während die Ärztin die drei Freunde prüfend ansah.

»Das sind Francos Freunde«, erklärte Elvira hastig und stellte sie vor: »Jaron Rahn, Emma Weiß und Antonia Reihmann.«

Die Ärztin schien zufrieden und nickte. »Wie schön«, sagte Sie knapp, aber nicht unfreundlich. Sie zog einen Stuhl heran und setzte sich. »Ich habe eine gute Nachricht für sie, wenn auch mit einer gewissen Einschränkung: Wir sind mit der Operation fertig. Der Eingriff selbst ist gut verlaufen, ich konnte den Draht optimal platzieren und der Knochen liegt jetzt wieder in der richtigen Position.«

Langsam stützte Dr. Dragumir nun die Arme auf die Tischplatte und legte die Fingerspitzen zusammen. Sie blickte Elvira in die Augen, während sie fortfuhr: »Allerdings gab es Schwierigkeiten bei der Narkose. Leider hat Franco das Mittel, das wir ihm gegeben haben – es heißt Midazolam – nicht gut vertragen. Es kam zu Problemen mit der Atmung.«

Elvira stieß einen kleinen Schrei aus und schlug die Hand vor den Mund.

»Das kann bei Kindern ab und zu passieren«, erklärte die Ärztin in beschwichtigendem Tonfall. »Wir kennen das und wissen, was in einem solchen Fall zu tun ist. Die Atmung haben wir auch gut in den Griff bekommen, aber leider ist Franco noch nicht aufgewacht. Eigentlich sollte er inzwischen wenigstens erste Reaktionen zeigen, doch er ist immer noch bewusstlos.«

Alle starrten Dr. Dragumir an. Elviras Augen waren weit aufgerissen, Germano hatte die Stirn in Falten gelegt. Zum ersten Mal war auch ihm die Angst um seinen Sohn anzusehen.

»Wir haben Franco auf die Intensivstation verlegt.«

Jaron spürte einen Kloß im Hals. Stand es so schlimm um seinen Freund?

Die Ärztin lächelte jedoch und schien in keiner Weise besorgt zu sein. »Ich weiß, dass das im Moment für Sie sehr erschreckend klingt. Die Verlegung auf die Intensivstation ist allerdings nur eine Vorsichtsmaßnahme. Francos Vitalzeichen sind alle normal und er atmet selbstständig. Auf dieser Station haben wir die nötigen Geräte, um Ihren Sohn lückenlos zu überwachen, und merken sofort, wenn sich etwas verändert. Ich bin mir sicher, dass er bald aufwachen wird.«

»Wann wird Franco wachen auf?«, fragte Germano.

Dr. Dragumir zuckte leicht mit den Schultern. »Genau kann ich das natürlich nicht wissen, aber ich erwarte es eigentlich jede Minute«, antwortete sie. »Ich werde Sie persönlich sofort informieren, wenn es so weit ist.«

Sie lächelte ihn erneut beruhigend an, was er allerdings gar nicht zu registrieren schien.

Frankys Mutter war fassungslos. Tränen standen in ihren Augen, und Jaron konnte sehen, dass sie immer wieder schluckte.

Nun erhob sich die Ärztin. »Ich werde nach Ihrem Sohn sehen und komme zurück, sobald ich Neuigkeiten habe.«

»Dürfen wir zu ihm?«, rief Elvira.

Dr. Dragumir schüttelte den Kopf. »Noch nicht«, sagte sie. Dann schüttelte sie Frankys Eltern die Hand, nickte den drei Freunden freundlich zu und verließ den Raum.

Alle saßen wie vom Donner gerührt da. Mit solchen Problemen hatte niemand gerechnet. Es war doch nur ein kleiner Sportunfall gewesen!

Jaron sah Emma und Antonia an, die beide wie erstarrt wirkten. Obwohl die Beteuerungen der Ärztin durchaus überzeugend geklungen hatten, war die Situation schwer einzuschätzen. Franky wachte nicht auf. Was konnte das bedeuten?

Schluchzend holte Elvira ein Taschentuch aus ihrer Handtasche und drückte es gegen ihren Mund. Germano schien es nicht zu bemerken, er starrte immer noch auf die Tür, hinter der die Ärztin verschwunden war. Seine Augenbrauen waren zusammengezogen, sein Gesichtsausdruck schwankte zwischen Entsetzen und Wut.

Emma zupfte Jaron am Ärmel. Sie sah erst ihn, dann Antonia an, wobei Tränen hinter ihrer Brille schimmerten. »Ich würde gerne für ihn beten. Wollen wir?«, flüsterte sie.

Antonia nickte sofort.

Auch Jaron fühlte, dass sie irgendetwas unternehmen mussten. Und er hatte keine Ahnung, was sie sonst tun konnten.

Da wandte sich Emma an Frankys Eltern. »Wir beten jetzt für Franky. Möchten Sie mitbeten?«

»Das ist eine gute Idee«, sagte Elvira und nickte. »Natürlich beten wir mit, nicht wahr, Germano?«

Ihr Mann zögerte einen Moment, zuckte dann aber mit den Achseln.

Jaron schloss die Augen und senkte den Kopf. Er dachte an Franky, seinen cleveren Freund, der ihnen schon so oft mit seinen genialen Ideen aus der Patsche geholfen hatte. Frankys mitreißendes Lachen klang ihm in den Ohren, und Jaron spürte, wie es ihn vor Angst um seinen Freund geradezu würgte. Es war so schrecklich, ihm nicht helfen zu können!

Doch dann kam ihm ein Gedanke: Es gibt jemand, der Franky hundertprozentig helfen kann, und das ist der allmächtige Gott. Indem ich mich an ihn wende, kann ich tatsächlich etwas für Franky tun.

Er hörte Emmas Stimme: »Gott im Himmel. Du weißt, dass Franky noch nicht aufgewacht ist. Das macht mir voll Angst. Ich weiß nicht, was ihm fehlt. Bitte sorge doch dafür, dass er wieder gesund wird. Bitte pass auf ihn auf und weck ihn wieder auf. Amen.«

»Amen«, wiederholten Jaron und Antonia.

Antonia betete als Nächste. »Lieber Gott, wir machen uns voll Sorgen um Franky. Du hast ihn in deiner Hand. Bitte hilf ihm. Bitte mach, dass er bald wieder bei uns ist.« Sie brach ab und räusperte sich.

Da nahm Jaron den Faden auf. »Gott, wir brauchen deine Hilfe. Du kannst doch alles«, sagte er leise. »Lass Franky ganz schnell wieder gesund werden, darum bitten wir dich. Amen.«

»Amen«, flüsterten die anderen.

Kurze Zeit war es still, dann wisperte Elvira: »Lieber Gott, bitte pass du auf meinen Jungen auf.« Sie holte tief Luft, es klang wie ein Schluchzen.

Germano machte keinen Mucks.

Schließlich sagte Antonia noch einmal »Amen«, um das gemeinsame Gebet zu beenden. Alle wirkten etwas verlegen, aber Jaron spürte trotzdem eine gewisse Erleichterung. Es kam ihm so vor, als hätte er eine besonders schwierige Angelegenheit einer absolut vertrauenswürdigen, kompetenten Person übergeben.


Lange saßen sie einfach da und warteten auf Nachricht von Dr. Dragumir. Sie sprachen wenig, obwohl Elvira ein paar Mal versuchte, die Freunde in eine Unterhaltung zu verwickeln. Sie erkundigte sich nach ihren abenteuerlichen Erlebnissen und nach der Schule, aber es kam kein wirkliches Gespräch in Gang. Alle waren zu sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt.

Wie viele Stunden waren vergangen, als es wieder an die Tür klopfte?

Jaron wusste es nicht. Doch er schreckte auf und sah voller Hoffnung zu der Person hinüber, die nun den Raum betrat.

Dr. Dragumir hatte sich umgezogen, sie trug den weißen Arztkittel über einer eleganten Bluse aus schimmerndem Stoff und einem knielangen dunkelblauen Rock.

Als sie die Gruppe anlächelte, schlug Jarons Herz schneller. »Er ist wach!«, sagte sie. »Es ist alles gut.«

Jaron stieß die Luft, die er unbewusst angehalten hatte, aus und hörte, wie auch die anderen aufatmeten.

»Oh, das ist wunderbar, danke, Dr. Dragumir!«, rief Elvira freudig.

Die Ärztin nickte. »Wenn Sie möchten, können Sie jetzt zu ihm.« Zu den Freunden gewandt, fügte sie jedoch hinzu: »Auf der Intensivstation sind leider immer nur zwei Besucher erlaubt. Deshalb müsst ihr drei euch noch etwas gedulden. Heute dürft ihr Franco noch nicht sehen.«

Zuerst war Jaron enttäuscht, dann aber merkte er erst so richtig, wie froh er war, dass es Franky gut ging. Was machte es schon, dass sie ihn erst morgen besuchen konnten? Hauptsache, er würde bald wieder völlig okay sein!

»Dann fahren wir wohl nach Hause, oder?«, schlug er den beiden Mädchen vor.

Antonia nickte und bat Frankys Eltern: »Würden Sie uns bitte Bescheid geben, wann wir ihn besuchen können?«

»Selbstverständlich«, sagte Elvira. Offensichtlich gerührt, nahm sie jeden der drei in den Arm. »Danke, dass ihr hier wart. Das werden wir Franky erzählen; es wird ihn bestimmt sehr freuen, nicht wahr, Germano?«

Frankys Vater nickte.

»Bitte sagen Sie ihm einen lieben Gruß von uns«, verabschiedete sich Emma mit heiserer Stimme.

Elvira versprach es lächelnd, bevor sie mit Germano und der Ärztin den Raum verließ.


Als Jaron an diesem Abend in seinem Bett lag – viel später als sonst und todmüde –, dachte er an die Gebete, die sie für Franky gesprochen hatten. Dabei stieg ein Gefühl der Geborgenheit in ihm auf. Es war schön, sich so eng mit seinen Freunden verbunden zu fühlen. Und die Gewissheit zu haben, dass Gott immer da war, so schlimm die Situation auch sein mochte.

»Danke, Herr«, flüsterte er, »danke, dass du so mächtig bist. Vielen Dank, dass du auf Franky aufgepasst hast. Und danke für meine Freunde.«

Dann schloss er die Augen und schlief ein.

Der silberne Schlüssel und das Geheimnis der Wahrheit

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