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Wer ist schon alt?
ОглавлениеWenn man über Alte schreibt, muss eines vorausgeschickt werden: Ab wann ist man alt? In der Altersforschung unterscheidet man heute zwischen dem dritten und vierten Lebensalter, um zwei Kategorien von Alten zu beschreiben. Dem dritten Lebensalter gehören demnach die 60-80jährigen an, dem vierten die 80-100jährigen. Bei der einen Gruppe spricht man von jungen Alten, bei den anderen von alten Alten. 7 Aber solche Einteilungen sind problematisch. Das erlebte Alter entspricht oft nicht dem biologischen Alter und erst recht nicht dem chronologischen Alter. Schließlich muss das Alter auch erst einmal erfahren werden, um das „alt sein“ überhaupt relevant werden zu lassen. Die Auseinandersetzung mit dem Altern ist Teil des Alterns selbst – und diese Auseinandersetzung kann erfolgreich sein oder auch nicht, „und auch sie kann durch das Altern selbst so beeinflusst werden, dass sie unserem Altern in unterschiedlicher Weise einen Stempel aufdrückt“. 8 Dass dem biologischen Altern ein gewisser Stempel aufgedrückt wird, es positiv oder negativ erfahren wird, hängt immer auch damit zusammen, wie geistig fit jemand ist, und wie sehr man sich noch darüber freuen kann. Altern ist damit auch – neben allen gesellschaftlichen Zuschreibungen – ein individueller Prozess.
Aktuelle Definitionen des Alters auf die Geschichte zu übertragen, ist problematisch. In Zeiten, in denen die Menschen kaum älter als 40 Jahre alt wurden, kann beispielsweise die Definition der jungen und alten Alten kaum angewandt werden. Berufstätigkeit als Bewertungsmaßstab fürs Altsein anzusehen, ist ebenso fragwürdig. Denn nicht jeder war und ist heute berufstätig und wird trotzdem alt, zudem ist der „Ruhestand“ in Abgrenzung zur Berufstätigkeit eine Kategorie, die weitgehend eine Erfindung der Moderne ist. Über viele Jahrhunderte schufteten die Menschen sprichwörtlich bis zum Umfallen. Altsein wird deshalb im Folgenden relativ weit gefasst – es ist vor allem eine Zuschreibung von außen, die von der jeweiligen Epoche, demografischen Grunddaten, gesellschaftlichem Status, Geschlecht und auch geltendem Recht abhängt und, wo die Quellen es zulassen, auch persönliche Sichtweisen einbezieht.