Читать книгу Barlennan der Quantenfrosch - Alexander Ziro - Страница 5
ОглавлениеKapitel 1
Das Portal
Es war einmal ein Frosch namens Barlennan. Er lebte mit seiner Familie, in einem wunderschönen Gartenteich. Er wurde bei strömendem Regen unter einem großen Seerosenblatt geboren und hatte sein geliebtes Zuhause bisher nie verlassen. Er war sechs Jahre alt und sehr intelligent, aber Fliegen fangen, oder den lieben langen Tag quaken wie seine Geschwister, interessierten ihn wenig. Manche würden ihn wohl einen Außenseiter nennen.
Barlennan konnte gut schwimmen und tauchen, aber viel lieber mochte er klettern. Mit kräftigen Haftballen an den Enden jedes Fingers schaffte er es spielend, alle Steine zu erklimmen, denn von dort oben hatte man eine ausgezeichnete Aussicht über den gesamten Teich. In jeder freien Minute saß er hier, dachte nach, schaute in die Ferne, oder las Bücher mit Geschichten von Abenteuern, von denen er dachte, dass er sie nie selbst erleben würde.
Seine Brüder und Schwestern fanden sein Verhalten mitunter recht seltsam und mieden ihn wenn möglich.
Wie das mit Geschwistern halt so war - meistens ziemlich nervig, soweit man Barlennan fragte.
Er blickte interessiert in Richtung Haus. Seinen Bruder nervte es gewaltig und Beechermarlf schwamm seit geraumer Zeit vor ihm auf und ab und dachte nach, wie er ihn wohl am besten Ärgern könnte, es sah nach Schwerstarbeit aus.
Plötzlich rief er, »Hey Barl. Beeil dich gefälligst und komm runter, den ganzen Tag durch die Gegend glotzen und auf dem doofen Stein hocken bekommt dir nicht, die Sonne bleicht dein Hirn aus.« Er gluckste über seinen eigenen, schlechten Scherz und stachelte die anderen Frösche mit seinem Ellenbogen an, mitzulachen. Barlennan rollte genervt mit den Froschaugen und drehte sich kommentarlos weg.
Beechermarlf war erbost, dass er sich nicht necken ließ, und quakte aus voller Kehle: »Ach mach doch was du willst Barl, aus dir wird nie ein richtiger Frosch und ob du nun hier bist, oder nicht, es macht keinen Unterschied.« Beechermarlf verschwand trotzig unter der Wasseroberfläche und die anderen taten es ihm gleich.
Das hätte eigentlich sitzen müssen, doch Barlennan störte es nicht im Geringsten. Viel mehr war mehr an den Menschen interessiert, denn die eigentümlichen Tätigkeiten faszinierten ihn ungemein, sie schleppten, gruben, mähten den Rasen, bauten irgendetwas, und verursachten auch die restliche Zeit des Tages beträchtlichen Radau. Oft hatte er merkwürdige Dinge gesehen, dass in der Nähe des Teichs achtlos von den seltsamen Wesen vergessen worden waren. Barlennan war kein Angstfrosch und schaute sich alles sorgfältig an, sofern niemand in Sichtweite war.
Eines sonnigen Tages hockte er gedankenverloren auf seinem Lieblingsstein. Es muss so gegen Mittag gewesen sein, denn die Sonne stand hoch am wolkenlosen Himmel.
Aus dem nichts erschien plötzlich, eine blassblaue Scheibe, kreisrund und flach wie Papier. Barlennan konnte es nicht Glauben und wäre fast vom Stein gefallen. Er starrte wie hypnotisiert zu dem seltsamen Objekt, es schwebte einige Zentimeter über dem Sand, ein blaues, unheilvolles Leuchten floss darin zusammen wie in einem gefräßigen Mahlstrom. Sah das denn niemand außer ihm?
»Was ist das für ein Ding? Das muss ich mir genauer ansehen.« Sagte Barlennan, und machte sich in bester Froschmanier bereit. Beine anziehen, Muskeln spannen, zielen, und zack, stieß er sich ab und vollführte einen Hechtsprung, bei dem ein Goldfisch vor Neid erblasst wäre. Er tauchte kopfüber ein, schoss einmal quer durch den Teich und schnellte auf das Ufer zu, sprang einen Meter durch die Luft, drehte dabei einen eleganten Salto und landete, platsch, direkt vor dem Objekt seiner Begierde.
»Was das wohl ist?« Fragte er sich, dem Leuchten nach zu urteilen müsste das Ding riesig gewesen sein, aber die Scheibe war exakt so groß wie er selbst. Barlennan kratzte sich am Kopf und hüpfte zweimal drumherum.
Die Oberfläche war bläulich und kreisrund, von der Seite war sie nicht zu sehen, wie ein Loch in den Raum gestanzt. Es fühlte sich seltsam in ihrer Nähe an, aber auf irgendeine Weise auch einladend und Barlennan hatte das Gefühl, als würde ihn jemand rufen, und ehe er noch darüber nachdenken konnte, machte er einen Satz nach vorne und verschwand in dem diffusen Blau der Scheibe. Die Welt um ihn herum wurde umprogrammiert und es fühlte sich an, als ob sämtliche Bibliotheken der Welt ihren Inhalt auf einem Schlag über ihm abgeladen hätten. Er wusste nicht, wie er es sonst beschreiben sollte.
Er trudelte vorbei an Sternen, bunten Nebeln, durch Gaswolken und Asteroidenfelder. Er schoss wie ein Laser durch das Universum.
Was war hier los? Träumte Barlennan?
Es ging durch ein lichtjahreumspannendes Labyrinth greller Lichter und Farbenspiele, und in weiter Ferne dehnte sich mit unfassbarer Geschwindigkeit ein kleiner bläulicher Punkt aus. Ein Planet, wie Barlennan mit Entsetzen feststellte, und er bekam es schlagartig mit der Angst zu tun.
»Das war’s ... Jetzt bin ich auf jeden Fall Geschichte.« Barlennan war sicher ... er würde in der Atmosphäre verglühen wie eine ausgebrannte Raketenstufe.
Alle versuche den Sturz irgendwie abzubremsen halfen nichts, der Planet raste unaufhaltsam heran, füllte den halben Horizont aus. Er ruderte wie verrückt mit Armen und Beinen, Menschenarmen und Beinen. Erst jetzt fiel im auf, dass seine Froschflossen, Händen und Füßen mit Fingern und Zehen gewichen waren. Dann brach er durch die Wolkendecke.
Kontinente, zahllose Inseln, azurblaue Seen und weitläufige Meere wurden sichtbar. Barlennan schickte ein Stoßgebet zum Himmel und schloss die Augen.
»Ade du schöne Welt.« In Gedanken entschuldigte er sich bei seiner Familie und allen, die er kannte ... es waren nicht viele.
Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gebracht, stoppte er so unvermittelt, dass ihm die Luft aus den Lungen gepresst wurde. Er hing schwebend über dem Boden, dann fiel er die letzten Zentimeter und landete auf dem Bauch. Er blinzelte, öffnete langsam die Augen, und schnappte prompt nach Luft.
Er war umgeben von dunkelblauem Gras, das ihn um das Vierfache überragte, es war scharf und robust. Unbekannte Pflanzen mit überlaufenden Blütenkelchen tropften verlockend klebrigen Nektar auf die umgebende Flora. Barlennan war aufgrund seiner Färbung kaum zu erkennen. Überwältigt sprang er nach vorn, und fiel auf die Nase.
Die neuen Hände und Füße hatte er total vergessen. Auf dem Bauch liegend, blickte er durch seine komischen Finger und setzte sich schwerfällig hin. Wo war er hier gelandet? Barlennan betrachtete interessiert seine neuen Gliedmaßen, spreizte die Finger und ballte sie wieder zu Fäusten.
»Gar nicht mal so unpraktisch.« Er führte Selbstgespräche, um sich abzulenken, und sah sich um. Die Umgebung wirkte seltsam vertraut, Unmengen Pflanzen, zarte Gräser, Teichrosen und etwas, das Ähnlichkeit mit Schilfrohr hatte, ließen fast alles, bis auf die ungewöhnlichen Farben, aussehen wie zuhause. Sein Blick wanderte weit über das Grasmeer, dort ragten gewaltige schneebedeckte Bergketten auf, und eine blaue Sonne, brannte unerbittlich heiß vom Firmament herab. Diese Sonne musste ein unfassbarer Gigant sein, dachte Barlennan mit Schrecken und Ehrfurcht zugleich. In der entgegengesetzten Richtung verschwanden die Vorgebirge im Dunst der Ferne, und das unwirkliche Grasland verbarg seinen Ansatz hinter der Krümmung der Welt.
Ein plätschern wurde kaum hörbar von links über das Grasmeer getragen. Ein Fluss? Plötzliches Magenknurren erinnerte ihn daran das er heute so gut, wie nichts gegessen hatte, und er schleppte sich hungrig in Richtung des vermeintlichen Wasserlaufs.
Kriechend und schwitzend drückte er sich auf allen vieren durch die Halme, die unter seinem Gewicht kaum nachgaben, und er hatte das komische Gefühl, auf mindestens einen Meter fünfzig angewachsen zu sein. Barlennan schleppte sich weiter, er musste sich beeilen, die Supersonne brannte unerbittlich auf seinen Rücken, er musste zum Wasser.
Schon als er dachte, er würde jeden Moment zu Asche verkohlen, brach er durch die letzten Halme, schlitterte einen Hügel hinab und landete in feinem Sand. Tiefblau und bewegungslos lag der gewaltige See vor ihm, das andere Ufer nicht zu erkennen. Erschöpft ruhte er sich einen Moment aus und schaute sich in der Gegend um, keine Spur von Insekten oder anderen Lebewesen und bis auf ein sanftes Rascheln des Windes im hohen Gras, und Barlennans eigenes, angestrengtes Atmen, gab es kaum andere Geräusche. Ein mächtiger Wald war in unmittelbarer Nähe zum Ufer zu erkennen, hohe Laubbäume mit rötlichen Stämmen und weißlichen Blättern. Eine sonderbare Welt.
»Schauen wir uns den See doch mal etwas genauer an. Sollte es da auch nichts zu Essen geben, hab ich ein Problem ... und diese nutzlosen Menschenfüße.« Er kroch fluchend und unbeholfen zum Wasser.
Als er nach anstrengender Kriecherei endlich angekommen war, musste er sich beherrschen nicht sofort mit einem Satz in den See zu springen. Geistesgegenwärtig tauchte er vorsichtig den rechten Finger ins Wasser. Man weiß ja nie.
Nichts passierte, stinknormales Wasser. Barlennan beschloss, sich wie ein Frosch zu verhalten, er atmete tief ein, um seine Lungen mit dem nötigen Sauerstoff zu versorgen, spannte seinen stromlinienförmigen Körper und sprang.
Eine Staubwolke, mehr war nicht zu sehen und er katapultierte sich mindestens zwanzig Meter in die Höhe. Er war total überrascht und flog in hohem Bogen Richtung See. Bevor er die Wasseroberfläche berührte, merkte Barlennan, dass etwas ganz und gar nicht stimmte.
»Oh nein, wo kommt die denn her?« Im Augenwinkel sah er eine blau geschuppte Riesenschlange, die genau an die Stelle Strand gebissen hatte wo er eine Sekunde zuvor noch gestanden hatte. Also gab es hier doch andere Lebewesen, dachte er, während er auf den See hinabstürzte.
Er brach durch die Oberfläche und tauchte tief ein, Luftblasen wirbelten um ihn herum und er musste sich kurz orientieren. Das Wasser war sehr viel kälter als auf der Erde, aber es schmeckte wie gewohnt. Ihm fiel auf, dass um ihn herum nicht nur Bläschen schwammen, sondern auch unzählige gelbliche Kügelchen, sie waren nicht größer als seine Hand. Hunger ließ ihn seine Vorsicht vergessen und er schnappte sich eine mit der Zunge.
»Oh wie lecker. Und man kommt so einfach dran.« Geschlagene fünf Minuten sah man eine zuckende, nach links und rechts schnappende Masse, die gesteuert von ihren Instinkten, den Hunger mit Unmengen an Kügelchen stillte.
Gesättigt und gestärkt lies Barlennan von seinem Fressgelage ab und nahm sich Zeit, seine neue Umgebung noch genauer zu betrachten.