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Die ökologische Verantwortung vermischt sich mit der sozialen Verantwortung

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Einer, der einen großen Beitrag zu diesem Umdenken leistete, nämlich dass der Schutz der Umwelt als ein moralisches Anliegen anzusehen ist und wir dafür Verantwortung übernehmen müssen, war der in Deutschland geborene Religionsphilosoph Hans Jonas. Nach seiner Emigration über England und Palästina lehrte er von 1955 bis 1976 als Professor an der New School for Social Research in New York. 1979 veröffentlichte er das Buch »Das Prinzip Verantwortung«, das als sein Hauptwerk gilt (und ganz aktuell im Jahr 2020 neu aufgelegt wurde). Darin fordert er zu nichts Geringerem auf, als Ethik völlig neu zu denken. Denn traditionelle Ethik verstehe die Umwelt als eine unveränderliche Konstante, und das sei aufgrund der unabschätzbaren, weltweiten Auswirkungen auf die Natur durch die moderne Technik und durch neue Technologien nicht mehr gegeben. Jonas warnte unter anderem vor nicht absehbaren Folgen durch die Gen- und Gehirnforschung und forderte zu einer Verhaltenskontrolle bei chemischen Substanzen auf.

Jonas referenziert auf Kants kategorischen Imperativ und schreibt ihn zu einem ökologischen Imperativ um:

»›Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden‹; oder negativ ausgedrückt: ›Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung nicht zerstörerisch sind für die künftige Möglichkeit solchen Lebens‹; oder einfach: ›Gefährde nicht die Bedingungen für den indefiniten Fortbestand der Menschheit auf Erden‹; oder, wieder positiv gewendet: ›Schließe in deine gegenwärtige Wahl die zukünftige Integrität des Menschen als Mit-Gegenstand deines Wollens ein‹«.10

Hardy Fürch, in Köln lebender Yogalehrer und lange im BDY-Vorstand aktiv, verwendet in seinem Buch »Yoga for Future« den Begriff »enkeltauglich«.11 So könnte man das auch gut auf den Punkt bringen.

»Was geht mich das an?«, könnten Sie jetzt sagen.»Mir doch wurscht«, sagt man in Österreich.

Für Jonas ist diese Verantwortung für die Natur vergleichbar mit der Verantwortung von Eltern für ihre Kinder. Er sieht sie als eine natürliche Verantwortung, denn die Natur ist in weiten Teilen abhängig von uns, wie ein kleines Kind. Wir sind also so etwas wie ein weltweites Elternkollektiv. Der Pferdefuß der kollektiven Verantwortung ist nur leider die Freiwilligkeit. Nicht alle nehmen die Natur als von ihnen abhängig wahr und sorgen sich um sie. Viele empfinden vielleicht diese Verantwortung sogar als Zumutung und Belastung. Elternschaft für die Natur, ist das das Kuckucksei des 21. Jahrhunderts? Wozu haben wir gewählte Regierungen und hochbezahlte Expert:innen?

Dabei ist diese gegenseitige Abhängigkeit eigentlich nicht so schwer zu verstehen. Die Art und Weise, wie wir die Natur behandeln, sie schützen oder schädigen, wirkt direkt auf uns zurück. Wir interagieren mit der Natur ja mit jeder Ein- und jeder Ausatmung. Wir nehmen Sauerstoff aus der Natur auf und geben Kohlendioxid ab. Die Natur ist also eine existenzielle Partnerin von uns. Und umgekehrt ist es auch so. Unser Verhalten ist existenziell für die Natur. Ob wir Fleisch essen oder Gemüse, ins Auto steigen oder aufs Fahrrad, mit Öl oder mit Sonne heizen, jede Handlung provoziert eine Antwort der Natur.

Wenn ich also in diesem Buch über Verbundenheit schreibe, dann denke ich die Natur immer mit. Ich definiere Verbundenheit nicht nur als einen Prozess des Ankommens im eigenen Körper, im Du, im Wir, sondern auch als ein Ankommen in der Natur – im Miteinander-Sein von allem. Wir können von Hans Jonas lernen, das Prinzip Verantwortung in seiner ethischen Dimension zu erfassen und die Natur dabei immer mitzudenken.

Yoga und soziale Verantwortung

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