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Kapitel 2

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Datscha des Präsidenten, Verwaltungsbezirk Minsk, Weißrussland

Plattgedrückte dunkle Haare, eine weinrote Krawatte auf gestärktem, weißem Hemd und tiefblauem Anzug. Swerow bewunderte sich im Spiegel. Er musste unbedingt einen ordentlichen Eindruck machen, denn immerhin sollte er der allererste Leiter des weißrussischen Geheimdienstes KGB sein, den die BBC interviewte.

Als ihn die Sendeanstalt über die Botschaft kontaktiert hatte, war er zunächst nicht bereit gewesen, dem Journalisten ein Visum für die Einreise ins Land auszustellen. Nach kurzer Überlegung allerdings hatte er eingesehen, dass die womöglich positive Werbung dem Ansehen des Landes sehr helfen würde. Deshalb hatte er eingewilligt und sich die jüngsten Berichte besorgt, die auf dem Mist des Mannes gewachsen waren, um seine Glaubwürdigkeit zu überprüfen.

Sie würden sich ganze dreißig Minuten lang für das BBC-World-Format »Hard Talk Extra« unterhalten. Swerow hatte die Liste vorangegangener Interviewer mit regem Interesse gelesen, denn einen Teil der Leute bewunderte er, wohingegen er andere keines Blickes gewürdigt hätte, so sie je in seiner Heimat aufgekreuzt wären. Der Präsident war nun über den Nutzen im Bilde, den diese Unterhaltung bringen würde, und nahm an, sie sei von vornherein die Idee des Geheimdienstleiters selbst gewesen. Größenwahnsinnige wie das Staatsoberhaupt – natürlich hätte er diese Einschätzung nie laut geäußert – ließen sich leicht beeinflussen.

Swerow verließ das Bad der Datscha des Präsidenten und nahm im Arbeitszimmer Platz. Die Visagistin der BBC hatte ihn bereits geschminkt, was er zwar weibisch fand, aber für ein notwendiges Übel hielt. Der Tontechniker klemmte ihm einen Abnehmer an den Aufschlag seines Jacketts – »falls das da ausfällt«, hatte er mit Bezug auf das Mikrofon mit wuschelig grauem Überzug erklärt, das außer Reichweite über seinem Kopf hing. Der BBC-Journalist hieß Simon White und wurde seinem Namen gerecht, da er vermutlich der Mensch mit dem teigig-hellsten Teint war, den Swerow je gesehen hatte. Mit seiner hageren Figur wirkte er im Fernsehen kräftiger als in natura, doch sein Blick strahlte etwas finster Erbittertes aus.

Swerow hatte einen Monat im Voraus eine Liste von Fragen verlangt und wollte keine weiteren beantworten, außer sie wurden gefaxt und von ihm abgesegnet. Er sprach »gutes Englisch«, wie er selbst glaubte, deutete aber an, sich wohler dabei zu fühlen, das eigentliche Interview auf Weißrussisch führen zu dürfen. Dummerweise hatte der Produzent darum gebeten, es auf Englisch zu halten, da dies dem Stil der »Hard Talk«-Reihe entsprach. Swerow akzeptierte mit der Begründung, man müsse so reden wie der Westen, wenn man ihn »umwerben« wolle. Während des vergangenen Monats hatte Swerow mit den Fremdsprachenlehrern des KGB geübt. Sein Englisch war mehr als nur »gut«, denn er beherrschte es flüssig und spielte dies nur deshalb herunter, weil er nicht als Muttersprachler durchging. Er hatte noch einen Akzent und geriet zuweilen ins Stocken, um die treffenden Worte zu finden. Sein Englisch blieb also in seinen Augen lediglich »gut«.

Während sich die Filmcrew bereit machte, fiel Swerow Whites professionelles Benehmen auf. So etwas ging allen weißrussischen Journalisten ab. Müßig zu erwähnen natürlich, dass dies nicht für diejenigen galt, die bei den staatlichen Zeitungen »Golas Radzimy« (Stimme des Mutterlandes) und »Narodnaja« (Wille des Volkes) in Lohn und Brot standen. Als die Leute vom BBC fertig waren, teilten sie ihm mit, die Aufnahme würde nun beginnen. Swerow nickte und sammelte sich. Er kannte die Reihenfolge der Fragen und hatte seine Antworten auswendig gelernt, schwitzte aber dennoch, und zwar nicht wegen der grellen TV-Scheinwerfer. Der Regisseur gab Zeichen, woraufhin White anfing, seinen Text vor laufender Kamera aufzusagen.

»In einer Rede im Jahr 2005 nannte die damalige US-Staatssekretärin Condoleezza Rice sechs weltweite ›Vorposten der Tyrannei‹. Diese waren Kuba, Iran, Burma, Nordkorea, Simbabwe und Weißrussland. Mein heutiger Gast ist jemand, dem diese Behauptung gar nicht gefiel. Iwan Swerow, der Leiter des weißrussischen Geheimdienstes KGB. Direktor, vielen Dank, dass Sie sich bereit erklärt haben, mit ›Hard Talk‹ zu sprechen.«

Swerow nickte. Gar nicht gefiel es ihm, so vorgestellt zu werden, doch er hatte eine Antwort darauf parat. Den Amerikanern würde die Zornesröte ins Gesicht steigen.

»Ich danke Ihnen für die Gelegenheit, die Lügen richtigzustellen, welche die ehemalige Regierung Bush über mein Land verbreitet hat.«

White hatte mit diesen Worten gerechnet. »Wenn ich damit beginnen dürfte, was Ihrem Präsidenten vorgeworfen wurde. Er hat – angeblich, wohlgemerkt – Demonstrationen zerschlagen, unabhängige Medien und politische Widerständler verfolgt sowie Wahlen manipuliert.«

Swerow blickte argwöhnisch drein. »Wer hat so etwas gesagt? Gewiss keine glaubhaften Regierungen. Präsident Lukaschenko regiert Weißrussland schon seit über fünfzehn Jahren. Er gab uns über fünfzehn Jahre Stabilität. Kann das irgendeiner unserer ehemals sowjetischen Nachbarn von sich behaupten? Es stimmt, Lukaschenko hat die Macht aufgrund seines Versprechens erlangt, »die Mafia zu stoppen«, also der Korruption unserer vorigen Führungsriege ein Ende zu bereiten. Ihm illegale Machenschaften vorzuwerfen ist Unsinn!«

Obwohl ihn das förmliche Englisch seines Gesprächspartners beeindruckte, unterbrach White ihn. »Was sagen Sie dazu, dass Staatssekretärin Rice Weißrussland zu den Vorposten der Tyrannei zählte?«

»Sekretärin Rices Bemerkung lief sehr weit an der Wirklichkeit vorbei. Wir luden sie ein, um sich selbst ein Bild von unserem Land zu machen. Diese völlig haltlosen Klischees und Vorurteile waren schlechte Ausgangspunkte für die Entwicklung einer wirksamen Politik, was Amerikas Auslandsbeziehungen betraf. Im Namen meiner Regierung stelle ich nun auch ihrer Nachfolgerin Mrs. Clinton frei, uns zu besuchen. Lassen Sie uns nun genauer auf das Wort ›Tyrann‹ eingehen. Was ist ein Tyrann? Ein Mensch, der Macht über einen Staat erlangt hat. Ein Herrscher, der die Interessen einer kleinen Gruppe über jene der Mehrheit stellt. Was dies betrifft, hat Präsident Lukaschenko die Interessen des weißrussischen Volkes über jene der übrigen Nationen der Welt gestellt. Jetzt möchte ich auf die ursprüngliche Bedeutung des Wortes ›Tyrann‹ zurückkommen. Im griechischen Altertum waren Tyrannen diejenigen, die es mithilfe der Armen an die Spitze schafften, nachdem sie ihnen Land gegeben und sie aus Knechtschaft oder Sklaverei befreit hatten. Der Ausdruck bezog sich schlicht auf jemanden, der die amtierenden Regenten durch die Unterstützung des Volkes stürzen konnte. Präsident Lukaschenko genießt diese Unterstützung. Staatssekretärin Rice drückte sich unbesonnen aus. Könnte es sein, dass sie selbst nicht ganz verstand, was sie sagte?« Swerow verschränkte seine Arme. Er war sehr zufrieden mit seiner Antwort, vor allem dem Wortspiel.

White blieb ungerührt. »Darf ich wieder? Die Abstimmung von 2007, aus welcher der Präsident als Sieger hervorging, wurde aufgrund mutmaßlicher Manipulation kritisiert.«

Swerow schüttelte empört den Kopf. »Wahlbeobachter waren zugegen und versichern das Gegenteil.«

Er fuhr damit fort, den politischen Weg seiner Regierung zu beschreiben, und verlieh ihrer Hoffnung auf eine ausgedehntere Kooperation mit Europa Ausdruck.

White nickte. Er ließ sich nicht für dumm verkaufen. Die Berichterstattung über die Demonstrationen in Minsk nach der Wahl – gewaltsam aufgelöst durch schwerbewaffnete Beamte der Bereitschaftspolizei – war ihm geläufig.

»Warum beschrieb die Organisation zum Schutz der Pressefreiheit und Menschenrechte von Journalisten Weißrussland dann als eines der zehn ›schlimmsten Länder‹ zur Ausübung dieses Berufs?«

»Auch das beruht auf Unwahrheiten. Halten wir uns die Fakten vor Augen. Seit 1994 hat der Präsident den gesetzlichen Mindestlohn verdoppelt und die Inflation durch staatliche Preiskontrolle eingedämmt. Kann das so schlecht sein?«

»Aber Pressefreiheit, ist die denn nicht wichtig?«

»Freiheit jeglicher Art ist wichtig. Ich sehe es als meine Pflicht an, sie zu bewahren. Der Staatssicherheitsdienst existiert zu ebendiesem Zweck.«

White ließ nicht locker. »Aber warum gibt es dann keine unabhängige Presse oder andere solcher Medieneinrichtungen in Weißrussland?«

Swerow versuchte, sich seinen Verdruss nicht anmerken zu lassen, dass der Journalist das Interview in eine andere Richtung als abgesprochen lenken wollte. Vielleicht hatte er ihn zu vorschnell von jenen Aktivisten ausgenommen, die darauf aus waren, seine Regierung und ihre Leistungen zu diffamieren. Er zwang sich zur Ruhe und beantwortete die Frage: »Wir heißen jedes Medium in Weißrussland willkommen, Sie legen Zeugnis davon ab. Unser Buchverlagswesen dient als weiteres Beispiel dafür. Es floriert, und wir exportieren zahlreiche russischsprachige Bücher in andere GUS-Staaten.«

White schaute kurz auf seine Notizen. Auch diese Reaktion – Ausflüchte – hatte er erwartet. Kein Wort war über die vielen unabhängigen Zeitungen gefallen, die den Betrieb gezwungenermaßen wegen »bürokratischer Unstimmigkeiten«, darunter die Unfähigkeit, regelmäßige Veröffentlichungstermine wahrzunehmen, einstellen mussten. Er bemühte eine andere Herangehensweise. »Stimmt es nicht, dass das Problem in Weißrussland …«

»Problem!« Swerow verlor allmählich seine Contenance.

»Würden Sie mich ausreden lassen? Das ›Problem‹ besteht nicht in offizieller Zensur, die Ihre Staatsverfassung explizit untersagt, sondern in den vielen gesetzlichen Mitteln zur Beschneidung der Meinungsfreiheit und Tilgung von innerem Widerstand, habe ich recht?«

Swerow fixierte den Journalisten, was dem Kameramann nicht entging. »Welche sollen das sein?«

»Verbote, Weißrussland international ›an den Pranger zu stellen‹ und ›den Präsidenten zu beleidigen‹. Dies gilt als kriminell und wird mit zwei beziehungsweise fünf Jahren Freiheitsentzug geahndet.«

»Ja, das ist richtig«, bestätigte der KGB-Leiter. »Diese Gesetze schützen das Ansehen und den guten Ruf unseres Landes.«

White wollte wieder einlenken. »Aber …«

Swerow würgte ihn ab. »Jetzt lassen Sie mich ausreden. Ich möchte die britische Gesetzgebung zitieren, Ihre eigene und den Artikel über ›Anstiftung zum Rassenhass‹. Er verbietet ›vorsätzliches Aufstacheln zum Hass gegen Angehörige einer Rasse durch Verbreitung von rassistischem Gedankengut im Volk oder öffentliche Hetzreden, rassistische Webseiten sowie aufwieglerische Gerüchte über Einzelpersonen oder Gruppen bestimmter Ethnien, um Rassendiskriminierung zu schüren‹.«

Er machte eine Pause, in der er sich etwas darauf einbildete, die Zeilen Wort für Wort verinnerlicht zu haben. »Ebendies verhindern auch unsere Gesetze. Gezielte Verbreitung von Hass auf Weißrussland und sein Oberhaupt.«

»Aber diese Gesetze werden sehr frei ausgelegt. Nehmen wir zum Beispiel den Fall von Mikolai Markewitsch, dem Chefredakteur der Zeitung ›Den‹. Er wurde 2002 zu anderthalb Jahren Zwangsarbeit verurteilt, weil er Anstoß an Präsident Lukaschenko genommen hatte …«

Swerow beugte sich im Sitzen nach vorne. »Unsere Gesetzgebung gibt vor, dass ich mich aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht zu einzelnen Fällen äußern darf.«

»Aber sie möchten doch bestimmt hören, was Mr. Markewitsch selbst über die Angelegenheit zu sagen hatte, oder?«

»Ich denke nicht, dass Ihre Zuschauer die Lästerei eines verurteilten Straftäters hören wollen.«

Der Geheimdienstleiter war drauf und dran, das Interview abzubrechen, fürchtete sich aber davor, was der Präsident davon halten würde. Er hatte einen guten Start hingelegt und einige überzeugende Punkte hervorgebracht, doch nun galt es, dafür zu sorgen, dass es in gleicher Weise weiterging. White würde ihn weder klein noch schwach dastehen lassen.

Der Brite schürzte seine Lippen, bevor er fortfuhr: »Die EU hat ihre Türen für Sie geschlossen. Erkennen Sie nicht, dass Sie der einsame Wolf in Europa sind?«

»Weißrussland macht sich seit 1998 aktiv im Rahmen der Bewegung der blockfreien Staaten stark, die rund einhundertsechzehn Mitglieder zählt. Das ist die Mehrheit der Staaten der Welt. Somit stehen wir nicht allein auf weiter Flur. Das Land verfügt über eine funktionierende Wirtschaft. Wir exportieren über fünfundfünfzig Prozent unseres Bruttoinlandsproduktes und achtzig Prozent unserer Industrieerzeugnisse. Es gibt nicht viele Länder mit so hohen Ausfuhranteilen auf der Welt. Darum glaube ich ungeachtet meines Wunsches, Weißrussland könne enger mit den EU-Mitgliedern zusammenarbeiten, dass wir keinen großen Vorteil daraus ziehen würden, wenn wir beiträten, sondern vielmehr die Gemeinschaft selbst.«

»Das meinen Sie doch nicht etwa ernst.« White war verblüfft. Diese Antwort bedeutete praktisch, dass Weißrussland der EU den Rücken kehrte.

»Es geht uns gut. Wir pflegen alte Freundschaften, etwa mit Russland oder der Ukraine, neue zu anderen NAM-Staaten und solchen, die wir durchaus gerne besser kennenlernen würden, ob in der Europäischen Union oder den USA. Allerdings sind wir im Augenblick völlig zufrieden und ganz gewiss nicht ›allein‹. Wie sagt man bei Ihnen? Wir haben genug ›Pfeile im Köcher‹.«

»Und der Lebensstandard in Weißrussland, ist er nicht niedriger als im Westen?«

»Woran machen Sie das fest, an der Zahl der aus den USA importierten Güter?« Swerow schüttelte seinen Kopf erneut und lächelte weltklug, wie er glaubte. »Ziehen wir den Bericht der Kinderrechtler Save The Children in Betracht, der einhundertsiebenundsechzig Länder berücksichtigte. Weißrussland bietet demzufolge unter allen früheren Sowjetstaaten den höchsten Lebensstandard für Frauen und Kinder, der noch dazu höher ist als jener der jüngsten EU-Mitglieder. Unser Land steht in der postsowjetischen Ära an erster Stelle, was die Produktion von und Versorgung mit Agrargütern pro Kopf angeht, nicht zu vergessen den Anteil am Bruttosozialprodukt, den wir in die Bildung investieren, sowie die Zahl der Bürger, die sich für einen höheren Bildungsweg entscheiden. Weißrussland übertrifft alle GUS-Staaten im verallgemeinerten Human Development Index, dem Maßstab für Wohlstand der Vereinten Nationen. Was soll also das Gerede von einem niedrigeren Lebensstandard. Irrt sich die UN etwa?«

White nickte nur. Der Geheimdienstler wusste eine Antwort auf alles, womit er zwar gepflegte Fernsehunterhaltung bot, aber keinen politischen Scharfsinn bewies. Der Interviewer wollte das Gespräch weiter vorantreiben. Als Nächstes wollte er auf Tourismus zu sprechen kommen und dann das von der Regierung erteilte Auftrittsverbot in Weißrussland für bestimmte »Rockgruppen« anschneiden.

Als sie mit allen Fragen durch waren, nahm der Tontechniker sein Mikrofon zurück und bedankte sich. Swerow starrte White an, der sich mit seinem Zweitregisseur austauschte. Man betraute mehr Personen mit der Produktion dieser Sendung, als der KGB-Mann gedacht hatte, doch andererseits handelte es sich um die BBC, die etwas von ihrem Handwerk verstand, wie er annahm.

Riad, Königreich Saudi-Arabien

Fouad Al Kabir hielt sein mit Diamanten besetztes Vertu-Handy in der rechten Hand und zählte seine Betperlen mit links. Der Anruf kam vom saudischen Botschafter in London persönlich, seinem Bruder. Jinan, seine Älteste, befand sich in Sicherheit! Der Prinz blickte aus dem Fenster seines Büros im Obergeschoss über die Stadt und dankte Allah für die Befreiung seiner Tochter.

»Aber was ist mit ihren Entführern?« Sie mussten zur Rechenschaft gezogen werden.

»Zwei sind geflohen, die anderen tot«, gab Umar Al Kabir an.

»Bist du sicher, dass sie außer Gefahr ist?« Der Jüngere wollte, dass ihm der Ältere Gewissheit verschaffte.

»Fouad, Jinan hat mich selbst angerufen.«

Die Sonne spiegelte sich grell in der Fensterscheibe, während sie über der Wüste unterging, ihr Licht eine Mischung aus Rot- und Goldtönen im Raum. Endlich entspannte sich Fouad, während ihm Umar unterbreitete, was Jinan über ihre Entführung aus der Schule und den Mann erzählt hatte, der wie aus dem Nichts aufgetaucht sei, um sie zu befreien.

»Bruder, das ist ein ehrenwerter Mensch. Er verdient eine Belohnung.«

»Du hast recht«, entgegnete der Botschafter.

»Wo ist meine Tochter gerade?«

»In Sicherheit. Ich werde sie selbst abholen. Als ihr Onkel möchte ich das niemand anderem überlassen. Eine Stunde, dann bin ich bei ihr.«

»Danke dir.«

»Keine Ursache, Bruder, wir sind eine Familie.«

Mit je einem stämmigen Leibwächter an seiner Seite stieg Umar Al Kabir in den Mercedes, seinen Dienstwagen als Diplomat, und wies den Fahrer an, ihn schnellstmöglich nach Brighton zu bringen. Er sollte sich weder um Geschwindigkeitsbegrenzungen noch Blitzer oder die Verkehrspolizei kümmern. Immerhin hatte jemand versucht, ein Mitglied der königlichen Familie Saudi-Arabiens zu kidnappen! Als er bequem auf dem Ledersitz saß, wählte der Botschafter eine Nummer in Whitehall, die nur sehr wenige kannten, und wurde gleich mit dem britischen Innenminister verbunden.

»Robert, Umar hier. Ich habe merkwürdige wie besorgniserregende Neuigkeiten für Sie. Jemand wollte meine Nichte entführen.«

Hochsicherheitspolizeistation Paddington Green, London

Nachdem sie ihn in der Zelle abgesetzt hatten, wurden seine Personalien überprüft, während Fox versuchte, sich über die Ereignisse des Tages klar zu werden. Er hatte drei Männer erschossen, einen vierten verletzt, einen Teenager gerettet und seine Ehe beendet – alles innerhalb weniger Minuten. Die Polizei war eingetroffen und die Straße abgesperrt worden. Fox hatte sich ihnen mit erhobenen Händen ergeben und die überlebenden Täter sowie ihren Mondeo beschrieben. Den Beamten war seine Festnahme jedoch anscheinend wichtiger gewesen, weil er die Leichen auf der Straße zu verantworten hatte. Drei Stunden später nun hockte er in der abgesicherten Polizeistelle und wurde wie ein Schwerverbrecher behandelt.

Als er noch einmal alles Revue passieren ließ, fiel ihm Sawyer wieder ein. Fox hatte das Gesicht des Mannes gesehen und ihn wiedererkannt – der Moment, da all sein Zorn, der ganze Frust durch seinen rechten Arm in den Zeigefinger am Abzug geströmt war. Es handelte sich nicht um einen Unfall, sondern um vorsätzlichen Mord. Das zu beweisen mochte allerdings nicht leicht sein. Sawyer war ihm in die Quere gekommen, während eines Schusswechsels in Paddys Sichtlinie gelaufen und darum das unglückselige Opfer eines »Kreuzfeuers«.

Wie stand es um die Handyvideos der Kids? Die Tatsache, dass Sawyer gemeint hatte, davonlaufen, also Tracy im Stich lassen zu müssen, bewies seinen Mangel an Schneid. Und Tracy selbst? Fox konnte nie mehr zu ihr zurückkehren, nun da sie ihn betrogen hatte, selbst wenn sie ihm verzieh, ihren Liebhaber abgeknallt zu haben. Es gab nichts, was er höher schätzte als Treue. Er war nicht bereit, darüber hinwegzusehen, wenn jemand sie brach. Das hatte er früher nicht getan und würde sich auch jetzt nicht dazu herablassen. Sawyer zu töten war herbe Gerechtigkeit gewesen, aber seiner Ansicht nach eben auch nichts weniger als das: gerecht. Tracy würde sich damit abfinden und einen Schlussstrich ziehen müssen.

Fox schüttelte den Kopf und kicherte böswillig vor sich hin. Mensch, so lebendig wie in jener Minute hatte er sich nicht mehr gefühlt, seit er aus dem Regiment ausgeschieden war – euphorisch wie ein Boxer nach einem gewonnenen Comeback-Kampf um den Weltmeistertitel. Er hatte getötet, aber auch – und das war der springende Punkt – einen Menschen gerettet, genauer gesagt eine unschuldige Schülerin. Im allgemeingültigen Buch der »guten und schlechten Taten« stand dies an höherer Stelle als die Unschädlichmachung eines Terroristen … und glich den Mord an einem Schürzenjäger aus: An Sawyer, einem armseligen Wicht, der nicht nur seine eigene Frau betrogen, sondern auch einem anderen Mann die seine ausgespannt hatte. Davon war er überzeugt.

Lediglich die Witwe seines Ex-Chefs tat ihm leid; Kinder hinterließ der Kerl ja nicht. Fox war kein religiöser Mensch, setzte sich aber in solchen Situationen, also wenn er getötet hatte, stets hin und machte sich Gedanken. Indes markierte dies das erste Mal, dass er einen Mann niedergeschossen hatte, der ihm nicht lebensbedrohlich geworden, sondern ein unbewaffneter Zivilist gewesen war. Sein erster mutwilliger Mord? Möglicherweise, doch das hatte man ihm noch nicht bestätigt.

Als die Zellentür aufging, wurde er in seinen Überlegungen gestört. Ein uniformierter Polizist mit grauem Haaransatz an den Schläfen zeigte auf Fox. »Stehen Sie auf und folgen Sie mir.«

Er erhob sich und verließ den Raum, woraufhin ein zweiter Beamter absperrte. Zu dritt gingen sie unter kaltem Licht durch den Flur zu einem Verhörzimmer. Die Tür wurde von innen geöffnet, dann führte man ihn hinein. An einem Metalltisch saßen zwei weitere Polizisten.

»Bitte nehmen Sie Platz, Mr. Fox.« Hauptkommissar Mincer war fünfundfünfzig Jahre alt und hatte ein rundliches Gesicht, das für gewöhnlich einen beruhigenden Eindruck auf diejenigen machte, die er befragte. Für Mitglieder der Antiterroreinheit waren dies beneidenswerte Eigenschaften. Paddy setzte sich, und Mincer schaltete den Bandrekorder ein.

»Verhör von James Celtic Fox. Anwesende Kollegen sind Detective Constable Flynn und Detective Chief Inspector Mincer.«

Fox schmunzelte, als er den zweiten Namen hörte, denn so nannte man landläufig auch Schwuchteln. Der Hauptkommissar schaute ihn an, als wolle er sagen: »Sparen Sie sich das, hab ich schon tausendmal gehört.«

»Häftling hat angebotene Rechtsberatung ausgeschlagen.« Mincer begann mit der Vernehmung. »Mr. Fox, darf ich Sie James nennen?«

»Das tut nur meine Mutter. Ich heiße Paddy.«

»Dann eben Paddy, ja?«

»Tun Sie sich keinen Zwang an.«

»Paddy, wir haben die Informationen überprüft, die Sie unserem Sergeant gaben, und ich würde Ihnen gerne ein paar Fragen stellen.«

»Schießen Sie los.«

Mincer fuhr mit dem rechten Zeigefinger auf einer Seite Text nach unten. »Sie waren bei der Army?«

»Korrekt, während der besten Jahre meines Lebens.«

»Bei den Gordon Highlanders? Sie quittierten den Dienst 2004.«

»Als ich vierzig wurde.«

»Richtig, doch die Highlanders verließen Sie 1984 nach vier Jahren. Wie erklären Sie das?«

Fox verdrehte die Augen. »Das ist wohl leider streng geheim.«

»Streng geheim?« Flynn schnaubte. »Was soll das heißen?«

Paddy zuckte mit den Achseln. »Ich habe meine Unterschrift zur Wahrung eines Dienstgeheimnisses abgegeben, also kann ich das nicht mit Ihnen diskutieren. Na ja, ich könnte schon, doch dann müsste ich Sie erschießen.«

Das ging Flynn quer. »Halten Sie solche Bemerkungen für angemessen?«

Mincer legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Na, sehen wir lieber zu, dass wir ein bisschen vorankommen. Ray?«

Flynn nickte und übernahm das Fragen, während der Kommissar zuhörte. »Sie haben vier Männer erschossen. Kannten Sie sie?«

»Nein.«

»Und Sawyer?«

»Ihn schon.«

»Warum haben Sie ihn also umgebracht?«

»Ich wusste nicht, dass er es war.«

»Das ändert nichts daran.« Flynn verschränkte die Arme.

In Fox' Kopf spielte sich alles noch einmal ab: Die Autos, das Mädchen, die Schützen und dann Leo Sawyer.

»Stimmt. Er lief, und ich dachte, er sei bewaffnet.«

»War er aber nicht.«

»Nein.«

»Sie haben auf einen unbewaffneten Mann geschossen. Einen Unschuldigen.«

»Und außerdem drei Übeltäter. Ich hielt Sawyer für einen von ihnen; das war ein Irrtum.«

»Sie brachten drei Männer um und versuchten, einen vierten zu ermorden.«

Fox Augen funkelten. Sein ehemaliger Boss lebte also noch? »Ich habe eine Schülerin gerettet – ein Mädchen, das sie entführt hatten. Wo ist es jetzt? Wie geht es ihm?«

Mincer sprach wieder. »Es wurde von seinem Onkel abgeholt und ist in Sicherheit.«

»Wer war es?«

Flynn öffnete den obersten Knopf an seinem Hemdkragen. »Es besucht die Privatschule Roedean. Nun zurück zu Ihnen …«

»Was wurde aus den beiden in dem anderen Auto? Haben Sie sie geschnappt?«

Flynn stand kurz vorm Aufbrausen, doch Mincer spielte guter Bulle und antwortete mit einem Nein.

Fox wackelte mit dem Kopf. »Hätten Ihre Männer sofort auf mich gehört, statt mich festzunehmen, würden jetzt nicht zwei Terroristen frei an der Südküste herumlaufen!«

Flynn atmete langsam, und Fox ahnte, dass er für seinen Teil nichts spielte; er war tatsächlich der böse Bulle. »Sie haben einen Unbeteiligten angegriffen, der bis zuletzt Ihr Vorgesetzter gewesen war. Zufall?«

Paddy lächelte. Er würde ihm nicht auf den Leim gehen. Im südamerikanischen Dschungel hatten ihn Typen ohne Skrupel verhört, wohingegen ihn jetzt ein Mann anpflaumte, der ein pflegeleichtes M&S-Hemd trug. Er erwiderte gelassen: »Jawohl, Mr. Flynn. Es handelte sich um einen Zufall, genau genommen einen Unfall. Ich wusste nicht, dass es Sawyer war, als ich abdrückte. Ich musste mich entscheiden und lag daneben. Vorausgesetzt, Sie selbst haben noch nie ein Feuergefecht erlebt, Mr. Flynn, fehlt ihnen jeglicher Bezugsrahmen.«

Der Detective Constable kochte vor Zorn. »Wir reden hier von Shoreham Beach, nicht Bagdad, verdammt noch mal!«

»Aber deren Waffen hätten glatt von dort kommen können«, hielt Fox dagegen.

»Also gut, also gut«, lenkte guter Bulle ein. »Gehen wir Ihre Aussagen nun von Anfang an durch.«

Wohnsitz des Präsidenten in Minsk, Weißrussland

Der Sonderberater des weißrussischen Staatsoberhauptes zerknüllte das Blatt und donnerte: »Nein … nein … nein!«

Der Leiter des Ministeriums für Energie, der ihn noch nie so aufgelöst gesehen hatte, schlotterte beim Sprechen. »Eduard Alexeiewitsch, wie sollen wir darauf reagieren?«

Kozlow stemmte seine linke Hand in die Hüfte und hielt die zerknüllte Kurzmitteilung mit der rechten hoch. Seine Augen blitzten vor Zorn, und seine Faust zitterte, als er weiter wetterte: »Wie wir reagieren? Die erdreisten sich, der Nation Weißrussland ihren Brennstoff vorzuenthalten? Wir reagieren darauf, indem wir verlangen, dass sie unsere Versorgung auch weiterhin gewährleisten!«

Kuschnerow traute sich nicht, mehr zu äußern, zwang sich aber dazu. »Das leuchtet mir ein, Eduard Alexeiewitsch, doch was ist mit den fünfhundert Millionen Dollar, die wir ihnen schulden?«

»Das sind Diebe, Yarislaw Iwanowitsch, Diebe! Nichts weiter. Als wir noch ein Land waren, gehörte das Öl uns allen, doch jetzt erwarten sie, dass wir für tausend Kubikmeter hundert Dollar zahlen! Unsere ›strategischen Verbündeten‹ wollen uns in den Ruin treiben!«

Kozlow ließ sich beschwerlich an seinem Schreibtisch nieder. Kuschnerow blieb stehen, während sich der Berater des Präsidenten kräftig die Augen mit seinen Fäusten rieb. Dann bedeutete er, sein Besucher möge ebenfalls Platz nehmen. Unangenehmes Schweigen stellte sich ein.

Beide waren im Vorjahr zugegen gewesen, als man ein Abkommen ausgehandelt hatte, um den Ölpreis für das kommende Jahr festzulegen. Russland wollte ihn nicht zum ersten Mal für mehrere seiner wichtigsten Abnehmer erhöhen, zu welchen auch die Ukraine zählte, und behauptete, der gegenwärtige beruhe auf »veralteten Tarifen aus der Sowjetzeit«. Das Ergebnis? Das Land hatte der Ukraine Ende Dezember mehrere Tage lang den Hahn zugedreht. Die für die besten Kunden der Russen in Europa anberaumten Mengen fielen der Reihe nach geringer aus, angeblich weil die Ukraine ihren benötigten Kraftstoff aus den Exportpipelines »zapfte«, die durch ihr Gebiet verliefen.

Auch Weißrussland litt unter der Verknappung. Äußerst notgedrungen einigte man sich quasi kurz vor Neujahr überhastet auf einen anderen Preis: Hundert Dollar für tausend Kubikmeter Öl, ein massiver Anstieg im Vergleich zu zuvor siebenundvierzig Dollar. Um den Wucher jedoch ein wenig zu beschönigen, erklärte sich Russland bereit, den Nachbarn in der ersten Jahreshälfte nur fünfundfünfzig Dollar pro tausend Kubikmeter zu berechnen und die Differenz von beinahe fünfhundert Millionen dann bis Ende Juli zu stunden.

Das war eine Verzögerungstaktik, wie beide Seiten wussten, doch die Russen verfolgten noch ein Ziel damit: Im Europaparlament wurden Zweifel daran laut, dass das Bündnis weiterhin auf russisches Öl angewiesen sei; RusGaz versorgte ein Viertel des Kontinents. Mitgliedsstaaten wurden allmählich nervös und suchten nach Möglichkeiten, um auf alternative Quellen auszuweichen. Im Kreml verschaffte man seiner Besorgnis Luft. Ausgerechnet einen solchen Eindruck wollte RusGaz eben nicht vermitteln. Um die Beförderung von Öl weiter zu sichern, warf man den Weißrussen sozusagen einen Knochen hin: Verkauft die Hälfte eures staatlichen Leitungsanbieters Beltransgaz an unser Förderunternehmen RusGaz, dann werden eure Rechnungen beglichen, und wir garantieren, dass die Preise nicht weiter steigen. Was aber noch wichtiger war? Russland brauchte nicht hinzuzufügen, dass man die Befürchtungen der EU zerstreuen würde.

Der ultranationalistische Präsident von Weißrussland zögerte den Verkauf von Staatsvermögen hinaus, bis ihm sein eigenes Volk zu verstehen gab, man könne es sich nicht mehr leisten, den Konzern zu unterhalten! Indem er öffentlich den Empörten mimte und insgeheim froh war, glimpflich davonzukommen, ließ er sich breitschlagen. RusGaz kaufte für zweieinhalb Milliarden Dollar Anteile von Beltransgaz und machte zunächst in einer Geste des guten Willens eine Anzahlung von insgesamt sechshundertfünfundzwanzig Millionen. Zum Fälligkeitsdatum seiner »Ölrechnung« war Weißrussland jedoch in Verzug geraten. RusGaz hatten ihr Geld an das dortige Finanzministerium überwiesen, und die Zahlung von fünfhundert Millionen blieb offen.

Kuschnerow brach das Schweigen. »Wir müssen den Finanzminister bitten, unsere Schulden zu begleichen.«

Kozlow öffnete seine geröteten Augen und schloss sie gleich wieder. »Genau das werde ich dem Präsidenten ans Herz legen.«

Kuschnerow, der von Natur aus ängstlich und angespannt war, hakte seine Finger noch fester ineinander. Ihm gefielen diese Doppelspiele und Tricksereien nicht. Für ihn war ein Preis ein Preis und eine Übereinkunft nichts weniger als das, so wie man es früher in der Sowjetunion gehalten hatte, doch der Kapitalismus, die ewige Gier stellte alles auf den Kopf. »Wie sollen wir jetzt also reagieren?« Ihre Unterhaltung war im Kreis verlaufen, wie er schon beim Mittagessen befürchtet hatte.

Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien in London, Großbritannien

Die internationale Medienriege hatte sich eingefunden und wartete auf den Beginn der Pressekonferenz. Der Sprecher des Botschafters war gerade die Regeln durchgegangen, an die man sich zu halten hatte: Ihre Hoheit weder beim Reden unterbrechen noch ansprechen, außer sie rief zum Fragen auf. So wie die Saudis fertigte nahezu kein Staat Journalisten ab. Nach ihrem Dafürhalten oblag es den Vertretern, lediglich zuzuhören und zur Kenntnis zu nehmen, um dann darüber zu berichten. Die Nachrichtenteams von BBC und Sky News wechselten entnervte Blicke.

Ihre Hoheit Umar Al Kabir, saudischer Botschafter im Vereinigten Königreich, betrat den Konferenzsaal und setzte sich. An der Wand hinter ihm hing ein breites Banner mit dem Nationalemblem, überkreuzte Schwerter unter einer Palme. Er ließ den Blick über die versammelten Reporter aus aller Welt schweifen, bevor er mit seiner Ansprache begann.

»Gegen elf Uhr heute Morgen wurde meine Nichte Prinzessin Jinan von einer Gruppe unbekannter Männer aus ihrer Schule entführt.« Ein Raunen ging durchs Rund, und Blitzgewitter flackerte. Prinz Umar fuhr fort: »Sie wurde gefesselt, geknebelt und auf dem Rücksitz eines Autos mitgenommen. Die Kidnapper setzten sich umgehend mit ihrem Vater, meinem Bruder Prinz Fouad, in Verbindung und stellten lächerliche Forderungen.« Er machte noch eine Pause und schaute sich im Raum um, während zahllose Fotoapparate sein Gesicht beleuchteten. Er nickte und setzte erneut an. »Ich freue mich, mitteilen zu dürfen, dass Prinzessin Jinan seit heute Mittag, dreizehn Uhr, in Sicherheit ist.«

Gemurmel kam auf, und mehrere Journalisten hielten ihre Hände hoch, wobei manche unaufgefordert Fragen stellen wollten. Umar ließ sich seine Verärgerung nicht anmerken, sondern sprach sie rundheraus an.

»Ja, Sie. Was möchten Sie wissen?«

Der Vertreter von Sky News hob an: »Eure Hoheit, würden Sie mir bitte sagen, ob Ihre Nichte gerettet oder freiwillig übergeben wurde?«

Umar nickte. »Sie wurde von einem äußerst ehrenwerten britischen Staatsbürger gerettet, dem sie zufällig mit den Entführern aufgefallen war.« Seine Lippen spannten sich zu einem Lächeln, gleich würde er seinen Trumpf ausspielen. »Sie haben bereits Videomaterial zu ihrer Befreiung. Ihre Sender zeigen es schon seit drei Stunden.«

Die Anwesenden brausten auf, einige warfen wieder die Arme hoch, andere verließen den Saal mit Mobiltelefonen am Ohr, um bei ihren Arbeitgebern anzurufen.

Umar hielt beide Hände hoch. »Meine Herren – und Damen –, im Namen des Königreiches Saudi-Arabien möchte ich den Retter meiner Nichte belohnen und ihm meinen Dank aussprechen. Wir treffen uns morgen oder übermorgen hier, wozu Sie alle eingeladen sind.« Daraufhin stand der Prinz auf, nickte wieder und ging hinaus.

Die Reporter bedrängten nun den Pressesprecher, und Kamerateams verlangten weiteren Aufschluss.

In Whitehall schlug Robert Holmcroft mit seinen Fäusten auf die Schreibtischplatte und fluchte erstmals seit Jahren laut. Sein Freund Umar hatte ihn gelinkt, indem er einem Mordverdächtigen öffentlich dafür dankte, Prinzessin Jinan das Leben gerettet zu haben – einem Mann, der im Augenblick als mehrfach angeklagter Verbrecher in Haft saß! Seine Morde flimmerten den ganzen Nachmittag lang in aller Herren Länder über den Äther. Als Innenminister konnte er eine DA-Notiz herausgeben, also Nachrichtensendern aus Gründen der nationalen Sicherheit offiziell untersagen, Meldungen zu bestimmten Themen zu veröffentlichen.

Diese eine wäre unter die Kategorie null-fünf gefallen – Sicherheits- und Geheimdienste des Vereinigten Königreiches – doch er war nicht schnell genug gewesen, sodass man die Katze im wahrsten Sinn des Wortes aus dem Sack gelassen hatte, alles nur wegen YouTube sowie zweier straffälliger Jugendlicher mit G3-Videohandys.

Das Lämpchen an seinem Telefon blinkte. Er stierte es verdrießlich an, bevor er die Annahmetaste drückte. »Ja!«

Zunächst blieb es still in der Leitung; seine Sekretärin fühlte sich von dem unwirschen Ton vor den Kopf gestoßen. »Der Premierminister möchte Sie sprechen.«

Holmcroft seufzte. »Stellen Sie ihn durch.« Er durfte sich auf ein schwieriges Gespräch einstellen.

Minsk, Weißrussland

Der Mann ohne Amtstitel stieg als Erster aus der Belavia-Maschine aus Moskau. Auf der Rollbahn wartete eine breite schwarze Regierungslimousine, die ihn mitnahm, ohne dass er irgendwelche Einreiseformalien hätte erledigen müssen. Maksim Gurow war die tödliche Hand des Premierministers der Russischen Föderation.

Als »ehemaliger« Agent des dortigen KGB beziehungsweise FSB, wie der Dienst seit 1995 hieß, hatte er der Ersten Hauptdirektion angehört, die für Auslandseinsätze und Aufklärung verantwortlich gewesen war, sowie in diesem Rahmen Vympel kommandiert, die geheimnisvollste und gefährlichste aller Einheiten der Behörde.

Sein Name stand auf keiner offiziellen Personalliste. Einzig der sehr kleine Kreis ausgesuchter Berater des Premiers kannte ihn: Die Mächtigen, die über Leben und Tod verfügen konnten. Er sollte sich nun mit Iwan Swerow treffen, dem Leiter des weißrussischen Geheimdienstes. Dies würde man in keiner Weise aktenkundig machen; die beiden sollten einander nie begegnet sein, weil Gurow eigentlich gar nicht existierte, und zwar schon seit 1995.

Er saß still auf der Rückbank der Limousine, die zur Datscha des Präsidenten im Wald vor Minsk raste. Der Vorschlag, den er machen wollte, war schlichter Art, also rechnete er mit einer gleichsam einfachen Antwort. Innerhalb von drei Stunden würde er wieder in der Luft sein – als letzter Passagier, der in den Flieger stieg.

Der Mercedes hielt kurz an, während das schwere Eisentor aufgezogen wurde, und fuhr dann weiter aufs Grundstück des Landsitzes. Nieselregen dämpfte zusätzlich das ohnehin schwache Tageslicht, das die dichte Laubdecke kaum durchdrang.

Im Gebäude stand Swerow am Kamin und genoss die Wärme, die das Brennholz abstrahlte. Das großformatige Ölgemälde des Präsidenten an der Wand hinter ihm schien ihn anzustarren. Es war August und für diese Jahreszeit ungewöhnlich frisch in der Datscha. Das weißrussische Volk durfte sich auf einen strengen Winter vorbereiten. Als er hörte, wie seine Sicherheitsmänner die Haustür öffneten, richtete er sich auf, um seinen Gast zu begrüßen, den Besucher aus Moskau.

Gurow hatte beileibe nichts Außergewöhnliches an sich. Mit knapp über eins achtzig war er durchschnittlich groß, weder über- noch untergewichtig und normal gebaut. So wirkte er wie ein höherer Bankangestellter, außer man achtete auf seine mattgrauen Augen, deren düsterer Blick kaum verhehlten, welch ernst zu nehmender Geist dahintersteckte.

Swerow bot ihm eine Hand an. »Sie endlich kennenzulernen ist mir eine Ehre.« Sein Gegenüber drückte kräftig zu, weshalb er sich zusammenreißen musste, um nicht zusammenzuzucken. »So setzen Sie sich doch.«

Gurow nickte und kam der Bitte nach. »Direktor Swerow, danke, dass Sie bereit waren, sich mit mir zu treffen.«

»Ist mir ein Vergnügen.« Ihm war nichts anderes übrig geblieben. Sein Präsident hatte die Information erhalten, dass dieser Mann kommen würde, doch Swerow sah sich nicht veranlasst, unhöflich zu sein. Er nahm dem Besucher gegenüber Platz. Zwischen ihnen stand ein niedriger Tisch mit einer Kanne Kaffee.

Unser Premierminister ließ mich wissen, dass ihr Land gewisse Schulden im Zusammenhang mit Öllieferungen begleichen muss.«

Swerow blinzelte, erwiderte jedoch nichts. Auf diesem Feld kannte er sich nicht aus. Der KGB hatte nichts mit dem Ministerium für Energie zu tun.

Gurow fuhr fort: »RusGaz musste Ihre Versorgung zwangsweise einstellen. Ich bin allerdings nicht hier, um über offene Rechnungen zu reden oder Gelder einzutreiben. Bitte halten Sie mich nicht für einen Vollstreckungsbeamten. Ich bin gekommen, um ihnen einen Vorschlag zu unterbreiten – ein Angebot, das die fünfhundert Millionen Dollar vergessen machen könnte, die Ihr Land meinem schuldet. Ihr Präsident hat nur einen groben Abriss dieses Vorschlags erhalten. Sie als Leiter des KGB sind derjenige, der ihn umsetzen muss.«

»Verstehe.« Tat er nicht. Für wen hielt sich dieser Russe eigentlich?

Gurow gab ihm einen großen Umschlag. »Darin finden Sie ausführliche Pläne, Kontaktadressen und Zeitrahmen.«

Swerow zog den Inhalt skeptisch heraus und legte ihn auf den Tisch. »Verzeihung, ich kann das nicht ganz nachvollziehen. Da ich dem weißrussischen Präsidenten direkt unterstehe, erhalte ich meine Weisungen auch nur von ihm.«

Gurow schaute dem Mann in die Augen. »Wenn wir hier fertig sind, können Sie Ihren Präsidenten anrufen. Bis dahin nehmen Sie hin, was ich Ihnen sage.«

Der Geheimdienstleiter zuckte mit den Schultern. Er hatte nichts zu verlieren. »Fahren Sie fort.«

»Sie haben einen Mann auf Ihrer Seite, den wir einsetzen müssen, Woloschin Konstantin Andrejewitsch.«

Swerow machte große Augen. Woloschin zählte zu den bestgehüteten Geheimnissen des KGB. Er war als Mitglied des SpezNas für verdeckte Operationen im Ausland und Sabotageakte im Auftrag seines Landes ausgebildet worden – ein V-Mann, dessen Existenz sich leugnen ließ, wie man es im Westen nannte.

»Wundern Sie sich nicht darüber, dass ich diesen Mann kenne, Direktor. Unsere Wege haben sich gelegentlich gekreuzt. Dass ich ihn einsetzen möchte, dürfen Sie als Würdigung ihrer selbst begreifen.«

Swerow schaute auf die Papiere auf dem Tisch. »Sie sagen, darin sei alles erläutert?«

»Ganz genau. Ich habe nicht viel Zeit, um sie zu unterweisen, Direktor, also sind Sie gut beraten, den Mund zu halten und mir zuzuhören.«

Der KGB-Chef ließ es sich gefallen, schwieg und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein.

Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien in London, Großbritannien

Paddy Fox zog am Kragen seines Hemdes, um ihn ein wenig zu lockern. Er hasste es, sich so »affig« in Schale zu werfen, und war auf der Arbeit bei Dymex stets mit offenem oberem Knopf davongekommen. Jetzt allerdings, in der vornehmen Botschaft des Königreiches Saudi-Arabien, musste er zugeknöpft bleiben. Merkwürdigerweise war er wie zu einem Vorstellungsgespräch gekleidet. Im Wartezimmer neben ihm saß DC Flynn, der die Rolle des Aufpassers von Scotland Yard übernahm. Fox war wegen Mordes und versuchten Mordes inhaftiert, obwohl im Rahmen einer Kampagne, die durch die Medien ging, darauf gedrängt wurde, alle Anklagen gegen ihn fallen zu lassen. Die Sun hatte ihn auf seinen Namen anspielend als Retter der saudischen Prinzessin sogar »Wüstenfuchs« getauft. In einem Interview mit seinem Nachbarn Jim war herausgekommen, Paddy sei Soldat »für besondere Fälle« gewesen, gleichwohl nichts über seine Zeit beim Regiment.

Auf Anraten des Innenministers hatte man die Medien doch nicht erneut in die Botschaft eingeladen. Eine Gruppe von Paparazzi war draußen zusammengekommen, doch Fox' Bewacher und das Sicherheitspersonal der Botschaft hatten es geschafft, sein Gesicht vor ihnen zu verbergen. Die Berichterstatter trachteten nach einem aktuellen Foto, weil die Handyvideos für ihre Zwecke zu niedrig aufgelöst waren. Wenn man ihn selbst fragte, machte man viel Lärm um nichts. Er hatte sich seiner Ausbildung entsprechend verhalten – eine Geisel befreit und die Entführer neutralisiert. Dass es sich bei der Geisel um eine Angehörige eines Königshauses handelte, war ihm dabei nicht bewusst und ehrlich gesagt auch nicht wichtig gewesen. Mochte er auch »für Königin und Vaterland« gekämpft haben, erzitterte er nicht gerade vor Ehrfurcht, was erstere anging. Nun nestelte Fox wieder an seinem Hemd; kein Zweifel, die Bullen hatten ihm eins gegeben, das eine Nummer zu klein war. Da er nicht auf Kaution freikommen konnte, waren Hemd und Anzug für ihn »akquiriert« worden.

Gegenüber im Wartezimmer ging die breite Flügeltür auf, und herein kam ein Angestellter der Botschaft, der winkte, auf dass er ihm folgte. Nachdem sie um eine Ecke gegangen waren, blieben sie auf einem langen Flur mit verschiedenen Porträts saudischer Adliger sowie Bildern von Kamelen und Rennpferden an den Wänden stehen. Vor einer weiteren breiten Flügeltür hielten sie an. Der Mann klopfte und öffnete, bevor er sich dorthin zurückzog, wo er hergekommen war.

Prinz Umar stand auf und trat hinter seinem Schreibtisch vor. Er trug einen perfekt maßgeschneiderten Geschäftsanzug in Dunkelgrau sowie ein weißes Hemd mit Krawatte im klassischen Stil und hatte ebenso penibel frisiertes Kopf- wie Barthaar, beides pechschwarz. Mit strahlendem Lächeln und ausgestreckter Hand begrüßte er seine Besucher.

»Mr. Fox. Ich fühle mich sehr geehrt, Sie endlich treffen zu dürfen.« Er schüttelte die Hand des Briten.

»Danke für Eure Einladung, Hoheit.«

»Und das ist?« Umar sah seine Begleitung an.

»Detective Constable Flynn, Sir.«

Umar wirkte begriffsstutzig, gab aber auch ihm die Hand. »Bitte setzen Sie sich beide.«

Die drei gingen durch den Raum zu einem verschnörkelten Kamin, wo sich Umar in einem breiten Sessel mit braunrotem Lederbezug niederließ. Fox und Flynn taten es ihm gegenüber auf dem Sofa der Garnitur gleich. Als Umar in die Hände klatschte, brachte ein Diener Datteln und eine Kanne mit schwarzem Kaffee auf einem Tablett. Jeder der zwei Gäste bekam eine Tasse.

»Mr. Fox, stellvertretend für meinen Bruder Prinz Fouad und das Haus Saud möchte ich Ihnen für die Rettung meiner geliebten Nichte, Prinzessin Jinan, danken. Sie sind ein ehrwürdiger, tapferer Mann. Obwohl sie keine Mittel zur Wehr hatten, gelang es ihnen, vier bewaffnete Männer aufzuhalten und Jinan zu befreien. Wir stehen auf ewig in Ihrer Schuld.« Er neigte seinen Kopf, ein Zeichen von tiefstem Respekt seitens Angehöriger des saudischen Königshauses.

Fox bemühte sich nicht, sein Unbehagen weitestgehend zu verhehlen, denn er tat sich wie die meisten Soldaten des Regiments schwer damit, Lob entgegenzunehmen. »Ich habe mich nur verhalten, wie es jeder getan hätte, Eure Hoheit.«

»Jeder bei den Sonderstreitkräften Ausgebildete, Mr. Fox.« Umar grinste breit, wobei seine perfekt weißen Zähne aufblitzten. »Wenn ich mich recht entsinne, waren Sie beim Secret Air Service, nicht wahr?«

Paddy schaute einstweilen nach unten. »Tut mir leid, Eure Hoheit, doch das kann ich weder bestätigen noch verneinen.«

Der Botschafter machte eine wegwerfende Geste. »Das müssen Sie auch nicht.«

In der unbeholfenen Stille, die darauf folgte, trank Umar von seinem Kaffee, und die Gäste taten es ihm gleich. Jemand vom Personal betrat das Zimmer mit vollen Armen, doch was er trug, war mit einem Schmucktuch zugedeckt. Der Prinz erhob sich ruckartig, Fox und Flynn ebenfalls. Nachdem sich der Mann verbeugt hatte, hielt er Umar das Mitbringsel hin, damit dieser den Stoff wegzog. Darunter verbarg sich ein langes, prunkvolles Schwert. Er hielt es mit beiden Händen hoch, ging einen Schritt auf Fox zu und bot es ihm an. »Ein Geschenk des Hauses Saud.«

»Danke, Eure Hoheit.« Fox nahm das Schwert an sich. Es war schwerer, als es aussah, die Scheide verziert mit Rubinen und Smaragden, die Klinge aus glänzend poliertem, grauweißem Metall: Platin.

Der Botschafter strahlte nach wie vor und bückte sich nach einem Büchlein, das auf dem Tisch lag. »Das ist von meinem Bruder und mir.«

Der Diener hielt das Schwert fest, solange Fox in dem Band blätterte. Darin standen Angaben zu einem Zürcher Bankkonto auf den Namen James Fox. Er las weiter. Es war mit zweihunderttausend Pfund gedeckt. »Eure Hoheit, das kann ich nicht annehmen.«

Flynn schaute über seine Schulter. »So steht es in unseren Gesetzen, Hoheit. Ein Straftäter darf im Rechtssinn keinen Vorteil aus seinen Verbrechen ziehen.«

Fox spürte, dass er vor Zorn rot wurde. Sein Begleiter war ein Depp. So hatte er das nicht gemeint.

Umars Pupillen flimmerten, und er wandte seinen Blick langsam Flynn zu. »Um welche Verbrechen geht es, Officer?«

Auch dem Gefragten wurde heiß im Gesicht. »Dreifacher Mord und ein versuchter Mord, Eure Hoheit.«

Umars Blick ruhte mehrere Sekunden lang auf dem Beamten, der es seinerseits nicht wagte, wegzuschauen. »Mr. Fox hat in meinem Land kein Verbrechen begangen. Ich darf Sie darauf hinweisen, Mr. Flynn, dass Sie sich in der königlichen Botschaft von Saudi-Arabien aufhalten, also auf hoheitlichem Boden meines Landes. Würde Mr. Fox wollen, dürfte er hierbleiben und um Asyl bitten, doch Sie sind, fürchte ich, in diesem Hause nunmehr unerwünscht.«

Flynn hätte aus der Haut fahren können, wusste jedoch, dass er machtlos war. »Aber Hoheit … ich …«

Umar fiel ihm ins Wort. »Officer Flynn, Mr. Fox hat sich keines Vergehens schuldig gemacht und wird darum auch nicht vor Gericht gestellt.«

Allmählich nahm der Groll des Polizisten zu. »Ich würde meinen, dies zu entscheiden überlassen wir besser der Staatsanwaltschaft der Krone.«

»Nein, ihm wird kein Prozess gemacht. Mr. Fox, würden sie gerne hierbleiben?«

Paddy wusste einen Moment lang nicht genau, ob sich der Prinz einen Scherz erlaubte oder es ernst meinte. »Danke, das ist sehr zuvorkommend, aber …«

Der Saudi nahm seine Hand herunter und setzte eine Miene auf, die seinem Gast Zuversicht spendete. »Keine Sorge, Mr. Fox. Kein Staatsanwalt wird Schuldzuweisungen machen. Jetzt muss ich mich leider von Ihnen verabschieden.« Er streckte abermals seine Rechte aus. »Mr. Fox, wie gesagt, wir stehen auf ewig in Ihrer Schuld.«

Umar ignorierte Flynn, drehte sich um und kehrte zu seinem Schreibtisch zurück. Die Flügeltür hinter ihnen wurde geöffnet, woraufhin die beiden Briten aus der Botschaft geleitet wurden, allerdings nicht, bevor Fox sein Schwert wiederbekommen hatte. Die Zahl der Paparazzi auf der Straße hatte zugenommen. Sie drängten darauf, Fotos zu schießen, während Flynn Fox nicht gerade glimpflich in den wartenden 5er-BMW niederdrückte, dem man nicht ansah, dass er der Sonderpolizei gehörte.

»Los«, befahl er dem Fahrer. Als er sich dann dem Gefangenen zukehrte, versuchte er erst gar nicht, seinen Ärger zu verbergen. »Das fanden Sie wohl witzig, was?«

»Zum Schreien komisch, ja.«

Flynn wollte Kontra geben, doch sein Handy läutete. Kurz nachdem er den Anruf entgegengenommen hatte, bekam er den Mund nicht mehr zu. »Er hat was getan?« Entsetzt stierte er mehrere Sekunden starr auf die Rückenlehne des Fahrersitzes, bevor er das Gerät zuklappte. »Sie sind wieder auf freiem Fuß.« Flynn sah aus, als würde er gleich ersticken. »Die Staatsanwaltschaft hat alle Vorwürfe gegen Sie zurückgezogen.«

Fox brach in Gelächter aus. »Setzen Sie mich vor der nächsten Bank ab.«

Flynn schnatterte mit puterrotem Gesicht. »Sie tragen eine Offensivwaffe!«

»Dann nehmen Sie mich doch fest.« Fox streckte die Arme aus, wie um sich Handschellen anlegen zu lassen.

Der Polizist fand keine Antwort darauf; er ballte seine Fäuste, während seine Fassungslosigkeit neuerlicher Wut wich.

COLD BLACK

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