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ОглавлениеKapitel 3 – Historischer Hintergrund
Die Bedeutung des Taekwondo ist für sein Heimatland Korea nicht hoch genug einzuschätzen. Historisch gesehen spielte die Kampfkunst in Korea selbst eine prägende Rolle bezüglich der Herausbildung eines gemeinschaftlichen nationalen Bewusstseins, ebenso wie zur Darstellung dieser Identifikation nach außen hin. Dies muss vor allem für die Zeit der frühen 1970er Jahre und auch im Zusammenhang mit der national geförderten Eröffnung des Kukkiwon (sozusagen das Welt-Hauptquartier des Taekwondo, Standort der Welt-Taekwondo-Akademie und die offizielle Taekwondo-Regierungsorganisation Südkoreas) 1972 gelten. In dieser Zeit diente das Taekwondo hier als pädagogisches Instrument zugunsten einer militärisch geprägten, autoritär auftretenden Regierung. So musste annähernd jeder junge Mann mit Taekwondo in Berührung kommen, indem ihm durch seine konkrete Einbeziehung in die militärische Grundausbildung ein wesentlich höherer Stellenwert beigemessen wurde als dies bei einer reinen Freizeitbeschäftigung der Fall gewesen wäre. Dies fand schließlich mit dem Zugriff auf jüngere Teile der Bevölkerung Ergänzung, indem es Einzug in die Lehrpläne der Grund- und Mittelschulen hielt. Somit konnte sich Taekwondo als ein wichtiges Mittel und Instrument zur Begründung eines gesellschaftlichen nationalen Bewusstseins etablieren und sollte darüber hinaus die politische Führung des Landes nach außen hin in ein positives Licht rücken. Sogenannte Demonstrations-Teams wurden in verschiedene Länder weltweit entsandt, um das Image Koreas mittels ihrer eindrucksvollen Vorführungen zu verbessern. Dies wurde in den westlichen Industrieländern durch die Neigung zu einem stark mystifizierenden Verständnis von Kampfkünsten noch verstärkt. Filme aus Fernost in den frühen 1970er Jahren und dann schließlich auch aus Hollywood pflegten gerade dieses Bild und sprachen ihren Helden immer wieder scheinbar übermenschliche Fähigkeiten zu. Auch diese bei den Zuschauern sehr beliebten Entwicklungen in der Filmindustrie verhalfen dem Taekwondo zu einer großen Popularität, zunächst in den USA und dann etwas verzögert auch in Europa. Dass dies auch zu einer immer stärker werdenden Kommerzialisierung führte, welche sicherlich sehr kritisch zu hinterfragen ist, erscheint folgerichtig.
Somit entwickelte sich Taekwondo im wahrsten Sinne des Wortes auch zu einer Art Exportschlager und machte Korea seit den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts in der ganzen Welt bekannt, indem man gezielt Trainer in die Welt schickte. So wurde beispielsweise Kwon, Jae-Hwa, 1965 als Cheftrainer für Europa und Deutschland eingesetzt, der dann den Grundstein für das Taekwondo in diesem Bereich legte. Schließlich dauerte es bis zur Gründung der DTU einige Jahre, bis 1981.
Wurde Taekwondo in Korea zumindest subjektiv schon lange als Nationalsport empfunden, so wurde es tatsächlich am 30. März 2018 als solcher per Gesetz durch die koreanische General Assembly, die Nationalversammlung der Republik Korea, bestimmt und in der Verfassung verankert.
Zu diesem Zeitpunkt blickte das Taekwondo aber schon auf eine lange Geschichte und Entwicklung zurück. So lassen sich die Anfänge des Taekwondo bis in die Koguryu-Dynastie zurückverfolgen, die im Jahr 37 vor Christus im Norden Koreas gegründet wurde. Es handelte sich hierbei um eine kriegerische Nation, von angriffslustigen Königen regiert, die eine expansive Politik verfolgten, viele Gebiete bis in den Süden eroberten und auch die seinerzeit dort ansässigen Chinesen endgültig vertrieben. Vor diesem Hintergrund entstand eine einfache Form des Taekkyon, ein alter Name für Taekwondo. Als Beleg finden sich in Königsgräbern dieser Dynastie immer wieder Motive des Taekwondo. Ein aussagekräftiges Beispiel findet sich in Kyonju, der alten Hauptstadt des zeitlich parallel bestehenden Königreiches Silla. Hier befinden sich zwei buddhistische Steinskulpturen, die einen Schrein bewachen. Sie stellen eine noch heute gebräuchliche Abwehrhaltung, den Kumgang-Makki, dar.
In den folgenden Jahrhunderten war es vor allem die räumliche Nähe zu den Nachbarn Japan und China, die einerseits zu einem regen kulturellen und wirtschaftlichen Austausch, andererseits aber auch zu kriegerischen Auseinandersetzungen führte, da diese Nähe immer wieder die Ursache für territoriale Begehrlichkeiten und Auseinandersetzungen war. Letzteres muss vor allem für die Beziehung Koreas zu Japan gelten, wobei natürlich in besonderem Maße die letzte kriegerische Auseinandersetzung, die Phase der japanischen Besatzung zwischen 1910 und dem Ende des 2. Weltkrieges, tiefe Spuren hinterlassen hat.
In diesem historischen Kontext entwickelte sich das Taekwondo stets weiter und wurde zu einem effektiven Selbstverteidigungssystem. Mit dem Ende der japanischen Besatzung besann man sich in Korea wieder verstärkt auf das eigene Kulturgut. In diesem Zusammenhang kam schließlich 1954 ein Gremium aus Kampfkunstmeistern, Politikern und Historikern zusammen, um verschiedene Kampfstile unter dem Namen Taekwondo zu vereinen. Als Oberhaupt dessen wurde General Choi, Hong-Hi, ernannt, der folglich heute als der Vater des Taekwondo, wie es heute derzeit wird, gilt. 1973 wurde die World Taekwondo Federation (WT) als Dachverband aller Taekwondo Betreibenden gegründet. In der Folgezeit wurde Taekwondo einer immer größer werdenden Personengruppe bekannt. Hierzu haben sicherlich diverse von der WT ins Leben gerufene Großveranstaltungen beigetragen. In diesem Zusammenhang ist gewiss die erste Weltmeisterschaft 1973 in Seoul, Südkorea, oder die erste Asien-Meisterschaft, 1974, ebenda zu nennen. Die erste Europameisterschaft fand 1976 in Barcelona, Spanien, statt. Ein weiterer wichtiger Schritt für die Öffentlichkeitswirksamkeit war die Anerkennung durch das Internationale Olympische Komitee 1980. Dies war Grundvoraussetzung dafür, dass Taekwondo acht Jahre später bei den Olympischen Spielen in Seoul sowie darauffolgend in Barcelona olympische Vorführdisziplin wurde. Bei den 27. Olympischen Spielen im Jahr 2000 in Sydney, Australien, wurde es endgültig in den olympischen Disziplin-Kanon aufgenommen.
Heute betreiben alleine in Deutschland knapp 60.000 Aktive Taekwondo und das in über 800 Vereinen. Eine zuverlässige Angabe zu Aktiven weltweit ist schwierig, Schätzungen belaufen sich in einem Rahmen zwischen 20 bis 100 Millionen.