Читать книгу Das Monster Krimi Paket Februar 2019 - 1300 Seiten Spannung - Alfred Bekker - Страница 89
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ОглавлениеZwanzig Minuten später parkte die Detektivin ihren Wagen vor dem Haus Nummer dreiundzwanzig in der Erdmannstraße.
Drei Stufen führten zur Haustür. Sie warf einen kurzen Blick auf das goldene Namensschild unterhalb des Klingelknopfes. Fein säuberlich war dort der Name Lars Steinert eingraviert. Katharina drückte den Klingelknopf. Sie hörte, wie drinnen eine Drei-Klang-Glocke ertönte und wartete auf die Geräusche, die zu entstehen pflegten, wenn man an einer Haustür klingelt. Nichts dergleichen geschah. Katharina läutete ein zweites und drittes Mal. Als sich auch diesmal nichts rührte, ging sie um das Haus herum und entdeckte eine Tür, die offenbar in den Keller führte.
Sie holte ihr Etui mit den Spezialdietrichen hervor, wählte mit sicherem Blick eines der schmalen Instrumente aus und rückte dem Schloss zu Leibe. Sie brauchte nur kurze Zeit, bis sie die Tür geöffnet hatte. Sie war nicht abgeschlossen, sondern nur eingeschnappt. Dahinter befanden sich drei Räume. In dem ersten standen mehrere Regale mit Farbeimern und Werkzeugen. Der Zweite diente als Lagerraum für Konservendosen mit Lebensmitteln. Im dritten Raum stand eine Waschmaschine. Auf der rechten Seite führte eine Treppe in das darüberliegende Stockwerk.
Katharina stieg die Stufen empor und öffnete vorsichtig die Tür. Sie gelangte in einen breiten Flur. An der Garderobe hingen mehrere Jacken und ein Mantel. Auf der Ablage darüber befand sich eine rote Schirmmütze. Es war still in der Wohnung. Zu still, wie Katharina fand. Kein unruhiges Gefühl drohender Gefahr, wie sie es schon oft gespürt hatte, sondern das Empfinden eisiger Leere.
Sie wandte sich dem Wohnzimmer zu, holte ihre Taschenlampe hervor und schaltete sie ein. Die Tür stand offen. Die Einrichtung war teuer, das konnte man auf den ersten Blick erkennen: Eine dunkelrote Couch, zwei Sessel, ein niedriger Tisch, eine Anrichte und eine üppig bestückte Hausbar. An den Wänden standen zwei gut gefüllte Bücherregale. Katharina verließ das Wohnzimmer und wollte sich gerade dem nächsten Raum zuwenden, als hinter ihr ein Geräusch ertönte. Sie wirbelte herum und presste sich an die Wand. Abermals ertönte dieses seltsame Kratzen.
Sie sah, wie sich die ihr gegenüberliegende Tür langsam bewegte. Ruckartig ging sie immer weiter auf. Wie von Geisterhand geschoben oder gezogen. Katharina hielt den Atem an. Die Tür bewegte sich immer noch und quietschte leise in den Angeln.
Plötzlich stand sie still.
Am Boden schnurrte etwas.
Katharina richtete den Strahl der Taschenlampe nach unten und lächelte erleichtert. Auf der Türschwelle stand eine schwarze Katze, die mit grün schillernden Augen zu ihr aufsah. Ohne weiteren Aufenthalt drang die Detektivin in den dahinterliegenden Raum ein. Es war das Schlafzimmer. Ein Doppelbett stand in der Mitte. Es war ordentlich gemacht. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich ein Kleiderschrank, der fast bis zur Decke reichte.
Katharina öffnete die Türen. In den Regalen lagen verschiedene Kleidungsstücke, hauptsächlich Unterwäsche, T-Shirts und Pullover. Es handelte sich ausnahmslos um Männerkleidung. Diese Tatsache bestätigte Katharinas Vermutung, dass Steinert hier allein lebte. Dafür sprach auch die nüchterne Einrichtung der Wohnung. Es fehlte einfach die weibliche Note. Die Detektivin verließ das Schlafzimmer und wandte sich dem angrenzenden Raum zu. Es war das Badezimmer. Auch hier wirkte alles ordentlich und sauber.
Schräg gegenüber befand sich die Küche. In der Spüle standen eine schmutzige Tasse und ein Teller. Rechts neben dem Fenster gab es eine schmale Tür, die vermutlich zur Aufbewahrung von Besen und Schrubbern diente. Sie verließ die Küche und wandte sich dem Raum zu, der sich direkt neben der Haustür befand. Es handelte sich um ein kleines Büro mit einem Schreibtisch, einem großen drehbaren Ledersessel und mehreren Schränken. Sie öffnete einige Türen. In den Regalen standen mehrere Dutzend Aktenordner mit unterschiedlichen Beschriftungen.
Als Nächstes wandte sie sich dem Schreibtisch zu. Sie zog die Schubladen auf, entdeckte verschiedene Schreibutensilien und ein kleines Notizbuch. Es enthielt mehrere Namen. Auf der hintersten Seite stand eine Adresse: Clayallee 23.
Plötzlich wirbelte Katharina herum. In der Diele bewegte sich die Haustür. Es hörte sich an, als versuche jemand, die Tür langsam und geräuschlos aufzuschieben, um herauszuschlüpfen. Eilige Schritte entfernten sich. Katharina legte das Buch wieder in die Schublade, drehte sich um und lief in die Diele. In dem offenstehenden Spalt der Tür sah sie nur noch einen Schatten verschwinden. Dabei verursachte er kein Geräusch. Offenbar trug er Schuhe mit dicken Gummisohlen. Sofort setzte Katharina nach und riss die Tür auf. Im Vorgarten entdeckte sie einen Mann, der schnell davonlief.
Er war klein und wendig. Auf dem Kopf trug er eine Schirmmütze, wie Katharina blitzschnell erkannte, während sie die Verfolgung aufnahm. Der Mann rannte über die Straße und steuerte auf einen weißen Wagen zu, der am Bordstein parkte. Katharina verringerte die Entfernung zu dem Flüchtenden. Der andere erreichte den Wagen und zog die Tür auf. Mit der Behändigkeit eines Eichhörnchens verschwand er auf dem Fahrersitz. Sofort betätigte er den Zündschlüssel, jedoch ohne Erfolg. Der Motor sprang nicht an. Der Mann fluchte. Unablässig betätigte er den Zündschlüssel, dann machte ihm der zunehmende Benzingeruch deutlich, dass der Motor abgesoffen war. Er wollte aussteigen, doch in diesem Moment erschien Katharina neben dem Wagen und riss die Tür auf.
„Nicht so schnell“, keuchte sie. Bevor der Mann etwas dagegen unternehmen konnte, hatte sie den Zündschlüssel aus dem Schloss gezogen.
„Wer sind Sie? Was haben Sie in dem Haus gesucht?“
Der Mann versuchte, die Tür zu schließen, doch Katharina packte ihn am Kragen.
„Was soll der Scheiß?“, rief er wütend. „Lassen Sie mich gefälligst los.“
„Erst will ich eine Antwort.“
„Verpiss dich!“
Katharina packte den Mann am Kragen und sah ihn sich etwas genauer an. Ihr war, als habe sie ihn schon einmal gesehen.
„Warum sind Sie denn davongelaufen?“
Der Mann schwieg.
„Ich habe Sie etwas gefragt.“
„Ich bin ganz zufällig hier“, stotterte er. „Was wollen Sie von mir? Lassen Sie mich los?“
„Sie waren vor mir in der Wohnung. Was haben Sie dort gesucht? Wenn Sie nichts zu verbergen haben, hätten Sie auch nicht davonrennen müssen.“
„Lassen Sie mich los, sonst rufe ich die Polizei.“
„Warum? Nur weil wir uns zwanglos unterhalten?“ Katharina ließ ihn los. „Ich kenne Sie von irgendwoher. Ich habe Ihr Gesicht schon einmal gesehen.“
„Das glaube ich nicht.“
„Oh, doch, ich bin mir absolut sicher. Ich habe Sie schon mal irgendwo gesehen.“
Der Mann rührte sich nicht von der Stelle. „In Ihren Träumen vielleicht.“
Angestrengt dachte Katharina nach, wo und wann ihr dieser Bursche schon einmal über den Weg gelaufen war. Plötzlich stieß sie einen leichten Pfiff aus. Jetzt wusste sie, woher sie den anderen kannte. Sie stupste ihn mit dem Zeigefinger an.
„Ich weiß, wer Sie sind.“
„Dann behalten Sie es für sich“, konterte der Mann und atmete ruhiger.
Katharinas Gedächtnis hatte noch immer funktioniert. So auch jetzt. Sie erkannte den Mann wieder, mit dem sie einmal zusammengearbeitet hatte, als sie noch bei der Polizei war.
„Sie sind Max Rostek, nicht wahr?“, fragte sie.
„Wenn du‘s schon weißt, Ledermacher, dann brauche ich mich wenigstens nicht mehr vorzustellen“, erwiderte der Mann patzig.
Katharina stieß ihn vor die schmale Brust. „Nun mal schön ruhig. Was suchst du hier?“
„Wenn du an meiner Stelle wärst, würdest du es sagen?“
„Vielleicht nicht.“
„Dann sind wir uns einig.“
„Hat dich Mirschel auf meine Spur gesetzt?“
Der Mann zuckte mit den Schultern und grinste. „Das habe ich tatsächlich vergessen.“
„Du hast im Haus von Steinert herumgeschnüffelt.“
„Da war ich nicht der Einzige.“
„Stimmt“, gab Katharina zu.
„Was willst du überhaupt von mir?“
„Ich bin Privatdetektivin.“
„Schön für dich“, erwiderte Rostek.
„Warum hören wir nicht mit dem Theater auf?“, schlug Katharina vor.
„Wozu?“
„Du kannst mir nichts vormachen. Du bist ebenfalls hinter Steinert her.“
„Und wenn?“
„Warum tauschen wir nicht ein paar Informationen aus? Das wäre doch weitaus produktiver, als wenn wir uns gegenseitig behindern würden.“
„Warum sollte ich dir etwas sagen?“
„Vielleicht habe ich einige Informationen, die dir weiterhelfen. Und vielleicht bist du im Besitz von welchen, die ich gebrauchen könnte.“
Rostek überlegte einen Moment. Er schien sich nicht sicher zu sein, ob bei dem Vorschlag etwas Lukratives für ihn herausspringen würde.
„Also, was ist?“, fragte Katharina.
„Na schön, von mir aus“, stimmte Rostek zu. „Aber wehe, du ziehst mich über den Tisch.“
Katharina schlug die Tür zu, ging um den Wagen herum und stieg auf der Beifahrerseite ein.
„Also gut, dann fang mal an.“
„Warum ich?“
„Okay, machen wir‘s Zug um Zug. Ich ermittle gegen Leute, die Pornoaufnahmen von jungen Frauen machen. Und du?“
Rostek zögerte einen Moment, bevor er antwortete. „Ich bin nicht bei der Polizei. Schon lange nicht mehr. Ich arbeite jetzt als Privatdetektiv und bin an einer ähnlichen Geschichte dran. Bei mir geht‘s um einen Fotografen, der jungen Frauen große Versprechungen macht. Er behauptet, ausgezeichnete Kontakte zu allen großen Magazinen zu haben und garantiert ihnen, dass sie auf‘s Cover kommen. Ist natürlich Beschiss. Er leiert ihnen einen Haufen Kohle aus‘m Kreuz, und das Einzige, was dabei herausspringt, sind ein paar billige Schmuddelaufnahmen, die dann in einem drittklassigen Pornomagazin erscheinen.“
„Weshalb wenden sich die Frauen nicht an die Polizei?“
„Der Typ ist ‘nen ganz schlauer. Er lässt sie vorher einen Vertrag unterschreiben, in dem sie bestätigen, dass sie mit diesen Aufnahmen und deren Verwertung einverstanden waren. Offiziell lässt sich da nichts machen.“
„Bei meinem Fall verhält es sich ähnlich“, sagte Katharina. „Die betreffende Frau hat sich anschließend umgebracht.“
„Uh, das ist übel.“
„Wurdest du von einem der Opfer beauftragt?“
„Von der Mutter.“
„Hat die Tochter auch ...“
„He, jetzt bin ich mal wieder dran, mit Fragen stellen.“
„Nur zu.“
„Was hast du im Haus von Steinert gesucht?“
„Dasselbe wie du. Beweise.“
„Dann glaubst du also auch, dass er in die Sache verwickelt ist?“
„Ich weiß es nicht. Was denkst du?“
„Im Moment noch gar nichts. Ich hatte keine Gelegenheit, mich bei ihm umzusehen. Du kamst mir dazwischen.“
„Du hast nichts versäumt.“
„Das hätte ich gerne selber überprüft.“
„Nur zu. Niemand hindert dich daran.
„Wie bist du eigentlich auf Steinert gekommen?“, wollte Rostek wissen.
„Jemand gab mir einen Tipp.“
„Seinen Namen willst du mir nicht verraten, oder?“
„Hafner, Eckard Hafner.“
„Ach der. Den hatte ich auch schon auf meiner Liste.“
„Hast du ihm einen Besuch abgestattet?“
„Nein, noch nicht. Mal sehen, vielleicht morgen.“
„Sei vorsichtig. Wenn er schlechte Laune hat, schmeißt er seine Besucher gerne in den Pool.“
„Keine Sorge. Ich passe schon auf.“
Sie schwiegen einige Sekunden.“
„Was wirst du als Nächstes tun?“, wollte Rostek wissen.
„Keine Ahnung. Sämtliche Spuren, die ich hatte, sind im Sand verlaufen. Und eine Neue habe ich nicht.“
„Tja, das ist Pech.“
„Eher Berufsrisiko.“ Katharina öffnete die Tür und stieg aus. „Vielleicht sieht man sich mal wieder.“
„Ja, vielleicht.“
Max Rostek startete den Motor. Mit quietschenden Reifen fuhr der Wagen an und raste davon. Während Katharina zu ihrem VW-Golf ging, holte sie den Zettel aus der Tasche, den sie in Steinerts Wohnung gefunden hatte. Dann stieg sie ein und machte sich auf den Weg.