Читать книгу Zerstörer - Chronik der Sternenkrieger #37 - Alfred Bekker - Страница 8
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Die Raumyacht beschleunigte und zog an dem gewaltigen Schlachtschiff vorbei. Warnsignale erreichten das Kommunikationssystem der Raumyacht. Anzeigen blinkten. Die akustischen Signale hatte von Schlichten bereits abgeschaltet.
"Wir ignorieren diese Bande einfach", sagte der Wissenschaftler.
Ein dumpfes Rumoren durchdrang das kleine, aber sehr leistungsfähige Raumschiff aus den Beständen des Far Galaxy Konzerns, das man Professor von Schlichten zur persönlichen Verfügung gestellt hatte.
Das Space Army Corps hatte die STERNENKRIEGER unter Captain Rena Sunfrost und die SONNENWIND unter Captain Barus durch das Wurmloch ins Trans Alpha Gebiet geschickt. Beide Schiffe mussten bereits tief in dem Gebiet sein, das die Etnord im Trans Alpha Sektor erobert hatten.
Sie einzuholen oder zu finden war fast aussichtslos, zumal sie sicher getarnt und unter größtmöglicher Wahrung der Funkstille agierten.
Aber früher oder später werden wir auf sie treffen, ging es von Schlichten durch den Kopf. Das ergab sich schon daraus, dass sie demselben Geheimnis auf der Spur waren.
Kann sogar sein, dass ich eher am Ziel bin, als Sunfrost und Barus, überlegte von Schlichten. Schließlich gibt es niemanden, der mehr von den Alten Göttern und ihren Hinterlassenschaften versteht.
Es hatte ihn tief getroffen, als er davon gehört hatte, dass man die STERNENKRIEGER und die SONNENWIND in den Trans Alpha Sektor geschickt hatte, ohne ihn hinzuzuziehen. Und das auch noch bei einer Mission, die mit Sicherheit etwas mit den Alten Göttern und ihren Hinterlassenschaften zu tun hatte! Die mysteriösen Lichtsonden, die selbst auf der Seite des irdischen Sektors von Wurmloch Alpha aufgetaucht waren, standen damit gewiss in Zusammenhang, ebenso wie der geheimnisvolle Ruf, der die Etnord dazu veranlasste, ihr Gebiet zu verlassen.
Glücklicherweise hatte von Schlichten gute Verbindungen in höchste Kreise der Regierung, des Humanen Rates und der Führung des Space Army Corps. So war er zumindest informiert gewesen.
Aber er glaubte andererseits auch nicht an Zufall oder Willkür als Gründe dafür, dass man ihn zur Mission der zwei Schiffe nicht hinzugebeten hatte.
Nein, dachte von Schlichten, dahinter steckt Admiral Raimondo! Aus irgendeinem Grund, über den ich nur spekulieren kann, will dieser Kerl mich nicht dabei haben! Vielleicht fürchtet er, ich könnte das Wissen der Alten Götter in erster Linie dem Far Galaxy Konzern zur Verfügung stellen, anstatt dem Space Army Corps... Oder es gibt einen anderen Grund für diese Abneigung. Bei Admiral Raimondo kann man nie genau sagen, weshalb er gerade welches Spiel spielt und welche Absicht dahinter steht...
Von Schlichten war es normalerweise gewohnt, seine Mitmenschen restlos zu durchschauen.
Sie waren für ihn offene Bücher.
Ihre Täuschungsmanöver waren oft so offensichtlich und durchsichtig, dass er darüber nur müde lächeln konnte.
Aber Admiral Raimondo ist eine Ausnahme, musste er anerkennen. Notgedrungen anerkennen, denn für jemanden wie von Schlichten war das eine schmerzliche Erkenntnis. Irgendwann, so nahm er sich vor, werde ich diesen Admiral auch noch knacken... Irgendwann... Leider ist mir das nicht rechtzeitig gelungen, um für diese Mission davon zu profitieren.
Die Stimme von MacKenzie drang in von Schlichtens Bewusstsein.
“Die THORS HAMMER schleust bewaffnete Raumboote aus”, stellte der Linguist und Kryptologe fest. Er blickte konzentriert auf das Display seiner Konsole. Dann teilten sich auf dem Hauptschirm zwei Bildfenster ab. Auf dem einen war eine dreidimensionale Übersicht zu sehen, die die Positionen der Raumyacht, des Schlachtschiffs THORS HAMMER und der bisher ausgeschleusten Raumboote veranschaulichte und in Bezug zur Porta des Wurmlochs setzte, sodass man die Entfernungen erfassen konnte.
Das andere Bildfenster zoomte zum Haupthangar der THORS HAMMER hin, wo gerade ein weiteres Raumboot ins freie All gelangte.
Alle waren mit vier Jagdgeschützen an der Frontseite ausgestattet und wurden von vier bis fünf Mann Besatzung geflogen.
Auf den Anzeigen war zu sehen, dass von jedem dieser Raumboote jetzt warnende Botschaften an von Schlichtens Raumyacht geschickt wurden.
Aber der Wissenschaftler dachte nicht daran, sich diese Nachrichten anzuhören oder auf dem Display anzusehen.
Es handelte sich vermutlich ohnehin um automatisch generierte Warnbotschaften ohne individuelle Note.
Aber selbst wenn sich jedesmal ein Raumboot-Kommandant die Mühe gemacht hätte, eine speziell für diesen Einsatz verfasste Nachricht zu erstellen, so war von Schlichten überzeugt davon, dass er sich den Inhalt sparen konnte.
Der lautete bei all diesen Nachrichten wohl auch gleich.
Fort von der Wurmloch-Porta!
Aber genau dort wollte von Schlichten hin.
Er konzentrierte sich jetzt voll auf die Steuerung der Raumyacht. Deren Beschleunigungsvermögen war durchaus besser als bei den Raumbooten, die ihn verfolgten.
Massenproduktion aus der Zeit der Qriid-Kriege, dachte von Schlichten. Vor allem während des ersten Qriid-Krieges waren diese Raumboote in großen Stückzahlen angefertigt worden. Der Aufwand war vergleichsweise gering. Die wenigsten von ihnen verfügten über einen Überlicht-Antrieb. Und in vielen Systemen der Humanen Welten waren sie zeitweilig der einzige Schutz gegen die Qriid-Invasoren gewesen, gegen die sich die Menschheit in zwei blutigen Kriegen hatte zur Wehr setzen müssen. Durchhalten bis ein Schlachtschiff jener Gigantenklasse aus dem Zwischenraum auftauchte, der auch die THORS HAMMER von Commodore Nasomo angehörte.
Aber diese Zeiten waren glücklicherweise ja vorbei...
Von Schlichten schaltete den Unterlicht-Antrieb der Raumyacht auf die höchste Beschleunigungsstufe. Vor allem die Andruckabsorber wurden auf eine harte Probe gestellt. Von Schlichten bemerkte ein leichtes Ziehen. Etwas schien ihn nach hinten zu drücken. Physik, die man am eigenen Leib spüren kann, dachte er. Dieser Druck veranlasste ihn, sich in den bereitstehenden Schalensitz zu setzen. Normalerweise hielt ihn dort nichts. Er war meistens auf den Beinen und hielt es nicht lange in einem Sessel aus. Dazu war er einfach zu umtriebig. Verweilen und ruhig dasitzen war nichts, was seinem Naturell entsprach. Er musste ständig in Bewegung ein. Aber im Moment war es wohl das Beste, sich hinzusetzen. Schließlich wusste man nicht, welche Auswirkungen der hohen Beschleunigung sich noch zeigten. Schließlich war die Raumyacht kein militärisches Schiff, das auch in den Grenzbelastungen vollkommen ausgetestet gewesen wäre.
“Die Distanz zu unseren Verfolgern vergrößert sich”, stellte MacKenzie fest.
“Und sie wird sich weiter vergrößern”, sagte von Schlichten. “Sie können einfach nicht mit uns mithalten.”
“Wollen Sie vielleicht ein Drehmanöver durchführen, um auf die Raumboote schießen zu können?”
Ironie klang in MacKenzies Stimme mit.
Ironie, die von Schlichten in dieser Situation offensichtlich nicht verstand.
Vielleicht lag es daran, dass er im Moment einfach zu angespannt war.
“Ich denke, das wird nicht nötig sein, Mac”, sagte er.
Er hat es tatsächlich erwogen, wurde es MacKenzie in diesem Augenblick schlagartig klar. Von Schlichten würde wirklich rücksichtslos durch jedes Feuer gehen, wenn er sich etwas vorgenommen hat!
Die Raumyacht war mit zwei Geschützen ausgestattet.
Und außerdem ließ sich ein (im Vergleich mit militärischen Einheiten) schwacher Schutzschild generieren. Der schützte gegen Strahlenbelastung, aber auch gegen Feuer der Ionenenkanonen der K’aradan und die Traser-Schüsse der Qriid-Raumer. Zumindest vermutete von Schlichten dies, da er die physikalischen Grundlagen natürlich wie kaum ein zweiter zu beurteilen wusste. Ob das tatsächlich der Fall war, hätte sich erst in einem Gefecht zeigen müssen und dass war dieser Raumyacht bisher glücklicherweise erspart geblieben. Der Schutzschild gehörte in erster Linie deshalb zur Ausstattung, weil man sich damit gefahrloser Strahlungsquellen nähern konnte, was bei manchen Aufgaben, die sich im Rahmen der Far Galaxy Forschung stellten, leider unerlässlich war.
“Ich würde ja lachen, wenn auf der anderen Seite der Wurmloch-Porta ein Space Army Corps Schiff wartet und uns wieder zurückschickt”, meinte MacKenzie.
“Es sind zurzeit sogar zwei Schiffe drüben”, sagte von Schlichten. “Die LEVIATHAN von Admiral Nainovel und die ODYSSEUS von Captain Wong.”
“Sie sind aber verdammt gut informiert!”
“Das ist eine Voraussetzung, wenn man irgendetwas bewegen will!”
“Sie müssen wirklich über sehr gute Quellen verfügen.”
“Es gibt keine Geheimnisse, Mac. Nicht vor einem wirklich scharfen Verstand.”
“Ach, und da kapitulieren alle Geheimnisträger von Flotte, Regierung und wem sonst auch immer gleich vor Ihnen und verraten Ihnen alles, was Sie gerne wissen wollen?”, spottete MacKenzie.
Von Schlichten ignorierte den Spott vollkommen.
Er blieb so ernst wie ein reformierter Prediger. Sein Gesicht war in diesem Augenblick eine versteinerte Maske.
“Sie müssen nicht alles wissen, Mac.”
Es gefiel MacKenzie nicht, dass von Schlichten ihn ‘Mac’ nannte. Aber andererseits wusste MacKenzie sehr genau, dass von Schlichten ihn nur um so öfter ‘Mac’ nennen würde, wenn er daran noch einmal Anstoß nahm. Das hatte er schon oft genug getan. Wahrscheinlich zu oft. Und so etwas reizte von Schlichten nur.
“Ich dachte wir sind ein Team, von Schlichten.”
“Ja. Und jedes Team hat einen Mastermind.”
“Und das sind Sie?”
“Sie vielleicht?”
“Nun...”
“Wir wollen alles tun, um Barus und Sunfrost zu finden - beziehungsweise ihnen zuvor zukommen, bevor die irgendetwas finden, womit sie vielleicht nichts anzufangen wissen. Oder nicht das Richtige, was genauso viel Schaden anrichten kann.” Von Schlichten machte eine ruckartige Kopfbewegung und sah MacKenzie jetzt kurz an. “Da wir gerade von Rena Sunfrost reden...”
“Wechseln wir das Thema.”
“Was macht eigentlich die zarte Beziehung, die Sie untereinander während der Expedition ins Morrhm-Gebiet geknüpft haben?”
“Ich werde mit Ihnen nicht über diese Sache reden, von Schlichten.”
“Wie? Beziehung schon im Eimer? So schnell?” Von Schlichten zuckte mit den Achseln und wandte nun wieder seine volle Konzentration den Anzeigen auf dem Konsolendisplay zu. “Oder sollte ich Ihren angespannten, gereizten Tonfall und Ihre inkongruente Körpersprache etwa so vollkommen missdeutet haben?”
Nein, hat er natürlich nicht!, dachte MacKenzie. Dazu war von Schlichten viel zu schlau und vor allem ein viel zu genauer Beobachter.
Seine Fähigkeiten grenzen manchmal an die Empathie der Olvanorer, ging es MacKenzie durch den Kopf, nur dass den Olvanorer-Mönchen ihre Ordensregeln die Gehässigkeit verbieten, die bei von Schlichten so unüberhörbar ist.