Читать книгу Kubinke und die Killer: Kriminalroman - Alfred Bekker, Frank Rehfeld, Karl Plepelits - Страница 7

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Eine Woche später...

Kriminalhauptkommissar Pascal Barkow hielt mit seinem Wagen auf dem Gelände einer abgelegenen Industriebrache am Rand von Frankfurt. Früher war dies einmal ein florierender Teil des Hafens gewesen. Aber das war lange her. Die Insolvenz einer südkoreanischen Reederei hatte die Import-Export-Gesellschaft, der die Lagerhallen einst gehört hatten, ebenfalls in die Insolvenz gezogen.

Böse Zungen behaupteten allerdings, dass die Eigentümer nicht besonders viel getan hatten, um das zu verhindern. Der Grund lag vielleicht darin, dass diese Firma ohnehin in erster Linie der Geldwäsche gedient hatte und man nun froh war, das Unternehmen auf elegante Weise liquidieren zu können, ohne dabei in den Fokus der Ermittlungsbehörden zu geraten.

Jetzt standen hier ein paar Lagerhallen leer. Kräne rosteten vor sich hin und Ratten machten sich breit. Auf Grund komplizierter Vermögensfragen würde es wohl noch eine ganze Weile dauern, bis dieses Gelände wieder etwas anderes wurde, als ein Treffpunkt für jene, die weder gesehen, noch gehört werden wollten.

Kommissar Barkow stieg aus. Ein kühler Wind wehte vom nahen Fluss herüber, auf dem Nebelbänke standen. Am Tag konnte man normalerweise weit flussabwärts sehen. Aber jetzt verdeckte der Nebel alles.

Barkow zündete sich eine Zigarette an.

Er brauchte drei Versuche, bis sie von allein weiterbrannte. So feucht war die Luft.

Er sah noch einmal auf die Uhr.

Pünktlichkeit war noch nie deine Stärke, Boris Vitali, ging es Barkow ärgerlich durch den Kopf. Boris Vitali war ein Informant. Einer, den Barkow hin und wieder dafür bezahlte, dass er ihn über wichtige Dinge informierte, die sich innerhalb der kriminellen Netzwerke so taten. Manchmal nur Gerüchte und manchmal wollte sich Boris Vitali wohl auch einfach nur wichtig machen.

Zuverlässigkeit war nicht die starke Seite von Boris Vitali. Aber hin und wieder war es Barkow in der Vergangenheit gelungen, den einen oder anderen mittelgroßen Drogendeal mit Vitalis Hilfe hochgehen zu lassen. Und das war ja auch etwas.

Ein zweiter Wagen tauchte auf.

Endlich!, dachte Barkow.

Es war ein Geländewagen mit Kuhfänger. Der Fahrer blendete auf, stellte das Fahrzeug dann ab und stieg ebenfalls aus.

„Hey Mann, Rauchen ist ungesund!”, meinte er.

„Das sagt einer, der nichts dabei findet, sich den Kopf mit allen möglichen Sachen vollzudröhnen”, gab Barkow zurück.

„Stehen Sie mal jede Nacht hinter der Bar eines Clubs, dessen Musik Sie nicht leiden können ...”

„... und nebenbei wohl der größte Designer-Drogenumschlagplatz von Frankfurt ist, an dessen Umsatz Sie beteiligt sein dürften. Harter Job, muss ich sagen!”

Boris Vitali kam näher. Er hob sich als dunkler Schatten gegen das Scheinwerferlicht seines Wagens ab.

„Ich mach mir eben Sorgen um Ihre Gesundheit, Barkow! Wer versorgt mich mit ein bisschen Kleingeld, um mir was Gutes für die Nase kaufen zu können, wenn Sie jetzt plötzlich an Lungenkrebs sterben? Und wer gibt mir hin und wieder mal einen Tipp, wenn eine besondere Aktion bevorsteht und man sich als ehrlicher Kleingewerbetreibender, der einem Konflikt mit der Justiz gerne aus dem Weg geht, besser für eine Weile auf dem Markt etwas zurückhalten sollte?” Boris Vitali kicherte.

Barkow hoffte, dass er nicht noch irgendwas genommen hatte, bevor er hier hergefahren war. Dann konnte Boris Vitali nämlich unausstehlich werden. Barkow hatte das mehr als einmal erlebt.

„Sie sollten es nicht übertreiben”, sagte Barkow kühl und zog dann an seine Zigarette. „Hören Sie, es ist kalt und nass. Wenn Sie nur hier sind, um sich wichtig zu machen, sollten wir das Ganze beenden, bevor ich Ihnen das übelnehme.”

„Heh, nicht so feindselig, Barkow!”

„Dann sagen Sie mir, was Sie zu sagen haben. Und ich hoffe in Ihrem Interesse, dass es nicht nur wieder irgend so ein Dünnpfiff ist, der die Steuergelder kaum wert ist, die ich Ihnen in den Rachen schiebe.”

„Keine Ahnung, was mit Ihnen zurzeit los ist, Barkow. Konnten Sie bei Ihrer Kollegin nicht landen? Mann o Mann, es muss doch in Ihrem Zuständigkeitsbereich wenigstens ein Bordell geben, dessen Besitzer Sie schmiert und Sie vielleicht mal umsonst zur Sache kommen lässt, wenn Ihre kargen Bezüge als Kommissar dafür nicht ausreichen. Dann sind Sie vielleicht wieder ein bisschen ausgeglichener.”

„Jetzt reicht es, Vitali! Ich bin nicht hier rausgefahren, um mir diesen Scheiß anhören zu müssen.”

Barkow wandte sich dem Wagen zu. Demonstrativ betätigte er das elektronische Türschloss.

Boris Vitali hob beschwichtigend die Hände.

„Schon gut, Mann! Keine übereilten Kurzschlussreaktionen bitte!”

„Ich werde darüber nachdenken, Sie von der Informantenliste streichen zu lassen”, sagte Barkow.

„Dann verpassen Sie einen der größten Deals der nächsten Zeit.”

„Ach, wirklich?”

„Eine große Ladung Kokain. Kommt hier in Frankfurt an.”

„Wann und wo?”

„Erfahre ich noch und würde ich Ihnen rechtzeitig weitergeben.”

„Okay.”

„Aber es muss diesmal etwas mehr für mich drin sein.”

„Wenn das wirklich ein großer Deal ist und ein paar entscheidende Leute dabei über die Klinge springen, dann kann man darüber reden.”

„Gut, dann reden wir darüber. Morgen Abend, die gleiche Zeit, hier. Dann will ich was Definitives hören.”

„Ein bisschen mehr müssen Sie schon im Vorfeld anbieten, sonst kann ich meine Vorgesetzten kaum überzeugen, da mitzumachen.”

„Sie können davon ausgehen, Diego Romano verhaften zu können. Der steht doch schon lange auf Ihrer Liste. Und das wäre die einmalige Chance, ihn mit mindestens einer halben Tonne Kokain zu erwischen. Und? Jetzt sagen Sie mir nicht, dass gegen Diego Romano nichts vorliegt und Sie gar nicht gegen ihn ermitteln?”

„Ungefähr dreißig Mordaufträge, ein Geldwäsche- und Drogenimperium, das sich über zwanzig Länder spannt.”

„Na, also! Wir verstehen uns also.”

„Ich sage Ihnen morgen Bescheid.”

„Ich will das Zehnfache von dem, was ich sonst kriege. Und danach tauche ich eine Weile ab. Euer bescheuertes Zeugenschutzprogramm oder dergleichen will mich gar nicht. Das ist mir zu unsicher. Aber Sie werden verstehen, dass ich danach erst einmal eine ganze Zeit auf Tauchstation gehen muss.”

Barkow nickte. „Ja, das verstehe ich.”

„Dann bis morgen.”

Boris Vitali ging zu seinem Wagen zurück. Er stieg ein und fuhr los. Die Reifen drehten durch. Boris Vitali hatte seine ganz eigene Art, einen Wagen zu starten. Er brauste mit vollkommen überhöhter Geschwindigkeit davon. Angesichts der kaum vorhandenen Beleuchtung auf dem ehemaligen Firmengelände, kam das einem Blindflug gleich. Aber Boris Vitali war dafür bekannt, dass er gerne Risiken einging. Auch solche, die völlig unnötig waren.

Barkow zündete sich eine zweite Zigarette an. Man konnte kaum noch irgendwo in der Öffentlichkeit rauchen. Hier draußen hinderte ihn niemand daran.

Diese paar Augenblicke gönne ich mir, dachte er.

Sein Vorgesetzter war um diese Zeit ohnehin nicht mehr im Büro. Die Angelegenheit mit Boris Vitali konnte er daher sowieso erst Morgen mit ihm besprechen.

Eine Gestalt schälte sich als dunkler Schattenriss aus der Dunkelheit zwischen den Lagerhäusern. Der Schatten musste dort schon die ganze Zeit gewartet haben.

Ein Zeuge war nun wirklich das Letzte, was Pascal Barkow in Bezug auf ein Treffen mit Boris Vitali gebrauchen konnte.

„Wer ist da?”, fragte er.

„Kommissar Pascal Barkow, Kripo Frankfurt?”, fragte eine Männerstimme.

„Was soll das? Was wollen Sie von mir?”

Barkow hatte keine Chance, seine Dienstwaffe zu erreichen. Ein Mündungsfeuer blitzte in der Dunkelheit blutrot auf. Zweimal kurz hintereinander. Es gab kein Schussgeräusch. Nur einen Laut, der wie ein leichter Schlag mit einer zusammengerollten Zeitung klang.

Es war eine Waffe mit Schalldämpfer.

Die Schüsse trafen Barkow in der Herzgegend. Zwei Einschüsse, sehr dicht nebeneinander. Er fiel um wie ein gefällter Baum und blieb regungslos liegen. Seine Hand griff noch zur Brust. Das Blut sickerte zwischen den Fingern hindurch.

Der Mann mit der Schalldämpfer-Waffe trat in aller Ruhe näher. Er beeilte sich nicht. Was zu erledigen war, war erledigt. Mit dem Fuß drehte er den Körper aus der Seiten- in die Rückenlage. Der Lichtkegel einer Taschenlampe blitzte auf und erfasste den Kopf. Der Killer zielte aus unmittelbarer Nähe auf die Stirn und drückte ab.

„Sicher ist sicher”, murmelte der Mann mit der Schalldämpfer-Waffe vor sich hin.

Aber da war er schon damit beschäftigt, den Schalldämpfer abzuschrauben, um die Waffe besser einstecken zu können.

Kubinke und die Killer: Kriminalroman

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