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Wer bin ich?

„Ich bin Schriftsteller geworden aus Liebe zur Welt und den Menschen und nicht, weil ich mich berufen fühle, zu verfluchen und anzuprangern.“

- Albert Camus -

Ich war 10 Jahre alt als ich einem Familiengeheimnis auf die Spur kam, das meinem Leben ab diesem Tag eine völlig neue Wendung geben sollte. Von einem Moment zum nächsten stand meine Kinderwelt kopf und eine Mischung aus Schock und einem Anflug von Neugier machte sich breit. Der Anflug verschwand erst einmal wieder, doch beschloss ich spontan das aufgedeckte Geheimnis zu meinem persönlichen Geheimnis zu machen. Zum ersten Mal in meinem Leben kam ich mit etwas in Berührung, das sich hinter dem Begriff „Misstrauen“ verbirgt. Das ungute Gefühl, den Menschen nicht mehr vertrauen zu können, auf die ich mich bis dato verlassen hatte, die ich glaubte zu kennen. Vielleicht könnte man sagen, dass ich von da an meine Kinderwelt verließ und langsam erwachsen wurde. Auf jeden Fall veränderte sich meine Sicht auf die verantwortlichen Personen und ich entwickelte mich zu einer Beobachterin, die im Laufe des Lebens begann sich immer mehr für die Geschichten hinter menschlichem Verhalten zu interessieren.

Trotzdem lebte ich zunächst weiterhin in den Tag, denn für Kinder existiert eigentlich immer nur das Hier und Jetzt und so folgte ich dem Leben wie es sich ergab. Meine Abenteuerseele bewahrte mir meine Neugier auf die Welt, die sich vor allem wundervoll reich in der Schulzeit offenbarte und die mir wiederum Freundschaften bescherte, mit denen ich ein Stück Leben mit Freude teilte.

Das Geheimnis selbst hatte Auswirkungen innerhalb des Familienkreises, die niemand der Beteiligten auch nur erahnen konnte und die sich bis zum heutigen Tage in unser aller Leben widerspiegeln. Auf jeden Fall brachte es in vielerlei Hinsicht Leid mit sich, sowohl physisch als auch psychisch und ganz sicher nicht nur in meinem Leben. Genau genommen war es sogar die Folge von Generationen übergreifenden Ereignissen, die mit dem Leid in Verbindung standen und bei den beteiligten Menschen ihre Spuren hinterließen. Wie weit dies zurückreicht, wissen nur die Götter, doch fand ich sozusagen einen Schlüssel, der mir den Weg aus dieser scheinbar nie endenden Geschichte des Leids zeigte. Auf seinem Anhänger stand auf jeden Fall Liebe und es brauchte einige Jahrzehnte bis ich wirklich begriff, was sich dahinter verbirgt und wie ich den Schlüssel in meinem täglichen Leben anwende.

In den letzten acht Jahren machte ich mich schließlich ganz bewusst mit meiner Gefühlswelt vertraut, mit den hellen UND mit den dunklen Seiten und lernte immer besser so danach zu handeln, dass möglichst niemand dabei zu Schaden kommt. Ich lernte, dass der Irrtum ein menschliches Naturgesetz ist und dass Frieden wahrhaft aus der inneren Zufriedenheit entsteht. Ich lernte mich jeden Tag aufs Neue für ein liebevolles Leben zu entscheiden und dass dies nichts mit denselben Erwartungen an mein Gegenüber zu tun hat. So lernte ich möglichst nichts zu erwarten – eine Herausforderung für mich, denn sie funktioniert nicht immer. Ich lernte zu vergeben und mir selbst zu vertrauen. Dies wiederum bedeutet vor allem meinem Wohlgefühl zu folgen und zu akzeptieren, dass in meinem Leben nur eines sicher ist: meine Sterblichkeit. So entwickelte sich Gevatter Tod, der alle Menschen gleich behandelt, schließlich zu einem guten Ratgeber, wenn es darum geht wichtige Entscheidungen zu treffen.

Heute fühle ich mich verbunden. Mit mir selbst, mit der Welt, als Teil der Natur und mit den Menschen in Gänze, als Familie mit unzähligen Schwestern und Brüdern, von denen ich die meisten in meinem persönlichen Leben nie kennenlernen werde – auch ein Naturgesetz. In meinem Kopf und Herz eine schöne Vorstellung von Verbundenheit, wobei ich mit dem einen oder der anderen durchaus ein ernsteres Wörtchen über Verhaltensweisen wechseln würde, wenn es sich vorzugsweise in der realen Welt ergibt.

Die Menschen, die mir in meinem persönlichen Leben nahe kamen oder es weiterhin tun, sind mir mit der Zeit ans Herz gewachsen. So viele wundervolle Lebensgeschichten habe ich schon gehört und bin mir vollends bewusst, dass diese alle Seiten des menschlichen Daseins widerspiegeln. Sie alle lehrten mich Mitgefühl zu entwickeln und zuzuhören, was wohl die Basis für das Verstehen ist. Im Austausch konnte diese dann oftmals auf inspirierende Weise vertieft werden und wenn dies nicht der Fall war, ging jeder einfach wieder seinen eigenen Weg weiter. Das Verzeihen ist für mich zu einem Zauberwort des Friedens avanciert. Mir selbst gegenüber für das in meiner eigenen Verantwortung liegende und das manchmal schiefläuft und anderen gegenüber, die sich nicht zum Wohle anderer oder meiner Person ausdrückten.

Worte sind schnell gesagt und Hände schnell erhoben und so schätze ich es sehr die Ruhe in mir zu kultivieren, um Situationen möglichst mit Bedacht zu begegnen. In vielerlei Hinsicht lerne ich jeden Tag neues und freue mich über die kleinen und großen Ereignisse in meinem Leben und in der Welt um mich herum. Es gibt so viel zu entdecken und ich freue mich von Herzen auf das Leben, solange ich es erleben darf. Dankeschön dafür.

Mein Name ist Alice Zumbé. 53 Jahre bin ich nun schon auf dieser Welt. Mein persönlicher Status: Mensch, weiblich, Tochter, verwaiste Stieftochter, verwaiste Enkelin, älteste Schwester von vier Geschwistern, Nichte, Cousine, Mama, Tante und Freundin.

Ach, … und das Geheimnis?

Nun, für sich betrachtet ist es kein Drama, denn zwei Menschen kamen einfach zusammen, woraus dann neues Leben entstand. Verliebtheit spielte sicher eine Rolle und ein jugendlicher Sinn für Leichtigkeit, die keine Angst und Sorge vor der Zukunft kennt, hatte wohl auch seine Finger im Spiel.

Alles Weitere können nur die beiden beantworten.

Zum Drama machten es dann alle Beteiligten erst mit der Zeit und als man schließlich entschied getrennte Wege zu gehen, wurde ein Geheimnis für die Zukunft kreiert. Sie hatten nicht gelernt ihre Gefühle und Bedürfnisse klar zu äußern, als es darauf ankam und dieses Erbe wollte ich in meinem Leben irgendwann nicht mehr weiter fortführen.

Herzensangelegenheiten & 90 Tage mit COVID-19

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