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Ein Albtraum

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Prüfend stand Marita vor dem Spiegel der kleinen Waschkabine ihres Krankenhauszimmers. War sie das? Dieses eingefallene, bleiche Gesicht war ihres? Gut, in letzter Zeit hatte sie einige Beschwerden und war aus diesem Grund zu einer Routineuntersuchung hier im Krankenhaus. Bald würde sie aber mehr über die Untersuchungsergebnisse erfahren. Müde strich sie ihr langes, blondes Haar zurück und legte sich wieder auf ihr Bett. Professor Meinhard betrat das Krankenzimmer: „Guten Morgen Frau Bungart…haben Sie gut geschlafen?“

„Gut wäre etwas übertrieben Herr Professor!“ Mit einem leisen Lächeln setzte Marita sich auf und sah fragend zu dem Professor hoch. Der räusperte sich etwas umständlich, setzte sich neben sie und nahm ihre Hand:

„Frau Bungart, die Untersuchungen der letzten Tage haben ergeben…also wir mussten leider feststellen, dass Sie…an Leukämie erkrankt

sind!“ Maritas blasses Gesicht wurde noch fahler:

„Leukämie…das soll wohl ein Scherz sein. Ich hätte doch längst etwas merken müssen!“ Kriegerisch hob sie ihr Kinn und sah den Professor etwas trotzig an.

„Frau Bungart, mit solchen Dingen mache ich keine Scherze. Sie hatten doch diverse Beschwerden? Müdigkeit – Blässe – Nasenbluten – Gewichtsverlust und auch Knochenschmerzen. Das heißt nicht immer, dass man an Leukämie erkrankt ist. Aber aufgrund der Beschwerden sind Sie hier und die Untersuchungen haben es einwandfrei ergeben!“ Marita lag zurückgelehnt in den Kissen, blass und stumm. Sie weigerte sich strikt diese Wahrheit anzunehmen.

„Gehen Sie Herr Professor…ich glaube Ihnen kein Wort!“ Professor Meinhard erhob sich…er konnte sie nur zu gut verstehen. Leise verließ er das Krankenzimmer und ging zu den Schwestern: „Ich musste Frau Bungart gerade die Wahrheit über ihren Gesundheitszustand

sagen…sie will sie nicht annehmen. Werfen Sie bitte ein Auge auf sie und wenn etwas ist, informieren Sie mich sofort!“ Die Schwestern nickten und er ging hinüber in den OP- Bereich. Währenddessen lag Marita grübelnd in ihrem Bett. Es konnte nur ein Irrtum sein! Was aber wenn es doch die Wahrheit ist - was würde es bedeuten? Chemotherapie, Bestrahlung und der Verlust ihrer Haare. „Nein…nicht mit mir“, dachte sie laut. Und was war mit Manuel, ihrem Verlobten? Konnte sie ihm das zumuten? Nein, das würde sie ihm niemals zumuten. Dafür liebte sie ihn zu sehr, niemals durfte er die Wahrheit erfahren. Weinend zog sie die Bettdecke über das Gesicht…niemand sollte ihr Schluchzen hören.

„Frau Bungart? Ich möchte gerne mit Ihnen sprechen…ich bin Seelsorger!“ Erschrocken fuhr Marita hoch:

„Ich brauche keinen Seelsorger…komme alleine damit zurecht!“ Demonstrativ drehte sie ihm den Rücken zu. Auch er verließ unverrichteter Dinge den Raum…er konnte ihr seine Gegenwart nicht aufzwingen. Marita stand auf und ging in die kleine Waschkabine, kühlte ihr Gesicht mit

eisigem Wasser und ließ das kühle Nass auch über ihre Handgelenke laufen…das tat gut! Aus dem Spiegel blickte ihr ein noch blasseres Gesicht entgegen als zuvor. Ihre Hände glitten durch das lange, seidige Blondhaar – würde es auch ohne Chemobehandlung ausfallen? Sie ergriff den langen Morgenmantel, zog ihn an und ging leise hinaus auf den Flur in der Hoffnung, von keiner Schwester gesehen zu werden. Mit dem Aufzug fuhr sie hinunter in den Erdgeschoss und ging zielstrebig zu der kleinen Kapelle. Außer ihr war keiner anwesend und sie setzte sich ganz vorne auf eine Bank. Mit gesenktem Kopf nahm sie Zwiesprache mit Gott auf. Wollte wissen, warum gerade sie? Lange saß sie da und endlich spürte sie Frieden in ihre Seele einkehren. Sie würde das Schicksal annehmen – aber keine Chemotherapie und Bestrahlung durchführen lassen. Nachdem sie eine Kerze angezündet hatte, verließ sie die kleine Kapelle und suchte wieder ihr Zimmer auf.

Liebe ist...mehr als nur ein Wort

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