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Ein Entschluss
ОглавлениеAm nächsten Morgen nach der üblichen Visite kam Professor Meinhard noch einmal zurück:
„Haben Sie über eine Chemotherapie und Bestrahlung nachgedacht, Frau Bungart?“
„Ja das habe ich Herr Professor. Aber ich möchte mich für mein unmögliches Benehmen gestern entschuldigen, Herr Professor!“
„Das ist schon in Ordnung…ich kann Sie gut verstehen, Frau Bungart!“
„Können Sie mir Näheres über die Behandlung sagen? Wie läuft sie ab?“ Marita wollte auf alle Fälle in Kenntnis darüber gesetzt werden.
„In der 1. Phase, die Induktionstherapie geht es darum, möglichst alle Leukämiezellen zu zerstören. Wenn das gelingt, klingen auch die Symptome ab. Das heißt aber nicht, dass die Leukämie geheilt ist. Die 2. Phase ist die Konsolidierungstherapie. Anhand von Laboruntersuchungen erkennt man, ob noch Leukämiezellen vorhanden sind. Danach erfolgt eine Erhaltungstherapie um Behandlungsergebnisse weiter zu stabilisieren und Rückfälle vorzubeugen!“ „Wo wird die Therapie durchgeführt?“ wollte Marita wissen. „Bei akuter Leukämie, so wie in Ihrem Fall, wird
die Therapie gewöhnlich hier im Krankenhaus durchgeführt!“
„Wie ist das mit der Knochenmarkübertragung?“
„Die Möglichkeit besteht natürlich. Gut wäre es, ein Familienmitglied zu finden. Wenn das nicht geht, wird nach einem Spender gesucht, was natürlich sehr lange dauern kann!“
„Und…und wenn ich mich nicht behandeln lassen möchte – wie lange bleibt mir dann noch?“ Bestürzt sah der Professor sie an:
„Das wollen Sie doch nicht wirklich, Frau Bungart?!“ Doch Marita nickte ernst:
„Doch, ich denke intensiv darüber nach. Keine Chemo – keine Bestrahlung…also - wie lange noch?“ Der Professor schüttelte den Kopf:
„Das kann ich so genau nicht sagen. Ein bis zwei Jahre…vielleicht aber nur ein halbes Jahr!“ Dankbar nahm Marita seine Hand: „Danke für Ihre Offenheit. Ich werde morgen das Krankenhaus verlassen, Herr Professor!“ Sie musste ihm allerdings versprechen, Tabletten zu nehmen die er ihr verschreiben wollte. Ihre
Gedanken gingen zu Manuel und leise weinend fiel sie in einen unruhigen Schlaf. Am nächsten Morgen nach dem Frühstück packte Marita ihre Sachen zusammen. Kurz kam der Professor noch vorbei und brachte ihr die Tabletten:
„Wenn Sie es sich doch noch anders überlegen…kommen Sie sofort zu mir, versprochen?“ „Versprochen Herr Professor!“ Fest drückte sie seine Hand und ging dann den Flur hinunter zu den Aufzügen. Zum Glück hatte sie ihr Auto dabei und konnte auf ein Taxi verzichten. Endlich in ihrer Wohnung angekommen ließ sie sich auf die breite Couch fallen. Das alles hier musste sie bald aufgeben - was sie sehr bedauerte. Im Krankenhaus hatte sie viel Zeit über alles nachzudenken und beschlossen, alle Brücken hinter sich abzubrechen. Manuel? Ja von ihm musste sie sich sofort trennen. Bei diesem Gedanken krampfte sich ihr Magen zusammen. Aber ihr blieb keine andere Wahl…sie wollte nicht, dass er sie so sah. Denn es kam die Zeit, da sie all ihre Haare verlieren würde. Sie würde noch mehr an
Gewicht verlieren und langsam auf den Tod zugehen. Nein, das wollte sie ihrer Liebe Manuel alles ersparen. Erst wenn sie nicht mehr war, sollte er die Wahrheit erfahren. Langsam stand sie auf und ging hinüber zu einer Anrichte. Behutsam nahm sie das Foto hoch, auf dem Manuel ihr entgegenlachte. Bald würde sie sein Lachen nicht mehr hören…seinen Mund auf dem ihren nicht mehr spüren. Nie wieder würde sie mit ihren Händen durch sein dichtes, braunes Haar fahren. Dicke Tränen tropften auf das Glas des Fotos und leicht drückte sie einen Kuss darauf. Noch heute musste sie ihm eine Mail schicken…sich von ihm trennen. Niemals durfte er die Wahrheit erfahren. Zum Glück befand er sich auf einer Geschäftsreise und bis zu seiner Rückkehr musste sie die Stadt verlassen haben. Marita nahm ihren Laptop aus dem Schrank und suchte nach Ferienhäusern in der Umgebung. Schnell wurde sie fündig und schickte ihre Bestellung los. Jetzt kam der schwerste Teil…sie musste eine Mail verfassen und sich von Manuel lossagen. Niemals konnte sie ihm gegenübertreten und es ihm persönlich mitteilen – dazu fehlte ihr der Mut. Sehr lange dachte sie
über die passenden Worte nach. „Lieber Manuel, ich hatte wärend Deiner Abwesenheit viel Zeit über uns nachzudenken. Mir ist bewusst geworden, dass meine Liebe zu Dir nicht groß genug ist um unsere Beziehung weiterzuführen. Bitte akzeptiere meinen Entschluss und suche nicht nach mir. Ich wünsche Dir alles Gute und auch eine Frau, die Deine Liebe verdient hat. Liebe Grüße Marita(Verzeih mir)“. Bevor sie es sich noch anders überlegte, schickte sie die Mail schnell ab. Manuel würde natürlich versuchen, Kontakt zu ihr aufzunehmen. Nein, sie würde nicht an ihr Handy gehen und auch sonst nicht mehr erreichbar sein. Seufzend ging sie ins Bad und ließ Badewasser ein. Irgendwie fühlte sie sich wie eine Marionette - so, als stände sie neben sich, als ginge sie das alles gar nichts an. Marita entledigte sich der Kleidung und glitt langsam in das duftende Schaumbad. Die Wärme umschmeichelte ihren Körper und langsam kam ihr Geist zur Ruhe. Es musste alles genau geplant werden. Von Manuel hatte sie sich schon verabschiedet, andere Personen gab es nicht. Ihre Mutter war vor zwei Jahre gestorben und ihren Vater kannte sie nicht – hatte ihn nie gesehen, nie kennengelernt. Auch gab es keine enge Freundin – sie war ein Leben lang eine Einzelgängerin. Hier und da eine lose Bekanntschaft…mehr nicht. Sich anderen Personen zu öffnen fiel ihr sehr schwer. Da sie seit einem halben Jahr arbeitslos war, musste sie auch keine Arbeitsstelle kündigen. Wie sollte sie die ihr bleibende Zeit verbringen? So viele Wünsche und Träume hatten sie und Manuel noch gehabt. Einige könnte sie verwirklichen, denn eine Erbschaft vor einem Jahr von einem Onkel gab ihr die finanziellen Möglichkeiten dazu. Darüber würde sie sich später Gedanken machen und eine Liste aufstellen. Nach dem ausgiebigen Bad ging sie in ihr Schlafzimmer und fiel völlig erschöpft ins Bett.