Читать книгу Abgestürzt - Alina Frey - Страница 5

Ein schlechter Start

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Eigentlich hätte Caren, gerade 18 Jahre alt, schon vor der Ehe mit dem zehn Jahre älteren Andy erkennen müssen, wie brutal, rücksichtslos und sadistisch er war. Wie gerne er andere Menschen quälte - besonders ihm unterlegene, schwächere Menschen. Aber sie schwebte auf Wolke sieben und hatte zudem eine rosarote Brille an. Es gab unzählige Hinweise, die sie hätten warnen müssen. Nach ihrer Verlobung die sehr groß gefeiert wurde, wollte Carens Mutter keine Einwilligung zur Heirat geben. !958 brauchte man noch das Einverständnis der Eltern wenn man noch keine 21 Jahre alt war. Ihrer Mutter waren so manche Gerüchte zu Ohren gekommen. So sollte Andy schon vorbestraft sein, weil er aus Eifersucht eine Frau halb totgeschlagen hatte. Sie hatte einfach nur Angst um ihre Tochter. Doch Andy verlangte alle Kosten der Verlobung von ihr zurück, die sie natürlich nicht bezahlen konnte. Caren und Andy zogen nach Krefeld und obwohl sie noch nicht verheiratet waren, mieteten sie sich dort eine Wohnung. Zu der damaligen Zeit schickte es sich nicht, unverheiratet zusammen zu wohnen. Der Schwindel flog auf, als Andys Eishockeymannschaft am Polterabend mit viel Tam Tam reichlich Geschirr vor ihre Türe warf. Caren wäre am liebsten in ein Mauseloch verschwunden. Ihre Vermieterin nahm es mit Humor, sie hatte sich schon so etwas gedacht. Sie war wirklich in dieser Zeit eine rühmliche Ausnahme. Caren und Andy arbeiteten beide in Düsseldorf in einem Nachtlokal. Andy als Barmixer, Caren als Striptease – Tänzerin. Damals durfte man als Tänzerin nicht alle Hüllen fallen lassen – mit einer Ausnahme: Auf einer Drehscheibe wurden Figuren dargestellt und während der dreiminütigen Drehung durfte keine Miene verzogen werden. Auch durfte man sich nicht bewegen und wer sich nicht daran hielt, musste Strafe zahlen. Was aber teilweise sehr schwierig war. Die Musiker machten sich einen Spaß daraus, Witze über den Lautsprecher zu erzählen. Strafe zahlen mussten aber nur die Tänzerinnen. Caren musste zwischen den Auftritten mit den männlichen Gästen Champagner trinken. Sie entwickelte aber eine Methode, ihr Glas heimlich auszuschütten. Immer unter den argwöhnischen Augen von Andy. Eines Morgens nach Feierabend tauchte Andy bei Caren in der Garderobe auf und fauchte sie an „Wisch die Schminke aus deinem Gesicht, du siehst grässlich aus“! Drehte sich um und ging wortlos raus. Verdattert sah Caren hinter ihm her. Was war denn in Andy gefahren? Als sie später auf die Straße trat, war von Andy und dem Auto nichts mehr zu sehen. Fröstelnd schlang sie beide Arme um ihren Körper. Es war zwar Sommer doch um diese Zeit noch sehr frisch. Ihre Kollegin Tanja trat neben sie und sah ihre Verzweiflung. „Lass mich raten, der feine Herr hat dich hier stehen lassen und du weißt nicht, wie du nach Krefeld kommen sollst!“ „Was soll ich machen, Tasche, Geld und Schlüssel sind im Auto. Ebenfalls meine Strickjacke.“ Tanja legte ihren Arm um Carens Schulter: „Eine Jacke und Geld kann ich dir geben, wenn dir damit geholfen ist?“ Müde und dankbar legte Caren ihren Kopf an Tanjas Schulter. Nach Stunden kam Caren in Krefeld an. Bis zu ihrer Wohnung lag noch ein Weg durch einen kleinen Wald vor ihr. Als auch das geschafft war, lehnte sie sich völlig entkräftet an die Hauswand. Was kam jetztwieder auf sie zu? Um ihre Vermieterin nicht zu wecken, klopfte sie leise ans Fenster. Zynisch grinsend öffnete Andy das Fenster: „Na, ist die Dame auch schon zuhause?“ Caren lehnte blass an der Hauswand, ihre Füße taten weh und sie wollte nur noch schlafen: „Bitte Andy, mach die Türe auf“, flehte sie ihn an. Immer noch grinsend ließ er sie rein. „Geh ins Bad und schmink dich ab“, befahl er ihr. Caren fiel fast über ihre Füße und stolperte ins Bad. Nachdem sie sich frisch gemacht hatte, stellte sie entsetzt fest, dass die Badezimmertüre abgeschlossen war. Auf ihr Rufen und Bitten erfolgte keine Reaktion. Resigniert schnappte sie sich einige Badetücher und legte sie in die Wanne. Ihr blieb keine andere Wahl als in der Wanne zu schlafen. Steif und völlig gerädert stand sie Stunden später auf. Sieh an, die Türe war auf. Andy kam ihr verlegen grinsend entgegen. Seine Entschuldigung war lahm und Caren ignorierte ihn einfach. Andy war außer Barmixer auch noch Koch. Caren hingegen verabscheute das Kochen. Sie hatte es nie gelernt und hatte auch nicht das geringste Interesse daran. Als Andy sie bat, Spiegeleier zu machen, schwante ihr schon nichts Gutes. Sie war von den letzten Ereignissen noch zu sehr angespannt. Natürlich gingen die Spiegeleier total daneben. Wütend schnappte Andy sich die Pfanne, öffnete das Fenster und schmiss sie im hohen Bogen hinaus. „Du bist wirklich zu dämlich! Nicht einmal Spiegeleier kriegst du hin. Wozu bist du eigentlich nützlich?“ Mit bleichem Gesicht stand Caren in der Küche und hielt sich am Tisch fest.

„Verdammt noch mal, dann mach es doch selber! Du kannst nur rumschreien – du bist doch Koch, zeig mal was du kannst!“ Abrupt drehte sie sich um und verließ die Wohnung. Stundenlang lief Caren durch die Gegend, wollte ihren Kopf frei bekommen. War das alles so richtig was sie machte? Sollte sie Andy wirklich heiraten? Manchmal machte er ihr Angst. Aber er konnte auch sehr lieb sein Noch hatte sie Zeit alles zu überdenken.

Abgestürzt

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