Читать книгу Verloren im Nirgendwo - Alina Steffen - Страница 4
Der Flug
ОглавлениеAlles begann, als die zwei Freundinnen Melanie und Nicole beschlossen, einen gemeinsamen Urlaub auf den Seychellen zu verbringen. Melanie hatte die zwei Jahre ältere Nicole eingeladen, um mit ihr gemeinsam ihrem 18. Geburtstag zu feiern, der erste Urlaub ohne ihre Eltern. Es war für Melanie schon etwas ganz besonderes, das erste Mal alleine in Urlaub fliegen zu dürfen. Sonst gab es Urlaub immer nur mit ihren Eltern, ohne Alkohol, ohne Zigaretten, und ständig unter Beobachtung. Und natürlich ohne Jungs. Aber auch nur zweimal bisher, da die Eltern immer sehr beschäftigt waren und kaum Zeit für einen Urlaub hatten.
Aber diesmal sollte alles anders werden, diesmal durfte Melanie zu ihrem 18. Geburtstag endlich mal alleine in Urlaub. Nur ganz alleine wäre ihr zu langweilig gewesen und ganz alleine hätten ihre Eltern es auch nicht erlaubt. Und so hatte Melanie ihre beste Freundin eingeladen, mit ihr den Urlaub zu verbringen.
Der Urlaub war das ganz große Geschenk von ihren doch recht reichen Eltern. Ihr Vater war Arzt in einem großen Krankenhaus und verdiente recht gut, ihre Mutter war Anwältin in einer eigenen Kanzlei, die auch sehr gut lief. Und weil Geld bei Melanies Eltern nicht so die ganz große Rolle spielte, durfte sich Melanie zu ihrem Geburtstag ein Reiseziel aussuchen, die Eltern hatten eh keine wirkliche Zeit für einen gemeinsamen Urlaub aufgrund ihrer Arbeit.
Melanie schwärmte schon immer von den Seychellen, ein absolutes Traumziel für sie mit den tollen Stränden, den Palmen und dem weißen Sand vor türkisblauem Wasser. Und diesesmal sollte es endlich wahr werden, live am Strand auf den Seychellen zu sitzen. Melanie kannte natürlich schon alles aus Büchern, Postern und Filmen, aber selbst dort zu sein, das wäre der absolute Traum. Und zu ihrem Geburtstag wollte sie dann unbedingt dorthin. Auch Nicole fand die Seychellen traumhaft schön, und als Melanie sie fragte, ob sie mitkäme, da mußte sie sofort zusagen. So eine Gelegenheit, kostenlos in Urlaub auf die Seychellen, die käme bestimmt nie wieder.
Und so wurde promt ein Pauschalurlaub für zwei Wochen gebucht. Mit der Lufthansa als Direktflug von München nach Mahé auf den Seychellen. Rund 12,5 Stunden sollte der Flug dauern, aber das war den beiden egal, hauptsache Traumurlaub für 2 Wochen.
Die beiden Mädchen kannten sich schon recht lange und waren gute Freundinnen. Schon in der Schule verstanden sich die beiden sehr gut. Nun machten beide gemeinsam eine Ausbildung in einem großen Maschinenbau-Unternehmen in München als Industriekauffrau. Melanie war zwar in einer anderen Abteilung eingesetzt als Nicole, aber sie sahen sich fast jeden Tag in der Kantine beim Essen und erzählten sich alles, was so los war am Tag. Sie lästerten schon mal über den einen oder anderen Mitarbeiter, erzählten sich das Neueste über Styling und Klamotten-Trends, und was man sich als Freundinnen eben sonst noch so alles zu erzählen hatte. Und da im Sommer die großen Ferien anstanden und somit keine Berufsschule war, wollten die beiden gemeinsam 2 Wochen in Urlaub fliegen.
Als sich die beiden eine Woche vor dem geplanten Urlaub mal wieder in der Mittagspause zum Essen in der Kantine trafen, war Melanie schon ganz wuschig und meinte zu Nicole: „Mann, bin ich schon aufgeregt wegen dem Urlaub. Endlich mal ohne meine Eltern weg. Das feiern wir aber ordentlich!“
Nicole antwortete etwas grinsend: „Ja, ich war damals auch ganz durch den Wind, als ich das erste Mal alleine weg durfte. Ich war aber nur nach Ibiza mit meinem Ex. Ich kann dich voll verstehen. Und dann jetzt noch auf die Seychellen. Das wird ein Traum der Extraklasse.“
„Ja, das wird bestimmt voll geil. Am Strand rumliegen unter einer Palme, das wird echt der Wahnsinn.“, meinte Melanie dann noch. Und nach einer Weile: „So, ich bin auch fertig, dann lass uns mal wieder an die Arbeit. Bis später.“ Dann gingen die beiden aus der Kantine hinaus.
Dann war es endlich auch soweit. Sie trafen sich am Abend am Flughafen in der Wartehalle. Dabei waren natürlich auch die Eltern von Nicole und Melanie, die ihre Mädchen noch zum Flughafen brachten. Sie gaben die Koffer am Schalter auf und warteten noch etwas. Dann gingen sie Richtung Sicherheitsschleuse.
„Macht mir ja keinen Unsinn, da. Und keine Flirtereien, ja?“, meinte die Mutter von Nicole dann. „Ja, ja, wir sind brav wie die Engel.“, sagte Nicole etwas grinsend.
Dann verabschiedeten sich alle von einander. Melanie wurde noch von ihrer Mutter umarmt: „Ich hab’ dich lieb, mein Schatz. Sei schön vorsichtig. Und viel Spaß.“
„Bis bald Mama.“
Dann gingen die beiden zur Sicherheits- und Passkontrolle. Alles ging recht schnell, nur im Duty-Free-Bereich mussten die beiden noch etwas warten, bis sie dann endlich zum Flugzeug konnten. Aber nach einer gefühlten Ewigkeit durften die beiden dann endlich den Gang entlang und ins Flugzeug. Sie saßen fast ganz vorne auf der linken Seite. Melanie saß am Fenster, Nicole daneben. Die Stewardessen liefen aufgeregt und gestresst immer hin und her, zeigten anderen Fluggästen ihre Plätze. Dann ging es auch schon los, das Flugzeug bewegte sich und rollte langsam zur Startbahn. Das Flugzeug war aber nicht voll besetzt, vielleicht waren gut 80 bis 90 Personen im Flugzeug, schätzte Nicole.
„Boah, ich kann es gar nicht glauben, jetzt geht’s endlich los. Mann bin ich nervös.“, flüsterte Melanie zu Nicole herüber.“
„Der Start ist am schlimmsten für mich, das geht ab wie auf der Wies’n im Free-Fall-Tower. Da geht’s bei mir richtig durch den Magen.“, entgegenete Nicole mit etwas zittriger Stimme.
Melanie war ganz entspannt und ruhig: „Ich hab damit kein Problem. Ist halb so wild. Wenn wir erstmal oben sind, dann ist das wie Zugfahren.“
Melanie blätterte derweil in ihrem Reiseführer über die Seychellen herum und fing an zu lesen. Langsam wurden die Motorengeräusche immer lauter, Nicole sah immer wieder aus dem Fenster. Sie sah wie die Startbahn und alles daneben immer schneller an ihr vorbeiflog. Und dann hebte das Flugzeug auch schon ab, alles wurde immer kleiner.
Dach dann stotterte das Motorengeräusch plötzlich etwas und war dann leiser. „Mann was ist denn jetzt los? Wieso ist denn das Geräusch jetzt weg? Und wieso wackelt das Flugzeug denn so?“ fragte Nicole ganz aufgeregt. Dann lief ganz aufgeregt eine Stewardess durch den Gang. Melanie wollte sie dann fragen, was denn los wär, aber die Stewardess ging ohne zu antworten ganz eilig weiter. Nicole bemerkte dann, dass das Flugzeug gar nicht mehr hinauf flog, sondern wieder im Sinkflug war. Auch andere Passagiere redeten ganz aufgeregt durcheinander. Dann ruckelte das Flugzeug immer mehr. Melanie und Nicole hörten wie die ersten anfingen, hysterisch zu schreien.
Dann kam eine Durchsage vom Piloten. Nicole konnte nur die Hälfte verstehen: „... Wir haben alles unter Kontrolle. ... Bitte bleiben Sie ruhig sitzen. ...“
Nicole sah aus dem Fenster. Unter ihr tauchten immer mehr Gebäude auf, die immer größer wurden. Nicole hatte Angst und sagte ganz aufgeregt: „Mann der erzählt vielleicht einen Mist, ich soll ruhig sein, wenn da immer mehr Häuser zu sehen sind und das Flugzeug wackelt? Der hat ja vielleicht Nerven.“
Auch die bis dahin recht entspannte Melanie wird langsam nervöser: „Also ich verstehe das ja auch nicht, wieso gehen wir denn wieder runter? Will der hier mitten in München landen? Also langsam bekomme ich aber auch Angst.“
Hinter den beiden kreischte eine Frau ganz hysterisch: „Ich will nicht steeerbenn!“
Dann hört Melanie, wie sich vor ihr ein Mann mit seiner Frau streitet.
„Wär ich bloß nicht mit dir mitgekommen, jetzt stürzen wir wegen dir ab.“ meinte die Frau mit einer lauten Stimme. „Was kann ich denn dafür? Wir wollten uns doch einen schönen Urlaub machen.“ entgegnete der Mann.
„Schön nennst du das? Sieh mal aus dem Fenster. Gleich sind wir tot. Und nur weil du in Urlaub wolltest.“, fauchte die Frau den Mann dann an.
Melanie zuckte mit Unverständnis mit den Schultern und sah, dass die Häuser schon recht groß waren. Nicht mehr lange und sie würden mitten in München in die Häuser stürzen und zerschellen. Nicole hielt sich schon krampfhaft am Sitz vor ihr fest und hatte schon Tränen in den Augen. Melanie konnte es genau sehen. Sie konnte kaum noch etwas sagen, es ging alles so schnell.
Rechts fing eine Frau an zu beten, sie hatte zumindest die Hände gefaltet und sprach irgendetwas Richtung Decke. Aber Melanie konnte sie nicht verstehen, es war zu laut um sie herum. Überall kreischten Menschen, irgendwo weinte ein Kind recht laut und viele Stimmen sprachen durcheinander.
Doch dann kam plötzlich das Motorengeräusch wieder. Langsam richtete die Maschine sich wieder in die Waagerechte.
„Mann, gerade aber noch rechtzeitig, sonst wären wir da voll reingekracht.“ meinte dann Melanie etwas erleichtert zu Nicole, die sich immer noch ganz fest an den Sitz klammerte.
„Ist es vorbei?“ fragte Nicole dann mit zittriger Stimme. Melanie sah aus dem Fenster und antwortete dann: „Ich denke schon, ich glaube wir fliegen jetzt wieder rauf. Die Häuser sind schon wieder etwas kleiner geworden.“ Und kurze Zeit später: „Mann, was war denn da los? Sind die bescheuert? Wir sind doch hier in Deutschland, da stürzt doch kein Flugzeug ab, wenn wir in Thailand oder Russland wären mit so einer Billigairline oder so, O.K., aber doch nicht hier.“
Auch die anderen Passagiere beruhigten sich wieder etwas. Dann kam wieder eine Durchsage vom Piloten:
„Sehr geehrte Fluggäste, ich möchte mich bei Ihnen für den unruhigen Start entschuldigen. Leider ist uns kurz nach dem Start ein Schwarm Vögel ins Triebwerk geraten, so dass dieses vorübergehend außer Funktion war. Mittlerweile ist aber wieder alles in Ordnung. Der Tower hat uns grünes Licht für den Weiterflug gegeben, wir werden also ganz normal zu Ihrem Reiseziel weiterfliegen können. Wir bitten nochmals um Entschuldigung, auch im Namen der Airline für die Unannehmlichkeiten. Die Airline hat versprochen, den Schrecken mit einem Gutschein wieder gutmachen zu wollen. Jeder Fluggast erhält bei der Landung in Mahé einen Gutschein von 300 Euro für Ihren nächsten Urlaub mit unserer Airline. Ich wünsche nun allen Gästen einen ruhigen und angenehmen Flug auf die Seychellen.“
„Naja, immerhin etwas, aber das war echt haarscharf, normalerweise müßten wir die verklagen, die spinnen doch. Wir sind fast abgestürzt.“, meinte dann Melanie.“
Der Flug ging dann zunächst recht ruhig weiter. Langsam konnten Melanie und Nicole die Alpen aus dem Fenster erkennen. Immer mehr Berge waren zu erkennen, auf manchen lag sogar noch ein wenig Schnee.
Aber man konnte auch sehen, dass das Wetter südlich der Alpen immer schlechter wurde. Recht schnell war von der tollen Aussicht nicht mehr viel zu sehen. Eine dicke Wolkenschicht verdeckte die Sicht. Dann kam wieder einmal eine Durchsage des Piloten. Da hieß es dann, das vor ihnen auf der eigentlichen Flugroute ein dickes Gewitter mit hohen Windgeschwindigkeiten läge und dass man dieses umfliegen werde.
„Also echt, ist wirklich nicht unser Tag. Jetzt will der auch noch ein Gewitter umfliegen und wir kommen erst 3 Stunden später an.“, maulte Nicole sehr unzufrieden.
„Also, ich bin ganz froh darüber. Quer durch ein Gewitter macht auch keinen Spaß. Und nach dem Scheiß in München soll der das lieber umfliegen, nicht das noch etwas schief geht.“, antwortete Melanie dann etwas gähnend.
„Naja, vielleicht hast du ja recht, ich werd’ jetzt etwas schlafen, bin auch schon recht müde. Morgen früh sind wir dann hoffentlich da. Kannst du mir die Decke und das Kissen aus dem Rucksack geben?“, meinte Nicole dann auch etwas ermüdet.
„Na klar, hier. Ich wird’ auch etwas schlafen. Ist ja mit dem Umweg dann noch ein langer Flug.“
Melanie holte ihr Handy raus und setzte sich die Kopfhöhrer auf. Dann hörte sie etwas Musik und schlief ein. Nicole hatte ihr Handy zu Hause gelassen, damit keiner ihrer Freunde sie im Urlaub stören konnte. Aber sie holte dann ihren MP3-Player aus ihrer Hosentasche und machte auch Musik an.
Nur noch halbwach merkte Nicole, wie das Flugzeug scheinbar eine deutliche Kurve flog. „Ah, jetzt fliegen die wohl den Umweg.“, dachte sie dann beruhigt und schlief auch ein.