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Gefühle von Glück und Freiheit
ОглавлениеEinen Tag später besprechen Stefan und Dirk nach der letzten Vorlesung noch ein paar Details.
Dirk zu Stefan: „Dann lass’ uns morgen früh um 5 Uhr losfahren, ich komm dann zu dir. Ich pack jetzt noch den Rucksack und dann geh ich noch ’ne Runde schlafen. Was nimmst du denn mit?“
Stefan antwortete: „Ich weiß nicht so ganz, aber auf jeden Fall nur das Nötigste, muß ja alles hoch und wieder runter schleppen. Ich denke mal nur was zu essen, zu trinken und ’nen Pulli. Naja, vielleicht noch zwei Pflaster für den Notfall. Und du?“
„Hast recht, mit der Schlepperei, ich packe auch nur das Nötigste ein, wir sind ja nur einen Tag unterwegs, was soll man da schon groß brauchen? Nach der Tour fahren wir ja wieder abends zurück nach Hause.“, so Dirk.
Danach verabschiedeten sich Stefan und Dirk voneinander und packten ihren Rucksack. Nach einer etwas ungewohnt kurzen Nacht trafen sich die beiden bei Stefan und fuhren mit ihrem alten Kadett nach Oberstdorf. Nach zwei Stunden war die Fahrt ohne Probleme geschafft und die beiden stellten das Auto am Parkplatz am Ortseingang ab. Dann gingen sie zu Fuß zum Busbahnhof. Beide waren aufgrund des warmen Wetters der letzten Tage in München mit kurzer Hose und T-Shirt sowie festen Halbschuhen unterwegs.
Stefan war etwas kalt. „Bischen frisch hier oben, meinst du nicht?“, fragte er dann.
Dirk entgegnete: „Ach was, das ist doch morgens normal, der Himmel ist klar gewesen, wirst sehen, nachher ist es sicher wieder so wie die letzten Tage, da war in München doch auch 25 Grad mittags. Immerhin haben wir blauen Himmel, das wird sicher ein geiler Tag.“
Am Busbahnhof waren die beiden schon etwas eher als vereinbart. Nico und Marc waren aber auch schon da.
„Na, ihr zwei Flachlandtiroler, alles klar für die Übernachtung oben auf der Hütte?“, fragte Nico grinsend.
„Na klar, aber übernachten ist nicht, ich sage dir, wir schaffen das an einem Tag, wirst schon sehen! Stell schon mal das Bier und den Whiskey kalt!“, erwiderte Dirk mit selbstbewußter Stimme.
Um 8 Uhr kam der Bus und so fuhren sie wie vereinbart zusammen bis nach Spielmannsau zum Startpunkt der Wanderung. Unterwegs stachelten Nico und Marc die beiden wieder an, dass sie das doch eh nicht schaffen würden und dass sie lieber gleich aufgeben sollten.
An der Endhaltestelle der Buslinie stiegen dann alle zusammen aus.
Marc noch kurz zu Stefan und Dirk: „Also, wir warten dann heute Nachmittag ab 15:30 in Birgsau an der Bushaltestelle auf euch. Wenn ihr um 18 Uhr zum letzten Bus nicht da seid, fahren wir wieder zurück nach Hause und ihr habt die Wette verloren. Dann müßt ihr halt zurück in den Ort laufen. Und vergeßt die Bilder nicht, ich will Beweise, dass ihr da oben auch hergelaufen seid.“
„Ja, ja. Bis später.“, entgegnete Stefan sichtlich genervt. Und weiter zu Dirk: „Mann sind das Nervensägen. Gut dass die jetzt weg sind.“
„Hast recht, die haben echt voll genervt im Bus. Na komm, vergiß die zwei Idioten und lass uns da hoch gehen. Schau, da ist ein Schild, da geht’s zur Kemptner Hütte lang.“, beruhigte Dirk dann etwas.
Und so machten sich die zwei auf den Weg. Zunächst geht es über einen Terrweg Richtung Wald. Ab der Waldgrenze wird der Weg dann holperiger und schmaler.
„Aha, dann wollen wir mal, gut, das der harte Weg jetzt zu Ende ist.“, sagte Stefan.
Die beiden gehen nun den etwas holperigen Waldweg entlang. Langsam wird der Weg steiler und Dirk merkt gleich, dass es nun anstrengender wird.
„Hm“, sagte Dirk, „lass’ uns mal nach ’nem Stock umsehen, den können wir vielleicht als Wanderstock gebrauchen, könnte nützlich sein.“
„Hast recht, dann geht’s vielleicht besser.“, meinte Stefan.
Nach einer Weile haben beide einen brauchbaren Stock gefunden und gehen nun mit den Stöcken weiter den Waldweg bergauf.
Nach einer Weile ist der Wald zu Ende und man kann die ersten steileren Berge an der linken und rechten Seite erkennen.
„Mann, das haut ganz schön rein, lass uns mal kurz anhalten und Pause machen.“ stöhnte Dirk an dieser Stelle.
Beide setzten sich auf einen größeren Stein am Wegesrand und machten 10 Minuten Pause. Dirk holte seine 1,5 Liter-Wasserflasche aus dem Rucksack und nahm erstmal einen ordentlichen Schluck. Auch Stefan trank etwas aus seiner Flasche.
„So, dann lass uns mal weiter.“, meinte Stefan. Und weiter: „Genug gefaulenzt, der Weg ist ja noch weit.“
Beide standen auf und gingen den gut zu erkennenden Weg weiter hinauf.
„Hey, sieh mal, immer mehr Blumen hier, sieht nicht schlecht aus.“, warf Stefan unterwegs ein.
Auch Dirk fand gefallen an den Blumen: „Ja, sieht ganz toll aus. Hier ist sogar ein Schmetterling drauf. Nicht schlecht.“
Doch plötzlich ist der schöne weiche Waldweg mit den Blumen am Wegesrand zu Ende.
Stefan verwundert: „Wie? Was ist denn das? Jetzt schon? Wir sind doch noch gar nicht so hoch.“
Der Weg änderte sich plötzlich in einen felsigeren Gebirgspfad. Links befanden sich auf Armhöhe etwas verrostete Stahlseile, die mit Haken an der Felswand befestigt waren. Der Weg wurde immer schmaler und war dann nur noch etwa einen halben Meter breit, auch ging es rechts vom Weg immer steiler bergab.
Dirk hatte etwas Angst: „Meinst du wir schaffen das? Bischen schmal, oder?“
Stefan entgegnete auch etwas verängstigt: „Komm, wenn wir ganz langsam gehen und uns da festhalten, geht das bestimmt. Ist aber ganz schön tief da rechts. Sei bloß vorsichtig!“
Stefan ging vor. Ganz langsam, Schritt für Schritt, ging er nun vorwärts. Beide Hände waren zunächst links am Seil.
Dirk hing schon etwas zurück. „Ich trau’ mich nicht.“, so Dirk.
Stefan dann: „Nun komm schon, das geht. Bei mir klappt es auch. Schau, ich bin jetzt schon viel schneller als am Anfang, halt dich halt nur gut fest.“
Nun ging auch Dirk langsam vorwärts auf den schmalen Felsweg, festgeklammert am Seil und noch etwas unsicherer als Stefan. Nach ein paar Metern merkte auch Dirk, dass es gar nicht so schlimm war, er hielt sich nur noch mit einer Hand fest und ging auch etwas schneller.
Nach einem längeren Stück war der Felsweg vorbei und der Weg wurde wieder breiter. Links und rechts kamen immer mehr Blumen mit Wiese. Nun öffnete sich hinter einer Kurve ein toller Blick auf den Talschluss. Sehr steile Berghänge mit grünen Wiesen prägten das Bild links und rechts. Vor den beiden waren ebenfalls einige Berge zu sehen, jedoch weiter weg. Hier und da wuchsen noch ein paar Bäume, aber längst nicht mehr so viele wie noch zuvor. Die Sonne schien und es war ein fast blauer Himmel zu sehen. Außer einem zwitschernden Vogel war nichts zu hören. Totale Stille.
Stefan war etwas beeindruckt: „Boah, sieht echt cool aus. So viele Blumen plötzlich. Und die grünen Berghänge hier, hat was, echt.“
Auch Dirk war positiv überrascht: „Ja, wirklich, mir gefällt es auch. Und keine Sau hier, nur du und ich. Man hört ja noch nicht mal was.“
Die beiden gingen gut gelaunt weiter. Der Weg wurde jetzt deutlich steiler, rechts konnte man einen hohen Grasberg sehen, der hoch oben abgeflacht erschien.
„Wir sind jetzt schon 3 Stunden unterwegs, meinst du nicht, wir müßten bald an der Hütte sein?“, fragte Dirk.
„Doch eigentlich schon. Unten stand auf dem Schild, dass es 3 Stunden bis zur Kemptner Hütte wären. Die sind jetzt um. Vielleicht da oben auf dem Berg rechts, vielleicht ist da die Hütte? Der Weg scheint da hoch zu gehen.“, antwortete Stefan etwas erschöpft.
Der Weg wurde immer steiler und ging tatsächlich hinter dem Grasberg in Serpentinen entlang des Hanges hinauf.
„Ich kann nicht mehr, ich bin fix und fertig.“, stöhnte Dirk.
„Schau mal, da oben, dass sieht wie ein Dach aus, da ist wohl die Hütte. Gleich haben wir es geschafft.“, antwortete Stefan, ebenfalls etwas erschöpft.
Hinter einem kleinen Hügel wurde plötzlich die Aussicht auf die nahen und steilen Berge frei, es kamen immer mehr felsige Berge in den Blickpunkt, einer schöner als der andere. Sehr steil aufragende Felsspitzen krönten die grünen Berghänge. Die Berge waren rundherum wie in einem Talkessel und erschienen nun so nah, als dass man sie mit der Hand umarmen könnte. Zwischen den Wiesenhängen und den felsigen Berggipfeln waren immer mal kleinere weiße Flecken zu sehen, Restschnee vom Frühjahr. Die Schneefelder lockerten das Panorama auf und boten den beiden ein einmalig tollen Anblick. Auch waren immer mehr lilafarbene Blumen auf der Wiese zu sehen, bis schließlich ganze Wiesen davon voll waren.
Stefan war zuerst hinter der Kurve: „Mann, schau die das an. Ich werd bekloppt. Einfach voll geil. Erst die bunten Wiesen und dahinter immer mehr kleine Felsen, die sich da reinmischen. Einfach geil. Und dahinter dann die hohen Berge mit etwas Schnee. Die sind so nah, die könnte ich glatt mit nach Hause nehmen. Wahnsinn. Und da vorne ist auch die Hütte, jetzt komm, das schaffst du jetzt auch noch.“
Dirk brauchte zwei Minuten länger und hatte schon Schweiß auf der Stirn: „Das sieht wirklich hammermäßig aus, hab’ ich so noch nie gesehen, echt Wahnsinn der Ausblick. Laß uns mal kurz hinsetzen, ich will schonmal die ersten Fotos machen.“
Nach einem kurzen Fotohalt ging es dann weiter. Der Weg ging nun noch steiler den Hang hinauf, weiter in Serpentinen um den Grashang herum.
Plötzlich machte Stefan eine Entdeckung: „ Hey, sieh mal, ein Tier.“
Dirk meinte: „Ist glaube ich ein Murmeltier oder sowas, mann sind die groß. Aber echt cool. Hier ist ja auch fast keiner, da stört die hier ja niemand. Mach mal schnell noch ein Foto, Stefan.“
Nach einer erneuten Fotopause waren die beiden dann doch endlich an der Hütte angekommen. Zwei andere Wanderer saßen draußen auf der Terasse. „Grüß Gott“, hieß es dann von einem.
Dirk und Stefan grüßten ebenfalls mit „Grüß Gott“ freundlich zurück und setzten sich dann etwas weiter auf eine leere Bank auf der Terasse.
„Boah, geschafft. Mann, das hat aber ganz schön reingehauen. Das letzte Stück war ganz schön anstrengend. Ich hau mir jetzt erst mal ’ne Schnitte rein.“ stöhnte Stefan.
Dirk stimmte zu: „Ich auch, hab’ echt Kohldampf. Aber schau dir die Aussicht an, echt der Hammer, lass uns hier erstmal eine anständige Pause machen.“
Nach einer Weile meinte Stefan: „Ja, die Berge sind schon voll geil, hab’ nicht gedacht dass es hier schon so schön ist. Klar, auf den Fotos von Nico und Marc konnte man das schon erahnen, aber jetzt live ist das natürlich schon echt Wahnsinn.“
Dirk schaute auf sein Handy. „Mann, ist schon fast 12, wir haben etwas zu lange gebraucht, Stefan. Wir müssen nachher aber etwas schneller gehen, sonst schaffen wir das nicht rechtzeitig, ich will heute nacht doch ’ne Party schmeißen. Eine lange Pause ist nicht. Nur kurz ausruhen und dann gleich weiter. Aber so ein Scheiß, keinen Empfang hier, so ein Mist.“
Stefan schaute auch auf sein Handy: „Hast recht, ich habe auch keinen Empfang. Schade, hier ist es so wahnsinnig schön. Hier könnte man echt noch ’ne Zeit bleiben. Sag mal, hast du eigentlich den Wetterbericht geschaut? Da oben, wo wir weiter rauf müssen, kommen plötzlich von der anderen Seite ein paar Wolken rüber.“
„Nee, Wetter habe ich nicht geschaut, aber sonst sieht doch noch ganz gut aus, O.K., mitlerweile sind ein paar kleine Schönwetterwolken da, aber wird schon gehen.“
Die beiden genossen noch etwas das tolle Panorama. Sichtlich überwältigt stand Stefan auf und ging auf die angrenzende Wiese. Plötzlich riss er die Arme nach oben und schreite laut: „Jeeaahh, huchuchuu, ich bin der König der Weeelt!“
Er blieb noch eine Weile dort stehen und sah immer wieder auf ein großes Felsmassiv, welches über den Bergwiesen thronte. Ein paar Minuten später kam such Dirk dazu.
Stefan zu Dirk: „Ich bin völlig weg, das ist echt der Hammer, habe ich so echt noch nier vorher gesehen. Jetzt versteh ich auch, warum Nico und Marc immer wieder in die Berge gehen.“
Auch Dirk ist etwas bewegt von dem Panorama: „Mir geht’s genauso, ich könnte heulen vor Glück. Hier fühle ich mich echt frei und wie im 7. Himmel.“
„Wie kommst du denn auf ‚König der Welt’?“, fragte Dirk dann etwas später.
„Habe ich im Kino mal gesehen, glaube das war in Titanic oder so. Wollte ich auch immer mal sagen, aber nie gab es eine wirkliche Gelegenheit dazu. Jetzt ist es einfach so aus mir rausgekommen.“, meinte Stefan.
Dann wurde die Ruhe plötzlich von einer dunklen Männerstimme unterbrochen: „Wo wollt'st ihr zwoa dänn hin?“, fragte einer der Wanderer mit bayerisch-österreichischem Slang. Und weiter: „Gibt richtig Wetter heut noch.“
Dirk antwortete stolz: „Wir gehen gleich weiter rüber zum Waltenberger Haus und dann noch nach Birgsau runter.“
Der Wanderer warnte eindringlich: „Heut' noch? Geht’s lieber wieder runter, da kommt Wetter auf! Mit Blitz und Donner! Das ist nichts für euch Burschen hier oben. Schauts ’nauf, das wird nichts heut', geht's lieber zurück.“
„Ach was, das sieht doch noch ganz gut aus und wenn schon, ein paar Tropfen sind auch nicht so schlimm.“, erwiderte Dirk.
Dirk und Stefan packten ihre Sachen zusammen, tranken noch einen kräftigen Schluck Wasser und gingen los.
Stefan hatte es eilig: „Komm schon Dirk, wenn das Wetter wirklich schlechter werden sollte, dann wäre es gut, wenn wir zumindest schon hinten wieder auf dem Weg nach unten wären. Beeil dich.“
Dirk etwas genervt: „Ja, ja, ich komm doch schon, ich muss doch erst noch die Beweisfotos für unsere zwei Nervensägen machen. Sonst glauben die noch, wir waren gar nicht hier oben.“
„Und wenn der Mann recht hat, wenn doch Gewitter im Anmarsch sind?“, fragte Stefan etwas nachdenklich.
„Ach was, wegen ein paar Tropfen lass’ ich mir doch nicht das Bier entgehen. Wir gehen jetzt einfach viel schneller und wir sind noch vor den ersten Tropfen wieder unten. Wirst sehen, der hat doch auch keine Ahnung. Komm, wir gehen jetzt, ist schon bald halb eins.“, meinte Dirk.
Und so gingen die beiden von der Hütte den gut sichtbaren Weg weiter. Auf einem Wegweiser sehen die beiden auch schon den Hinweis ‚Waltenberger Haus’. Der Weg ging nun durch weite Blumenwiesen weiter den Berg hinauf, immer Richtung einer etwas felsigen Mulde, die man weit erkennen kann, dem Mädelejoch. Unterwergs sahen die beiden immer wieder schön blühende Alpenrosen, es wurden wieder mal ein paar Fotos gemacht. Auch die majestätischen Felsen und Berggipfel wurden mit den darunter liegenden Bergwiesen noch einige Male fotografiert und von den beiden bestaunt. Immer noch hatte man einen fantastischen Blick auf die umliegenden Berge, die so nah erschienen, dass man sie einfach umarmen hätte können. Langsam wurde die Kemptner Hütte immer kleiner und erschien nun ein ganzes Stück weit weg.
Inzwischen zogen langsam immer mehr Wolken auf. In kurzer Zeit gewannen die zwei auf recht leichten Wegen an Höhe und erreichten das Mädelejoch. Noch ein wenig etwas steiler bergauf und sie standen auf einer Anhöhe zwischen Wiesen und kleinen Felsen. Sie blickten zurück und konnten die Hütte nicht mehr sehen, sie war bereits hinter einem Berghang verschwunden.
„Siehst du, und schon sind wir hier oben. Ging doch ganz schnell. Jetzt müssen wir hier rechts lang, siehst du, da steht ein Schild.“, beschwichtigte Dirk den immer noch etwas nachdenklich wirkenden Stefan.