Читать книгу Drama am Berg / Verloren im Nirgendwo - Alina Steffen - Страница 8
Ein Unglück kommt selten allein
Оглавление„Ui, da geht’s aber jetzt richtig rauf. Und felsiger wird’s wieder.“, entgegnete Stefan. Und weiter: „Boah, schau dir mal die Suppe da unten an, da ist ja nichts anderes als Nebel zu sehen. Komm schnell weiter, eh das hier rüber zieht.“
Und tatsächlich war auf der Südseite des Bergmassivs das Wetter gar nicht mehr so schön wie noch an der Kemptner Hütte. Von oben konnte man etwas nach unten sehen und dann waren dort nur noch dicke Wolken zu sehen. Man konnte sogar sehen, wie sich der Nebel den Berg hinauf windelte. Stefan und Dirk gingen schnell weiter und bogen rechts ab. Der Weg wurde nun tatsächlich deutlich steiler und ging über jede Menge Geröll, er war hier kaum als Weg zu erkennen. Man konnte aber hier und da eine rote Markierung erkennen, die den Weg zeigte. Das Wetter wurde weiter etwas schlechter. Von Sonne war nun schon nichts mehr zu sehen, der Himmel hat sich etwas eingetrübt und auch die Wolken aus dem Tal scheinen immer höher zu steigen. Nach einer etwas anstrengenden Kletterpartie über Geröll und Steinen wurde der Weg nun wieder besser sichtbar und ging in einen Bergpfad über, der Weg war mit kleinen Steinchen übersät, am Wegesrand wuchs etwas Gras, bevor es daneben dann in weitere Geröllfelder überging. Aber man konnte den Weg immerhin ganz gut erkennen.
Stefan hielt an: „Warte mal kurz, ich brauch noch einen Schluck Wasser aus der Pulle. Mann, hoffentlich fängt das nicht zu früh an zu regnen, das wird immer dunkler und nebliger da vorne.“
Nach einer kurzen Rast ging es dann weiter. Die zwei beeilten sich immer mehr, angesichts der immer schlechter werdenden Sicht. An der rechten Seite konnten die zwei die Berggipfel schon fast gar nicht mehr wahrnehmen, es hingen dicke Wolken am Hang. Auch nach links Richtung Süden konnte man schon fast nichts anderes als Grau und nochmals grau erkennen. Der Weg ging mit ein paar Kurven weitgehend immer geradeaus, aber dennoch stetig bergan.
„Mann, ich kann schon kaum noch etwas erkennen, den Weg seh ich zwar noch ganz gut, aber sonst seh ich nicht mehr viel.“, warf Dirk dann ein.
Auch Stefan meinte: „Ja, scheiß Suppe hier oben. Vielleicht hätten wir doch zurückgehen sollen. Was meinst du, sollen wir jetzt noch umkehren und zurück zur Hütte gehen? Ist vielleicht doch besser.“
„Wie, zurück? Nee, nee, und wir zwei kommen dann als die Deppen der Nation nach Hause? Ich gehe auf jeden Fall weiter, wegen den paar Wolken laß ich mir doch nicht die Tour vermasseln. Wir sind doch schon bestimmt auf rund der Hälfte zwischen den beiden Hütten, oder? Komm, das schaffen wir jetzt auch noch. Wir sind doch noch ganz gut in der Zeit, ist gerade mal fast zwei Uhr. In weniger als zwei Stunden sind wir bestimmt am Waltenberger Haus und nochmal zwei Stunden und wir sind noch vor 6 in Birgsau.“
Stefan ist da etwas anderer Ansicht: „Ich würde aber vielleicht lieber zurückgehen, wenn du mich fragst, ich bin nicht ganz sicher, ob das nicht doch noch schlimmer wird hier oben. Der Mann vorhin meinte doch, es soll sogar Gewitter geben. Außer den beiden habe ich hier oben auch sonst keinen mehr gesehen.“
„Mann, komm. Wir sind schon fast oben und du willst schlappmachen? Laß uns das jetzt zu Ende bringen. Ich will Nico und Marc beweisen, das wir mindestens genauso gut sind wie die. Oder willst du das ganze Studium als Lachnummer dastehen?“, versuchte Dirk Stefan umzustimmen.
„Ja, wenn du meinst, aber ich wär jetzt zurückgegangen. Aber wenn du unbedingst willst, dann gehen wir weiter. Dann laß uns jetzt etwas mehr Tempo machen, damit wir wieder runter vom Berg sind.“, meinte Stefan dann.
Der Weg wurde wieder deutlich felsiger und sehr steil. Die beiden mußten an mehreren Stellen sogar einige dicke Felsen regelrecht hinaufklettern, an einem waren sogar wieder Seile und Haken angebracht. Manche Felsen waren so steil, dass es fast senkrecht hinauf ging. Teils mußten sich die zwei an den Seilen richtig hochziehen, um hinauf zu kommen. Obwohl sie kaum noch etwas sehen konnten, überwindeten Stefan und Dirk ganz zufrieden auch diese schwierige Stellen. Auch das ein oder andere Altschneefeld mußten die zwei schon durchqueren, auch hier verloren sie viel Zeit, da der Schnee von der Sonne am Mittag richtig weich und matschig war, so dass man überall immer tief einsackte. Stefan und Dirk wurden aber auch allgemein deutlich langsamer, da ihnen die Höhe sehr zu schaffen machte. Mittlerweile waren die beiden auf über 2.200 Meter Höhe und ziemlich aus der Puste.
„Ich kann nicht mehr, ich brauch jetzt echt ’ne Pause.“, ächzte Stefan mit lautem Atmen.“
Dirk, ein wenig zurück, schrie plötzlich laut auf: „Ah, verdammt.“
Stefan hatte den Schrei gehört und eilte in fast dichtem Nebel zu Dirk zurück. „Was ist passiert, Dirk?“, fragte er.
Dirk mit schmerzverzerrtem Gesicht: „So ein scheiß. Ich bin umgeknickt. Das tut voll weh. Ich kann kaum auftreten.“
„Zeig mal, zieh erst mal den Schuh aus.“, meinte Stefan mit besorgtem Blick. Und weiter: „Hm, das ist wohl etwas rot, sonst kann man nichts sehen, aber etwas dick geworden in den paar Minuten. Zieh mal den Schuh langsam wieder an und versuch mal etwas zu gehen.“
Dirk versuchte ein paar Schritte zu gehen, aber er konnte kein Gewicht mehr auf den rechten Fuß geben und fiel fast hin.
Stefan stützte ihn. „Setz dich erst mal hin und wir machen ’ne Pause, ruh deinen Fuß etwas aus, vielleicht geht’s dann wieder. Ich hätte jetzt eh eine machen müssen, bin ziemlich geschlaucht. Ist doch anstrengender hier oben als noch an der Hütte. Das muß die Höhe sein.“, sagte er dann.
Und Dirk mit weiterhin schmerzverzerrtem Gesicht: „Verdammt, das tut echt voll weh, wie sollen wir denn jetzt da rüber kommen?“
„Beruhige dich erst mal. Setz dich erst mal hin, und dann schauen wir weiter. Wir schaffen das schon, ich bin ja auch noch da.“, versuchte Stefan zu beruhigen.
„Verdaaammmmt!“, schrie Dirk dann ganz laut, so laut dass man schon ein schallendes Echo hörte. In normaler Lautstärke dann weiter: „So ein Mist, ausgerechnet mir muß das jetzt passieren. Und ausgerechnet jetzt, wo es noch so neblig ist.“
Stefan und Dirk machten erstmal eine größere Pause. Beide tranken aus den mittlerweile nur noch halbvollen Wasserflaschen und aßen jeweils zwei weitere Brote, die sie mitgenommen hatten. Nach einer Weile kamen die beiden von ihren überwältigten Glücksgefühlen etwas herunter und merkten langsam, dass dort niemand außer ihnen war.
Stefan begann ein Gespräch: „Es zieht sich aber echt sowas von zu. Ich seh nur noch den grauen Nebel hier. Man kann ja kaum ein paar Meter weit sehen. Mir ist kalt, ich zieh jetzt meinen Pulli an, ein Glück, dass ich den zumindest dabei habe.“
Dirk dann: „Ja, gib mir meinen auch mal bitte. Ich glaube, wir hätten jetzt eh nicht mehr weitergehen können, das wäre viel zu gefährlich geworden. Hier sind überall dicke Felsen und so schmale Wege, da kann sonst wer weiß was passieren in dem Nebel.“ Und nach einer Weile: „So ein Mist, dass wir nicht den Wetterbericht gesehen haben, dann wüßten wir jetzt, ob das nur ein kurzer Schauer ist und nachher wieder die Sonne scheint oder ob es länger dauert. Jetzt fängt es nämlich auch noch an zu regnen, so ein Scheiß.“
Tatsächlich wurde das Wetter zusehends schlechter, der Nebel hatte mittlerweile den ganzen Berg eingehüllt, so dass man kaum etwas sehen konnte. Und es fing an zu regnen. Es war für die zwei ein gespenstiger Anblick. Nach ein paar Metern verschwamm alles im Grau des Nebels. Auch die Temperatur ging mit der Zeit deutlich zurück, ein richtiger Temperatursturz schon fast.
Dirk: „Mann, das ist aber jetzt richtig kalt, wenn man hier so rumsitzt. Ich versuche nochmal aufzustehen.“
Stefan hielt Dirk am Arm fest, damit Dirk sich aufrichten konnte. Aber er konnte nicht stehen und das Bein belasten, es tat zu sehr weh.
Er setzte sich wieder auf einen der Steine und meinte: „Ich kann nicht laufen. Es geht nicht. Was machen wir denn jetzt, Stefan? Ich habe hier noch nicht mal Handyempfang. Wie sieht’s denn bei dir aus?“
„Ich habe auch keinen, ist wohl zu viel hinter’m Berg. Weiß nicht, erstmal hier sitzen bleiben, würde ich sagen, was anderes geht ja eh nicht. Ich kann weiter kaum etwas sehen, daher könnten wir eh nicht weitergehen. Vielleicht wird es ja nachher besser. Die Wette können wir eh vergessen, ist schon drei Uhr, das schaffen wir eh nicht mehr.“, entgegnete Stefan.
Dirk dachte nach: „Wir müssen ja erstmal nur bis zu einer Hütte kommen, entweder zurück zur Kemptner Hütte oder weiter zum Waltenberger Haus. Ich denke mal das ist etwa beides gleich weit. Aber zurück und unterwegs die nassen Felsen runter? Wo wir eh kaum hoch kamen, ich glaube das ist zu gefährlich, wir sollten versuchen zum Waltenberger Haus zu kommen, irgendwie muss das ja gehen. Dann können wir wenigstens für uns sagen, dass wir das trotzdem geschafft haben, nur nicht ganz so schnell. Dann stehen wir auch nicht ganz so blöd da, immerhin ist ja schlechtes Wetter.“ Und nach einer kurzen Pause weiter: „Und wenn ich mich auf dich stütze und wir ganz langsam versuchen weiter zu kommen?“
Stefan überlegte und antwortete erst nach einer Weile: „Geht ja nicht anders, wir müssen unbedingt zu einer Hütte, da sind dann zumindest noch andere und es ist trocken da. Das regnet sich ja jetzt richtig ein und ich glaube dass es langsam immer kälter wird.“
Stefan und Dirk saßen jetzt schon bald eine Stunde an dieser Stelle. Ab und an standen sie auf und bewegten sich etwas auf der Stelle. Mal wurde das eine Bein bewegt, mal das andere. Stefan ging auch schon mal auf dem Weg ein ein paar Meter hin und her, um sich zu bewegen, die Arme vor dem Bauch verschrängt und die Hände in den Ärmel von seinem Pulli versteckt. Man konnte weiterhin kaum etwas sehen, langsam wurde es vier Uhr.
Unterdessen warteten Nico und Marc bereits seit einer halben Stunde an der vereinbarten Bushaltestelle in Birgsau-Eschbach. Die Bushaltestelle war überdacht und so saßen die beiden trocken auf einer Holzbank.
„Mann, die haben aber echt ein scheiß Wetter erwischt. Dabei war das doch noch so schön heute morgen. Glaube kaum, dass die das rechtzeitig schaffen, da oben ist voll die Suppe, man kann ja oben nichts mehr sehen.“, sagte Nico etwas besorgt.
Marc stimmte zu: „Ja echt, im Ort ging es ja noch, da war ja kaum Regen und man konnte noch was sehen, aber hier sieht man ja nicht mehr allzu viel und es regnet auch viel stärker. Siehst du wie die Wolken da am Berghang auf halber Höhe immer mehr hier in das Tal raufziehen? Aber die werden ja wohl so schlau gewesen sein und sitzen jetzt sicher da oben auf der Hütte im Warmen. Ich versuche mal die beiden anzurufen.“
Marc versuchte mit seinem Handy erst Dirk anzurufen. „Netz habe ich, aber das Handy von Dirk ist aus oder die haben da oben keinen Empfang.“, meinte er dann. Nach einer Weile: „Auch Stefans Handy kann ich nicht erreichen, kann man nichts machen.“
Nico meinte dann: „Ach und wenn schon, die kommen da schon zurecht, da sind immerhin zwei Hütten, da sind die bestimmt irgendwo. Ich eß jetzt erst mal ein Brötchen mit Wurst. Hab’ echt Kohldampf.“
„Schon wieder? Mann bist du verfressen, du hast doch erst vorhin im Ort ’ne Pommes mit Currywurst gegessen und heute mittag bei dem Fisch-Fritzen. Nur gut dass wir nicht da oben sind, laß uns noch bis um 6 Uhr warten wie ausgemacht, danach fahren wir dann eben zurück. Immerhin sparen wir uns so ne Menge Kohle, wenn die zwei nicht pünktlich da sind.“, entgenete Nico mit einem Lächeln.
„Kann ich auch nichts machen, hab’ eben Hunger.“ meinte Marc dann mit vollem Mund und war nur noch recht schlecht zu verstehen.
Er setze sich genauso wie Nico die Kopfhöhrer von seinem MP3-Player auf und hörte Musik.
Derweil ist es auf dem Berg richtig ungemütlich geworden, der Regen wurde mittlerweile immer stärker, es regnete schon Bindfäden. Auch der Wind frischte auf und es entwickelte sich für Flachlandverhältnisse schon ein richtiger Sturm. Stefan und Dirk saßen bzw. standen immer noch an der Stelle wo sie bereits seit 1,5 Stunden waren. Sie hatten mittlerweile versucht, zusammen ein wenig weiterzukommen, aber auch mit Hilfe von Stefans Arm konnte Dirk nicht laufen, der Weg war durch die Steinchen und Felsen einfach nicht mit einem humpelnden Dirk zu gehen. Auch konnte man ja weiterhin kaum einen Meter weit sehen. Es war immer noch richtig unheimlich. Der Nebel zog so nah an den beiden vorbei, dass es schon beängstigend aussah. Mittlerweile waren die beiden klitschnass vom Regen, auch der Rucksack, den die beiden sich zunächst über den Kopf hielten, war mittlerweile tropfnass. An einen Schirm oder eine Regenjacke hatten die beiden nicht gedacht. Im dichten Nebel konnte man nur ein paar Felsen erkennen und etwas Gras, Blumen waren hier oben kaum noch, nur ein paar vereinzelte gelbe Blümchen wuchsen hier und da sowie etwas Steinkraut. Meist waren hier nur Steine, Geröll und ein wenig Gras.
Stefan sprach dann etwas genervt mit sich selbst: „Also, Fakt ist, du kannst nicht laufen und wir haben hier keinen Handyempfang, also was machen wir jetzt?“
Ja, was machten unsere Freunde nun? Sie saßen im strömenden Regen in rund 2.300 Meter Höhe, waren total durchnässt und Dirk konnte nicht mehr laufen. Die Hütten waren beide mindestens einen Weg von rund zwei Stunden entfernt. In der Ferne hörten die beiden sogar schon den ersten Donner eines Gewitters. Auch wurde die Temperatur immer niedriger. Langsam mischten sich erste Schneeflocken in den Regen. Da die zwei ja nur ein T-Shirt und einen Pulli anhatten, die auch noch nass waren, froren Stefan und Dirk immer mehr. Und mit der kurzen Hose war es auch an den Beinen langsam ziemlich kalt. Aber was konnten die beiden nun tun? Auf dem Weg ist ihnen niemand mehr begegnet und sie waren ganz alleine inmitten eines felsigen Weges.
Dirk war mit den Nerven ziemlich runter. „Ich will nicht steeerbeen!“, schrie er laut. Nach einer Weile hatte er sich etwas beruhigt, aber war immer noch fix und fertig. „Was sollen wir denn jetzt machen, Stefan? Jetzt fängt ja schon an zu schneien, mir ist scheißkalt und ich bin nass.“
„Mir geht’s genauso, mir ist auch ziemlich kalt jetzt. Hätte ich mal ’ne Jacke und Handschuhe eingepackt. Liegen im Auto, echt super. Bis heute mittag war alles so toll, und jetzt?“, entgegnete Stefan sichtlich angefressen von dem schlechten Wetter. Und weiter: „ Wenn man wenigstens was sehen könnte, dann würd’ ich ja versuchen zurück zur Hütte zu laufen, aber bei dem Nebel seh ich doch nix, das ist mir doch zu gefährlich. Wenn ich auch noch stürze, dann geht gar nichts mehr.
Mittlerweile war es bereits 17 Uhr, aus dem Regen ist nun reiner Schnee geworden. Es waren erste Blitze zu sehen, die Gewitter kamen näher. Da der Schnee noch sehr nass war, blieb er aber nur etwas auf dem Gras liegen, die Steine waren noch zu warm. Aber es war nur eine Frage der Zeit, bis alles weiß werden würde, da es immer weiter schneite und der Schneefall auch immer stärker wurde. Jetzt konnte man im Nebel mit den Schneeflocken gar nichts mehr sehen. Es bestand keine Chance, auch nur etwas weiterzugehen.
Was sollten die beiden nun tun? Werden sie hier oben erfrieren und sterben? Welche dramatischen Erlebnisse standen Stefan und Dirk nun als nächstes bevor?