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Die Eltern

Mein Vater war Maurer und stammte aus Böhmen. Er wurde im ersten Weltkrieg durch einen Kopfschuss verwundet und führte in seiner eigenen Jugend ein Aschenbrödel-Leben. Die ganze Familie des Vaters war eine Maurer-Familie. Alle männlichen Familienmitglieder waren Maurer. Großvater und vier Söhne waren den ganzen Sommer in Wien, Salzburg oder Graz auf Arbeit, während die Großmutter mit der einzigen Tochter zu Hause die kleine Wirtschaft betrieb.

Aschenbrödeldasein deshalb, weil der Großvater zeit seines Lebens den Verdacht nicht loswurde, dass mein Vater nicht von ihm stammte.

Meine Mutter war eine Bauernmagd und stammte aus Kärnten. Diese Familie war kleinbürgerlich, der Großvater war Schuhmachermeister und äußerst bigott. Meine Mutter hatte drei Geschwister. Zum Aufbau dieser Familie trugen vier Väter ihr Scherflein bei, jedes der Kinder hatte einen anderen Vater. Der letzte war der Schuster und daher mussten auch die älteren Geschwister schon im Schulalter zu den Bauern, um sich ihr Essen selbst zu verdienen, denn der Jüngste sollte Pfarrer studieren. Die drei ersten Väter hatten sich aus dem Staube gemacht.

Der Krieg 1914 – 1918, bei dem die Kirche auf allen Seiten die Waffen segnete, zerriss nicht nur Staaten und Länder, sondern auch Familien. Michael, so wollen wir meinen Vater nennen, konnte in seinen Familienverband nicht mehr zurück, da er einerseits wegen seiner Kopfverletzung keine vollwertige Arbeitskraft mehr war und zweitens der Argwohn des Oberhauptes noch immer bestand.

Michael kam also nach Ausheilung seiner Verletzung in ein Arbeiterviertel einer Industriestadt, um hier Arbeit zu finden. Mit der gleichen Hoffnung auf Arbeit und Brot zog es auch die Magd in die Industriestadt. Sie war mit 16 Jahren von zu Hause ausgerissen, weil sie außer zu Essen nichts bekam. Der einmal im Jahr auszuzahlende Lohn ging an ihre Eltern und Maria – so wollen wir sie nennen – ging leer aus. So verschwand sie also aus ihrem Land und kam über mehrere Bauernhöfe und mit einem ledigen Kind in der Industriestadt an.

Hier kreuzten sich ihre Wege. Maria, mittellos mit Schimpf und Schande vom Hof gejagt, als offenkundig wurde, dass sie vom Jungbauern schwanger war, jetzt mit ihrem Kind am Arm auf der Suche nach einem Bettplatz. Es war üblich, dass jemand, der ein freies Bett hatte, dieses vermietete, egal wie beengt die Wohnung auch sein mochte.

Sie war erst 19 Jahre alt.

Michael war 29 Jahre alt, hatte ein Zimmer und bei einer Baufirma Arbeit als Maurer. Er hatte soeben eine missglückte Liebschaft hinter sich und war froh, dass er dank Maria der ehemaligen Geliebten zeigen konnte, dass er nicht auf sie angewiesen war – zumal Maria eine imposante Erscheinung war. Ihr Kind störte ihn nicht, er war ein guter Mensch. So blieb sie vorderhand bei ihm, bis sie, wie sie meinte, ein ständiges Quartier gefunden hätte.

Nichts hat eine so lange Lebenszeit wie ein Provisorium! Sie blieb also bei ihm, es ließ sich nichts finden, wo sie mit dem Kind unterkommen konnte. Sie kochte ihm Essen, wusch seine Wäsche und teilte mit ihm das Bett – sie hatten ja nur eines.

Gegen Ende des dritten Nachkriegsjahres wusste sie, dass sie von Michael ein Kind bekommen würde. Michael fühlte sich bis dahin als freier Mensch, die „Bauerntrutschn“, wie er sie bei sich nannte, war gut fürs Wirtschaften, seine persönliche Freiheit würde sie ihm nicht nehmen.

Da war eine nahegelegene Kneipe. Der Schock bei ihm war also groß – so groß, dass Michael keine Abwehr- und keine Freudensbekundungen von sich gab – er ging ins Wirtshaus.

Aus demselben Grunde musste er noch dreimal dorthin gehen, bis 1927 waren es fünf Kinder! Das Zimmer, in dem sie wohnten, maß 3,5 mal 5 Meter und war über einem Gasthaus. Ehe sie sich versahen, waren sie eine Familie und obwohl 2 Kinder sehr bald starben, blieben immer noch 3 Buben. Im Jahre 1924 wurde geheiratet, natürlich mussten sie sich die Ringe ausleihen, sie besaßen keine eigenen Ringe.

Und immer öfter wurde Michael arbeitslos, er gehörte zur „industriellen Reservearmee“, musste immer öfter auf Suche nach Arbeit gehen. Meistens kam er abends müde und verzweifelt heim. Mit den Worten „wieder nichts“ setzte er sich auf die Kohlenkiste und wartete, bis er etwa zu essen bekam und Maria ihn tröstete und ihm neuen Mut gab. Das waren Augenblicke, wo sie sich innerlich wirklich nahe waren. Die gemeinsame Not hatte sie zusammengeschweißt. Sie ging wieder zu einem Bauern arbeiten, es waren weitschichtige Verwandte des Kindesvaters und sie bekam Milch, Kartoffeln und manchmal auch Fleisch. Hungern mussten sie nicht. Sie waren gute Eltern!

Munz!

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