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KAPITEL 3

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Constantine berührte mit den Fingerspitzen ihre empfindlichen Lippen und sandte ein stummes Gebet zum Himmel. Bitte, Gott, bewahre mein Geheimnis. Ihr Tantchen würde der Schlag treffen, wenn Constantines Ruf ruiniert war. Und ruiniert war er mit Sicherheit, wenn die Duchess und Lady Celia sie dabei gesehen hatten, wie sie Lord Gulliver küsste.

Man könnte sie sogar dazu zwingen, ihn zu heiraten. Bei dieser Vorstellung krampfte sich ihr Magen zusammen. Nicht bei dem Gedanken daran, seine Frau zu werden, sondern bei dem Gedanken, überhaupt die Frau eines einflussreichen Hochadligen zu werden.

Sie wäre für keinen Mann, der in der gehobenen Gesellschaft verkehrte, eine geeignete Frau. Ihr fehlten die notwendigen Fähigkeiten und der nötige Schliff und sie schien unfähig zu sein, es zu erlernen.

Nein. Constantine würde einen Mann wie Lord Gulliver niemals heiraten können. Für sie wäre ein Baron auf dem Land oder ein Landjunker in der Nähe ihres Vaters das Richtige. Ein Mann, der nicht von ihr erwarteten würde, dass sie all die steifen und oft unsinnigen Regeln der Gesellschaft befolgte.

Sie brauchte einen Mann, für den es nicht nötig war, dass sie extravagante Feste und dergleichen ausrichtete, und der sich damit begnügte, dass sie ihm stattdessen den Haushalt führte und Kinder großzog. Wenn sie denn Kinder hätten.

Ihre Gnaden, die Duchess of Selkirk, winkte ihr zu und Constantine winkte zurück. Es nützte wenig, sich nervös zu machen und noch weniger, den Damen aus dem Weg gehen zu wollen. Sie würde sich zu ihnen gesellen und entgegen aller Hoffnung darauf setzen, dass sie nicht gesehen hatten, was sie wenige Augenblicke zuvor getrieben hatte.

Als sie zu den anderen Damen stieß, setzte Constantine ein Lächeln auf und knickste leicht.

»Ich konnte nicht umhin zu bemerken, dass Lord Gulliver bei Euch stand«, sagte Lady Celia.

Constantine wand sich innerlich.

»Ich muss Euch raten, Euch vor dem Charme dieses Halunken zu hüten«, fuhr Lady Celia mit gewichtiger Stimme fort. »Er ist ein guter Freund der Familie, deshalb werde ich nichts Schlechtes über ihn sagen, aber seid trotzdem auf der Hut.«

Constantine nickte zustimmend mit dem Kopf. »Das werde ich.«

Die Duchess of Selkirk schenkte ihr ein warmes Lächeln. »Bitte begleitet uns doch auf unserem Spaziergang«, sagte sie.

Constantine erwiderte das Lächeln und entgegnete: »Es wäre mir eine Ehre, Euer Gnaden.«

Die Duchess nahm ihren Spaziergang wieder auf, Lady Celia zu ihrer Linken und Constantine zu ihrer Rechten. Sie schob sich eine rötliche Locke aus dem Gesicht. »Wir sind hier unter Freundinnen, Lady Constantine. Bitte nennt mich Julia.«

»Und mich Celia«, fügte Lady Celia in vergnügtem Tonfall hinzu.

Constantine entspannte sich. Die warme Frühlingsluft strich ihr übers Gesicht. »Das zu tun wird mir eine Ehre sein, aber dann müsst ihr mich Eurerseits Constantine nennen.«

Vor zwei Wochen war Constantine Julia und Celia auf einem Ball begegnet. Wie gewöhnlich war Constantine in ein Fettnäpfchen getreten – eines von vielen, in die sie getreten war, weil sie nicht um die Regeln wusste.

Die Duchess und Lady Celia waren dabei gewesen und hatte ihr ausgeholfen. Obwohl das den Klatsch nicht zum Verstummen hatte bringen können, war Constantine ihnen doch dankbar.

Sie freute sich über das Angebot, die beiden Frauen zu ihren Freundinnen zählen zu können und war dankbar für die Einladung nach Huntington Park.

Sie sah Julia an. »Ich muss Euch dafür danken, dann Ihr meine Tante und mich zu Euch eingeladen habt.«

Julia winkte ab. »Bitte macht Euch deswegen keine Gedanken. Ich habe es aus eigennützigen Gründen getan, weil ich Euch besser kennenlernen möchte.«

»Mich?« Constantines Augen weiteten sich kaum merklich. Niemand hatte sich je für sie interessiert. Jedenfalls nicht, wenn es nicht um Klatsch gegangen war oder darum, sich über ihren neusten Fauxpas lustig zu machen. Das war genau der Grund, aus dem sie beschlossen hatte, sich diese Saison um nichts zu scheren.

Und jetzt war sie hier auf dem Anwesen eines Dukes und einer Duchess of Selkirk! Und die Duchess wollte ihre Freundin sein. Vielleicht stimmte es – frisch gewagt war halb gewonnen.

»Sonst sehe ich hier niemanden.« Julia lächelte. »Und ich muss gestehen, dass ich Euch äußerst interessant finde.«

»Ich fürchte, an mir ist rein gar nichts interessant.« Constantine schüttelte den Kopf.

»Aber natürlich seid Ihr interessant«, warf Celia ein.

Julia trat dichter an Constantine heran und sah sie von der Seite an. »Habt Ihr gewusst, dass ich von niederer Abstammung bin?«

Constantine geriet fast ins Stolpern, als sie Julia überrascht ansah. »Das habe ich allerdings nicht.«

»Es ist wahr«, bestätigte Celia. »Mein Bruder hatte sie angestellt, um meine Gesellschafterin zu sein.« Sie grinste frech. »Dann hat er sie zu seiner Duchess gemacht.«

»Wie romantisch!«, rief Constantine.

»Ja, nicht wahr?«, bestätigte Celia und legte ihre Hand aufs Herz.

Constantine nickte zustimmend.

»Bevor ich Celias Gesellschafterin wurde, lebte ich in einem kleinen Cottage in Kent. Mein Vater hatte uns sitzen lassen und meine Mutter war todkrank. Wir waren so arm, dass wir uns nicht einmal Feuerholz leisten konnten – geschweige denn Lebensmittel.«

»Wie seid Ihr dem Duke begegnet?«, wollte Constantine wissen, die vor Neugierde kaum an sich halten konnte.

Celia sah Julia mit neugierigem Blick an. »Das möchte ich allerdings auch gern wissen.«

»Und Ihr seid noch immer zu jung, um diese Geschichte zu hören«, lehnte Julia ab. »Außerdem würde ich gern mehr über unsere neue Freundin erfahren.« Sie griff nach Constantines Hand und drückte sie leicht. »Ich weiß, dass Ihr unter der Schirmherrschaft Eurer Tante steht und dass Euer Vater der Earl of Dartford ist – und dass dies Eure zweite Saison ist, aber sonst nichts. Erzählt Ihr uns, wo Ihr Euch versteckt hattet und weshalb?«

»Ich würde nicht von Verstecken sprechen. Zumindest nicht, was mich betrifft.« Constantine stieß einen wehmütigen Seufzer aus. »Obwohl ich Carlisle London vorziehe.«

Celia klatschte in die Hände. »Oh! Ihr kommt aus Cumbria. Das ist so ein schöner Teil Englands.«

»Ihr seid dort gewesen?«, fragte Constantine.

Celia strahlte. »Schon oft. Mein Bruder hat dort ein Anwesen. Allerdings nicht das Anwesen eines Dukes, sondern ein Landhaus, das unsere Mutter mit eingebracht hat.« Nachdenklich hielt sie inne. »Es liegt gar nicht so weit von Carlisle entfernt. Vielleicht eine Stunde Kutschfahrt. Wenn wir das nächste Mal dorthin kommen, werden wir Euch zum Tee einladen.«

»Das würde mich sehr freuen«, erwiderte Constantine.

Julia stieß sie sanft mit dem Ellbogen an. »Und mich würde es sehr freuen, zu erfahren, weshalb wir erst vor Kurzem Eure Bekanntschaft gemacht haben. Natürlich sind wir Euch während der letzten Saison begegnet, aber wo wart Ihr davor?«

Celia neigte ihr Gesicht in Richtung der Sonne und blinzelte. »Den Gerüchten zufolge seid Ihr vierundzwanzig. Hattet Ihr Euer Debüt so spät?«

»Etwas in der Art.« Constantine seufzte. »Ehrlich gesagt, wollte ich gar keines.«

Celia drehte sich überrascht zu Constantine um. »Wieso denn nicht?«, fragte sie in ungläubigem Tonfall. Sie befanden sich jetzt auf dem Weg zurück zu dem monumental anmutenden Landhaus.

Constantine ließ ihren Blick über die gepflegte Anlage schweifen, auf der hier und da Blumenbeete angelegt waren oder sich ehrwürdige Bäume erhoben. »Ich bin in London fehl am Platze«, erklärte sie. »Mein Vater ist mit mir nach Carlisle gezogen, als ich ein siebenjähriges Mädchen war. Ich habe mein ganzes Leben auf dem Land verbracht, ohne meinen Unterricht abgeschlossen zu haben und ohne eine richtige Gouvernante.«

Sie schloss einen Moment lang die Augen und fühlte sich von der frischen Frühlingsluft getröstet. »Als mein Vater entschied, dass es höchste Zeit für mich sei, in die Gesellschaft eingeführt zu werden, hat er meine Tante gebeten, mich unter ihre Fittiche zu nehmen.« Sie warf Julia von der Seite her einen Blick zu. »So kommt es, dass ich jetzt hier bin.«

»Und was ist mit Eurer Mutter?«, erkundigte sich Julia.

Constantine würgte an dem Klumpen, der ihr in der Kehle saß. Sie hoffte, dass das Interesse der Duchess aufrichtig war. Dann fühlte sie sich schrecklich, weil ihr dieser Gedanke überhaupt gekommen war. Die Duchess wirkte auf Constantine nicht gehässig. Sie war ungerecht, weil sie es in Erwägung gezogen hatte.

Sie hob das Kinn und lächelte leicht. Diese Frauen waren ihre Freundinnen, ihnen konnte sie sich anvertrauen. »Meine Mutter ist an einem Fieber gestorben. Vater war außer sich… in mancher Hinsicht ist er das noch immer. Seine Trauer ist so tief, dass er sich auf das Land zurückgezogen hat, und mich nahm er mit sich.«

»Wie schrecklich.« Celia runzelte mitleidig die Stirn.

»Ich hoffe, Ihr vergebt mir meine neugierigen Fragen. Ich weiß, dass es als äußerst unvornehm gilt, aber ich fühlte mich zu Euch hingezogen und weiß jetzt, wieso.« Julia schenkte ihr ein warmes Lächeln, das ihre Augen aufleuchten ließ. »Wir werden die besten Freundinnen sein. Ihr werdet sehen.«

Celia nickte in Richtung des Hauses. »Dort ist Mutter«, sagte sie. »Lasst uns Euch ihr vorstellen.« Mit diesen Worten hakte sie sich bei Constantine unter.

Ein Lächeln stahl sich auf Constantines Lippen, als sie bemerkte, dass Lord Gulliver an der Seite der älteren Frau stand. Oh Gott, ihre Wangen wurden ganz heiß.

Celia zog Constantine mit sich, bis sie vor der eleganten Dame standen. Sie war fortgeschrittenen Alters, aber eine Schönheit mir saphirblauen Augen und blondem Haar, das von silbrigen Strähnen durchzogen war. Celia hatte augenscheinlich das Aussehen ihrer Mutter geerbt und konnte sich darüber glücklich schätzen.

Celia trat vor. »Mutter, darf ich Euch mit Lady Constantine Hartley bekannt machen?«

Die ältere Dame lächelte. »Bitte tu das.«

Celia drehte sich zu Constantine um. »Lady Constantine, es ist mir eine Freude, Euch mit meiner Mutter, der Witwe des Dukes of Selkirk, bekannt zu machen.«

»Constantine versank in einem tiefen Knicks. »Euer Gnaden, es ist mir eine Ehre.«

Die verwitwete Duchess ergriff Constantines Hand und drängte sie dazu, sich zu ihrer vollen Größe aufzurichten. »Jede Freundin meiner Tochter ist auch mir eine Freundin.« Sie wandte sich an Lord Gulliver. »Seid Ihr miteinander bekannt?«

Seine Augen schienen zu glühen, als er Constantines Blick erwiderte und sich verneigte. »Allerdings.« Seine Lippen verzogen sich zu einem kecken Grinsen. »Gestattet mir zu bemerken, dass Ihr so reizend ausseht wie immer, Lady Constantine.«

Wärme breitete sich in ihrem ganzen Körper aus. Sie versuchte, den Blick abzuwenden und stellte fest, dass sie es nicht konnte.

Sehr zu ihrer Erleichterung wandte er seine Aufmerksamkeit jetzt ihren Begleiterinnen zu. »Ihr alle seid atemberaubend in Eurem Liebreiz.«

»Ihr seid ein schamloser Charmeur«, schalt die Witwe. »Nun fort mit Euch.« Sie versetzte ihm einen scherzhaften Klaps mit ihrem Fächer, der aus Seide und Elfenbein gearbeitet war.

Lord Gulliver gluckste. »Also gut.« Seine Augen hielten Constantines Blick fest. »Aber ich freue mich bereits darauf, von Eurer Schönheit bestrahlt zu werden, wenn wir einander das nächste Mal begegnen.«

Mit einem Zwinkern wandte er sich ab und spazierte davon. Ein wenig atemlos sah sie ihm nach. Dann schloss sie die Augen und versuchte, die Hitze in ihren Wangen zum Abklingen zu bringen.

Die Witwe des Dukes schüttelte den Kopf, als sei sie verärgert, obwohl sie wie ein Schulmädchen grinste. »Nehmt Euch nur vor ihm in Acht, Lady Constantine«, warnte sie, »Er ist kein Heiratsmaterial.«

»Obwohl er hinsichtlich des Selbstbewusstseins eines Mädchens wahre Wunder vollbringt.« Celia strahlte ihre Mutter an.

»Und er ist ein Gentleman«, fügte Julia hinzu.

Die Witwe wandte sich nach seiner kleiner werdenden Gestalt um. »Das ist alles ganz richtig, aber er ist doch kein Mann, der sein Herz verschenkt. Jedes Mädchen, das ein Auge auf ihn wirft, wird schmerzlich enttäuscht werden.«

»Das mag schon sein«, sagte Julia und schwieg nachdenklich, während sie ihm nachsah. »Obwohl man auch sagen könnte, dass diejenige, die ihn zum Traualtar führt, sich ausgesprochen glücklich schätzen darf.« Kleine Fältchen bildeten sich um ihre Augen, als sie grinste. »Man sagt ja, dass Halunken die besten Ehemänner abgeben.«

»Nun aber genug.« Die Witwe schwang ihren Fächer. »Ihr werdet Celia noch auf dumme Gedanken bringen.«

Die Warnungen sollten Constantine eigentlich zu denken geben. Schon die Vorstellung von einem Mann wie Lord Gulliver hätte sie abschrecken sollen. Und doch konnte nichts, was die Damen gesagt hatten, ihn aus ihren Gedanken vertreiben. Im Grunde hatte das Gesagte sie sogar beruhigt.

Sie musste sich keine Sorgen über Lord Gullivers Absichten machen. Er war kein Heiratskandidat – und sie war es auch nicht.

Zumindest nicht, sofern es die Lords von London betraf.

Und all das… Es bedeutete, dass sie die Gesellschaft Lord Gullivers genießen konnte, ohne sich zu sorgen. Und genau das hatte sie vor.

Sein Geliebter Wildfang

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