Читать книгу Vom Grafen Verzaubert - Amanda Mariel, Christina McKnight - Страница 4
KAPITEL 1
ОглавлениеLondon, 1813
Das Knarren von Kutschenrädern zog Roses Aufmerksamkeit weg vom Garten, wo sie in den Beeten kniend die strahlenden Blüten inspizierte, um die sie sich den ganzen Frühling gekümmert hatte. Lady Julia Thornes eleganter Landauer kam vor dem Cottage, das Rose sich mit ihrer betagten Großmutter teilte, zum Stehen. Ihr Herzschlag beschleunigte sich und Rose stand auf und wischte sich ihre Hände an ihrer Schürze ab, hinterließ dabei schmutzige Streifen.
Ein großer Gentleman mit rabenschwarzem Haar und Augen im Farbton des Himmels im Hochsommer stand neben der offenen Kutschentür. Rose erwischte sich dabei, wie sie auf die kräftigen Linien seines Kiefers starrte, während er ihre Kundin, Lady Julia, aus der Kutsche reichte.
Ihr Puls wurde schneller, als ihre Besucher sich näherten. Sie behielt ihren Blick auf dem Gentleman. Er war der Gutaussehendste, den sie jemals erblickt hatte. Als er in ihre Richtung blickte, brannten Roses Wangen, da sie erwischt worden war, wie sie ihn so unverfroren beäugt hatte. Lady Julia lächelte, als Rose näherkam. »Miss Woodcourt, ich bin wegen dem Stoff für meine neuen Kleider gekommen. Haben Sie es geschafft die Muster zu bekommen, die ich erbeten habe?«
Lady Julia bewegte sich in einem Rauschen aus grünem Organdy an ihr vorbei. Ihr Begleiter hielt auf der Veranda aus alten Dielenbrettern an. »Ich werde hier warten, wenn es Ihnen nichts ausmacht, Miss.« Sein atemberaubendes Grinsen enthüllte gerade weiße Zähne.
Rose starrte, ehrfürchtig vor seinem guten Aussehen. Der Türgriff glitt aus ihrer Hand, was die Tür zuschlagen ließ. Sie zuckte wegen diesem Geräusch zusammen, ihre Nervenenden knisterten.
Er zog die Holzplatte wieder auf, wobei seine blauen Augen funkelten. »Erlauben Sie, Miss.«
Wärme überspülte Roses Wangen, als sie einen Schritt auf die Öffnung zu machte. Eine Schamesröte breitete sich zu ihrem Hals aus. Als sie einen Atemzug nahm, atmete sie seinen berauschenden Duft von Klee und Salbei ein.
»Wie ist Ihr Name, Miss?«
»Rose Woodcourt.« Sie blickte auf seine Hand und bemerkte einen Siegelring, der auf seinem Finger glänzte. Sie fügte schnell hinzu: »my Lord.«
Selbstverständlich, er war ein Lord und sie eine Närrin mit Spatzenhirn, dass sie so stark auf ihn reagierte. Es würde ihr am besten dienen, wenn sie sich an ihren Platz in der Gesellschaft erinnerte. Lords machten sich nicht daran gewöhnliche Fräulein zu umwerben. Sie tändelten mit ihnen, bis sie sich langweilten, warfen sie dann zur Seite, wenn die Affäre nicht länger ihr Interesse hielt. Roses Entrüstung rüttelte an Erinnerungen an die arme Annie. Ein verwegener Graft hatte ihre alte Freundin weggeworfen, nachdem er sie geschwängert hatte. Verlassen und verängstigt war Annie für Hilfe zu Rose gekommen. Aber Gott sei’s geklagt, es konnte nichts getan werden. Annie starb bei der Geburt des Sohnes dieses abscheulichen Mannes
»Ich freue mich Ihre Bekanntschaft zu machen, Miss Woodcourt.« Er zeigte ein Lächeln. »Ich bin Hunter Thorne, Earl of Aubry.”
Rose sank in einen tiefen Knicks, hielt seinen Blick. So sehr sie sich auch bemühte, sie konnte nicht aufhören ihn anzuschauen.
Ein Nervenbündel entfaltete sich in ihrem Magen, als sie seine angebotene Hand annahm. Einen Moment später zog sie ihre Hand heraus. »Entschuldigt mich, Lord Aubry, aber Lady Julia wartet.«
Beim Betreten ihres Arbeitszimmers fand sie Lady Julia auf einem ausgebleichten Stuhl mit hoher Rückenlehne sitzend vor. Das süße Aroma frischen Brotes, das durch das Cottage waberte, gepaart mit der Teetasse in Lady Julias Hand, sagte Rose, dass ihre Großmutter sich um Lady Julias Wohlergehen gekümmert hat, bevor sie zur Küche zurückgekehrt war. »Bitte verzeiht meinen ungepflegten Zustand. Ich befürchte, ich habe die Zeit vergessen.«
»Es gibt nichts, für das sie sich entschuldigen müssen. Sollen wir?« Lady Julia lächelte.
Rose eilte zu ihren Regalen und nahm schwungvoll einige Bündel Stoff. »Ja, selbstverständlich. Hier sind Proben zu Eurer Betrachtung.« Sie legte den Haufen auf ihren Nähtisch. »Der Leinenhändler versicherte mir, dass diese die neuesten Verfügbaren sind. Manche kamen direkt aus dem Orient.«
Rose beobachtete, wie Lady Julia ein Stoffmuster von blauem Organdy anhob. Genau der Farbton von Lord Aubrys Augen. Das Paar teilte dieselbe Augenfarbe und denselben Farbton der Haare, das gleiche Lächeln. Waren sie verwandt? Als Hoffnung ihre Haken in Roses Herz setzte, warf sie ihre Schwärmereien fort. Sie sollte ihn aus ihrem Verstand verbannen, damit sie nicht wie die arme Annie endet. »Welch wundervoller Farbton, my Lady.«
Grans Stimme erschallte vom Eingang. »Ich sagte, Sie sollen Rose nicht stören, Mr. Wolfe, Sie dürfen dort nicht hineingehen.«
Um Himmels willen! Dieser Schurke, Dewitt Wolfe, hatte ihren Treppenaufgang wieder verdunkelt. Würde er sie nie in Frieden lassen?
»Bitte entschuldigt mich einen Moment, Lady Julia.« Mit hämmerndem Herzen bewegte sich Rose zur Tür. Warum wollte er sie nicht in Ruhe lassen? Sie hatte ihre Verlobung gebrochen und ihren Standpunkt klargemacht. Dennoch weigerte er sich ihre Entscheidung zu akzeptieren.
Mr. Wolfe hielt mitten im Schritt an. Gran kollidierte beinahe mit seiner Kehrseite. »Ah, das bist du ja, meine Liebe.« Sein Mund verzog sich zu einem Grinsen. »Ich bin gekommen, um –«
Frustriert jenseits der Vernunft vergaß Rose, dass sie Gesellschaft hatte. Sie schnitt ihm das Wort ab, sprach schärfer als beabsichtigt. »Ich weiß, warum Sie gekommen sind. Sie müssen nicht fortfahren. Ich habe Ihnen meine Antwort gegeben.« Als sie in seine braunen Knopfaugen starrte, wurde ihr Magen in Aufruhr versetzt. »Ich werde Sie nicht heiraten, Mr. Wolfe.«
Wolfe ließ ein knappes Lächeln aufblitzen und marschierte auf sie zu, sein stumpfes braunes Haar war unordentlich und ragte aus seinem hohen Kastorhut hervor. »Du wirst mich heiraten.« Er griff in seine Tasche und zückte ein gefaltetes Dokument. »Ich hatte gehofft, dass du mich nicht zu derartigem Handeln zwingst.« Er streckte ihr das gefaltete Pergament hin, wobei sich sein verdunkelter Blick in ihren bohrte. »Die unbezahlte Grundschuld für diese bescheidene Behausung, meine Liebe. Solltest du dich weigern mich zu heiraten, werde ich dein Zuhause unter euch weg verkaufen.«
Rose schnappte sich das Dokument, schälte es auf und überflog den Druck. Ihr Magen wälzte sich um und ein Knoten formte sich in ihrer Kehle. Sie zerknüllte das Pergament in ihrer Faust, bevor sie ihn wütend anstarrte. »Das können Sie nicht. Das ist nichts anderes als ein Trick. Papa hat die Grundschuld vor Jahren abbezahlt.«
»Ich kann und ich werde.«
Etwas Unheilvolles flackerte in seinen Augen. Sein gefühlloser Blick schickte einen Schauer durch ihre Blutbahn.
»Erlaube es diesem Unmensch nicht deine Hand zu erzwingen, Rose«, sagte Gran, während sie ihre Augen betupfte. »Alles wird in Ordnung sein. Sogar wenn wir das Cottage verlieren, werden wir einen Weg finden.« Gran schüttelte ihren Kopf, wobei sich ein paar Strähnen ergrauenden kastanienbraunen Haars aus ihrem Dutt befreiten.
Oh, wie Rose sich wünschte, dass dem so wäre. Aber das Cottage war alles, was sie von ihrer Kindheit und ihren Eltern noch hatte, nach dem Kutschenunfall, der ihre Leben gefordert hatte. Wie konnte Mr. Wolfe einen Nachweis einer unbezahlten Schuld erlangen, die vor Jahren bereinigt worden war? Sie sog einen Atemzug ein und straffte ihre Schultern.
»Ich werde beweisen, dass dies eine Farce ist. Meine Antwort ist noch immer nein. Ich werde Sie nicht heiraten. Bitte lassen Sie uns in Frieden.«
Als sie sich drehte, um davonzugehen, erfasste er ihren Arm und wirbelte sie zurück, um ihm gegenüberzustehen.
»Das Dokument ist rechtmäßig”, höhnte er. »Dein lieber Vater hat niemals seine Schulden zu Ende bezahlt. Ich besitze dieses Cottage aufgrund des Bruchs dieses Vertrags.« Er trat näher. »Du solltest mir danken, dass ich dich vor dem Schuldgefängnis rette.«
Sie riss ihren Arm los und machte einen Schritt von ihm weg. Sie schaute in seine kalten dunklen Augen und brachte ihren ganzen Mut auf. »Mr. Wolfe, lassen Sie mich deutlich sein. Ich werde Sie niemals heiraten.« Sie wich vor seinem stechenden Blick nicht zurück, richtete sich auf und hob ihr Kinn. »Verlassen Sie unverzüglich mein Zuhause, Mr. Wolfe.« Rose blieb standhaft und kämpfte gegen ihre Tränen. Sie weigerte sich es Mr. Wolfe zu erlauben zu sehen, wie sehr er sie bestürzte.
»Das werde ich gerne tun … sobald du zustimmst meine Ehefrau zu werden.«
Lord Aubry trat hinter ihm auf ihn zu. »Ich bin sicher, dass Miss Woodcourt Sie gebeten hat das Grundstück zu verlassen, Sir.«
Seine volle Stimme legte sich wie ein warmer Schal in einer eisigen Nacht um Rose. Ihre Glieder prickelten als Erwiderung, während sie den Klumpen, der sich ihn ihrer Kehle bildete, herunterschluckte. Sie konnte nicht vor ihnen weinen. Sie würde vor Verlegenheit umkommen, wenn sie das täte.
Ohne den Hohn in seinem Gesicht zu verändern, sprach er zwischen zusammengebissenen Zähnen seine scharfe Erwiderung aus. »Wer sind Sie, um mir Befehle zu geben?« Mr. Wolfe wirbelte herum, um Lord Aubry entgegenzusehen. Seine Schultern sackten zusammen, als er in eine Verbeugung sank. »Vergebt mir, my Lord. Ich fürchte Ihr seid auf eine private Angelegenheit gestoßen und die Gemüter sind erhitzt.« Er richtete sich auf, bevor er Rose über seiner Schulter einen Blick zuwarf, wobei seine Lippen in eine knappe Linie gepresst waren.
Rose schaute Lord Aubry an, der dort mit einem knappen Lächeln stand, dann zurück zu Wolfe. Kalte Furcht rann durch ihre Adern. Wolfe würde Lord Aubrys Einmischung nicht freundlich aufnehmen.
Der Graf trat nach vorne, direkt vor Wolfe, mit gestrafften Schultern und einem gefährlichen finsteren Blick. »Sie werden schauen, dass Sie fortkommen, aber schleunigst.«
Rose starrte die Männer an, ihre Wangen brannten. So sehr sie seine Hilfe auch schätzte, sie würde ihre Kämpfe mit diesem widerwärtigen Charakter lieber privat halten.
»Ja, my Lord. Sogleich.« Wolfe trat um Lord Aubry herum, aber nicht bevor er sie finster ansah. Einen Moment später schlug die Tür zu, was den Boden unter Roses Füßen zum Erzittern brachte. Sie entließ den Atem, den sie angehalten hatte.
»Ich danke Euch, Lord Aubry.« Sie tauchte in einen tiefen Knicks. Dankbarkeit erfüllte sie, aber ihr Magen verknotete sich. Sie wusste, dass Mr. Wolfe nicht einfach aufgeben würde. Und Lord Aubry wäre das nächste Mal wahrscheinlich nicht in der Nähe, wenn sie Rettung nötig hatte.
Rose umklammerte den Beweis in ihrem Pompadour, als sie auf das Büro des Konstablers zu marschierte. Sie hatte letzte Nacht eine verzweifelte Suche durch Papas alte Aufzeichnungen gestartet. Stunden waren damit zugebracht worden staubige Bestandsbücher zu dursuchen, bis sie schließlich das Blatt Pergament fand, das sie benötigte. Rose zog den Beleg heraus und starrte ihn an. Wie es Mr. Wolfe denn geschafft hatte Grundschuldpapiere zu fälschen, ging über ihr Verständnis heraus. Nun ja, bald genug würde sie beweisen, dass Mr. Wolfe der Schwindler war, von dem sie wusste, dass er es war.
Ein Gentleman in einem hohen Hut rauschte an ihr vorbei, als sie nach der Bürotür griff. Ein Windstoß, der durch diese Bewegung geschaffen wurde, haschte den kostbaren Beleg aus ihrer Hand. Das Dokument tanzte auf der Brise, hielt kurz inne, hüpfte dann über den Fußweg. Ihr Puls beschleunigte sich und Rose eilte hinter dem Beleg her. Als sie sich bückte, um ihren Beweis zu ergreifen, haschte ein weiterer Windstoß das Pergament von ihren Fingerspitzen und trug es davon. Es landete auf dem Rand einer Schlammpfütze in der Mitte der geschäftigen Straße. Roses Brust schnürte sich vor Grauen zu. Wenn der Beleg ruiniert wurde, hätte sie nichts, um Mr. Wolfes Lügen zu widerlegen.
Sie kämpfte sich hinter dem kleinen Stück Pergament her, schaffte es danach zu greifen, aber der Wind gab ihm wieder Flügel. Sie schenkte den Menschen, die sich um sie herum bewegten, keine Aufmerksamkeit, als sie sich um diese herumdrückte und verzweifelt versuchte ihren Beweis wiederzuerlangen.
Der Beleg flatterte nochmals herunter und landete in ebendieser Pfütze, vor welcher Rose ihn gerade zu retten versucht hatte. Ihr Herz sank. Sie streckte sich danach aus, ihre Finger strichen über den Beleg, aber zogen sich zurück, als eine Kutsche vorbeiratterte. Nein, nein, nein. Das kann doch nicht geschehen. Wenn sie ihren Beweis verlor, wusste Rose, dass sie auch ihr Cottage verlieren würde. Sie rückte näher an den Bordstein. Während sie das tat, kam ein Pferd mit schnellem Schritt näher. Rose sprang zurück und beobachtete, wie seine Hufe ihre Hoffnung in die schlammige Pfütze trampelte.
Sie ließ sich auf die Knie fallen und griff nach dem verschmutzten Beleg, achtete nicht auf ihre Robe. Bitte lass die Schrift noch immer lesbar sein. Sie beugte sich so weit sie konnte herüber und fischte das Pergament aus dem schlammigen Wasser. Ihr Herz purzelte zu ihren Zehen. Die Tinte war jenseits der Erkennbarkeit verschmiert. Nicht mehr als schwarze Schlieren verblieben. Was sollte sie denn jetzt tun?
»Miss Woodcourt?« Eine tiefe Baritonstimme drang in ihre Gedanken ein.
Sie drehte ihren Kopf und ihr Blick kollidierte mit Lord Aubrys.
Rose nahm die Hand, die er bot, an und erlaubte es ihm sie hochzuziehen. Sie blickte auf das triefende Pergament. »Weg, es ist alles weg.« Ihre Stimme zitterte, als sie seinem fragenden Blick begegnete.
»Was ist weg?«
»Dies! Mein Beweis.« Frustriert ließ sie den nassen, verschmierten Beleg vor ihm baumeln. Ihre weißen Handschuhe waren, davon den Beleg aus der Rinne zu fischen, mit dem schlammigen Straßenwasser verschmiert. Rose kämpfte darum ihre Fassung zu wahren.
»Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht folgen, Miss Woodcourt.” Sorge blitzte in seinen blauen Augen auf.
Sie nahm einen tiefen Atemzug und straffte ihre Schultern, entschlossen ruhig zu bleiben. »Es war der Beleg, der beweist, dass Papa die Grundschuld, die er Mr. Wolfes Vater schuldete, tatsächlich abbezahlt hatte. Ich beabsichtigte den Beweis zum Konstabler zu bringen. Nun habe ich nichts.« Rose kämpfte gegen die aufsteigende Panik an, ihre freie Hand ballte sich zur Faust und stieß in ihren Rock.
»Sie könnten noch immer die Bow Street Runners1 anheuern, um zu ermitteln.« Er studierte sie, sein Blick wurde weicher.
Etwas an der Art, wie er ihr Gesicht absuchte, wärmte sie tief im Inneren. »Das ist keine Option. Ich muss gehen, my Lord.« Sie sank in einen Knicks.
Er erfasste ihren Ellbogen und zog sie auf die Füße. »Bitte sagen Sie, warum ist es keine Option einen Bow Street Runner anzuheuern?« Rose konnte die kleinen Schmetterlinge, die bei seiner Berührung in ihrem Bauch abhoben, nicht ignorieren.
Sie spähte hoch in seinen himmelblauen Blick und nagte an ihrer Lippe. Wie sollte sie gegenüber ihm zugeben, dass sie anzuheuern über ihren finanziellen Mitteln lag? Ohne einen Beweis konnten sie nicht einfach das Fehlverhalten wiedergutmachen. Vielleicht könnte Wolfe verhaftet werden. Nein. Für eine Untersuchung würde sie Münzen herüberreichen müssen, und eine Menge davon. Sie hatte kein zusätzliches Geld. Ganz gleich wie sie versuchte darüber nachzudenken, wie sie ihm antworten sollte, sie konnte einfach nichts erwidern. Sie stand verstummt da, blickte ihn an.
»Beabsichtigen Sie mich zu ignorieren?« Frustration überzog Lord Aubrys Worte. Er löste seinen Griff um sie.
Rose blickte zu ihm hoch. Könnte er helfen? Sie wollte fragen, aber unternahm keinen Versuch zu sprechen.
»Wenn Sie mir sagen, was das Thema ist, wäre ich möglicherweise in der Lage auszuhelfen.« Seine Augen waren mit ihren verschränkt. Seine Stimme war sanft. Eine merkwürdige Empfindung entfaltete sich in ihrer Bauchgegend.
Rose wandte ihren Blick ab, nicht völlig sicher, ob sie wünschte ihre Kämpfe mit ihm zu teilen.
»Wie Sie wünschen”, sagte er. »Behalten Sie für jetzt ihre Geheimnisse für sich, wenn Sie es müssen.«
»Ich kann mir zu dieser Zeit keine Untersuchung leisten und ich wünsche Eure Hilfe nicht.« Ihre Wangen flammten bei dem Zugeständnis auf. »Ich könnte Euch das unmöglich aufbürden.« Ihr Inneres fühlte sich so seltsam an. Warum beeinflusste er sie so?
»Es gibt keine Zumutung. Tatsächlich bestehe ich darauf.« Er streckte grinsend seinen Arm aus. Sein Tagesmantel schmiegte sich an seine Brust, entblößte einen muskulösen Körperbau.
»Das ist äußerst großzügig, aber ich kann es nicht erlauben.« Rose erzwang ein Lächeln.
Mitleid flackerte in seinen Augen, während er ihren Blick hielt,
Wie erniedrigend. Eine Schamesröte breitete sich von ihrer Brust zu ihrem Hals aus. Das Letzte, was sie wollte, war seine Almosenempfängerin zu sein.
»Erlauben Sie mir zumindest Sie nach Hause zu bringen«, bot er an.
Sie ließ ein Lächeln aufblitzen und drehte sich in der Absicht zu gehen um. »Ich kann mich selbst nach Hause bringen. Ich danke Euch.«
Er nahm ihren Ellbogen und drehte sie, so dass sie ihn anblickte. »Unsinn. Es gibt keinen Grund, dass Sie eine Droschke mieten, wenn ich genau hier eine völlig ausreichende Kutsche habe.« Er gestikulierte in Richtung derselben eindrucksvollen Kutsche, die Lady Julia am vorigen Tag an ihre Tür gebracht hatte.
Rose nagte in Gedanken an ihrer Unterlippe. Das Paar teilte sich denselben Nachnamen, aber wie waren sie verwandt? Könnten sie möglicherweise Geschwister oder Cousins sein? Wie dem auch sei, Lady Julia hatte ihn gern. Vielleicht waren nicht alle Lords so abscheulich, wie es Annies Graf gewesen war. Sicherlich würde es keinen Schaden anrichten ihm einfach zu erlauben sie nach Hause zu fahren. »Sehr wohl«, seufzte sie.
Ein Kitzel des Sehnens ging durch sie, als sie ihre Hand unter seinen Oberarm schlang. Sie war sich sicher, dass die Reaktion nichts mit ihrer momentanen Zwangslage zu tun hatte. Hör auf du Einfaltspinsel, er ist ein Lord. Lords umwerben Fräulein ohne Titel nicht. Vielleicht würde sie ihn aus ihrem Kopf bekommen, wenn sie sich das oft genug sagte.
Lord Aubry winkte seinem Fahrer ab. Stattdessen öffnete er die Tür zu seiner Kutsche und zog eine winzige Stufe herunter, damit sie diese benutzen konnte. Er hielt sie fest und half ihr hoch in den schwarz lackierten Landauer, dessen Tür sein Wappen schmückte. Ihr Rock raschelte, als sie sich auf den dick gepolsterten Ledersitz setzte. Sie war noch nie in einem solch feinen Gefährt gewesen.
Das schiefe Grinsen, das er ihr zeigte, brachte ihr Herz zum Flattern. Sie lächelte zurück, bevor sie ihren Blick abwandte. Es ginge nicht an, dass er sah, wie tief er sie traf. Außerdem wurde ihr Denken benebelt, während sie ihn anschaute. Sie musste sich auf das Problem mit Mr. Wolfe konzentrieren. Es musste einen Weg geben ihn aufzuhalten, ohne sie ins Armenhaus zu schicken. Das musste es einfach.
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Erste professionelle Polizei Londons