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Prolog

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Angeles National Forest ist das Zuhause von gefährlichen Pumas und importierten Jaguaren, die sich in dem riesigen Forst herumtreiben. Manchmal, in klaren Nächten, nehmen ihre Zahlen ein wenig zu, wenn die Wer-Tiere, oder Formwandler, wie sie im Volksmund bekannt sind, mit ihren entfernten Verwandten durch das ungezähmte Land streifen. Es sind diese Nächte, wo die echten Tiere sich in ihren Bauen verstecken, während die Raubtiere aus der Stadt ihr Territorium lang genug belagern, um zu jagen, oder seltener, um Kämpfe auszutragen, die im Gebiet der Menschen nicht ausgefochten werden können.

Es gibt nichts Wilderes, als wenn diese Formwandler kämpfen, und wenn einer von ihnen verletzt wird, dann werden sie für Menschen ebenso gefährlich wie für ihre tierischen Pendants. Um die Menschen, unter denen sie leben, zu schützen, werden Auseinandersetzungen zwischen Formwandlern wann immer möglich außerhalb der Reichweite dieser Menschen ausgetragen, und der beste Ort dafür ist tief in ihren ursprünglichen Jagdgründen.

Heute Nacht wurde der Forst gespenstisch still, als die beiden Besitzer des größten Nachtclubs der Stadt den Urwald betreten und sich ihrer Kleider entledigen, um die Bestien in ihrem Inneren freizulassen. Heute Nacht gingen sie auf Jagd nach dem Grab eines Vampirs, der sie beide zerstören könnte.

Tief im Wald, wo keine Menschen sie hören konnten, sprintete Malachi, der Anführer eines kleinen Jaguar-Klans, durch die Dunkelheit auf seinen Gegner zu… einen Mann, dem er nie mehr vertrauen hätte sollen als seinem besten Freund. Sein Ziel war ein anderer Formwandler, dieser mit Pumablut in seinen Adern, Nathaniel Wilder… sein Geschäftspartner seit 30 Jahren.

Malachi brach durch den Wald und kam auf die Lichtung, wo er Nathaniel in menschlicher Gestalt auf ihn wartend vorfand. Als er ein paar Schritte vorwärts machte, war es, als würde er in eine andere Gestalt gehen, als Malachi sich wieder in seine menschliche Form verwandelte. Sie beide waren tödlich, egal in welche Gestalt sie sich verwandelten. Als Menschen waren sie beide athletisch mit Muskeln wie Stahl, die unter ihrer weichen Haut angespannt waren. Formwandler altern nur langsam, und so sahen beide Männer aus wie Mitte dreißig, obwohl sie die fünfzig schon weit hinter sich gelassen hatten.

Wenn dies ein Hollywood-Film gewesen wäre, hätte es mehrere Minuten gebraucht, um dies grundlegend zu ändern, aber es war die Wirklichkeit und es gab auf der Lichtung keine sabbernden Monster. Nacktheit hatte für einen Formwandler keine Bedeutung und der Mond leuchtete wie ein Scheinwerfer durch ein Loch in den Gewitterwolken über ihnen.

„Es braucht nicht so weit zu kommen“, sagte Nathaniel während er hoch aufgerichtet dastand und versuchte, seinen Freund zur Vernunft zu bringen. „Hör mir zu! Es war vor dreißig Jahren, und die Dinge haben sich verändert… ich habe mich verändert.“

„Lügen von dreißig Jahren!“, donnerte Malachi, wobei seine Stimme über die ganze Lichtung schallte. Sein Blick wanderte zu dem Punkt, wo er Kane beerdigt hatte, und er fühlte, wie das Stechen von Feuchtigkeit sich in seinen Augen sammelte. „Wegen dir habe ich Kane im Dreck eingegraben… wegen dir habe ich ihn dreißig Jahre lang im Stich gelassen.“

„Ich kann nicht zulassen, dass du ihn ausgräbst, Malachi! Du weißt, was geschehen wird, wenn du es machst.“ Nathaniel beobachtete Malachi nervös, wie dieser sehnsüchtig auf das Grab des Mannes, der einst sein bester Freund gewesen war, schielte. Er hatte es nie verstanden. Kane war ein Vampir und gefährlich.

Kane war außerdem eines der beiden Dinge gewesen, die einer Partnerschaft zwischen den Jaguaren und den Pumas im Weg gestanden hatten… Kane und Malachis schöne, hinterlistige, fremdgehende Frau Carlotta. Nathaniel hatte sie zuerst geliebt. Er hatte nicht gewollt, dass es so kommen würde. Schlussendlich hatte Nathaniel das Problem in einem eifersüchtigen Wutausbruch gelöst… wobei er zwei Fliegen auf einen wilden Schlag tötete.

„Er war mein bester Freund, und er hat mich nie betrogen! Du warst derjenige, der mir in den Rücken gefallen ist!“ Malachi blinzelte die Tränen seiner Wut weg, als er seine Hand hob und den Ohrring, den er trug, berührte… Kanes Ohrring. Was hatte er getan? Als er Kane gefunden hatte, wie er sich über seine tote Frau gebeugt hatte, hatte er verwirrt inne gehalten, bis Nathaniel bestätigt hatte, dass Kane der Mörder war.

Sie war genau hier auf diesem Feld gestorben, also hatte er es für richtig gehalten, Kane an dieses Land zu binden… in diesem Boden einzuschließen. Er hatte sogar Kanes Zauberspruchbuch gestohlen und es zur Rache gegen ihn verwendet.

Ja, in einer Sache hatte Nathaniel recht. Die meisten Vampire waren böse, aber es gab einige Ausnahmen, und Kane war eine davon gewesen. Aber nichts war schlimmer, als das, was er selbst getan hatte. Dieser Zauber konnte nur durch Kanes Seelenfreundin rückgängig gemacht werden.

Malachi hatte damals gedacht, dass das lustig war, denn Kane war alterslos gewesen, und hatte doch noch nie eine Seelenfreundin getroffen. In der Vergangenheit hatten er und Kane oft Scherze darüber gemacht, dass so eine Frau nie geboren werden würde. In seinem Kopf blitzten Erinnerungen von Kanes Lächeln auf, als er gesagt hatte: 'Gott müsste Sinn für Humor haben, um jemals eine Frau zu erschaffen, die sich mit mir und einigen meiner Angewohnheiten abgeben würde.'

„Er ist schon zu lange da unten“, warnte Nathaniel. „Mit dieser Art von Blutdurst und Verrücktheit, von der er besessen ist… wenn du Kane jetzt befreist, wird er uns nur töten.“

Malachis Kopf hob sich ruckartig und er starrte böse auf Nathaniel. „Er wird nur mich umbringen müssen, denn du wirst schon tot sein.“

Nachdem die Drohung ausgesprochen war, nahmen beide Männer wieder ihre tierische Gestalt an.

*****

Am Rande des Campingplatzes, der dem riesigen Wildtierpark am nächsten war, saß Tabatha King, oder Tabby, wie sie alle zu nennen schienen, auf den Stufen des großen Wohnwagens ihrer Eltern und schaute hinauf in die Sterne, die durch die dicken Wolken blinzelten. Sie blies sich ihre Stirnfransen aus ihren Augen, froh darüber, dass es endlich aufgehört hatte zu regnen.

Es war das erste Mal, dass sie Campen war, und das Allerletzte, was sie wollte, war, die ganze Zeit im Wohnmobil eingeschlossen zu sein. Sie war so aufgeregt gewesen, über den Ausflug, und sie hatte sich sogar noch mehr gefreut, als ihre Eltern erlaubt hatten, dass sie den kleinen Familienhund Scrappy mitbringen konnte. Es hatte lange gedauert, aber nach viel Bitten und Betteln, und nachdem sie versprochen hatte, sie würde sich um ihren kleinen besten Freund, einen kleinen Yorkshire Terrier-Welpen, kümmern, hatte sie ihre zögernden Eltern endlich überzeugen können.

Scrappy war gerade damit beschäftigt, die Dunkelheit zu verbellen, wobei er an seiner Leine zerrte und wartete, dass er die Schatten jagen durfte, die seine Aufmerksamkeit erregt hatten. Das kleine Mädchen schrie leise auf, als Scrappy sich plötzlich von seiner Leine losriss und weglief. Sie stand von den Metallstufen auf, als der Welpe durch ein kleines Loch in dem Zaun, der den Campingplatz vom Wildtierpark trennte, kroch.

„Scrappy, nein!“, rief Tabby und rannte hinter dem Hund her. Ihre Eltern hatten darauf vertraut, dass sie ihn nicht verlieren würde. Am Zaun stehenbleibend atmete sie unsicher ein, als sie hinaus in die Dunkelheit der Bäume blickte. „Ich bin kein Feigling.“ Sie biss entschlossen auf ihre Unterlippe, ehe sie auf ihre Knie sank, um die Öffnung im Zaun zu inspizieren.

Mit nur wenigen Kratzern schaffte sie es, sich durch dasselbe Loch zu zwängen und rannte davon in den Wald, wobei sie dem Geräusch von entferntem Hundegebell folgte. „Du wirst mich noch in Schwierigkeiten bringen“, flüsterte sie rau, dann begann sie, mit ihrer Zunge zu schnalzen, wissend, dass der Welpe oft auf dieses Geräusch reagierte.

„Tabby, wo bist du?“

Hinter sich hörte Tabatha ihre Mutter rufen, aber sie war mehr darauf konzentriert, ihren Hund zurück zum Campingplatz zu bringen. Scrappy war ihr Hund, und sie musste auf ihn Acht geben. Also, anstatt ihrer Mutter zu antworten oder nach dem Welpen zu rufen, schwieg sie und folgte dem Geräusch von Scrappys schrillem Gebell.

Es dauerte nicht lange, dann musste Tabatha kurz stehenbleiben, um wieder zu Atem zu kommen. Sie lehnte sich mit dem Rücken an einen Baum und stützte ihre Hände auf ihre schmutzigen Knie, schwer atmend lauschte sie den Geräuschen des Waldes. Sie hatte schon immer einmal mitten im Wald stehen wollen, und einfach zuhören, so wie die Indianer das in Fernsehfilmen machten.

Die Regenwolken, die sich für kurze Zeit geöffnet hatten, kamen wieder zurück und das helle Mondlicht verschwand plötzlich. Ihre Augen weiteten sich, als sie erkannte, dass sie die Lichter des Campingplatzes nicht mehr sehen konnte.

Sie machte einen zögerlichen Schritt nach vorne und blickte wild um sich, aber alles, was sie sehen konnte, waren Dunkelheit, kaum erkennbare Baumstämme und noch dunklere Schatten. Sie winselte leise, als etwas in der Ferne hinter ihr knurrte. Sie entschied, dass ihr jene Richtung nicht gefiel und rannte in die entgegengesetzte Richtung, ohne sich noch einmal umzusehen.

Nach einiger Zeit, die ihr wie eine Ewigkeit erschien, hörte sie Scrappy wieder bellen und lief in diese Richtung, hoffend, dass, was auch immer geknurrt hatte, sie nicht verfolgte. Sie hörte ein weiteres Knurren, aber diesmal kam es von irgendwo vor ihr.

Indem sie ihre Fersen in den Boden stemmte, versuchte sie, stehenzubleiben, aber durch den Regen war der Waldboden bedeckt mit feuchtem Laub und Schlamm. Anstatt stehenzubleiben, rutschte sie sogar noch weiter zur Seite, ehe sie über eine kleine Anhöhe hinunter kullerte.

Die Luft blieb ihr weg, als ihr Körper einen Baum traf, der ihre Rutschpartie beendete. Das Erste, was ihr auffiel, nachdem sie wieder zu Atem gekommen war, war, dass Scrappy nicht mehr bellte. Sie hörte wieder das Knurren und begann, den Hügel wieder hoch zu krabbeln, als sie ein leises Winseln hörte. Sie drückte sich hoch auf ihre Knie, schielte über den Baumstamm und sah eine kleine Lichtung, auf die der Mond gerade herunter leuchtete.

Gleich dort, in der Mitte war Scrappy und winselte so, als wäre er gerade von dem Hund zu Hause, am Ende der Straße, verprügelt worden. Der Welpe lag flach am Boden und krabbelte rückwärts. Tabathas blaue Augen wurden groß, als sie sah wieso. Zwei Tiere kamen auf der Lichtung langsam aufeinander zu und Scrappy befand sich genau in der Mitte zwischen ihnen.

„Dummkopf“, zischte Tabby leise.

Sie erkannte die Tiere von Bildern, die ihr Vater ihr gezeigt hatte, bevor sie auf Urlaub fuhren. Eines war ein Puma, und das andere erkannte sie vom Fernsehen… ein Jaguar. Sie liebte es, Tiersendungen zu sehen, und sie war nicht so empfindlich wie ihre Mutter, wenn die Tiere im Fernsehen einander angriffen. Aber das hier war anders… es war echt und es war etwas beängstigend.

Sie waren Katzen, die dich fressen konnten, und große noch dazu. Die eleganten Tiere umkreisten einander, während sie tief in ihren Kehlen knurrten, ihre Augen glänzten wie goldene Medaillons. Die tödlichen Geräusche wurden vom leichten Wind zu Tabatha geweht, die mit nervöser Ehrfurcht zusah.

„Komm schon, Scrappy“, flüsterte sie, hoffend, dass die riesigen Katzen sie nicht hören würden. „Komm her bevor einer von ihnen auf dich tritt.“ Sie wollte eigentlich 'dich frisst' sagen, aber sie wollte den armen Welpen nicht noch mehr verängstigen, als er es ohnehin schon war.

Die Katzen schrien plötzlich, sodass Tabatha sich mit den Händen die Ohren zuhielt, weil es so laut war und so beängstigend klang. Sie rannten mit atemberaubender Geschwindigkeit über die Lichtung, sodass Scrappy seinen Schwanz zwischen die Beine einzog und vor Angst kreischte.

Als sie den traumatisierten Welpen so sah, kletterte Tabatha über den Baum und rannte so schnell sie konnte zu Scrappy. Sie war Scrappy näher als die Katzen und warf sich auf ihn, sodass sie seinen kleinen Körper mit ihrem bedeckte, gerade als die beiden Tiere nach vorn sprangen, und in der Luft genau über ihr aufeinander prallten.

„Bitte, verletzt meinen Hund nicht!“, schrie sie.

Sie schrie noch einmal auf, als scharfe Krallen ihren Arm zerkratzten, und weitere Krallen über ihren Rücken streiften. Die Katzen fielen mit einem markerschütternden Krachen auf den Boden direkt hinter ihr, knurrten und schrien einander an. Sie blieb über Scrappy gekauert, der noch immer zitterte und leise winselte, wagte es nicht, sich nach den Tieren umzusehen, die nur einen Meter hinter ihr kämpften.

Tabatha hatte Angst sich zu bewegen und hielt den Hund so fest sie konnte in ihren Armen. Ihre Augenlider waren aufeinander gepresst und sie begann Scrappy zuzuflüstern, dass er laufen und Hilfe holen sollte, wenn eine der Katzen auch sie erwischte. Etwas feuchtes Warmes platschte auf ihren Rücken, aber sie bewegte sich noch immer nicht. Schließlich endete der Kampf und sie wagte es, über ihre Schulter zu schielen.

Sie begann zu zittern und zu weinen, als sie zwei Männer hinter ihr liegen sah, über und über mit Blut verschmiert. Tabatha kam langsam auf ihre Knie hoch, Scrappy in ihren Armen, und begann sich rückwärts von ihnen zu entfernen. Wo waren der Puma und der Jaguar hin? Hatten sie die Männer angegriffen und waren dann weggerannt? Wieso hatten die Männer keine Kleider an?

Nathaniel öffnete plötzlich seine Augen und fletschte sehr scharfe Zähne in ihre Richtung.

Tabatha stolperte rückwärts und wäre beinahe umgefallen, aber konnte gerade noch ihr Gleichgewicht wiederfinden. Scrappy kreischte wieder, als das Knurren des Mannes so klang, wie das eines Pumas, und riss sich aus Tabbys Armen los. Er rannte weg in den Wald, bellend vor Angst.

Malachi zuckte während Blut aus seiner Brust strömte. Er öffnete den Mund und knurrte ein Wort in die Richtung des kleinen Mädchens.

„Lauf!“ Seine Stimme verendete mit dem ohrenbetäubenden Schrei eines Jaguars.

Tabatha ließ sich das nicht zweimal sagen. Sie drehte sich um und rannte von der Lichtung weg, ohne sich noch einmal umzusehen. Es war ihr egal, wohin sie ging, sie wollte nur weg von dem fürchterlichen, blutverschmierten Mann.

*****

„Danke, und hier sind die Lokalnachrichten. Heute Abend hatte eine Familie Grund zum Feiern. Ihre Tochter, Tabatha, konnte endlich ziellos durch den Angeles National Forest wandernd gefunden werden, nachdem sie vor drei Tagen von einem Campingplatz nahe des Crystal Lake verschwunden war, um ihren Hund zu suchen. Scheinbar hatte sich der Hund von der Leine losgerissen und war in den Wald gerannt. Die Siebenjährige verfolgte den Hund mutig und konnte bis heute Vormittag nicht gefunden werden. Leider fehlt von dem Hund immer noch jede Spur. Laut offiziellen Angaben befindet sie sich im Bezirkskrankenhaus und erholt sich von ihrem Schock, da es scheint, dass sie den Angriff eines Pumas überstanden hat. Die kleine Tabatha erzählte den Park-Rangern immer wieder von zwei verletzten Männern im Wald, aber eine gründliche Suche auf einer Fläche von fünftausend Quadratkilometern blieb erfolglos. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten.“

Moon Dance

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