Читать книгу Moon Dance - Amy Blankenship, Amy Blankenship - Страница 5

Kapitel 1

Оглавление

10 Jahre später…

Laute Musik schallte rhythmisch aus dem Club, sein großes, violettes, Neon-beleuchtetes Reklameschild wechselte die Farben synchron mit dem Rhythmus. Das Licht warf einen gespenstischen Schein auf das Gebäude gegenüber. Am Dach jenes Gebäudes stand ein Mann mit kurzem, hellblondem Haar mit einem Fuß an der Kante. Er beugte sich nach vorne, einen Ellbogen auf sein angewinkeltes Knie gestützt, während er eine Zigarette rauchte.

Kane Tripp senkte seinen Kopf leicht und fuhr mit der Hand durch die kurze Igelfrisur. Es hatte ihn geschmerzt, es abzuschneiden, er vermisste sein langes Haar noch immer. Er konnte sich noch an das seidige Gefühl erinnern, wenn es seinen Unterrücken streichelte. Er hob die Zigarette zu seinen Lippen hoch und nahm einen tiefen Zug, wissend, dass er eine Menge Dinge vermisste, wie die Zigaretten, die er früher geraucht hatte, bevor er lebendig begraben und wie tot zurückgelassen worden war.

Vor vierzig langen Jahren war er unvorbereitet auf Malachi, den Anführer des Jaguar-Klans getroffen, und beschuldigt worden, die Partnerin des Formwandlers ermordet zu haben. Vor jener Nacht hatte Kane sich mit den Jaguaren gut verstanden, und ihr Anführer war einer seiner besten Freunde gewesen. Kanes Lippen wurden schmal, als er daran dachte. Malachi hatte ihn angeklagt, über ihn gerichtet und das Urteil vollstreckt, alles in einem großen Wutausbruch.

Mit einem Zauber aus dem Buch, von dem Kane gedacht hatte, dass er es so sorgfältig versteckt gehabt hatte, hatte Malachi ihn mit einem Fluch gefesselt, der es ihm unmöglich machte, sich zu bewegen oder zu sprechen… ihn unfähig machte, sich zu verteidigen. Dann hatte er Kanes Blutstein-Ohrring weggenommen, der es ihm ermöglichte, sich im Tageslicht zu bewegen. Die Blutsteine hatten einst dem ersten Vampir, Syn, gehört.

Kane hatte einmal gefragt, wie es einen ersten Vampir geben konnte, und die Antwort hatte ihn überrascht.

Syn war alleine in diese Welt gekommen, verletzt und am Verhungern. Ein junger Mann hatte ihn gefunden, und da er schon fast verhungert war, hatte Syn sein Blut genommen. Der Vampir hatte schnell gelernt, dass die Menschen in dieser Welt sehr zerbrechliche Kreaturen waren, deren Seele sie verlassen würde, wenn er sein Blut teilte, in der Hoffnung auf diesem Planeten eine Familie zu gründen. Aber wenn ihre Seelen einmal weg waren, waren sie für ihn nutzlos und wenig mehr als Monster.

Während seines endlosen Lebens hatte Syn nur drei solche Menschen gefunden, die ihre Seele behalten hatten… seine Kinder geworden waren. Der einzige Unterschied war, dass, als sie erst einmal verwandelt worden waren, die Sonne sie verbrennen würde… sodass sie, und ihre Monster-Geschwister, sich vor dem Tageslicht verstecken mussten. Auf Syns Planeten war das wegen dem Blutstein nie ein Problem gewesen.

Die breiten Armbänder, die Syn getragen hatte, waren von seiner Welt gekommen, und waren aus dem Blutstein gefertigt. Er schnitt drei Stücke der Armbänder ab und machte damit einen Ring, eine Halskette und einen einzelnen Ohrring. Kane hob wieder die Hand und berührte den Ohrring, den er trug.

Während der Blutstein ihm ein halbwegs normales Leben ermöglicht hatte… war es Syns Zauberspruchbuch gewesen, das Kanes Niedergang bedeutet hatte. Syn hatte es seinem Auserwählten überlassen, um weise verwendet zu werden, während er schlief. Darin fand sich der Zauber für den Fluch, mit dem seelenlose Kinder außer Gefecht gesetzt werden konnten, wenn sie zu einem zu großen Risiko für die Menschen wurden.

Als der Zauber ihm selbst auferlegt worden war, konnte Kane nur zusehen und mit dunklen, regungslosen Augen seinen einstigen Freund betrachten, wie er die schwarze Erde mit dem Spaten auf ihn warf. Das Letzte, was er gesehen hatte, war der Anblick des Sternenhimmels über dem Wald.

Die Dunkelheit hatte alles eingehüllt und es war so still gewesen. Der Fluch hielt ihn bewegungslos, aber er konnte Dinge fühlen, die in der Erde über ihn krabbelten. Winzige, sterbliche Kreaturen, die es nicht wagten, sein untotes Fleisch zu fressen, aber unwissend an seiner Seele nagten.

Als die Zeit verging, war er sicher geworden, dass er verrückt geworden war, und dann hatte er begonnen, immer wieder Geräusche zu hören… Stimmen. Er hatte sich darüber in seinem Gefängnis gefreut, und er hatte sich danach gesehnt, mehr zu hören. Manchmal hörte er ganze Familien, andere Male hörte er nur Erwachsene.

Manchmal hatte er versucht, sich gegen den Fluch zu wehren, nach Hilfe zu rufen oder auch einfach mit sich selbst zu reden. Der Zauber hielt ihn fest, machte ihn völlig hilflos. Er kannte den Zauber… er hatte ihn an Monstern verwendet. Es war ein komplexes Stück Magie, das des Blutes eines Geliebten bedurfte, um ihn zu befreien. Ein Liebeszauber, der so stark war, dass nur die Seelenfreundin des Opfers ihn brechen konnte.

An den seelenlosen Vampiren hatte es immer funktioniert, denn man musste eine Seele haben, um eine Seelenfreundin zu rufen. Er hatte den Zauber mehr als nur einmal verwendet, um die Welt von seinen dämonischen, mordenden Geschwistern zu befreien, die nur ihren Blutdurst kannten.

Kane lachte boshaft über die unvergessliche Erinnerung, zu wissen, dass er dem Schicksal ausgeliefert war… denn er hatte keine Seelenfreundin. Zumindest hatte er ein solches Wunder nie getroffen. Und wenn er eine hatte, dann war es unwahrscheinlich, dass sie einfach zufällig über sein Grab stolperte, und dabei noch blutete. Malachi war am Boden zerstört gewesen… er hatte seine Frau so sehr geliebt, dass er wollte, dass Kane die Tiefe einer solchen Liebe kennenlernte, und sich danach sehnte.

Und wie er sich danach gesehnt hatte. Oft hatte er Tränen vergossen, jeden Gott, der ihm zuhören wollte, angefleht, seine Seelenfreundin zu ihm zu bringen, damit er seine Freiheit wiedererlangen konnte. Wenn er wirklich die Frau seines Freundes ermordet hätte, dann wäre es eine gerechte Strafe gewesen. Aber er hatte sich einer solchen Tat nicht schuldig gemacht.

Eines Nachts, lange nachdem er jede Hoffnung aufgegeben hatte… hatte er es gehört. Das eindeutige Geräusch von Malachis Brüllen unterbrach seinen wahnsinnigen inneren Monolog, begleitet von einem weiteren tierischen Wutgeschrei. Dann, zu seinem Schrecken, hatte er die Stimme eines kleinen Mädchens direkt über ihm gehört, die schrie, dass sie ihren Welpen nicht verletzen sollten.

Der Laut ihrer leisen, ängstlichen Stimme hatte etwas in ihm berührt, sodass er sich danach sehnte, frei zu sein, damit er das Mädchen vor dem Monster der Nacht beschützen konnte.

'Malachi wird deinen Welpen nicht verletzen, Kleines“, hatte Kane in Gedanken geflüstert.

Und es war wahr. Malachi würde niemanden verletzen, außer wenn man ihm auf irgendeine Art ein schweres Leid antat… besonders nicht ein Kind. Mit dem Wissen, dass sein Freund irgendwo über ihm gewesen war, hatte Kane einen Funken Leben in sich zurückkehren gefühlt. Er war wütend geworden, als das Mädchen noch einmal geschrien hatte und er gehört hatte, wie etwas schwer am Boden gelandet war. Blut… er hatte frisch vergossenes Blut gerochen, das durch die weiche Erde auf ihn zu gesickert war.

Es war das Schönste gewesen, was ihm je zugestoßen war. Der Geruch war in seine Gedanken eingedrungen und hatte ihn beinahe noch mehr um den Verstand gebracht, da er gewusst hatte, dass er nicht danach greifen konnte. Er war so schwach gewesen dadurch, dass er so viel Zeit ohne auch nur einmal zu trinken verbracht hatte… verdurstend doch ohne je zu sterben. In jenem Moment hatte er gefühlt, wie einer seiner Finger zuckte.

Kane hatte sich darauf konzentriert und alles, was noch von seinem Verstand übrig war, darauf gerichtet, sich zu bewegen. Er hatte gefühlt, wie die Tage vergingen, urteilend nach der Wärme, die er vom Boden über ihm gefühlt hatte. Der Geruch des Blutes hatte ihn inzwischen umgeben und hatte ihn vorwärts getrieben. Schließlich hatte er es geschafft, langsam seine Arme zu bewegen und mit dem langwierigen Prozess, sich selbst aus seinem eigenen Grab auszugraben, begonnen.

Weitere Tage waren vergangen, und als seine Hand endlich zur Oberfläche durchgestoßen war, hatte er buchstäblich Freudentränen vergossen. Nachdem er sich aus dem Dreck gezogen hatte, hatte Kane seine Augen geöffnet und nach oben gestarrt, lachend wie ein Wahnsinniger, als er den schwarzen Himmel und die Sterne über sich erblickte. Als er wieder zurück zum Boden gesehen hatte, hatte er ein Stück Stoff gesehen, auf dem kleine Bluttropfen eingetrocknet waren. Er hatte es hoch zu seiner Nase gehoben und genüsslich den Geruch des Blutes eingeatmet, das ihn befreit hatte.

Das Erinnerungsstück an seine Retterin fest mit den Fingern umklammert, hatte er den Rest seines Körpers aus dem Boden gewuchtet. Malachi und der Formwandler, der der wahre Mörder der Frau des Jaguars war, hatten tot wenige Meter von seinem Grab entfernt gelegen.

Als er an ihnen vorbei in den Wald hinein geschaut hatte, hatte er gewusst, dass das Mädchen längst weg war, aber Kane war überzeugt davon gewesen, dass das Kind seine Seelenfreundin war. Wer sonst hätte den Fluch brechen können, den Malachi ihm auferlegt hatte?

Zu schwach um sich auf die Suche nach dem Mädchen zu machen, war Kane hinüber zu Malachi gekrabbelt und hatte scheinbar die Wange des Mannes sanft gestreichelt. Als er sein Gesicht zu ihm herum gedreht hatte, hatte Kane vor Verwirrung zischend ausgeatmet. Malachi hatte seinen Blutstein-Ohrring getragen. Seinen Ohrring!

In einem Augenblick der Rage und mit einer Bewegung, die zu schnell war, um sie zu erkennen, war Kane aufgestanden, den Ohrring fest in der Hand. Während er hinüber geblickt hatte zu Nathaniel, dem Mann, der ihm seinen Mord in die Schuhe geschoben hatte, hatte Kane die Dunkelheit wie einen Mantel um sich gesammelt und war in der Schwärze der Nacht verschwunden.

Kane atmete aus und sah zu, wie der Rauch durch die Luft schwebte, sich vor ihm aufspulte, ehe er vom leichten Wind verweht wurde. Er hatte die letzten zehn Jahre damit verbracht, von Land zu Land, von Kontinent zu Kontinent zu reisen und alles in Erfahrung zu bringen, was er in den dreißig Jahren seiner Gefangenschaft verpasst hatte.

Langsam hatte er seine Kraft wieder aufbauen können, angefangen mit einem kleinen Yorkshire Terrier-Welpen, den er in jenem Wald zusammengekauert in einem hohlen Baumstumpf gefunden hatte. Es war jemandes Haustier gewesen, und er hatte sich dafür geschämt, eine solche Sache zu machen, aber die Notwendigkeit, sich zu ernähren, war zu dem Zeitpunkt stärker gewesen als die Reue.

Erst nachdem er getrunken hatte, war ihm klar geworden, dass der Hund dem Kind gehörte, das ihn befreit hatte. Nachdem er noch immer einen kleinen Lebensfunken in dem kleinen Fellknäuel gefühlt hatte, hatte er das Dümmste getan. Indem er sich selbst in sein Handgelenk biss, förderte er ein paar Bluttropfen zu Tage und ließ sie auf dessen rosa Zunge fallen, dann legte er den Welpen auf den Boden und fragte sich, was zum Teufel er eigentlich machte. Es konnte nie funktionieren… oder?

Sie hatte ihn zweimal gerettet, und wusste es nicht einmal. Die Erinnerung an ihre verängstigte Stimme konnte ihn aus dem tiefsten Schlaf reißen. Er wünschte sich, dass er sie gesehen hätte… Nur ein einziges Bild, das zu der Stimme gehörte, die ihn verfolgte.

Er griff in seine Hosentasche und zog das kleine Halsband heraus, starrte auf die knochenförmige Marke, die daran hing. Er wusste den Namen der Familie, aber die Adresse darauf stimmte nicht mehr… schon seit Jahren. Als er endlich gelernt hatte, Computer zu verwenden, hatte er sie gesucht, aber die Eltern des Mädchens waren tot und das Haus war verkauft worden. Die Tochter, von der er sicher war, dass sie diejenige war, die ihn befreit hatte, war spurlos verschwunden.

Kane warf seine Zigarette neben seinen linken Fuß und trat sie aus. Nachdem er nach Los Angeles zurückgekehrt war, war er sofort zu dem Club gegangen, den Malachi einst besessen und wo er gelebt hatte, nur um herauszufinden, dass er verkauft worden war, und seine Kinder umgezogen waren. Das neue Lokal war früher nur eine verlassene Lagerhalle gewesen, aber die Jaguare hatten sie kürzlich renoviert und in einen modernen Nachtclub umgebaut. Malachis Kinder leiteten den Betrieb jetzt.

Er schüttelte den Kopf und fragte sich, wie Malachi sich selbst dazu bringen hatte können, noch einmal zu heiraten, denn er wusste, wie sehr Malachi seine erste Frau geliebt hatte. Sie war seine Seelenfreundin gewesen und obwohl Formwandler für ihre sexuellen Gelüste bekannt waren, war es beinahe unmöglich, dass sie eine andere lieben konnten, nachdem sie einmal ihre Seelenfreundin gefunden hatten.

Als Kane es nachgeforscht hatte, hatte er gesehen, dass Malachis neue Frau ihm vier Kinder geboren hatte, und dann bei der Geburt ihres jüngsten Sohns, Nick, gestorben war.

Malachi war in der Nacht gestorben, als er von unter der Erde sein Brüllen gehört hatte, aber Kane fühlte immer noch Rachegelüste, die an ihm nagten. Fast alle Vampire werden aus der Dunkelheit geboren, und vielleicht hatte Syn falsch gelegen, als er dachte, dass er so anders war als seine bösen Geschwister. Vielleicht war durch dreißig Jahre lang den Verstand verlieren so viel Schaden angerichtet worden, dass er nun auch keine Ausnahme mehr war. Sein Geist war noch immer an dem dunklen Ort, wo Malachi ihn hingebracht hatte.

Was Kane betraf, waren es die Jaguare gewesen, die zuerst mit dem Blutvergießen begonnen hatten. Jetzt war er zurück, um ihnen den Gefallen zurückzuzahlen… der gesamten, verdammten Rasse der Formwandler, und beginnen wollte er mit Malachis Kindern. Oh, aber damit würde er nicht enden. Danach würden die Kinder von dem Formwandler kommen, der ihn falsch beschuldigt hatte… Nathaniel Wilder.

Anhänger hinter sich zu versammeln, die ihm Blut lieferten, war nicht schwer gewesen. Kane war noch immer überrascht über die ganze Untergrund-Gothic-Szene in der Innenstadt. Viele von ihnen träumten nur davon, zu sein, was er war… ein echter Vampir anstelle eines Gothic Möchtegern.

Alles, was er tun hatte müssen, war, einen zu verwandeln und seinen seelenlosen Untertanen dann sich selbst zu überlassen. Er hatte sich für den Gefährlichsten der Gruppe entschieden… denjenigen, der seine Seele scheinbar schon an die Dunkelheit verloren hatte. Raven, ein Gauner, der als Mensch schon fast psychopathisch gewesen war… ein Ausgestoßener der Gothic-Szene, der schon nach Blut lechzte, lange bevor er es wirklich brauchte.

Raven war die einzige Person, der Kane je von den Formwandlern, die ihm in den Rücken gefallen waren, ihm die Schuld für etwas in die Schuhe geschoben hatten, was er nicht getan hatte, und ihn dann lebendig begraben hatten, erzählt hatte. Er wusste nicht, wieso er es Raven erzählt hatte… aus Langeweile vielleicht.

Kane hatte den Gauner auf die Stadt losgelassen. Raven war schon, bevor er als Kind der Nacht wiedergeboren worden war, wütend gewesen und nun hatte Kane ihm ein Ventil für diese Wut gegeben. Raven hatte es sich selbst zur Aufgabe gemacht, in Kanes Namen Rache zu üben und der seelenlose Vampir nutzte seine neuen Fähigkeiten in vollem Ausmaß.

Er hatte sich nicht damit bemüht, Raven davon abzubringen, denn es passte perfekt zu seinen Plänen, wie er den Rest der Malachi-Familie stürzen wollte. Wieso sollte er die Formwandler vor Raven schützen? Den einzigen Hinweis, dem er ihm hilfreich angeboten hatte, war, dass er keine Menschen töten musste, um sich zu ernähren, dass er überhaupt keinen Schaden anzurichten brauchte, wenn er es nicht wollte. Es war nicht seine Schuld, dass Raven sich entschieden hatte, trotzdem zu morden.

Das erste Mal, wo Raven einen Mord begangen hatte, war das einzige Mal gewesen, dass Kane eingeschritten war, um den Jungen abzufangen, ehe er den Toten mit den deutlichen Vampir-Spuren im Blickfeld von Menschen liegen lassen konnte. Seine Art geheim zu halten, war für ihn ein Teil seines Selbsterhaltungsinstinkts und er hatte vergessen, dieses Geheimnis mit Raven zu teilen. Kane hatte ihm gezeigt, wie man durch die Wunden, die die Fangzähne hinterließen, schneiden konnte, um es mehr wie einen einfachen, sadistischen Mord aussehen zu lassen.

Raven hatte angefangen, seine Opfer in der Nähe des Moon Dance zu hinterlassen, wo die Polizei sie finden sollte. Das war die perfekte Vorbereitung. Die meisten Vampire waren von sich aus böse, also hatte Kane den Großteil seines untoten Lebens innerhalb der Reichweite von Mördern zugebracht. Diesem Jungen zuzusehen, wie er tötete, erschien ihm nur normal.

Wäre Syn wach gewesen, um die Mordserie mitzuerleben, dann hätte er die Welt von dem Unheil erlöst, indem er Raven getötet oder in ein Grab gefesselt hätte. Jetzt, wo Kane eine solche Bestrafung erlebt hatte, würde er eher den schnellen Tod wählen.

Bevor er verbannt worden war, war er mit einem anderen Vampir befreundet gewesen… Michael. Sie waren länger zusammen gewesen, als sie sich überhaupt erinnern konnten, oder wollten. Sie beide hatten Blutsteine erhalten, da sie ihre Seelen behalten hatten… sie und Michaels Bruder Damon.

Michael war ein guter Mann… immer noch auf der Seite der Engel, wie sie meinten, obwohl er Gerüchte davon gehört hatte, dass Damon eine dunkle Seite entwickelt hatte, und sie an seinem Bruder auslebte. Vielleicht würde er nachher noch bei Damon vorbeischauen und ihm Manieren beibringen, wenn er hier fertig war. Kane wunderte sich über die plötzliche Rivalität zwischen den Brüdern, denn Michael hatte seinen Bruder geliebt… aber die Dinge hatten es in sich, dass sie sich laufend veränderten.

Kane wollte nicht, dass Michael von dem Bösen erfuhr, das das Grab in ihm zurückgelassen hatte. Er hatte in den letzten beiden Wochen einige Zeit damit verbracht, Michael aus der Ferne zu beobachten. Er wusste, dass Michael und der älteste Sohn des Jaguars, Warren, nun Freunde waren… ebenso wie er und Malachi es einst gewesen waren.

Formwandler waren Verräter und Michael musste das erst selbst herausfinden. Indem er die Formwandler aus dem Weg räumte, würde er Michael einen letzten Gefallen tun… um der alten Zeiten Willen.

Kane hob seine Hand und berührte den Ohrring, der den Blutstein enthielt, wissend, dass er ihn immer davon abgehalten hatte, Menschen zu töten. Wenn seine Seele wirklich böse wäre, dann würde die Magie des Blutsteins bei ihm nicht funktionieren. Er hatte sich oft gefragt, wie Malachi diese einfache Tatsache übersehen hatte können… der Beweis für seine Unschuld hatte direkt vor ihm gelegen.

Egal… Er hatte dreißig Jahre in seinem Gefängnis verbracht, als Strafe für eine Tat, die er nicht begangen hatte. „Die Vergeltung wird die Hölle werden, Freunde.“

*****

„Telefonverkäufer?”, fragte Chad, während er versuchte, sein Grinsen zu verbergen, als seine kleine Schwester den Telefonhörer so schwungvoll auflegte, dass der Apparat von der Wand fiel. Er landete mit einem Krachen am Boden.

Envy trat nach dem Telefon und stellte sich vor, dass es der Kopf ihres Freundes war, bevor sie sich an ihren Bruder wandte. „Seid ihr alle solche Mistkerle, oder sind es nur die, mit denen ich ausgehe?“

Chad hob seine Hände als wolle er sich ergeben. „Meiner Meinung nach sind Frauen ebenso schlimm. Aber jetzt beruhig dich und erzähl deinem großen Bruder, was geschehen ist.“

Envy lehnte ihre Stirn an die kühle Wand. Sie weigerte sich, auch nur eine Träne so weit hochsteigen zu lassen, dass sie ihrem Auge entkam. Sie liebte Trevor nicht genug, um um ihn zu weinen, und sie hatte es nun endgültig satt, dass alle Jungs auf die eine oder andere Art unzufriedenstellend waren. „Jason hat gerade angerufen und will mit mir ausgehen. Er dachte, dass ich wieder Single bin, nachdem er Trevor in einem neuen Tanzclub gesehen hat. Er hat mit einem anderen Mädchen rumgemacht, sie auf der Tanzfläche schon quasi vernascht.“

Chad schüttelte seinen Kopf. Er würde kein Mitleid für Trevor haben, wenn seine Schwester ihn noch einmal in die Finger bekommen sollte. „Also wie wär's, wenn wir heute Nacht ausgehen?“ Er hob eine Augenbraue, wollte das um nichts in der Welt verpassen.

Envy lächelte, ihr gefiel die Idee. „Gib mir zehn Minuten, um mich fertig zu machen.“

Chad nickte, setzte sich auf die Armlehne des Sofas und nahm die Fernbedienung um die Nachrichten anzusehen, aber er hörte sowieso nicht zu. Er hatte ohnehin nicht gewollt, dass sie mit Trevor ausging. Er wusste, dass der Junge sich benahm wie ein weit gereister, reicher Vorzugs-Student, nur um alle von seinem wahren Ich abzulenken, aber das bedeutete nicht, dass es ihm gefiel, dass er Envy bezüglich seiner wahren Identität belog. Wollte Trevor mit ihr schlafen, dann musste sie zumindest die Wahrheit darüber wissen, mit wem sie da im Bett war.

Eine Beziehung mit einer Lüge zu beginnen, war nicht der beste Start. Wenn man lügen würde, sollte man sich erst gar nicht darauf einlassen. Er hatte Trevor das letzte Mal, wo er ihn am Polizeirevier gesehen hatte, zur Rede gestellt, und dem verdeckten Ermittler gesagt, dass er Envy entweder die Wahrheit darüber, was er machte, erzählen musste, oder sich von ihr fernhalten. Es war nicht seine Schuld, dass Trevor auf niemanden hörte, außer auf sich selbst.

Es ärgerte ihn, zu denken, dass Trevor Envy vielleicht benutzen könnte, während er in der Club-Szene verdeckte Ermittlungen anstellte. Nachdem sie als Barkeeperin für viele Clubs arbeitete, bekam Trevor die Möglichkeit, in die Gebäude zu kommen, bevor die Lokale öffneten, oder zu bleiben nachdem sie schlossen. Dort zu sein, wenn keine Gäste da waren, ermöglichte es Trevor viel besser herumzuschnüffeln und Envy hatte keinen blassen Schimmer.

Chad weigerte sich, verdeckt zu arbeiten, auch wenn das Spezialeinheiten-Team schon seit einer ganzen Weile versuchte, ihn dazu zu verleiten. Bisher war er aber noch nicht weiter gegangen, als dass er ihr Lieblings-Mann war, wenn sie jemanden rufen mussten, um Türen einzutreten und Leute festzunehmen. Und das war für ihn prima. Er wollte viel lieber den Hintern eines Schurken versohlen, als sich herumzuschleichen, durch Papier zu wühlen und zu quatschen und zu versuchen, bei jemandem Dreck am Stecken zu finden.

Nun, ihr Freund Jason, andererseits, wäre viel besser für eine Beziehung mit Envy geeignet. Sie war mit Jason zur Schule gegangen, aber genau dort lag das Problem. Jason war während der letzten Schuljahre immer in sie verliebt gewesen und hatte so viel Zeit bei ihnen zu Hause verbracht, dass Envy ihn wie einen Bruder ansah… nicht wie einen Mann.

Jason wurde direkt nach der Schule ein Ranger im Angeles National Forest und arbeitete seither dort. Envy verbrachte immer noch gerne Zeit mit Jason. Dadurch sah sie auch ihre beste Freundin Tabatha öfter, nachdem Tabatha auch in Jasons Abteilung als Park-Rangerin arbeitete.

Chad stand vom Sofa auf und wartete vor Envys Schlafzimmertür. Sie wohnten seit vier Jahren zusammen, seit ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren, und sie kamen ausgezeichnet miteinander aus. Er war ein Polizist und sie stand bei mehreren Nachtclubs in der Stadt auf der Abrufliste als Barfrau.

Der einzige Grund, weshalb er ihr nie sagte, dass sie sich doch einen „richtigen“ Job besorgen sollte, war, dass sie in den meisten Nächten mehr Geld verdiente als er. Das machte die Sache nur noch besser, denn wenn die Miete fällig wurde, bezahlte sie meistens Envy, während er alles Andere bezahlte.

„Welcher Club?“, fragte er durch die Tür.

„Der Neue, er heißt Moon Dance.“ Envy zog einen Teil ihres langen, knallroten Haars hoch in einen Pferdeschwanz und ließ den Rest in einer langen Mähne über ihren Rücken hängen. „Ich kann mich auch gleich als Barfrau bewerben, wenn wir schon da sind.“

Chad runzelte die Stirn. „Das ist der draußen am Stadtrand, nicht?“ Er ging zurück zu seinem Zimmer, ohne auf ihre Antwort zu warten. In letzter Zeit war die Gegend dort, an jenem Stadtrand ein wenig gefährlich geworden. Das Verschwinden mehrerer Leute zeigte die Gefahr am deutlichsten, aber zudem waren auch einige Leichen in der direkten Nachbarschaft des Clubs gefunden worden.

Bisher gab es nichts, womit sie eine klare Verbindung mit dem Moon Dance herstellen konnten, außer dass alle Opfer den Club besucht hatten. Es war vor allem das Zeitfenster, das Chad und viele andere Leute verdächtig fanden. Es hatte sich die Frage gestellt, ob ein Serienmörder sich in dem Lokal herumtrieb. Mehrere der letzten Opfer waren zuletzt in dem Club gesehen worden. Als Polizist konnte er die Wahrscheinlichkeit nicht übersehen, dass es da einen Zusammenhang gab.

Nachdem seine Waffe und seine Polizeimarke schon im Auto waren, nahm Chad die kleine Elektroschockpistole und schob sie hinten in seinen Hosenbund. Bei all den bösen Dingen, die dort vor sich gingen, wollte er einfach, dass Envy sie hatte, für den Fall, dass etwas passierte, während sie im Club waren.

Als er aus seinem Zimmer kam, sah er den Gang hinunter und hielt mitten im Schritt inne, als er seine Schwester erblickte. Ein schwarzer Lederrock, der zwei Handbreit über dem Knie endete, bedeckte ihre Oberschenkel begleitet von einem bauchfreien schwarzen Schnür-Oberteil. Leder-Flecken waren nur dort, wo es zählte… genug um ihre Brüste zu verstecken und ihren flachen Bauch und Nabel zu betonen.

Sie trug dazu ein Paar schwarze Lederstiefel, die bis über ihre Knie reichten, mit kleinen Kettchen um die Knöchel. Eine Halskette, die ihre Mutter ihr vor Jahren gegeben hatte, an der ein schöner Amethyst-Quarz baumelte, zierte ihr Dekolleté. Der Großteil ihres roten Haares war in einen hohen Pferdeschwanz zusammengebunden, und der Rest fiel ihr über eine Schulter.

Ihr Make-Up war geschmackvoll mit ein wenig schwarzem Eyeliner und Lidschatten und einem dunklen Lippenstift. Sie sah aus wie eine Domina.

„Wow, du dürstest nach Blut, nicht wahr?“ Chad hob eine Augenbraue und ließ seinen Blick noch einmal von Kopf bis Fuß über sie gleiten. Er wollte schon fast das Ausgehen absagen und sie zur Sicherheit zurück in ihr Zimmer schicken.

„Nun, ich habe mich entschieden.“ Envy hob eine elegante Augenbraue. „Nachdem ich mit Trevor fertig bin, werde ich mich amüsieren! Von heute an, weigere ich mich, mich auf einen Typen zu beschränken. Ich will nicht einen Freund… ich will VIELE! So macht es nichts aus, wenn einer von ihnen sich wie ein Arschloch benimmt, denn ich werde andere haben, die ihn liebend gerne verprügeln werden.“

„Ja, ich erinnere mich noch daran, wie toll das in der Schule funktionierte.“ Chad schüttelte den Kopf, wissend, dass seine Schwester viel unschuldiger war, als sie vorgab zu sein. „Nehmen wir mein Auto, falls die Zentrale anruft.“

„Nur wenn ich mit den Blaulichtern spielen darf“, grinste Envy, wissend, dass er sie lassen würde.

Chad seufzte und ging hinaus zum Auto. „Du bist schlimmer als ein Kind in einem Spielzeugladen, das alle Kuscheltiere, die Geräusche machen, drücken will und jeden in den Wahnsinn treibt.“

„Was?“, lachte sie. „Ich mag die Blaulichter. Die Leute machen Platz, wenn ich sie anschalte.“

„Wie damals, als du es getan hast, weil der Kaffee alle war?“, fragte er. „Du weißt schon, dass das eine Verschwendung von Steuergeldern ist, nicht wahr?“

„Wenn du nicht still bist, werde ich fahren. Dann wirst du dich um die roten Lichter und die Sirene kümmern müssen“, warnte sie mit einem scherzhaften Zwinkern.

Chad schwieg sofort, denn das letzte Mal, als das passiert war, war sie zu spät zur Arbeit gekommen und er war zu krank gewesen, um zu fahren, also hatte er im Beifahrersitz fest geschlafen. Der Chef zog ihn noch immer damit auf.

*****

Envy drehte die Blaulichter einen Häuserblock von dem Nachtclub entfernt ab und sah hoch in die Lichter, die über den wolkenbehangenen Himmel tanzten. Sie beobachtete wie das zweistöckige Gebäude in Sicht kam.

Sie hatte in letzter Zeit so viel gearbeitet, dass sie noch gar nicht dazu gekommen war, den Moon Dance anzusehen, aber einige ihrer Kunden hatten davon geschwärmt. Von außen sah er nicht so besonders aus. Er schien wie eine Backstein-Lagerhalle mit sehr wenigen Fenstern und einem großen, violetten, Neon-beleuchteten Schriftzug hoch oben an der Vorderseite.

Eine Menschenschlange zog sich über die Hälfte des riesigen Parkplatzes, alle waren herausgeputzt und unterhielten sich angeregt. Die Tatsache, dass es nach zehn Uhr abends noch eine Schlange gab, sagte ihr, dass hier zu arbeiten wohl sehr lukrativ sein würde.

„Ja, ich werde mich definitiv bewerben.“ Sie lächelte voll Vorfreude.

„Wenigstens ist die Schlange schon beinahe weg“, sagte Chad sarkastisch, er hatte keine Lust zu warten bevor er zusah, wie Trevor eine gute Dosis seiner Schwester auf Adrenalin abbekam.

Er parkte ganz hinten im dunkelsten Teil des Parkplatzes gleich neben Trevors Auto. Ehe Envy die Beifahrertür öffnen konnte, ergriff Chad mit seiner Hand ihren Arm. „Hier.“ Er legte die kleine Elektroschockpistole in ihre Hand, dann, ohne ein einziges Wort darüber zu verlieren, öffnete er die Fahrertür und stieg aus.

Envy schloss mit einem dünnen Lächeln ihre Finger um das Gerät. Ihr Bruder hatte sie Selbstverteidigung gelehrt, soweit, dass sie wahrscheinlich die meisten der Polizisten, mit denen er arbeitete, zu Boden ringen konnte, ohne dabei in Schweiß auszubrechen. Aber Chad hatte immer gesagt: 'Wieso kämpfen, wenn du doch auch einfach nur einen Knopf drücken kannst?'

Sie schob den Elektroschocker gemeinsam mit ihrem Ausweis in die kleine Tasche in ihrem Lederrock. Sie würde es Trevor schon zeigen. Sie würde mit dem größten Vergnügen den Knopf im Lift drücken, um ihn in die Hölle zu schicken, nur um ihn da nun zu sehen. Niemand betrog unbestraft Envy Sexton.

Sie gingen Seite an Seite auf die Schlange zu und Envy freute sich besonders, als die Schlange begann, schnell kürzer zu werden, und es nur ein paar Minuten dauerte, bevor sie drinnen waren.

Der Türsteher trug eine Hose von Armani und eine dazu passende Anzugjacke. Das Hemd darunter war eng geschnitten und betonte seine trainierte Brust. Sein braunes Haar fiel in Wellen an beiden Seiten seines Gesichts hinunter. Ein paar Bartstoppeln befanden sich auf seinen Wangen und er hatte stechende, dunkle Augen, die in dem Neonlicht beinahe leuchteten.

Chad bezahlte und sie zeigten ihre Ausweise, ehe der Mann ihre Hände stempelte und das rote Samtseil aushängte, um sie durchzulassen. Sie traten durch den Haupteingang und durch die kurze Eingangshalle zu einer Schiebetür, die sich öffnete als sie sich näherten. Beide hielten sie inne, als sie den großen Raum betraten und mit großen Augen hinstarrten. Es war, als hätten sie eine andere Dimension betreten.

So voll wie der Parkplatz gewesen war, sollte man meinen, dass drinnen ein Gedränge von einer Wand zur anderen herrschte, aber das war nicht der Fall. Envys Lippen öffneten sich leicht, als sie hinüber ging zu dem riesigen Loch, das in der Mitte des Raums in den Boden geschnitten war.

Sie näherte sich dem Geländer und sah hinab auf die Tanzfläche unter ihr. Zu beiden Seiten war ein Gang, der sich über das gesamte Parterre erstreckte, mit einer langen Bar, die von einem Ende zum anderen reichte. Die Bar sah aus wie Glas, das mit Sandstrahlen bearbeitet wurde, mit Neonlichtern, die in Wellen darüber glitten.

Zwei Treppen führten rechts und links von ihr hinunter und trafen sich in der Mitte, ehe sie die Tanzfläche unter ihr erreichten. Die Tanzfläche strahlte mit einem weichen Licht, gerade genug um die Füße der Tanzenden in eine Art schwarzes Licht zu tauchen. Das alles trug noch mehr zu dem Lichtspiel bei, das durch die Diskokugeln über ihnen und die bunten Scheinwerfer, die überallhin leuchteten, nur nicht direkt auf die Tanzenden, entstand.

So wie es eingerichtet war, konnte man von den Tänzern nur die Füße und Unterschenkel sehen, und der Rest ihrer Körper lag im Schatten.

Envy lehnte sich über das Geländer, um zu sehen, ob es unten noch eine weitere Bar gab, aber da war nichts außer der Tanzfläche. Sie erinnerte sie irgendwie an eine Grube. Wenn man einmal die Treppen hinuntergelaufen war, war man der Dunkelheit ausgeliefert, die den Tanzenden ihre Privatsphäre bot.

„Sind es drei Stockwerke?“, fragte sie, während sie zu der massiven Decke über ihnen hochstarrte. Wenn man das Untergeschoss mitzählte, wäre das der dritte Stock und sie fragte sich, ob er ein Teil des Clubs war, oder ob das Betreten verboten war.

Rufe und Pfiffe erregten ihre Aufmerksamkeit und sie wandte ihren Blick wieder hinunter zur Tanzfläche. Ungläubig starrte sie hin als ein eisblauer Scheinwerfer sich auf einen Käfig in der Mitte der Grube richtete. Sie wurde sofort von dem Mann hinter den Gittern in seinen Bann gezogen.

Chads Blick blieb auch an dem Käfig hängen. Er sah aus wie eine kleine Gefängniszelle. Drinnen waren ein Mann und eine Frau, und sie umkreisten einander. Selbst aus dieser Entfernung konnte er die Hitze ihrer Bewegungen fühlen. Seine Fingerknöchel verfärbten sich weiß, als er das Geländer fester umklammerte, als der Mann im Käfig seine Tanzpartnerin gegen die Gitterstäbe drückte, und sie sich gleich unter seinen Arm hindurch duckte, als er versuchte, sie mit seinem Körper festzunageln.

Der Mann wirbelte herum und ergriff ihr Handgelenk und zog sie zurück, sodass ihr Körper fest an den seinen gedrückt wurde, dann begleitete er ihre Hände zu den Gitterstäben vor ihr. Er ließ sie sich an den Stäben festhalten und rieb sich dann selbst an ihrem fast nackten Körper, bis sie ihren Kopf rückwärts in seine Brust warf, als würde sie es genießen.

Es war irgendwie animalisch, fast wie eine Art primitiver Paarungstanz. Chad und Envy wurden von der Vorführung gefesselt, wobei beide unterschiedlich getroffen wurden.

Chad sah noch ein paar Minuten schweigend zu, als sich die beiden Partner in der Mitte mit einem Sprung voneinander entfernten, nur damit der Mann sie in einer anderen Position festhalten konnte. Durch die Hitze ihrer Bewegungen wurden seine Jeans plötzlich eng, als die Hüften des Mannes nach oben gegen den Hintern der Frau stießen. Frustriert wandte Chad seinen Blick ab und zwang sich dazu, die Dekoration an den oberen Wänden zu betrachten, die er aus seinem Blickwinkel sehen konnte.

Es waren vor allem blinkende Lichter mit schwarzen Dauerlichtern neben riesigen Malereien von schlanken Körpern von Jaguaren, einige die kämpften und einige Einzeltiere auf der Jagd. Die tödlichen Tiere schienen beinahe lebendig. Die regungslosen Malereien schienen sich durch die Lichter zu bewegen, sodass der Eindruck entstand, dass die Tiere lebten und zusahen.

Er musste zugeben, dass die Ausstattung einmalig war, und sie funktionierte. Sein Blick folgte der Bewegung der Lichter über die Wände und er bemerkte, dass Ketten zwischen den Bildern hingen, einige mit Halsbändern mit Stacheln und schwarzen Lederpeitschen.

Er schielte wieder zurück in die Richtung des Käfigs, und wollte sich gerade auf die Suche nach Jason machen, als er Trevor auf der Tanzfläche in der Nähe eines der Scheinwerfer erkannte. Der Idiot war zwischen zwei Mädchen eingezwängt und sah aus, als vergnügte er sich köstlich. Nach einem kurzen Seitenblick auf Envy wusste Chad, dass er kein Wort zu sagen brauchte, als er bemerkte, dass sie geradewegs auf das Trio starrte.

Envy legte ihren Kopf schräg und versuchte, Trevor zu betrachten, als würde sie ihn nicht kennen. Und dann fragte sie sich, wieso sie überhaupt je mit ihm ausgegangen war.

Sie musste zugeben, dass er für die Augen schon etwas hergab. Verdammt gutaussehend wäre die beste Bezeichnung. Er sah aus wie eine Art Kalifornischer Surfer mit seinem wehenden, blonden Haar, goldenem Teint und grau-blauen Augen. Er war zum Anbeißen und sie hatte viel Spaß mit ihm gehabt.

Aber wenn man sein gutes Aussehen wegnahm, dann gab es nicht wirklich viel, das ein Mädchen anziehen könnte. Alles, was übrig blieb, war ein verzogener Angeber-Student mit einem silbernen Löffel im Mund. Wenn er dagewesen war, war er sehr aufmerksam gewesen, aber er war auch einfach so verschwunden, manchmal tagelang.

Das Einzige, was sie sonst noch positiv über ihn sagen konnte, war, dass er ziemlich heiß in seiner Unterhose war, und er ihr einige der besten Momente ihres Lebens geschenkt hatte.

Und sie hatte ernsthaft gedacht, dass er sie wirklich mochte… mehr als nur mochte. Das zeigte, wie viel, zum Teufel, sie über Männer wusste. Um die Wahrheit zu sagen, hatte sie es einfach satt gehabt, alleine zu sein… aber das war doch noch lange kein Grund, um mit einem Mann auszugehen.

Sie seufzte sehnsüchtig, als sie zusah, wie er den Po des Mädchens, das sich an ihn drückte, umklammerte und erkannte, dass sie keinerlei Eifersucht fühlte. Wenn sie wirklich in ihn verliebt gewesen wäre, würde sie dann jetzt nicht richtig wütend sein, statt nur leicht verletzt? Was sie am meisten störte, war, dass er gelogen hatte, als er gesagt hatte, dass er nur sie wollte.

Jason hatte von seinem Barhocker nahe der Tür Ausschau nach Envy gehalten. Er hatte gewusst, dass sie kommen würde, und war nicht überrascht, Chad bei ihr zu sehen. Nachdem er ihnen ein paar Minuten gegeben hatte, um sich umzusehen, grinste er zufrieden, als er sah, wie sich Envys Schultern anspannten, und er wusste, dass sie ihren Freund mit einer anderen auf der Tanzfläche gesehen hatte.

Er hatte in den letzten Monaten versucht, seine Eifersucht zu verbergen, und er wollte sie nicht verletzen, aber wenn es das war, was es brauchte, um sie von Trevor loszureißen, dann war es nur zu ihrem Besten.

Jason lächelte, als er sich wieder an Kat, die hübsche Barfrau wandte, mit der er gequatscht hatte: „Ich habe dir gesagt, dass sie kommen werden.“ Er nickte in die Richtung von Envy und Chad.

Er war schon seit über einer Stunde hier, aber nachdem er gesehen hatte, wie Trevor Envy betrog, war er nicht in der Stimmung gewesen, um sich in Gesellschaft zu begeben. Er hatte sich gelangweilt und mit Kat zu plaudern begonnen, um sich die Zeit zu vertreiben. Er hatte ihr sogar von Envys Freund, der sie betrog, erzählt.

„Also das sind dein bester Freund und seine Schwester?“ Kat betrachtete die beiden, aber ihr Interesse galt dem Polizisten. Wenn Jason ihr nicht erzählt hätte, dass Chad ein Bulle war, hätte sie es nie erraten. Er war heiß wie die Hölle.

Er war etwa 1,85 groß mit leicht gebräunter Haut und braunem Haar mit goldenen Strähnen. Es war ein wenig länger als der übliche Polizisten-Haarschnitt und sah aus, als hätte der Wind den Großteil auf eine Seite geblasen, was ihm ein etwas wildes Auftreten verlieh. Sie bemerkte, dass sie ihn mit Quinn verglich, und blinzelte, als sie sich dabei ertappte, dass sie es schon wieder tat. Sie schielte wieder zurück auf Jason, wusste, dass sie beide über ihre alten Flammen hinwegkommen mussten, sonst würden sie sich ständig verbrennen.

„Er sieht nicht wie ein Bulle aus“, sagte Kat während sie Chad betrachtete und sich fragte, ob er eine Freundin hatte. Jason hatte darüber nichts erwähnt.

„Nun ja.“ Jason schmollte beinahe, als er bemerkte, wie sie Chad anstarrte. Er schüttelte den Kopf. „Ich bin gleich zurück.“

Er trank seine Limonade aus und rutschte von seinem Barhocker um zu seinen Freunden hinüberzugehen. Nachdem er sich weit genug genähert hatte, legte er seine Hand auf Envys Schulter. Er senkte seine Lippen auf die Höhe ihres Ohrs und flüsterte: „Willst du tanzen?“

Envy lächelte ohne sich umzudrehen. „Oh ja, und wie!“, rief sie und lief dann über die nächste Treppe hinunter, ließ Jason einfach neben Chad stehen, seine Hand noch immer auf einer eingebildeten Schulter liegend. Er blinzelte, als er Chad lachen hörte.

„Verdammt“, seufzte Jason und sah ihr nach.

Chad klopfte Jason mitleidig auf die Schulter während er ihn zurück zur Bar begleitete und sich gegen die Theke lehnte. „Lass dich davon nicht aus der Ruhe bringen. Ich glaube, Envy hat im Moment nur eines im Kopf, und das beinhaltet Rache.“

Er schielte hinüber zu dem Mädchen hinter der Bar und einen Moment lang vergaß er, dass Jason überhaupt da war. Sie war überwältigend mit ihrem bronzenen Teint und ihrem sehr langen, dunklen Haar, das sich über ihre Schulter hinab bis zu ihren Hüften schlängelte. Ihre Augen waren genau das Gegenteil: hellblau mit einem sehr großen schwarzen Ring um die hellere Farbe.

Es waren ihre vollen Lippen, die seinen Blick auf sich zogen als er sagte: „Nur ein Soda bitte.“

„Trinkst du heute nichts?“, fragte Jason und versuchte, seinen Freund nicht böse anzustarren, als Chads Augen immer noch an Kat hängenblieben, als er antwortete. Wieso mussten alle Mädchen auf Polizisten stehen?

„Nein, ich habe das Gefühl, dass ich besser nüchtern bleiben sollte. Ich mag Trevor nicht so gerne, also habe ich Envy meinen Elektroschocker gegeben, um damit zu spielen.“ Chad riss seinen Blick lang genug von der Frau los, um Jason ein kurzes Grinsen zuzuwerfen. „Und ich bin mit dem Dienstwagen gefahren.“ Er wusste, dass Jason zwischen den Zeilen lesen würde.

Jason drückte sich von der Theke ab, verzieh seinem Freund plötzlich, dass er so magnetisch auf Frauen wirkte. „Zum Teufel, dann will ich nichts verpassen!“ Er ging zurück zum Geländer, Chads Lachen folgte ihm.

„Nun, damit habe ich heute Nacht schon zwei Leute glücklich gemacht.“ Chad zwinkerte Kat zu, wissend, dass sie zugehört hatte, und bezahlte dann sein Getränk. Er sollte besser gehen und Envy im Auge behalten, um zu sehen, was sie vorhatte.

Kat nickte, als Chad ihr eine Zwanzig-Dollar-Note zusteckte und ihr sagte, dass sie den Rest behalten sollte, ehe er ging, um sich neben Jason zu stellen. Diese beiden Männer konnten für die Hormone einer Frau eine Gefahr darstellen. Jason hatte langes, sandbraunes Haar und das Gesicht und den Körper eines Rettungsschwimmer-Models.

Sie hatte bemerkt, wie die meisten Frauen, die an ihm vorbeigingen, versuchten, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Jason schien keine von ihnen zu bemerken, schien völlig in seinen eigenen Gedanken verloren zu sein… bis er begonnen hatte, ihr von seinen besten Freunden zu erzählen, von Chad und dem Mädchen, von denen beide so überfürsorglich sprachen.

Sie vermisste das, dass jemand anders als ihre Brüder sich um sie sorgten. Sie blinzelte langsam und verdrängte das Bild von Quinn aus ihrem Kopf, konzentrierte sich lieber auf das Problem vor ihren Augen.

Es war die Bemerkung über die Elektroschockpistole, die ihr geholfen hatte, die Gedanken an Quinn beiseite zu schieben. Kat beschloss, ihre Brüder vor dem Unterhaltungsprogramm zu warnen, das bald beginnen würde. Sie hatten in letzter Zeit schon genug Probleme gehabt, als sie versuchen mussten, mit der Mordserie, die den Club umgab, fertig zu werden. Das Allerletzte, was sie brauchen konnten, war noch mehr negative Aufmerksamkeit.

Chad beugte sich ein wenig über das Geländer und hielt Ausschau nach Envy. Zum Glück waren die Tänzer im Käfig noch da, und die zugehörigen Scheinwerfer, sodass es einfacher war, sie zu finden. Als er ein leises Stöhnen von Jason hörte, folgte er Jasons Blick bis er sie sah, wie sie zwischen mehreren Männern tanzte, nahe dem Schein des Lichts am Käfig. Er runzelte die Stirn und fragte sich, was sie vorhatte.

„Wenigstens schaut sie in Richtung Trevor. Danke übrigens, für den Anruf“, sagte er mit ernster Stimme. „Ich habe darauf gewartet, dass etwas Derartiges geschieht.“

Jason zuckte die Schultern. „Ich habe es nicht für mich getan, sondern für sie. Sie verdient etwas Besseres als ihn.“ Er versuchte zu lächeln während er sie beobachtete, wissend, dass sie nun single sein würde. Aber der Anblick von all den anderen Männern, die ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollten, führte dazu, dass sein Lächeln ein wenig traurig aussah.

Moon Dance

Подняться наверх