Читать книгу Blinde Lust | Erotischer Roman - Amy Walker - Страница 7

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Kapitel 5

Freitag und schon wieder Jason-Tag. So langsam bin ich sogar froh darüber, dass Kelly mich zum Besuch der Party überredet hat und ich ihn danach zwei Tage nicht sehen werde. Bereits nach der ersten Woche fühle ich mich völlig aufgerieben. Von der Entdeckung dieser dunklen, lüsternen Seite in mir natürlich, aber auch von all den Fragen, die sich um Jason und auch July ranken.

Die Pause wird mir hoffentlich guttun, meine glühende Körpertemperatur ein wenig abkühlen und meine kreisenden Gedanken ruhiger werden lassen. Allein die surreale Erinnerung an die letzten beiden Abende versetzt mich wieder in einen Zustand drängender Erregung. Spätestens gestern bin ich eindeutig zu weit gegangen. So kann ich mich nicht nur schlecht auf die Inhalte meiner Kurse konzentrieren, sondern bringe es beinahe nicht über mich, am Nachmittag an Jasons Tür zu klingeln.

»Hey«, begrüßt er mich knapp und lässt mich einfach an der offenen Tür stehen. Oha, da hat wohl jemand schlechte Laune. Ein unangenehmes Grummeln meldet sich in meiner Magengegend. Hat er doch mitbekommen, dass ich Voyeur gespielt habe, oder ist er wegen des Streits mit July mies drauf? Nervös folge ich ihm. Er muss mir schließlich Anweisungen geben, was ich heute zu tun habe.

»Du hast gestern wohl etwas vergessen«, verkündet er, kaum dass ich den Wohnbereich betrete. Mit dem Rücken zu mir steht er vor dem Fenster. Seine Schultern sind angespannt. Scheiße ... »Wie meinst du das?«, hake ich möglichst neutral nach. Meine Stimme klingt unsicher. Will er mich damit fragen, ob ich deshalb noch in der Wohnung war, als July eingetroffen ist? Jeder Nerv meines Körpers fühlt sich völlig überreizt an. Bitte nicht ... Es wäre zu beschämend, darüber sprechen zu müssen.

»Ich meine die Fensterbank. Einer meiner Gäste hat die Staubschicht darauf bemerkt.«

»Die Fensterbank?«, kiekse ich. Vor Erleichterung könnte ich heulen und gleichzeitig lachen. Jason scheint das aber nicht so locker zu sehen. »Ja, die Fensterbank«, wiederholt er angespannt. »Ich zahle dir einen guten Lohn, Lara. Halte mich für einen peniblen Spinner, aber dafür erwarte ich, dass die Wohnung perfekt in Schuss ist und ich solcherlei Beschwerden nicht hören muss.«

Oh mein Gott, was hat er denn für pingelige Gäste? Wenn July recht hat, haben sie sich ohnehin nicht besonders lange im Wohnzimmer aufgehalten. Das sage ich natürlich nicht laut. »Es tut mir leid, ich bin wohl noch ein wenig desorganisiert. Aber ich verspreche dir, dass ich in Zukunft genauer sein werde«, räume ich stattdessen ein. Er seufzt leise und dreht sich zu mir herum. »Entschuldige, ich wollte dich nicht anraunzen. Ich hab nur einen verdammt miesen Tag.«

Seine Ehrlichkeit trifft mich mitten ins Herz. Ich meine, wie niedlich ist das denn? Für die Kohle, die er mir fürs Putzen bezahlt, kann er durchaus erwarten, dass die Bude wie geleckt aussieht. Doch anstatt darauf zu beharren, entschuldigt er sich dafür, dass er sich ein bisschen im Ton vergriffen hat. »Schon gut. Was soll ich außer dem Abstauben der Fensterbank heute noch tun? Brauchst du noch was fürs Wochenende? Soll ich das obere Stockwerk sauber machen?«

»Das Schlafzimmer und die Galerie sind dran und du könntest mir ein paar Sachen aus dem Drogeriemarkt besorgen. Wenn dann noch Zeit ist, kannst du dich um den Rest des Wohnzimmers kümmern«, antwortet Jason. Obwohl er sich entschuldigt hat, wirkt er nicht im Mindesten entspannter. In der Küche diktiert er mir noch, was ich einkaufen soll, und geht dann mit steifem Gang zurück in den Wohnbereich.

Entschlossen, seinen miesen Tag nicht noch mieser zu machen, gehe ich an die Arbeit. Wie eine Besessene schrubbe ich die Böden im oberen Stockwerk, staube gewissenhaft ab und desinfiziere den Tennisschläger in seinem Schrank. Keine Spur von mir soll darauf haften bleiben und nichts mehr an meinen Ausfall von gestern erinnern. Doch mein Körper erinnert sich leider viel zu gut. Je länger ich den harten Griff mit dem Desinfektionstuch bearbeite, desto heftiger wird das Klopfen in meiner Vagina. Dieses Teil und der ganze Akt der Beobachtung haben sich viel zu gut angefühlt – verboten gut. Eine völlig neue Seite in mir würde das gern wiederholen. Doch das geht nun wirklich nicht. Ich kann es mir nicht leisten, den Job zu verlieren, und schließlich habe ich auch noch eine Mission ...

Ich ignoriere die Feuchtigkeit in meinem Höschen und stelle den verhasst begehrten Tennisschläger an seinen Platz zurück. Auch jetzt würde er ohne Probleme in mich hineingleiten, so feucht bin ich schon wieder. – Nein! Entschlossen schiebe ich die Schranktür zu. So was tue ich nie wieder. Naja, zumindest nicht mit einem Sportgerät.

Meine Nippel richten sich bei dem Gedanken, dass es noch viele andere Möglichkeiten gäbe, die Intensität meiner Dauererregung in erlösende Schauder zu verwandeln, lustvoll auf. Shit ... – Einkaufen ... Genau das tue ich als Nächstes. Beim Abarbeiten der Liste werden mir diese begehrlichen Gedanken hoffentlich wieder vergehen.

Doch selbst als ich mich durch die Gänge der Drogerie vorarbeite, komme ich nicht zur Ruhe. Immer wieder frage ich mich, was Jason getrieben hat, nachdem July und ich fort waren, und wovon die beiden während des Aktes im Schlafzimmer gesprochen haben.

Die Artikel auf der Liste machen es mir auch nicht gerade leichter, von diesem Gedankenkarussell abzusteigen. Alles, was ich besorgen soll, erinnert mich an Jason und seine männliche Note. Ein Aftershave, Duschgel, Körpercreme. Wenn jetzt noch Kondome auf dem Zettel stünden, würde ich durchdrehen. Doch auch bei der Wahl seines Rasierwassers werde ich fast verrückt vor Sehnsucht. Mit geschlossenen Augen schnuppere ich an der Probeflasche. Mmh ... Sofort erkenne ich den unaufdringlichen Duft, den Jason neben seinem ureigenen Geruch immer ausstrahlt. Herb, männlich, sexy ...

Als ich in seine Wohnung zurückkehre, stehe ich kurz vor einem Nervenzusammenbruch – ausgelöst von zu reizvollen, erotisierenden Empfindungen. Gibt es so was überhaupt? Ich schwöre: ja!

Leider kann ich mich noch nicht zurückziehen und für die Party am Abend fertig machen. Etwas völlig Normales, ganz und gar College-Girlie-Mäßiges zu tun, wird mich von dieser seltsamen Verbindung zu Jason ablenken, in die ich da hineingeraten bin. Doch da ist diese verflixte Fensterbank und ich habe noch fast eine Stunde Zeit übrig.

Von Jason ist nichts zu sehen, als ich mit einem Staubtuch bewaffnet in den Wohnbereich trete. Sorgfältig arbeite ich mich über die Ablagefläche unter der langen Reihe von Fenstern voran, auf der ich nebenbei bemerkt nicht mal den Ansatz einer Staubschicht erkennen kann. Dafür finde ich aber etwas anderes.

Meine Kehle wird trocken, als ich am Ende der Fensterbank, halb verborgen von einem verschiebbaren Flächenvorhang, einen riesigen Dildo finde. »Oh mein Gott!«, rutscht es mir heraus. Allein schon der Anblick des geäderten, halb durchsichtigen Schaftes lässt das leise Dauerglühen in mir in eine ungeahnte Hitze auflodern. Wie hypnotisiert greife ich nach dem künstlichen Schwanz.

»Was ist?«

Erschrocken ziehe ich meine Hand zurück. Keine Ahnung, was ich mit dem Teil tun wollte – es einfach nur mal anfassen oder gar benutzen – ich fühle mich, als ertappte Jason mich bei etwas Verbotenem. Unbemerkt ist er zu mir in den Wohnraum zurückgekehrt und lehnt nun lässig mit hochgezogenen Augenbrauen im Rahmen des offenen Durchgangs. Wahrscheinlich hat er nicht mal eine Ahnung, was hier herumliegt ...

»Ach nichts«, antworte ich möglichst gelassen. Mein Puls rast. Das Teil muss wohl ein Andenken von seinen »Gästen« sein. Aber es sieht sauber aus. Wahrscheinlich hat sich die Frau – oder waren es gar mehrere Frauen? – anderweitig vergnügt.

Unwillkürlich drängt sich mir das heiße Bild auf, das Jason gestern erst mit July und dann allein abgegeben hat. Das Drängen in meinem Schoß wird stärker. Der Dildo sieht wirklich verlockend aus. Nimm ihn! Das ist die Gelegenheit ... Mit zitternden Fingern greife ich nach dem künstlichen Schwanz.

»Warum bist du dann so erschrocken, wenn nichts ist?« Angespannt stößt Jason sich vom Türrahmen ab und kommt zu mir herüber.

Mich hätte nur beinahe eine Biene gestochen, die sich hinter dem Vorhang versteckt hat, schießt mir sofort eine passende Ausrede durch den Kopf. Aber ich bringe die Worte einfach nicht über die Lippen. Fuck ... Es fühlt sich scheiße an, Jason zu belügen.

Weich schmiegt sich der Silikonschwanz in meine Handfläche, als ich mich zu ihm herumdrehe. Nichts würde ich lieber tun, als ihn mir einfach zu nehmen. Doch irgendwo ganz weit hinten in meinem Kopf, beinahe völlig verdeckt von diesem Nebel, der mich umwabert, seit ich sein Leben vor wenigen Tagen betreten habe, meldet sich die Stimme meines Gewissens. Reumütig lege ich das Teil zwischen Jason und mir auf den Sofatisch. »Also gut. Es ist mir ein wenig peinlich, aber auf deiner Fensterbank lag ein Dildo.«

Jason atmet auf. Ich kann nicht beschreiben, was es ist, aber etwas verändert sich an ihm. »Ich schätze deine Ehrlichkeit, Lara. Deshalb frage ich dich jetzt auch noch einmal nach gestern und gebe dir die Gelegenheit, auch diesbezüglich ehrlich zu sein: Hast du etwas in der Wohnung vergessen oder warum hast du dich in meinem Schlafzimmerschrank versteckt?«

Mir ist, als ziehe Jason mir mit seinen Worten den Boden unter den Füßen weg. Nein! Meine Gedanken überschlagen sich. Warum hat er nicht verhindert, dass ich ihn und July beobachte, wenn er wusste, dass ich da war? Das ist doch völlig absurd! Kopfschüttelnd weiche ich vor ihm und seinem lauernden Gesichtsausdruck zurück.

»Ich habe nicht –«

»Wage es nicht, es zu leugnen, Lara!«, unterbricht mich Jason, geht völlig sicher um den Couchtisch herum und folgt mir. Seine Bewegungen wirken fahrig, als läge eine kaum beherrschbare Kraft darin, mit der er mich am liebsten packen und solange schütteln würde, bis ich die Wahrheit sage.

Mit den Oberschenkeln stoße ich an die Fensterbank. Wie ein Raubtier kommt Jason immer näher. Gleich hat er mich. Ich zittere. Die Situation ist beunruhigend und erregend zugleich.

»Es stimmt, ich war da«, knicke ich ein, um ihn aufzuhalten. Es abzustreiten ist zwecklos. Er weiß es und sein Verhalten schüchtert mich ein. Augenblicklich bleibt er stehen, nur wenige Zentimeter trennen uns noch.

Er seufzt leise. »Wie ich schon sagte, ich schätze Ehrlichkeit. Allerdings bringst du mich damit auch in eine ziemliche Zwickmühle.«

Ich erstarre. »Jason, bitte ... Es war keine Absicht! Bitte kündige mir nicht. Ich brauche diesen Job, sonst verliere ich meine Wohnung. Nachdem, was du mir über July gesagt hast, wollte ich ihr nicht begegnen. Deshalb habe ich mich vor ihr versteckt! Ich konnte ja nicht ahnen, dass ihr ins Schlafzimmer geht. Ich wollte das alles nicht sehen!«

»Wolltest du nicht?«, hakt Jason mit einem spöttischen Lächeln nach und rückt ganz an mich heran. »So hat es sich aber nicht angehört. Ich konnte deine erregten Atemzüge hören, mein Tennisschläger hat nach deiner Lust gerochen.« Sein Atem streift meine glühenden Wangen. Eine Mischung aus Scham und Genuss rast durch mich hindurch. Als würde die Befriedigung von gestern erst dadurch vollkommen, dass Jason sie entdeckt hat. Ob ich es will oder nicht, es macht mich an, dass er mich diesmal bei der Selbstbefriedigung hören konnte. Was sagt das über mich aus? Diese Frage sollte derzeit allerdings nicht meine größte Sorge sein. Ich sammle meinen letzten Rest Selbstbeherrschung zusammen, der sich dem Verlangen, Jason einfach zu berühren, unterwerfen will, und räuspere mich. »Kündigst du mir jetzt?«, frage ich piepsig.

Wieder seufzt Jason leise. »Lässt du mir eine andere Wahl?« Die Geste, mit der er verspielt eine Strähne meines Haars um seinen Zeigefinger wickelt, steht in hartem Gegensatz zu seinen Worten. Er will mich einschüchtern.

»Du könntest mir noch eine Chance geben«, schlage ich zögerlich vor.

Jasons Lächeln verändert sich, wird weicher. Gut!

»Es tut mir leid, dass ich dich und July beobachtet habe. Ich hätte das nicht tun dürfen. Ich meine, ich verstehe, wenn dir das peinlich ist«, fahre ich fort. Gott, er hat sich vor meinen Augen einen runtergeholt! Vielleicht rede ich mich um Kopf und Kragen, indem ich die beschämende Situation nicht einfach totschweige, in die wir durch mein Verhalten geraten sind. Mir erscheint der direkte Weg jedoch als die beste Lösung, um dieses Missverständnis zu klären. Ich erstarre, als Jason unvermittelt mein Haar von seinem Zeigefinger streift und ihn mir auf die Lippen legt.

»Denkst du wirklich, ich hätte weitergemacht, wenn es mich beschämt hätte, dass du mir zusiehst?« Leise lachend schüttelt er den Kopf. »Du hast keine Ahnung. Das ist irgendwie niedlich ...« Auf seinem Gesicht liegt ein undefinierbarer Ausdruck – Belustigung, Erregung, Spott? Was weiß ich ... Verwirrt mustere ich sein Gesicht. Was bewegt diesen Mann nur?

»Ehrlich gesagt törnt es mich an, beim Sex beobachtet zu werden, Lara. Früher, als ich noch sehen konnte, hatte ich sehr ausgeprägte voyeuristische und exhibitionistische Neigungen. Darum führten July und ich auch eine – nennen wir es mal – sehr offene Beziehung. Aber das geht dich nichts an, Lara, und meine Wohnung ist bestimmt nicht der richtige Ort, um herauszufinden, ob du ebenfalls solche Neigungen besitzt. Ich habe dich eingestellt, um sie sauber zu halten und den Haushalt zu führen, und nicht, um auf Erkundungstour zu gehen. Und dass du diese Regel bereits nach wenigen Tagen brichst ...« Bekümmert schüttelt er den Kopf. Mein Magen rumort. Mir ist, als müsste ich mich gleich übergeben.

»Es war ein Versehen! Ich verspreche dir, dass es nicht wieder vorkommt. Bitte, Jason, nur noch eine Chance«, platze ich heraus. Das hartnäckige Summen in mir, das nach mehr von Jasons freizügigen Worten und Handlungen verlangt, ignoriere ich. Er spricht nur darüber und ich werde schon wieder feucht und mein Schoß pocht begehrlich nach dieser unbändigen Lust von gestern. Das ist doch nicht normal. Ich will das nicht und ich brauche diesen Job!

Doch anstatt auf mein Flehen einzugehen, macht Jason eine abwägende Geste mit dem Kopf. Seine einladenden Lippen schweben vor meinem Gesicht. Die Berührung seines Körpers kann ich nur erahnen, doch ich spüre seine Wärme. Meine Hände wollen ihn fühlen – alles von ihm. Ich umklammere den Rand der Fensterbank, um dem Verlangen nicht nachzugeben. Sag »Nein, kündige mich«, verlangt meine innere Stimme von ihm. Dann kann ich tun und lassen was ich will – ohne ihn, durch ihn, mit ihm.

»In Ordnung, eine letzte Chance«, gibt Jason stattdessen nach. Mein Unterkörper glüht vor Verlangen. Scheiße ... »Gut«, antworte ich heiser. Ich werde mich verdammt noch mal zusammenreißen.

Jason nickt. »Ja, gut. Es ist gut, dass wir das geklärt haben, und ich denke, dass es dir in Zukunft hoffentlich leichter fallen wird, dich an meine Regeln zu halten. Es ist ganz einfach, Lara: Du bist um sechs verschwunden und versuchst nicht, in das abgeschlossene Zimmer hineinzukommen. Setzt du dich ein weiteres Mal über diese Grenzen hinweg, bist du den Job los. So leid es mir tut, ich kann das einfach nicht akzeptieren.«

Mir wird schwindelig. Anstatt sich endlich zurückzuziehen und mich meinen erbärmlichen Gefühlen zu überlassen, neigt er sich noch weiter nach vorn. Was soll das? Er hat doch gemerkt, dass er mich mit Aktionen wie dieser in ein lustvoll wimmerndes Häufchen verwandelt. Will er meine Standhaftigkeit prüfen?

»Es gilt dasselbe wie beim letzten Mal: Über das hier verlieren wir kein Wort mehr, sonst kannst du nicht wiederkommen«, flüstert er an meinem Ohr. Für den Bruchteil einer Sekunde streifen seine Lippen meine Haut. Alles um mich herum dreht sich. Ich will ihn! »Okay«, antworte ich zittrig und umklammere die Fensterbank so fest, dass meine Finger wehtun.

***

Shit, wo steckt sie nur? Keine Stunde, nachdem wir auf der Party eingetroffen sind, habe ich Kelly bereits im Gemenge der Feierwütigen aus den Augen verloren. Die Lust auf diese Party ist mir nach dem aufwühlenden Aufeinandertreffen mit Jason ohnehin vergangen, doch dass ich nun auch noch meine Freundin suchen muss, verdirbt mir die Laune endgültig. Es ist einfach erbärmlich, dass ich mich von einem Mann derart erregen lasse, der mich offensichtlich nicht will, sondern nur mit mir spielt.

Die Tatsache, dass ich ihn nicht haben kann, peitscht mein Begehren jedoch nur noch weiter auf, und die Erkenntnis, dass er mit seinen sexuellen Veranlagungen wohl auch sehr erfahren sein muss, macht mich beinahe wahnsinnig. Seit ich seine Wohnung verlassen habe, fühle ich mich völlig überreizt. Es würde mich wohl besser ablenken, hinter meinen Büchern zu sitzen, als zwischen allerhand flirtenden und knutschenden Paaren nach Kelly zu suchen. Vielleicht befindet sie sich doch im übervollen Wohnzimmer des Verbindungshauses ...

»Lara!«

Erstaunt drehe ich mich zu dem erschrocken aufquietschenden Mädchen herum, das ich gerade mit dem Ellbogen zur Seite gedrängt habe, um mich zwischen ihr und irgendeinem schmusenden Paar hindurchzuquetschen. Auch um sie haben sich Arme geschlungen, erkenne ich aus den Augenwinkeln.

»Hey Britney. Hast du Kelly –« gesehen? Anstatt unserer Kommilitonin die Frage zu stellen, erstarre ich.

»Kelly ist glaub mit irgendeinem Kerl raus ...«, erwidert Britney angespannt. Sie windet sich und zeigt auf die gegenüberliegende Seite des Wohnzimmers, wo die Terrassentüren zum Garten hinausgehen. Doch ich ignoriere sie und kann nur den Kerl anstarren, der seine Arme noch fester um sie schlingt, anstatt sie loszulassen, was sie mit ihren schlängelnden Bewegungen wohl erreichen wollte.

»Wie kannst du nur, Britney?«, fauche ich. Der Kerl hat sich halb abgewandt und unterhält sich über die Schulter hinweg mit irgendjemandem. Aber es ist offensichtlich Brian, den ich in intimer Pose mit Britney erwische, und ihre Abwehr scheint seine Aufmerksamkeit zu erregen. »Hey, Babe, sei nicht so ungeduldig. Wir gehen ja gleich hoch!« Lachend dreht er sich um, seine Mimik gefriert. »Lara ...«

»Ja, Lara«, entgegne ich kalt. Ich zittere vor Wut. »Deine dämliche Ex-Freundin, die euch nebenbei erwähnt einander vorgestellt hat.« Mein Blick gleitet zurück zu Britney. Es ist seltsam, aber ihr Verrat kränkt mich beinahe mehr als Brians. »Hätte ich geahnt, dass du scharf auf meinen Freund bist, dann hätten Kelly und ich dich bestimmt nicht gefragt, ob du mit uns allen zusammen in die Disco gehen willst. Dann wäre es mir egal gewesen, dass du so einen einsamen Eindruck auf uns gemacht hast!« Ich will keine Szene machen, echt nicht, trotzdem werde ich immer lauter.

Ich meine – Britney? Für eine Schlampe wie sie, die laut ihren eigenen Angaben bereits mit fünf verschiedenen Kerlen Sex hatte, seit sie das Studium wie ich vor wenigen Monaten begonnen hat, hat Brain mich letztendlich verlassen?

»Sei nicht sauer, Lara. Wir hatten noch nichts miteinander, als wir noch zusammen waren«, antwortet Brian an Britneys Stelle, als könnte er meine Gedanken lesen. Als ob das noch eine Rolle spielen würde! Ich balle meine Hände zu Fäusten und unterdrücke den Drang, ihm eine Ohrfeige zu verpassen. Das hier ist so was von demütigend! Denn so ziemlich jeder hier weiß, wie Britney tickt.

»Keine Sorge, es ist mir völlig egal, wann und wo ihr zueinander gefunden habt und was euch verbindet. Irgendwie verdient ihr einander. Aber ich hätte zumindest erwartet, dass ihr so viel Taktgefühl besitzt, euch nicht gleich auf der nächsten Party nach unserer Trennung zu bespringen!« Höhnisch schnaubend mustere ich die beiden und lasse sie einfach stehen.

»Lara, warte«, ruft Brian mir hinterher. Doch ich schiebe mich hastig weiter durchs Wohnzimmer voran und fummle in meiner Tasche nach meinem Smartphone. Für heute reicht es mir endgültig!

Erst als ich durch die Terrassentür ins Freie trete, habe ich genügend Platz, um mein Handy herauszuziehen. Von Kelly ist auch hier draußen nichts zu sehen. Ich entferne mich weiter vom Eingang zum Haus und dem Lärm der Party, um in Ruhe telefonieren zu können. Doch als ich über den Bildschirm streiche, tut sich nichts. Super, Akku leer ... »Kelly?«, rufe ich leise in die Dunkelheit des Gartens.

Ich will sie und Dean nicht bei einem vertraulichen Gespräch stören, aber einfach abhauen will ich auch nicht. Deshalb taste ich mich leise den verschlungenen Weg voran, um weiterzusuchen. Vielleicht kann ich ihr ja diskret zu verstehen geben, dass ich jetzt gehe, ohne dass Dean etwas davon mitbekommt – hinter seinem Rücken winken oder so.

Vorsichtig, damit ich mir im Dunkeln nicht noch den Knöchel verstauche, gehe ich die Stufen zu einer tieferliegenden Rasenebene hinunter. Unter einer Laterne auf einer Bank sitzend finde ich meine Freundin und ihren Schwarm schließlich. Naja, sitzen kann man das eigentlich kaum noch nennen ...

»Na schau mal einer an, da hast du wohl deine mutige Seite wiederentdeckt«, murmle ich sarkastisch und ziehe mich automatisch hinter einen Busch zurück. Keine Ahnung, warum ich das tue. Kaum etwas ist mir mehr zuwider, als mir Freunde oder Bekannte beim Sex vorzustellen. Dennoch kann ich einfach nicht anders, als Kellys angespanntes Gesicht zu fixieren, während sie sich mit gespreizten Beinen langsam auf Deans Schoß auf und ab bewegt.

Es ist nicht wirklich etwas zu sehen, nicht mal seinen Schwanz kann ich unter Kellys Rock erkennen. Dennoch heizt die Anspannung mir ein, die die Luft um die beiden zu verdichten scheint. Ein anregendes Kribbeln rieselt durch mich hindurch und sammelt sich warm in meinem Schoß.

»Na komm schon, Dean, sie will es«, sporne ich ihn leise an. Seine Hände liegen auf ihren Hüften, ruhelos wirft er den Kopf in den Nacken. Dennoch hält er sich zurück, anstatt sie zu schnelleren Bewegungen zu drängen. Sein Begehren nimmt mich mit. Alles in mir spannt sich an, als würde ich mit ihm zusammen Erlösung finden, wenn er bekommt, was er braucht.

Doch anstatt es Dean zu geben, verlangsamt meine Freundin ihre Bewegungen, beugt sich zu ihm hinunter und küsst ihn. Er mag sie, das kann ich an der Hingabe erkennen, mit der er sich ihrem Kuss hingibt. Doch sie scheint seine Sehnsucht damit auch weiter aufzupeitschen.

Ich will nicht, aber ich schaue hin. Ich brauche es. Ich will den Moment sehen, in dem sie mit ihrer Ruhe zu weit geht. Den Augenblick, in dem seine Zurückhaltung zerbricht. Sein angespannter Körper sagt mir alles. Jeder Muskel an ihm wirkt verkrampft, und wenn Kelly noch weiter so langsam macht, dann wird er es irgendwann nicht mehr aushalten, sie packen und ficken, bis er wieder Herr seiner Sinne ist. Das will ich sehen: Gier, Lust, blankes Verlangen. All das will ich in ihren Augen erkennen, wenn er sie nimmt und bis zum Höhepunkt treibt.

»Oh Mann, jetzt mach schon«, stöhne ich leise. Meine Perle pocht. Besänftigend presse ich eine Hand zwischen meine Beine und keuche leise. Fuck, fühlt sich das gut an. Auf eine erregende Weise verboten – wie in den Situationen mit Jason.

»Kelly«, stöhnt Dean leise und schiebt sie von sicher herunter. Für einen kurzen Moment kann ich seinen aufgerichteten Penis sehen, bevor er ihn in seiner Hose verstaut. Meine Vagina zieht sich begehrlich zusammen. Ich glühe. »Verdammt, was tust du? Fick sie«, flüstere ich verzweifelt.

»Was ist?«, fragt Kelly verwirrt und beinahe so verzweifelt wie ich. Dean nimmt sie an der Hand und zieht sie mit sich von der Bank. »Ich wollte eigentlich nur mit dir reden, darum habe ich dich auch nicht mit auf mein Zimmer genommen. Ich meine, ich mag dich. Ich will nicht nur mit dir ins Bett, und ich hätte nicht gedacht, dass du gleich so rangehst.«

Oh mein Gott, wie süß ist das denn? Treuherzig wie ein Hundewelpe schaut er Kelly an. Sie lacht erleichtert, stellt sich auf die Zehenspitzen und haucht ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. »Ich mag dich auch. Gerade deshalb kann ich es gar nicht erwarten, mit dir ins Bett zu kommen. Vielleicht sollten wir jetzt auf dein Zimmer gehen?«

Ich ducke mich noch weiter hinter die Büsche, als sie Hand in Hand an mir vorbeigehen. Nein ... Sehnsüchtig starre ich ihnen hinterher. Mein ganzer Körper fühlt sich heiß und völlig überreizt an. Dennoch schäme ich mich, wie ich mit einer Hand zwischen meinen Beinen hier stehe und mir zutiefst wünsche, meiner Freundin und ihrem neuen Freund weiter zusehen zu können. Wieso kann ich einfach nicht damit aufhören? Das ist wirklich nicht normal. Wie oft habe ich das in den letzten Tagen eigentlich schon gedacht?

Blinde Lust | Erotischer Roman

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