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Eine ganz normale Familie
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Tag 58
Erkirch, Deutschland
Wulf Riemann wohnte mit seiner Frau Susanne und Tochter Elisa ebenfalls in Erkirch, allerdings am Rand der Kleinstadt in einem Neubaugebiet.
Sie fuhren in Hannahs Corsa hin, was Tucker stoisch ertrug. Das Auto war ihm eindeutig zu klein und eng, doch er setzte sich friedlich neben Hannah, die darauf bestand, selbst zu fahren.
Leroy hockte entspannt auf dem Rücksitz und nutzte die Gelegenheit, sich die Gegend anzusehen. Er war beeindruckt, wie sauber und gepflegt es in dem Ort war, doch er war sich ziemlich sicher, dass er sich hier niemals wohl fühlen würde. Alles war eng und roch nach Mensch. Nach Zivilisation. Er vermisste jetzt schon die Wälder von Minnesota.
Das freistehende Haus von Wulf Riemann war deutlich größer als Hannahs Reihenhaus und auch moderner. Der umliegende Garten grenzte an den anschließenden Wald und war offensichtlich als Paradies für die kleine Elisa angedacht. Ein Sandkasten stand geschützt zwischen einigen Büschen und daneben erhob sich eine Kinderrutsche. Das Haus schien eine wohltuende Ausnahme zu sein, was den Abstand zu den Nachbarn anging.
Hannah wippte nervös auf den Fußballen, während sie wartend vor der Haustür standen.
Zum ersten Mal würden ihr Sohn und seine Frau einem Wolf gegenüberstehen (auch wenn sie das noch nicht wussten) und dann auch noch zusätzlich ihrem zukünftigen Ehemann.
Leroy blieb im Corsa zurück und behielt die Umgebung im Auge.
Tucker stand breit hinter ihr und witterte das Umfeld ab. Noch roch nichts nach Wolf, nur nach Mensch. Das war schon mal beruhigend.
Hannahs Sohn öffnete die Tür und blickte überrascht auf seine Mutter hinunter, die ihn verlegen angrinste.
„Hallo, mein Großer. Ich weiß, ich hätte uns anmelden sollen, aber irgendwie war keine Zeit dafür. Dürfen wir reinkommen?“
Er sah auf Tucker und die beiden Männer taxierten sich ausgiebig. Wulf Riemann trug eindeutig Dierolf-Gene in sich, zumindest was die rotbraunen, kurz geschnittenen Haare anging. Er war groß, schlank, mit athletischer Figur und seine grünen Augen funkelten Tucker misstrauisch entgegen.
Hannah sah von einem zum andern und schnaufte dann.
„He!“
Sie stieß jedem der beiden die Faust in den Bauch, so dass sie zusammenzuckten und auf sie hinuntersahen.
„Das reicht jetzt wirklich. Ihr seid beide keine pubertierenden Teenies mehr, die sich gegenseitig die - äh – Muskeln zeigen müssen – hoffe ich jedenfalls. Wulf, wenn’s gerade nicht passt, kommen wir gerne ein anderes Mal.“
„Red keinen Blödsinn, Mom.“
Ihr Sohn grinste schief und zog sie an sich. Dann schob er sie wieder von sich und betrachtete sie noch einmal.
Er runzelte die Stirn.
„Du siehst – gut aus. Das war vor ein paar Tagen aber noch ganz anders!“
Sie grinste und küsste ihn auf die Nase. Wulf hatte natürlich recht. Noch vor wenigen Tagen hatte sie furchtbar ausgesehen. Zerschlagen, verschwollen und übersät mit Wunden. Das ganze Ausmaß ihrer körperlichen Verwüstung hatte er zwar nicht sehen können, doch mit Sicherheit genug, um sich jetzt zu wundern. Denn nichts deutete mehr auf ihre Verletzungen hin. Doch das konnte sie ihm schlecht erklären. Zumindest jetzt noch nicht. Also half nur eine vage Ausrede.
„Ich hab‘ doch gesagt, dass die Ärztin sich bestimmt verschätzt.“
„Hannah?“ Susi Riemann trat aus dem Wohnzimmer, in den Armen die kleine Elisa, und half ihrer Schwiegermutter ungewollt aus ihrer Misere.
Hannahs Grinsen verbreiterte sich.
„Susi, Töchterchen, und meine süüüße Elisa.“
Sie löste sich aus Wulfs Armen und eilte auf ihre Schwiegertochter zu. Susi lächelte überrascht, als sie stürmisch umarmt wurde. Elisa krähte protestierend und wedelte mit geballten Fäusten vor Hannahs Augen herum. Diese lachte nur und strich sanft über das Babygesicht.
„Ich habe euch so vermisst“, flüsterte sie.
Wulf sah wieder zu Tucker, der bis jetzt noch kein Wort gesagt hatte.
„Willkommen in Deutschland, Mr. O’Brian“, meinte er und hielt ihm die Hand hin. Dieser ergriff sie und erwiderte den kräftigen Druck.
„Tucker“, brummte er. „Sonst muss ich mir von deiner Mutter wer weiß was anhören..“
Wulf grinste mitfühlend und nickte. „Schon klar.“
Die Männer folgten den Frauen ins Wohnzimmer.
Tucker sah sofort, dass Wulf einen völlig anderen Lebensstil pflegte als seine Mutter. Oder war seine Frau die Verursacherin?
Die Wohnung war tipptop gepflegt, hell und freundlich.
Er sah zu Susi, die fröhlich mit Hannah und Elisa lachte. Sie war blond, blauäugig und so menschlich, wie nur irgendjemand sein konnte. Das krasse Gegenteil von Wolf. Ein Sonnenstrahl in der Familie Riemann/Dierolf.
Die Vorstellung, dass dieser Sonnenstrahl schnell verlöschen konnte, ließ in Tucker Ärger und Trauer aufsteigen.
Rasch verdrängte er diese Gefühle. Das vergnügte Krähen von Elisa ließ ihn wieder aufmerksam werden. Neugierig trat er näher und betrachtete das kleine Geschöpf, das inzwischen in Hannahs Armen gelandet war, und ihm quietschend eine Minifaust entgegenstreckte.
Der letzte Zweifel verließ Tucker, als er in die grünen funkelnden Augen blickte.
Elisa war ein Wolf. Er war sich absolut sicher.
Sein Handy gab einen Alarmton von sich. Wortlos zog er es und nahm das Gespräch an.
„Hallo Martinak. – Jetzt gleich? – Na gut.“
Er sah Hannah an.
„Ich muss los. Martinak wird nicht locker lassen. Leroy bleibt hier bei dir.“
Als er ihre besorgte Miene sah, lächelte er beruhigend.
„Mach dir keine Sorgen. Bryan hat mir versichert, dass Martinak uns keinen Ärger machen wird.“
Hannah reichte Elisa wieder an Susi und schlang die Arme um seinen Hals.
„Bitte sei vorsichtig“, flüsterte sie ihm ins Ohr. Er erwiderte ihre Umarmung kurz, schob sie dann aber zurück.
Er sah zu Wulf.
„Tut mir leid, ich muss geschäftlich weg. Einer meiner Leute wird draußen auf deine Mutter warten und sie heimbegleiten, wenn sie gehen will.“
Wulf begleitete ihn zur Tür.
„Was ist los?“, fragte er leise. „Wozu braucht Mom einen Bewacher? Ist sie in Gefahr?“
Tucker wollte schon verneinen, aber dann zögerte er.
„Ich weiß es nicht“, gab er schließlich zu. „Die Sache in Minnesota war übel und ist noch nicht ausgestanden. Deswegen muss ich jetzt noch mal los. Es schadet jedenfalls nicht, die Augen aufzuhalten.“
„Und auf was? Auf wen muss ich achten?“
Tucker betrachtete ihn aufmerksam. Wulf Riemann blickte angespannt, aber entschlossen. Es wäre dumm, ihn unwissend zu lassen.
„Die Kerle waren Jäger. Wilderer, die alles jagen, was ihnen in die Quere kommt – anscheinend auch Menschen. Die in Minnesota haben wir erwischt. Aber es gibt noch andere und wir wissen nicht, wie viele Informationen die Kerle über die Geschehnisse in Minnesota weitergegeben haben. Wenn wir Pech haben, gerät Hannah wieder ins Fadenkreuz. Mit etwas Glück erhalte ich gleich mehr Informationen.“
Wulfs Miene hatte sich bei Tuckers Worten zunehmend verfinstert.
„Ich will alles wissen!“
Tucker nickte.
„Gut. Aber rede noch nicht mit Hannah darüber.“
Wulf verzog das Gesicht.
„Keine Sorge, ich bin nicht dämlich. – Will dein Leroy nicht besser reinkommen?“
„Nein, er soll draußen die Augen aufhalten. Komm mit, ich stell dich ihm vor.“
Sie traten hinaus und gingen auf Hannahs Auto zu.
Leroy stieg sofort aus und sah neugierig auf den Mann, der Hannahs Sohn war. Die Ähnlichkeit war eindeutig.
„Leroy, das ist Wulf Riemann. Er weiß im groben Bescheid, was die Wilderer angeht. Wulf, das ist Leroy Carr. - Leroy, du bleibst hier und sicherst die Gegend. Martinak lässt mich abholen, keine Ahnung, wie lange das dauert. Wenn irgendetwas verdächtig erscheint, meldest du es erst Martinak, dann mir. Und falls Bolender hier auftaucht, oder einer seiner Männer, lässt du ihn nicht ins Haus und informierst mich sofort.“
Leroy grinste.
„Keine Sorge Boss, die kommen nicht an mir vorbei.“
„Wer ist Bolender und wer Martinak?“, verlangte Wulf zu wissen, doch Tucker schüttelte den Kopf.
„Das erkläre ich dir später. Aber vor Bolender musst du dich und deine Familie hüten. Er ist keinesfalls dein Freund. – Ah, da kommt schon meine Eskorte.“
Er nickte den beiden Männern noch einmal zu und trat auf den SUV zu, der vor Hannahs Wagen hielt.
Wulf blinzelte überrascht, als er den riesigen Mann zu Gesicht bekam, der aus dem Wagen stieg und die hintere Wagentür aufriss. Dieser Kerl sah eindeutig nicht freundlich aus, und wenn er es richtig gesehen hatte, war er bewaffnet. Und der Kerl am Steuer wirkte genauso gefährlich.
Tucker stieg ohne zu zögern in den Wagen, der auch sofort wieder abfuhr.
„Verdammt“, murmelte Wulf. „Was waren denn das für Kerle?“
Leroy grinste schräg.
„Krieger, Mann. Denen kommt man besser nicht in die Quere. Aber keine Sorge, Tucker kennt sich mit denen bestens aus.“
Wulf schnaufte.
„Soll mich das jetzt beruhigen?“
Leroy grinste immer noch.
„Solange sie auf unserer Seite stehen, sollte es das, ja. Wenn sie sich entscheiden, die Seite zu wechseln, dann kannst du dir Sorgen machen. Aber wie gesagt, Tucker weiß, wie man sie zu nehmen hat.“
„Wulf?“ Susi stand in der Haustür. „Kommst du? Du könntest mir in der Küche helfen.“
Wulf verzog das Gesicht und nickte Leroy zu.
„Wenn du was brauchst, melde dich einfach.“
Leroy nickte zurück und sah ihm nach.
Hannahs Sohn gefiel ihm. Tucker hatte recht. Dieser junge Mann war so sehr Wolf, auch wenn er nicht danach roch, dass er ihn, wenn er ihm zufällig irgendwo begegnet wäre, sofort als Wolf eingeordnet hätte.
Es war eigentlich ein Wunder, dass noch keiner von Bolenders Leuten auf ihn gestoßen war.
Stützpunkt der Europe-Security, Deutschland
Die Autofahrt war nicht so lang, wie O’Brian befürchtet hatte. Bereits nach einer Stunde hielt der Wagen auf einem abgelegenen Anwesen nördlich von Augsburg.
Als Tucker ausstieg und sich umsah, drang ihm sofort der Geruch nach Wolf in die Nase. Anscheinend wurde dieser Ort öfters von den Kriegern als Treffpunkt genutzt.
Das Anwesen bestand aus einem großen Haupthaus und einer riesigen Scheune. Alles wirkte unbewohnt, aber nicht verfallen.
Tucker folgte einem der Kriegerwölfe ins Haus. Konzentriert nahm er alles an Eindrücken in sich auf. Es schadete nie, sich mit solchen Örtlichkeiten vertraut zu machen. Bryan würde sehr interessiert an allen Details sein. Soweit O’Brian wusste, akzeptierten die beiden Krieger-Leitwölfe sich zwar, betrachteten sich aber durchaus mit Misstrauen.
Es war klar, dass seine Loyalität dem Chief des Minnesota-Rudels galt – und das wusste auch Martinak.
Tucker war wirklich gespannt auf diesen Chief. Er hatte schon viel von ihm gehört, doch seltsamerweise hatten sich ihre Wege bisher nie gekreuzt. Selbst auf den Leitwolf-Treffen in Europa nicht, da Martinak dort nur in Ausnahmefällen erschien. Vermutlich, um die latent aggressive Stimmung, die immer bei solchen Zusammenkünften herrschte, nicht noch mehr zu schüren.
Keine Minute später trafen sie sich in einem tristen, unmöblierten Raum, der nur von einer funzeligen Glühbirne erleuchtet wurde. Entschieden kein Zimmer zum Wohlfühlen.
Bogdan Martinak war eindeutig Kriegerwolf. Groß, breit, dunkel, mit schwarzen, kurz geschorenen Haaren und slawischen Gesichtszügen. Der Pole, wie ihn viele auch nannten, sah ihn mit einer Intensität an, die Tucker normalerweise hätte schrumpfen lassen, doch er kannte Chief Bryan und hatte dessen Blick ertragen gelernt.
Martinak runzelte leicht die Stirn, als Tucker aufrecht vor ihm stehen blieb und seinen Blick geduldig über sich ergehen ließ. Dann verzog er sein Gesicht zu einem anerkennenden Lächeln.
„Tucker O’Brian. Ich habe schon eine Menge von dir gehört. Bryan meint, du wärst der anstrengendste und eigenwilligste Rudelführer von allen in seinem Bezirk. Und wenn ich mir so anhöre, was du hier abziehen willst, kann ich dem nur beipflichten. Du hast Bolender also schon getroffen. Weiß er Bescheid?“
„Noch nicht“, gab Tucker zu. „Ich wollte mir erst selbst ein Bild von Dierolfs Familie machen.“
„Und?“
„Hm.“
Tucker musterte den Chief der Europe Security. Aber ihm blieb nichts anderes übrig, als diesem Rede und Antwort zu stehen. Mit Kriegerwölfen verscherzte man es sich einfach nicht. Das wäre mehr als dumm.
„Die kleine Elisa ist Wolf. Beinahe hundertprozentig. Ich schätze, es wird nicht mehr lange dauern, bis sie sich wandelt. Hannahs Tochter habe ich noch nicht gesehen, aber Wulf, ihr Sohn, – ich verstehe noch nicht, warum er kein Wolf ist. Alles an diesem jungen Mann schreit danach. Das ist auch der Grund, warum ich bei seiner Tochter nicht hundertprozentig sagen will. Vermutlich wäre ich mir bei ihm genauso sicher gewesen.“
Martinak hatte ihn nicht ein Mal aus den Augen gelassen und seinen Worten aufmerksam gelauscht.
„Und wie willst du Bolender überzeugen?“
Tucker hob die Schultern.
„Das hängt davon ab, wie er reagiert. Viele Optionen habe ich leider nicht. Eine wäre, die Familie nach Minnesota zu holen.“
„Darauf wird er sich nicht einlassen.“ Martinak schüttelte den Kopf. „Bolender ist ausgesprochen territorial. Und er wird Dierolfs Urenkelin für sich beanspruchen. Schon allein, um ein Druckmittel gegen Bernart zu haben.“
„Ich weiß. Deswegen will ich erst noch an Dierolf herankommen. Du kennst ihn, vermute ich mal.“
Martinak grinste sarkastisch.
„Allerdings, der Bastard ist wie Quecksilber. Wenn du ihn finden willst, wirst du eine Menge Register ziehen müssen. Und da ich bereits schon alle gezogen habe, wüsste ich nicht, welche du noch nutzen könntest.“
„Ich habe seine Tochter“, merkte Tucker sanft an. „Und er hat sich schon gemeldet.“
Der Kriegerwolf starrte ihn überrascht an.
„Er hat was?“
„Er hat bei Hannah auf den Anrufbeantworter gesprochen. Sie hat seine Stimme sofort erkannt.“
„Verdammt.“ Martinak wirkte beeindruckt. „Du weißt, dass Bolender seinen Kopf will?“
„Hm, und du? Wie stehst du zu ihm?“
Martinak verschränkte die Arme und blickte eine Zeitlang zu Boden. Dann sah er wieder auf.
„Wir sind eine Weile zusammen gelaufen. In Polen und von da aus rüber nach Russland und durch die angrenzenden Gebiete. Wir waren ein ziemlich wilder Haufen damals und Dierolf hat mitgehalten – aus purem Trotz.“
„Er ist mit Kriegerwölfen gerannt?“ Tucker schüttelte ungläubig den Kopf. „Wie kam das?“
Martinak grinste.
„Eine Wette. Und dieser zähe Bastard hat gewonnen. Zum Schluss war er zwar ziemlich mitgenommen, aber das hätte er niemals zugegeben. Bist du dir sicher, dass du ihn als Schwiegervater haben willst? Er wird sich von dir nichts sagen lassen. Eher im Gegenteil. Bis jetzt haben sämtliche Leitwölfe, die ich kenne, den Schwanz vor ihm eingezogen. Sogar Bolender. Deswegen hasst Albin ihn aus tiefstem Herzen. Und Dierolf verachtet ihn im Gegenzug genauso sehr. Mach dir den einen zum Freund, dann hast du den anderen automatisch als Feind, mein Wort drauf.“
Tucker schwieg. Es war nicht gerade aufbauend, dass seine eigenen Befürchtungen bestätigt wurden. Er ballte die Faust.
„Ich habe keine Wahl“, meinte er ruhig. „Ich werde mit beiden reden und sehen, was sich daraus ergibt.“
Martinak nickte zustimmend.
„Gut, ich werde dir nicht in die Quere kommen. Aber jetzt möchte ich wissen, was in Minnesota los war. Und zwar alles!“
Das war zu erwarten gewesen. Tucker nickte und begann mit seinem Bericht.
Erkirch, Deutschland
Gegen Mittag fing Hannah an, sich zu langweilen. Wulf und Susi bereiteten in der Küche das Mittagessen zu und Elisa lag inzwischen im Kinderbettchen und schlief ihren seligen Babyschlaf. Eine Zeitlang hatte Hannah sie im Schlaf betrachtet und sich vorgestellt, wie es sein würde, einen Welpen groß zu ziehen. Aber es fiel ihr sehr schwer, zumal noch völlig unklar war, ob sie alle die nächsten Tage heil überstehen würden.
Irgendwann verließ sie leise das Kinderzimmer und trat an die Terrassentür. Es war kein schönes Wetter. Der Oktober war genauso kalt und ungemütlich, wie er sein sollte. Leichter Nieselregen fiel vom grauen Himmel und ließ es kälter erscheinen, als es tatsächlich war.
Trotzdem, sie brauchte frische Luft. Also warf sie sich ihre Jacke über und betrat den Garten. Er wirkte etwas trostlos und die Erde war matschig.
Kurz zögerte sie. Susi würde mit Sicherheit und zu Recht schimpfen, wenn sie ihre Schuhe mit Gartenerde verschmierte. Ein leiser Pfiff ließ sie hochsehen.
Ihr Mund klappte vor Verblüffung herunter.
Dort hinterm Zaun stand Bernart Dierolf! Ihr Vater.
Genau so, wie sie ihn in Erinnerung hatte.
Ihre Erstarrung währte nur kurz. Automatisch setzte sie sich in Bewegung und wurde immer schneller. Der niedrige Gartenzaun war kein Hindernis. Sie flog ihm in die Arme, wie sie es schon immer getan hatte.
Bernart Dierolf umschlang sie und presste sie an sich.
„Mein Mädchen“, murmelte er in ihre Haare. „Komm. Wir verschwinden von hier.“
Hannah hob den Kopf.
„Pa, du musst ...“
„Nicht jetzt. Wir müssen fort von hier.“
„Aber ...“
„Hannah!“ Leroys Stimme drang durch den Regen. Er rannte außerhalb des Gartens um den Zaun herum auf sie zu.
Dierolf packte Hannah am Arm und rannte los.
„Lauf!“
Sein Befehl war so bindend, dass Hannahs Beine sich sofort in Bewegung setzten. Ein kurzer Blick nach hinten zeigte ihr Leroy, der mit verkniffenem Gesicht hinterherkam.
„Verdammt, Hannah“, brüllte er. „Bleib stehen!“
Dierolfs Griff an ihrem Arm wurde fester.
„Renn!“, befahl er grimmig. „Er hat kein Recht, dir Befehle zu erteilen.“
„Er ist ein Freund“, keuchte Hannah.
„Darüber reden wir gleich. Jetzt rennst du.“
Leroy war schnell, und zwar deutlich schneller als Hannah. Bevor er die beiden Fliehenden erreichte, blieb Dierolf unvermittelt stehen, und wendete sich ihm zu.
Hannah torkelte unkontrolliert weiter, als er sie plötzlich losließ. Die Männer krachten zusammen, doch Dierolf war darauf vorbereitet und erwischte Leroy mit der Faust im Magen. Der Wolf sackte mit einem Ächzen in die Knie und erhielt einen Hieb im Nacken, der ihn vollends niederstreckte.
Hannah schrie erschrocken auf.
„Leroy!“
Ihr Schrei brach ab, als Dierolf sie am Arm packte und vorwärts zerrte.
„Er wird es überleben“, knurrte er und rannte wieder los.
Es dauerte nur kurze Zeit, bis sie seinen Wagen erreichten.
Dierolf riss die Wagentür auf und schob Hannah hinein. Dann sprang er ohne Verzug über die Kühlerhaube und setzte sich ans Steuer. Kaum war er angefahren, da torkelte Leroy mit wutverzerrtem Gesicht hinter ihnen auf die Fahrbahn. Bernart Dierolf gab Gas und ließ den angeschlagenen Wolf hinter sich stehen.
Hannah sah besorgt zu Leroy zurück, der die Hand noch auf den Bauch gepresst hielt und dem Wagen mit geballter Faust hinterher sah.
Stützpunkt der Europe-Security, Deutschland
Als Tuckers Handy klingelte, runzelte er die Stirn, doch Martinak nickte nur, so dass er einen Blick aufs Display warf. Leroy.
Er nahm das Gespräch an. Eine keuchende Stimme drang an sein Ohr.
„Dierolf. Er hat Hannah.“ Ein Husten ließ Leroy nach Luft ringen. „Die zwei sind mit ‘nem Wagen weg. Ich –“, wieder musste er husten. „Tut mir leid, Boss, der Mistkerl hat mich echt ausgeknockt.“
Tucker schloss die Augen und murmelte einen leisen Fluch.
„Geh zurück“, befahl er. „Und pass auf ihren Sohn auf. Erklär ihm aber noch nichts und warte, bis ich da bin.“
Dann blickte er zu Martinak, dem kein Wort entgangen war.
„Ich muss zurück.“
Der Chief nickte.
„Das geht in Ordnung. - Bist du dir sicher, dass Hannah Riemann auf deiner Seite steht und nicht auf der von Bernart Dierolf?“
Tucker O’Brian holte tief Luft.
„Vor allem steht sie auf der Seite ihrer Kinder. Sie wird alles dafür tun, dass Dierolf mit mir reden wird. Da bin ich mir sicher. Wenn ihren Kindern etwas passiert, – dann werde ich sie verlieren. An wen auch immer.“
„Hm, wollen wir hoffen, dass Dierolf sich überreden lässt. Eine Frage wirst du mir noch beantworten müssen. Du weißt von dem Kriegerwolf, den mir Bryan geschickt hat?“
„Er hat ihn erwähnt“, antwortete Tucker vorsichtig.
„Du kennst ihn?“
„Cathal? Nicht besonders gut. Er ist ein Einzelgänger und nicht sehr gesprächig. Er war bei dem Trupp, der Hannah gerettet hat.“
„Ist er ein guter Mann?“
Tucker zog die Augenbrauen hoch.
„Hat er Ärger gemacht?“
Martinak knurrte unwillig.
„Nein, nicht direkt, aber ich mag Einzelgänger nicht besonders. Sie sind unberechenbar. Und dieser Cathal ist wirklich kein Quell an Informationen.“
Tucker grinste verständnisvoll.
„Er ist zwar kein Teamplayer, aber ich habe gehört, dass er gründlich ist. Doch ich bin nicht unparteiisch. Er hat einen der Wilderer erlegt, als der auf meine Hannah gezielt hat. Insofern bin ich ihm äußerst dankbar.“
Martinak schien nicht zufrieden mit dieser Antwort, aber er winkte dem Wolf, der die ganze Zeit an der Tür gestanden hatte.
„Bringt ihn zurück!“ Zu Tucker gewendet: „Ich habe ein paar Teams auf die Wilderer angesetzt. Falls dir noch was einfällt, melde dich. Ich will diesen ganzen Mist so schnell wie möglich hinter mich bringen. Und versuch‘ das mit Bolender möglichst ohne Mord- und Totschlag hinzukriegen. Ich räume ungern hinter Wolfszwistigkeiten auf.“
„Ich werde mir alle Mühe geben“, brummte Tucker und seiner grimmigen Miene war anzusehen, dass er es äußerst ernst meinte.
Erkirch, Deutschland
Dierolf steuerte den Wagen über Straßen und Wege, die Hannah niemals gefunden hätte, obwohl sie schon sehr lange in dieser Gegend wohnte. Schließlich hielt er auf einem einsamen Waldparkplatz und schaltete den Motor aus.
Einige Minuten blieben sie schweigend nebeneinander sitzen.
Hannahs Atem hatte sich inzwischen wieder normalisiert und sie hielt die Augen geschlossen. In ihr tobte ein Kampf zwischen Glückseligkeit, Wut und Frustration. Glück, ihren Vater wieder zu haben, Wut, dass er sie im Stich gelassen hatte und Frustration über die Tatsache, dass sie Leroy ausgetrickst hatte. Sie mochte ihn und Tucker würde ihm mit Sicherheit die Hölle heiß machen, dass er sie hatte entwischen lassen.
„Hannah!“ Dierolf Stimme klang angespannt. „Sieh mich an! Rede mit mir!“
Sie presste die Lippen zusammen.
„Hannah, ich weiß, dass du wütend auf mich bist. Und damit hast du auch sicherlich recht. Aber jetzt müssen wir reden.“
„Ach, auf einmal?“, platzte es aus Hannah heraus. „Jahrelang bist du einfach verschwunden, ohne Erklärung, und dann erwartest du, dass ich das einfach so schlucke? Dass du Mama und mich im Stich gelassen hast?“
Er atmete tief durch.
„Sieh mich an!“
Sie konnte nicht anders als ihm zu gehorchen. Erschüttert stellte sie fest, dass seine Stimme genauso suggestiv war wie Tuckers.
„Ich hatte meine Gründe.“ Seine Augen funkelten sie entschlossen an. „Und ich werde sie dir auch erklären, aber jetzt will ich hören, ob du wirklich weißt, mit wem du unterwegs bist.“
Sie betrachtete sein Gesicht, das ihr so vertraut war. Sein energisches Kinn, die hageren Gesichtszüge und dieser brennende Blick. Er war unverändert geblieben, doch nun, wo sie ihn mit den Augen einer Erwachsenen betrachtete, war er nicht mehr der strahlende Prinz, den sie so geliebt hatte.
Dierolf war groß. Größer als Tucker, doch nicht so breit gebaut. Er wirkte eher asketisch, doch seine Haltung, seine Miene hatten eine Strahlkraft, die einen in Bann schlug.
Wieder verglich sie ihn mit Tucker, doch sie konnte nicht sagen, vor wem sie mehr Angst gehabt hätte, – wenn diese beiden sie nicht lieben würden.
„Natürlich weiß ich das“, antwortete sie schließlich ruhig. „Ich reise mit Tucker O’Brian, dem Rudelführer des Minnesota-Rudels und meinem zukünftigen Ehemann.“
Er starrte sie an.
„Verdammt!“
Seine Faust krachte so plötzlich auf das Armaturenbrett, dass Hannah erschrocken zusammenzuckte.
Dann schwieg er eine Zeit lang.
„Seit wann weißt du von – Wölfen?“
„Hm, seit etwa neun Tagen.“
Jetzt war er tatsächlich überrascht.
„So kurz? Und du willst diesen Wolf heiraten? Verdammt, Mädchen, weißt du, was du dir da antust?“
Hannah funkelte ihn an.
„Mittlerweile hab‘ ich’s begriffen, ja. Aber es wäre hilfreicher gewesen, wenn ich vorher von Wölfen gewusst hätte. Warum hast du uns nie davon erzählt? Warum hast du uns verschwiegen, dass du ein Wolf bist?“
Er ballte die Fäuste.
„Es ging nicht, Hannah. Wenn du davon erfahren hättest – und wenn die anderen Wölfe von dir gewusst hätten ... Verdammt, Hannah. Wir wollten dich vor dieser Welt schützen! Sie ist nicht gut für Menschen! Du hättest niemals dein Leben so leben können, wie du es gewollt hättest!“
Jetzt war es Hannah, die ihn mit großen Augen anstarrte.
„Wir? Du meinst – Mama hat es gewusst?“
Er schloss die Augen.
„Ja“, gab er zu. „Sie wusste es. Ich hätte sie sonst niemals als Partnerin gewinnen können. Sie hat schnell gemerkt, dass ich etwas vor ihr verbarg, und hat mich vor die Wahl gestellt.“
Er sah Hannah mit einem gequälten Gesichtsausdruck an.
„Ich habe sie geliebt, Hannah. Ich wollte sie nicht verlieren. Aber ich wollte sie auch nicht dazu zwingen, in einem Rudel zu leben.“
„Du wolltest nicht in einem Rudel leben“, sagte Hannah leise. „Sie hätte es für dich getan, aber du wolltest es nicht.“
Nach einigem Zögern nickte er.
„Ja, du hast recht. Aber glaube mir, ich weiß, wie menschliche Frauen in einem Rudel behandelt werden, und das konnte ich deiner Mutter nicht antun.“
„Also habt ihr heimlich eine Familie gegründet – und mich außen vor gelassen.“
Sie konnte nicht verhindern, dass ein anklagender Ton in ihrer Stimme lag.
„Verdammt, Mädchen, ich habe dir gerade erklärt, warum. Ich musste dich vor dieser Welt schützen. Erst recht, als klar war, dass du kein Wolf wirst. Dafür habe ich dir alles beigebracht, was dir beim Überleben helfen kann. Das sollte dir ja wohl nicht entgangen sein. Und ich habe dich nicht vergessen. Ich habe dich all die Jahre beobachtet und über dich gewacht!“
„Pa, es geht nicht mehr um mich!“
Er runzelte die Stirn.
„Es geht um meine Kinder!“
„Deine Kinder sind nicht Wolf, Hannah.“
„Nein, sind sie nicht. Aber Elisa, meine Enkeltochter!“
Er schüttelte den Kopf.
„Nein, das ist noch nicht klar.“
„Pa!“
Er zuckte bei ihrem Tonfall zusammen.
„Tucker sagt, dass sie Wolf ist!“
„Das kann er nicht wissen!“
„Er sagt, dass er es kann. Er hat es schon vermutet, als sie nur kurz auf dem Bildschirm zu sehen war. Jetzt, wo er sie vor sich hatte, ist er sich absolut sicher. Ich hab es in seinem Gesicht gelesen.“
Seine Miene war wie erstarrt.
„Sie werden alle töten“, sagte Hannah leise. „Alle meine Kinder. Das weißt du.“
Wut flammte in seinen Augen hoch.
„Sagt das O’Brian, ja? Wird er das übernehmen? Wird er deine Kinder umbringen?“
„Nein“, sagte sie ruhig. „Er will uns helfen.“
Er lachte auf.
„Ach, und wie? Verdammt, Hannah, er wird es Bolender erzählen. Er muss es ihm erzählen. Und dieses verdammte Wolfspack kennt nur eine Regel: Menschen umbringen, wenn sie nicht bereit sind, ein Sklavendasein zu fristen. Und dein O’Brian steht als Leitwolf da ganz oben an der Spitze.“
Jetzt wurde auch Hannah wütend.
„Du kennst Tucker nicht. Du hast ihn nie getroffen. Er hat mir versprochen alles zu tun, dass meine Familie am Leben bleibt.“
„Ach, hat er das, ja? Hannah, diese Kerle versprechen einer Frau alles, wenn diese dafür die Beine breit macht. Und wenn es dann nicht klappt, wenn deine Kinder trotzdem sterben, heißt es: Tut mir leid, aber ich habe ja alles versucht.“
„Das wird er nie tun! Tucker O’Brian tötet Menschen, das stimmt. Ich hab es selbst gesehen! Aber er hat es getan, um mir das Leben zu retten. Du verdammter Idiot!“ Mittlerweile standen ihr Tränen in den Augen. „Er hat mir zweimal das Leben gerettet und dafür getötet. Und ich weiß, dass er es jederzeit wieder tun wird, wenn es nötig ist. Aber er würde niemals meine Kinder angreifen!“
Bernart Dierolf atmete tief durch und wurde ganz ruhig.
„Was ist passiert, Hannah? Was ist da drüben in Minnesota geschehen?“
Mit starrer Miene lauschte er Hannahs Erzählung. Sie berichtete von ihren Begegnungen mit den Bewohnern von Dark Moon Creek. Wie sie die Wölfe registrierte, die sie ständig beschatteten, und von ihren Begegnungen mit den Wilderern. Sie sparte sich die Details. Niemals wieder wollte sie über die entsetzlichsten Stunden ihres Lebens reden. Doch ihre Andeutungen verrieten dem Wolf mehr, als sie ahnte. Er roch ihre Angst und ihre Panik, die leise im Hintergrund lauerte, und musste schwer an sich halten, um nicht in lautes Wutgeheul auszubrechen.
Mit geballten Fäusten und gesenktem Kopf hörte er zu. Erst als sie von dem Vampir erzählte, sah er ruckartig auf.
„Rothenstein“, zischte er. „Das habe ich also an dir gerochen, aber ich wollte es nicht glauben. – Dieser Mistkerl hat schon immer Interesse an dir gehabt. – Erzähl weiter!“
Hannah sparte vorsichtshalber auch hier die Details aus. Sie beendete schließlich ihre Erzählung und eine Zeitlang herrschte wieder Schweigen.
„Du hast aber wirklich niemanden ausgelassen“, kommentierte Dierolf mit grimmiger Miene. „Kriegerwölfe und Vampire. Verdammt, Mädchen, diese Gesellschaft endet für die allermeisten Menschen tödlich!“
„Das mag ja sein, aber bisher haben mir alle geholfen. Was man von dir ja nicht behaupten kann.“
Wieder krachte seine Faust gegen das Armaturenbrett und hinterließ eine riesige Delle.
„Hannah“, grollte er. „Ich habe dir bereits erklärt, warum ...“
„Das weiß ich“, schrie sie ihn wütend an. „Und ich kann dich sogar verstehen. Aber jetzt geht es um meine Familie! Um deine Familie! Du kannst uns nicht mehr beschützen, Pa. Nicht alleine! Wenn dir wirklich etwas an uns liegt, dann rede mit Tucker!“ Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Bitte, Pa! Lass mich nicht damit allein!“
Er fasste nach ihr und zog sie auf seinen Schoß.
Hannah umklammerte ihn und heulte wie ein Schlosshund. All die Ängste und Anspannung der letzten Tage, flossen aus ihr heraus.
Dierolf umschlang sie und vergrub das Gesicht in ihren Haaren. Tief sog er ihren Duft ein und erschauerte. Wie hatte er sie vermisst. Ihren Duft, ihre Augen, die ihn immer so vertrauensvoll angestrahlt hatten. Ihr Temperament und ihren unbedingten Willen, ihm nachzueifern. Jede Herausforderung anzunehmen und alles zu geben, um ihm gerecht zu werden.
„Du wärst eine wirklich beeindruckende Wölfin gewesen“, murmelte er. „Genauso wie dein Wulf. Ich war so froh, als du deinen Philip kennen gelernt hast und dachte, dass er es schaffen würde, dich genügend von meinem Verschwinden abzulenken.“
„Du hast ihn gekannt?“
Hannahs Stimme klang dünn und verheult.
„Natürlich. Glaubst du im Ernst, dass ich einen Idioten an dich ranlassen würde?“
„Pa!“
Sie drückte sich empört von ihm weg und sah in sein grinsendes Gesicht.
„Wir haben uns ein paar Mal getroffen. Er wusste natürlich nicht, wer ich bin. Wir mochten uns und er hat mir viel von dir und den Kindern erzählt. Dass er so früh gestorben ist – es tat mir ehrlich leid, Hannah. Er war gut für dich. – Dass du dich danach aber gleich einem Leitwolf an den Hals wirfst, hätte ich nicht erwartet.“
In ihren Augen blitzte es auf, aber er hob beschwichtigend die Hand.
„Es ist gut, Hannah. Ich werde mit deinem Wolf reden. Zumindest werde ich mir anhören, was er zu sagen hat. Weiß Bolender schon Bescheid?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Nein, ich glaube nicht. Tucker meint, sonst wäre er schon längst bei Wulf oder Lilly aufgetaucht.“
„Du weißt, wie Bolender zu mir steht?“
Sie nickte und man sah ihr ihre Besorgnis an.
„Sobald er erfährt, dass ihr zu mir gehört, wird er nicht zu bremsen sein. Er hasst mich, weil er mich nicht kontrollieren kann. Ist dein Tucker gerade bei ihm?“
„Nein, er ist bei Chief Martinak.“
Er blinzelte überrascht.
„Bei Martinak? Was will er bei dem?“
Hannah hob die Schultern.
„Er vermutet, dass Martinak von ihm mehr über die Wilderer wissen will.“
Dierolf blickte nachdenklich vor sich hin.
„Na gut“, meinte er schließlich und startete den Wagen. „Ich bringe dich zurück. Wenn O’Brian wieder auftaucht – und ich vermute mal, dass das bald sein wird, melde ich mich.“