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Prolog

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»Glauben Sie an ein Leben nach dem Tod, Herr Cutter?«, frag­te der Reiseführer mit ruhiger Stimme.

»Ich bin noch nicht einmal sicher, ob ich an ein Leben vor dem Tod glaube«, antwortete Cutter instinktiv und schein­bar zynisch, ohne auch nur einen Moment überlegt zu haben.

Eine Sekunde später hätte er sich dafür ohrfeigen kön­nen. Prometheus hatte ihn mit seiner unerwarteten Frage so überrascht, dass er eine vorschnelle, viel zu persönliche Ant­wort gegeben hatte, die Prometheus nur falsch inter­pre­tieren konnte. Weder wollte er bestreiten, dass es ein Le­ben nach dem Tod gab, noch die Existenz der Menschheit als solche in Frage stellen. Natürlich hing der Tod letztlich mit der Frage nach der Körperlichkeit des Lebens zu­sam­men, war es doch unbestreitbar, dass unser Körper nur für eine begrenzte Zeitspanne geschaffen war. Doch der Tod, wie auch das Leben selbst, setzte neben der Körperlichkeit noch etwas Weiteres voraus: die Zeit. Seit dreißig Jahren befasste sich Cutter als Physiker mit dem Phänomen von Raum und Zeit, doch erst vor gut zwölf Jahren hatten seine Frau Jennifer und er begonnen, an der Dimension Raum, wie die Menschen sie zu kennen glaubten, zu zweifeln. Da Raum und Zeit untrennbar miteinander verbunden waren, war es nicht überraschend gewesen, dass sie kurze Zeit spä­ter auch die Beschaffenheit der Zeit in Frage gestellt hat­ten. Diese Zweifel waren zur schmerzhaften Gewissheit ge­worden, als Jennifer starb. Seit jenem Ereignis lag er nachts oft wach im Bett und überlegte, wo die Seele seiner Frau sich in diesem Moment wohl befinden mochte und in wel­cher Form Jennifer weiterexistierte. Diese Fragen waren bis heute offengeblieben, war es ihm doch nie ge­lun­gen, sie befriedigend und widerspruchsfrei zu beant­wor­ten, weil er Jennifer sein Wort gegeben hatte, den letzten, ent­schei­denden Schritt nicht zu Ende zu führen, den er mit ihr begonnen und den seine Frau mit dem Leben bezahlt hatte.

»Eine gute Antwort, die vieles – wenn nicht alles – of­fen­lässt«, sagte Prometheus mit einem kaum sichtbaren Lä­cheln um die Lippen. Er war offensichtlich mit der Ant­wort zufrieden. Elegant wechselte er das Thema und plau­der­te über eine Belanglosigkeit, die in fast schmerzhaftem Kontrast zu der eben gestellten Frage stand.

Zeitenwende

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