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Оглавление1 Das Wirtschaften von sozialen Organisationen
1.1 Knappheit der Mittel
Die Knappheit der Mittel ist das Schicksal der Menschen. Nur in der Traumwelt des Schlaraffenlandes können sie diesem Los entkommen. Knappheit liegt dann vor, wenn die menschlichen Bedürfnisse bzw. Wünsche größer sind als die verfügbaren Mittel bzw. Ressourcen. Die Mehrzahl der Güter ist jedoch knapp im Verhältnis zu den menschlichen Bedürfnissen. Will der Mensch einen höheren Grad an Bedürfnisbefriedigung erreichen, muss er diese Güter gezielt vermehren, er muss wirtschaften.
Rationalprinzip
Wirtschaften ist der Inbegriff aller planvollen menschlichen Tätigkeiten, die unter Beachtung des ökonomischen Prinzips (Rationalprinzip) mit dem Zweck erfolgen, die – an den Bedürfnissen der Menschen gemessene – bestehende Knappheit an Gütern zu verringern.
knappe Güter
Die gezielte Vermehrung von knappen Gütern geschieht immer unter dem Einsatz von in einem Produktionsprozess miteinander kombinierten Produktionsfaktoren. Diese werden in der volkswirtschaftlichen Betrachtungsweise in drei Kategorien eingeteilt:
die natürlichen Ressourcen, oft verkürzt als Boden bezeichnet
die menschliche Arbeitskraft
die Produktionsmittel
Die natürlichen Ressourcen sind grundsätzlich nicht vermehrbar. Die Natur bzw. der Boden wird daher als originärer Produktionsfaktor verstanden. Der Faktor „menschliche Arbeit“ wird durch die Zahl und Qualität der eingesetzten Arbeitseinheiten gemessen. Menschliche Arbeitskraft ist vermehrbar und in der Qualität durch Bildung und Ausbildung veränderbar. Die Produktionsmittel als dritter Produktionsfaktor werden hinsichtlich ihres Gesamtwertes häufig als Kapital bezeichnet. Der Produktionsfaktor Kapital besteht also aus produzierten Gütern, die ihrerseits wiederum zur Produktion von weiteren Gütern eingesetzt werden.
Knappheit der Güter resultiert daraus, dass die menschlichen Bedürfnisse bzw. Wünsche größer sind als die frei in der Natur verfügbaren Güter. Die Antwort der Menschen auf die Knappheit ist die unter Einsatz von Produktionsfaktoren gezielte Vermehrung der knappen Güter.
In der Betriebswirtschaftslehre werden die Produktionsfaktoren üblicherweise in Arbeit, Betriebsmittel und Werkstoffe unterschieden. Letztere stellen in der Regel Vorleistungen dar, die von anderen Betrieben bezogen werden.
Der dispositive Faktor umfasst jenen Teil der menschlichen Tätigkeit, der in Form planender, steuernder und kontrollierender Aktivitäten die Kombination der Elementarfaktoren bewirkt und somit Ausdruck der Führung des produktiven Systems ist.
Abb. 1: Der betriebliche Leistungserstellungsprozess
Abbildung 1 verdeutlicht, dass das betriebliche Produktionssystem mit den anderen unternehmerischen Subsystemen in direkter Beziehung steht. Die Beschaffung hat die Aufgabe, die für die Produktion erforderlichen Produktionsfaktoren zum richtigen Zeitpunkt in den erforderlichen Mengen und in entsprechender Qualität zu geringen Kosten zu beschaffen. Das Finanzsystem hat dafür die erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Die von der Produktion erstellten Güter werden dann am Absatzmarkt veräußert, wodurch der Unternehmung wieder Mittel zufließen. Dem Subsystem Technologie obliegt die Aufgabe, der Produktion die notwendigen Produktionstechnologien zur Verfügung zu stellen und das Personalsystem hat Mitarbeiter in entsprechender Anzahl und Qualifikation bereitzustellen.
„soziale Produkte“
Auch für die Erstellung von sozialen Dienstleistungen werden Produktionsfaktoren benötigt. Der Unterschied zur Sachgüterproduktion besteht darin, dass keine Rohstoffe eingesetzt werden. Überdies sind „soziale Produkte“ im Regelfall Dienstleistungen, die besondere Merkmale aufweisen. Für soziale Organisationen modifiziert sich der Prozess der Leistungserstellung z. B. dadurch, dass eine Einbeziehung des Kunden in den Prozess der Leistungserstellung notwendig ist. Der Kunde ist häufig der „externe Faktor“, der in die Erstellung der Leistung aktiv oder passiv einbezogen ist. Auch für den Absatz sozialer Dienstleistungen ist häufig ein direkter Kontakt zwischen betrieblichen Produktionsfaktoren und dem Dienstleistungsabnehmer notwendig.
1.2 Gilt die Knappheit auch für die Versorgung mit sozialen Gütern?
Der wirtschaftliche Erfolg ist in der Privatwirtschaft handlungsleitendes Prinzip. Alles, was sich „rechnet“ und dem eigenen Nutzen dient, ist anzustreben. Ein Unternehmen, das keinen Gewinn macht, kann nicht investieren und sich weiterentwickeln und wird nach den Gesetzen des Marktes früher oder später nicht mehr konkurrenzfähig sein.
Wirtschaften als Entscheidung über knappe Güter ist auch für soziale Einrichtungen ohne Gewinnerzielungsabsicht von Bedeutung. Die Sicherung der Unternehmensexistenz ist für Non-Profit-Unternehmen nur möglich, wenn wirtschaftliche Kompetenzen und wirtschaftliches Verständnis auf allen Ebenen vorhanden sind. Dass ein Umdenken bzw. ein Denken in wirtschaftlichen Kategorien aufgrund der weiterhin zunehmenden Konkurrenz, der sich stetig verändernden Rahmenbedingungen und des steigenden Qualitätsbewusstseins für soziale Einrichtungen überlebensnotwendig ist, erfahren Einrichtungen immer intensiver. Sie müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass wirtschaftlicher Erfolg und die Sicherung der eigenen Existenz wesentliche Aufgaben der Leitung von sozialen Einrichtungen sind.
Auch soziale Organisationen ohne Gewinnerzielungsabsicht müssen die Existenz durch wirtschaftliches Verhalten sichern.
Maximal- und Minimalprinzip
Die Orientierung des unternehmerischen Handelns nach Wirtschaftlichkeitsprinzipien bietet zwei Möglichkeiten. Beim Maximalprinzip wird mit einem vorgegebenen Einsatz von Ressourcen (Material, Kapital, Arbeit) ein möglichst hohes Ergebnis erzielt. Das Minimalprinzip dagegen beinhaltet ein vorgegebenes Ziel, das mit möglichst geringen Ressourcen zu erreichen ist.
Die Effizienz eines Prozesses und somit auch einer jeden Dienstleistung ist ressourcenorientiert zu verstehen und meint das Verhältnis zwischen Input und Output. Sie betrachtet die operative Seite des Geschehens und stellt sich die Frage: „Machen wir es richtig?“
Effizienz = die Dinge richtig tun
Die Frage nach der Effektivität betrachtet den Grad der Zielerreichung bzw. die mittel- bis langfristigen Wirkungen eines Prozesses. Effektivität meint im Gegensatz zur Effizienz die strategische Seite und stellt sich die Frage: „Machen wir das Richtige?“
Effektivität = die richtigen Dinge tun
Den Zusammenhang von Effizienz und Effektivität verdeutlicht Abbildung 2.
Der Input beschreibt den Einsatz von Personal, Betriebs- oder finanziellen Mitteln, der Output das Ergebnis einer Dienstleistung oder die Produkte in Menge und Qualität. In den Betreuungsprozess gehen als Inputfaktoren die Leistungen des pädagogischen Personals, medizinisch-pflegerische Hilfsmittel und vieles mehr ein.
Der Zeitpunkt der Erstellung und der Konsum einer Dienstleistung fallen häufig zusammen. Wenn beispielsweise ein Altenpfleger einen pflegebedürftigen Heimbewohner wäscht, wird die Leistung im selben Moment konsumiert, in dem sie erstellt wird.
Abb. 2: Wirtschaftlichkeit
Der Output umfasst den Erfolg der sozialen Arbeit, wie etwa der Integrationsfortschritt, die Rehabilitation oder die soziale Reintegration (Abb. 3). Bei vielen Dienstleistungen ergibt sich die Schwierigkeit der Outputmessung. Eine einstündige Beratung erfasst den mengenmäßigen Output, besagt jedoch nicht wie gut oder schlecht die Beratung war. Objektive Maßstäbe zur Messung des Outputs sind bei sozialen Dienstleistungen nur selten vorhanden, da jede Dienstleistung für jeden Konsumenten individuell erstellt wird.
Abb. 3: Input und Output – oder: das Wesen eines Prozesses
Soziale Dienstleistungen weisen viele Besonderheiten (z. B. Immaterialität, Individualität) auf. Eine Messung der Qualität der Dienstleistung ist aus diesem Grund sehr schwierig.
Bellermann (2004): Sozialökonomie. Soziale Güter und Organisationen zwischen Ökonomie und Politik
Bettig et al. (2013): Betriebswirtschaftliche Grundlagen in der Sozialwirtschaft
Gehrmann / Müller (2013): Management in sozialen Organisationen. Handbuch für die Praxis sozialer Arbeit
Helmig / Boenigk (2020): Nonprofit Management
Knorr / Scheibe-Jaeger (2002): Sozialökonomie – Volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Grundlagen für die Soziale Arbeit
Pracht (2013): Betriebswirtschaftslehre für das Sozialwesen
Schellberg (2017): Betriebswirtschaftslehre für Sozialunternehmen
Schindewolf (2013): Betriebswirtschaftslehre – Organisation und Betriebsführung in der Altenpflege
Vogelbusch (2018): Management von Sozialunternehmen
Wöhrle (2013): Grundlagen des Managements in der Sozialwirtschaft