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Verwirrung um einen Traum

Über den Gedanken an Dennis und die Musik schlafe ich ein. Das letzte, was ich mitbekommen habe, ist `Eagle´ von ABBA.

Eagle... Ein altes Lied. Aus den Siebzigern. Das hört sich so abgedroschen an, aber wenn ich ABBA höre, dann geht es mir nicht so gut. Innerlich zumindest. Ich grübele und denke dann sehr viel über mich nach. Ich bin wohl der letzte Mensch, der sich selbst am besten kennt. So scheint es mir.

Auch als mir die Augen zufallen, denke ich daran, dass ich mich selbst nicht mehr kenne..:

Ich liege im Bett. Plötzlich höre ich ein Geräusch und stehe auf. Irgendetwas oder irgendjemand steht unter meinem Fenster. Ich schaue aus dem Fenster nach unten und sehe nichts. Gar nichts. Nur die Dunkelheit. Es ist so dunkel, dass ich meine Hand vor Augen kaum sehen kann. Das kann eigentlich gar nicht sein, denn vor meinem Fenster steht eine Straßenlampe. Die ist aber aus. Ungewöhnlich. Ich gehe nach unten und öffne die Haustür. Wieder nichts. Ich gehe an der Hauswand entlang hinters Haus.

Plötzlich hält mir eine Hand den Mund zu und die andere Hand hält meinen Arm fest hinter meinem Rücken. Was soll das? Ich will schreien, aber es geht nicht. Ich versuche, mich zu wehren und mich loszureißen. Nach einigen Sekunden kann ich mich mit meinem Arm auf dem Rücken drehen und stehe nun meinem Angreifer hautnah gegenüber.

Andreas?!? Was machst du denn mitten in der Nacht hier? Spinnst du? Bist du bescheuert, mich so zu erschrecken?“ „Sorry, Dennis. Aber ich wollte nicht, dass du losbrüllst und alle aufweckst. Ich muss mit dir reden.“ Es hört sich ernst an. Irgendetwas ist nicht in Ordnung. In der Dunkelheit kann ich Andreass Gesicht kaum sehen. Aber seine Stimme hört sich bedrückt an. „Was ist denn los? Hast du was angestellt? Ist was passiert? Nun sag schon.“ „Nein. Nicht direkt. Können wir in dein Zimmer gehen? Dann erkläre ich dir alles.“ „Okay. Komm mit.“ Erst jetzt denke ich darüber nach, mal einen Schritt zurückzutreten, denn ich stehe immer noch sehr nah bei Andreas. Ich gehe voraus an ihm vorbei und er folgt mir. Ich schließe hinter ihm die Haustür zu und gehe voran nach oben. In meinem Zimmer angekommen setze ich mich auf mein Bett und biete Andreas den Platz neben mir auf dem Bett an.

Er setzt sich sehr dicht neben mich und flüstert: „Weißt du, ich konnte nicht schlafen. Ich musste immer an den Nachmittag denken. Wir lagen da auf der Wiese und haben geredet. Ich konnte schon lange nicht mehr mit jemandem so offen reden.“ „Ich verstehe das. Ich habe auch so meine Geheimnisse.“ „Das verstehst du nicht! Das, was ich zurzeit durchmache, versteht keiner. Nicht mal ich selbst verstehe mich. Weißt du, wie das ist, Dennis, wenn `so etwas´ in einem vorgeht?“

Ich nicke und will ihm etwas ins Ohr flüstern, aber er dreht den Kopf weiter zu mir und ehe ich noch etwas sagen kann, berühren sich unsere Lippen. Wir küssen uns. Das ist also sein Geheimnis? Etwa, dass er auf mich steht? Ich habe das gleiche Geheimnis wie er? Das kapiert doch kein Mensch...

Wir küssen uns leidenschaftlich und berühren uns an den Armen und an der Hüfte. Langsam sinken unsere Körper aufs Bett und wir liegen da. Wir liegen auf meinem Bett und küssen uns. Sanft wie eine Feder streicht Andreas mir über die Oberschenkel und über den Bauch. Ich erwidere seine Berührungen und streichle ihm unter dem T-Shirt über die Brust und den Bauch. Ich berühre seine Oberschenkel und seine Arme. Dann bemerke ich etwas an mir. Er drückt seine Hüfte an meine und es berührt sich etwas. Wir küssen und streicheln uns immer noch und plötzlich…

…werde ich wach. Schweißgebadet und im Zimmer sind es mindestens 40 °C. Meine Decke ist zusammengeknüllt und liegt auf mir. Ich habe meine Decke im Arm und liege auf dem Rücken. Einige Sekunden vergehen, ehe ich merke, dass das nur ein Traum war.

Ich verstehe jetzt noch weniger als vorher. Am liebsten würde ich schreiend in die Nacht raus rennen. Vor mir selbst flüchten. Aber das geht wohl nicht. Was für ein verrückter Traum. Es ist nicht der erste Traum dieser Art. Ich träume in letzter Zeit ständig so einen Unsinn. Was soll das? Was ist los mit mir? Erst in der Umkleidekabine, dann der Tagtraum und nun das.

Ich wünschte, ich wäre ein Adler. Könnte meine Flügel ausbreiten und davonfliegen. Hoch und noch höher. Wie ein Adler im Wind. Über Berge und Täler weit weg fliegen. Ich wünschte, ich könnte davon fliegen. Irgendwohin, wo ich leben kann, wie ich es will.

So ähnlich ist auch der Text von `Eagle´. Ich weiß, ich werde mich noch länger mit solchen Gedanken auseinander setzen müssen. Auch wenn ich es nicht will. Es wird mich alles immer wieder einholen. Irgendwann werde ich hoffentlich begreifen, was das alles zu bedeuten hat. Irgendwann werde ich darüber lachen können. Aber jetzt ist mir nur zum heulen zumute. Ich verstehe nun gar nichts mehr und versuche, die restliche Nacht durchzuschlafen.

Als ich am nächsten Morgen wach werde, kommt mir sofort der Traum ins Gedächtnis. Ich habe das noch nicht verstanden. Aber was soll’s. Noch eine Merkwürdigkeit auf meiner Liste…

Ich stehe auf und gehe nach unten. Mama und Timo sind schon auf und machen Frühstück. Mama hat sogar Brötchen geholt. Das ist bei uns eine Seltenheit, denn wir haben kaum Geld, um uns solche Extras leisten zu können.

Von meinem Traum noch merklich beschäftigt setze ich mich an den gedeckten Küchentisch. Meine Mutter bemerkt meine gedrückte Stimmung und fragt: „Hast du schlecht geschlafen? Oder ist dir nur eine Laus über die Leber gelaufen?“ „ Ha, ha! Nein, ich habe irgendwas Komisches geträumt. Weiß aber nicht mehr genau, was es war…“

Toll! Wäre ich jetzt Pinocchio, meine Nase würde immer länger. Ich stehe auf, hole mir ein Glas aus dem Schrank und gieße mir Wasser ein. Damit setze ich mich wieder an den Tisch und nehme mir ein Brötchen: „Heute Nachmittag treffe ich mich mit Andreas, wir wollen in den Wald gehen. Ist das okay?“ Meine Mutter schaut mich an und antwortet: „Na klar ist das okay. Sei aber bitte zum Abendessen wieder zu Hause.“

Ich esse mein Brötchen und wir unterhalten uns über dies und das. Timo wird heute Nachmittag von meiner Tante abgeholt. Sie fahren zum Schwimmen ins Freibad. Mama hat sturmfrei.

„Dennis? Hast du eigentlich schon überlegt, wann ich dich nach Mechernich fahren soll?“ „Ja, nächste Woche Montag?“ „Gut. Dann musst du aber morgen deine Sachen packen. Dann kann ich dich übermorgen Nachmittag fahren.“ „Okay. Ich muss mal schauen, was ich alles mitnehmen will.“

Nach dem Essen räumen wir gemeinsam den Tisch ab, ich gehe auf mein Zimmer und ziehe mich um. Kurze Hose und ein T-Shirt. Es ist jetzt schon sehr warm draußen und nachmittags werden es bestimmt an die 30 °C. Ich setze mich an meinen Computer und spiele ein Autorennen.

Ich habe einen C- 64. Das ist ein Spielecomputer aus den Achtzigern. Ich spiele gerne damit. Ich kann auch kleine Programme selbst schreiben. Aber das mache ich eher selten.

Am Nachmittag treffe ich Andreas und wir sind den ganzen Nachmittag im Wald unterwegs. Abends nach dem Abendessen liege ich wieder auf dem Bett und höre Musik. Querbeet durch die 70er, 80er und dann Techno. Irgendwann werde ich müde, schalte die Anlage aus und lege mich ins Bett. Der Radiowecker auf meinem Nachttisch zeigt 22:03 Uhr. Mein Bett steht direkt unter dem Giebelfenster und ein Hauch kühle Luft strömt durchs Zimmer.

Die nächsten Tage verlaufen ähnlich. So einen Traum wie neulich habe ich nicht mehr.

Mein Leben fährt Achterbahn

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