Читать книгу X-Mas: Hochdramatisch - Andrea Gerecke - Страница 5
Vorwort
ОглавлениеDas Haus, in dem das Folgende spielt, liegt irgendwo in Deutschland, eher am Rande einer größeren Stadt. Die Architekten konnten sogar einigermaßen Fantasie walten lassen und Geld in die planerische Hand nehmen, als das Ensemble dieses Wohngebietes vor etlichen Jahrzehnten entstand. Es war die hoch dotierte Ausschreibung zu einem Wettbewerb. Bei allen Unterschieden der einzelnen Objekte erkannte man eine gewisse Harmonie im Wechsel von niedrigen und höheren Häusern, mit dem zentralen Punkt unseres augenfälligen Gebäudes, das für dortige Verhältnisse schon ein Wolkenkratzer war. Verbindend dazwischen die zahlreichen Skulpturen, von heimischen Künstlern geschaffen und hochgelobt in den Medien. Sehr abstrakt und gern in rostigem Farbton. Alles eingebunden in jede Menge Grünanlagen, deren Bäume und Sträucher zu wachsen versprachen.
Die Bequemlichkeit überzeugte viele der Mieter: Fahrstuhl, Zentralheizung, Müllschlucker, große Balkone. Zudem war ja alles neu! Hinzu kam der gigantische Blick in die Weite, wenn man etwas oberhalb daheim war. Der Weg zur Arbeit für den einen oder anderen etwas aufwendiger mit dem Pkw oder dem öffentlichen Nahverkehr, aber dafür zu Fuß der Gang in den Supermarkt, zur Kindertagesstätte oder in die Schule. Außerdem kleinere und größere Gaststätten sowie Freizeitzentren inklusive großen Sportplatzes. Und für alles ausreichend Personal zur Betreuung. Aufgrund des relativ zeitgleichen Einzugs bildeten sich freundliche Gemeinschaften untereinander. Eigentlich himmlisch.
Doch die Jahre gingen ins Land, und die Gegend verlor nach und nach ihren Charme, war plötzlich kein gepriesenes Kleinod mehr, sondern bröckelte ungepflegt vor sich hin. Begüterte Bewohner verzogen, gern in Eigentumswohnungen an anderer, überschaubarer Stelle. Nach und nach entwickelte sich das Areal zu einem sozialen Brennpunkt. Ein Dorn im Auge der Verantwortlichen aus den Verwaltungsbereichen. Zumal die Kosten für Sozialarbeiter und zur Beseitigung der von den Rowdys angerichteten Schäden stiegen.
Später konnte sich keiner mehr genau daran erinnern, wann dieser Verfall begann und ab wann es sich nicht mehr um ein bevorzugtes Wohngebiet handelte. Dann hieß es plötzlich: „Um Gottes willen, dort willst du hinziehen? Keine zehn Pferde würden mich dahin bringen. Da müsste man mir noch was draufzahlen …“
Fest steht nur, dass die Behörden nachdrücklich entschieden, es müsse etwas geschehen. Auszug und Umzug, Rückbau und Neubau – egal was, Hauptsache Veränderung. Und die war heftig im Gange. So wie in diesem Hochhaus mit den verbliebenen 24 Mietparteien, die im hier festgehaltenen Geschehen nur noch in dem einzig intakten Strang unmittelbar übereinander hausen. Denn wohnen kann man das nicht mehr wirklich nennen, zu oft fällt Wichtiges in Sachen Versorgung aus. Diese letzten der Mohikaner hält indes etwas fest an ihrem Zuhause, ganz unterschiedlich im jeweiligen Fall und keineswegs nur Gewohnheit. Kriminelle Energie ist hier gebündelt.
Der eine oder andere Nachbar könnte eventuell direkt bei Ihnen wohnen, liebe Leser, oder vielleicht doch besser nicht?! Hochdramatische Unterhaltung im doppelten Sinne des Wortes bei der folgenden Lektüre meines Episodenromans, die sich auch gern als Adventskalender zelebrieren lässt – vom 1. bis 24. Dezember, jeden Tag ein kleines Kapitel (anstelle von Naschwerk, das sowieso nur auf den Hüften landet) …