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Kriegskinder – Kriegsenkel

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„Kriegskind“ und „Kriegsenkel“ sind Wörter, die in unserem Sprachgebrauch noch relativ „jung“ sind. - Eine klare Zuordnung der Begriffe „Kriegskind“ bzw. „Kriegsenkel“ innerhalb einer Zeitleiste hat sich in der Praxis als schwierig bis unmöglich erwiesen.

Menschen, die sich selbst als Kriegskind oder Kriegsenkel bezeichnen, können verschiedenen Jahrgängen entstammen. Das Zugehörigkeitsgefühl zu dieser oder jener Gruppe ist meist stark von subjektiven Kriterien beeinflusst, wie z. B. dem persönlichen Empfinden oder der familiären Konstellation des jeweiligen Betroffenen.

Hier muss der Umstand beachtet werden, dass es eine „objektive“ Geschichtsschreibung gibt (soweit diese objektiv sein kann), die die historischen Ereignisse auf der gesellschaftlichen Ebene so sachlich wie möglich darzustellen versucht, und eine subjektiv erlebte, ganz persönliche, (Familien-)Geschichte, die sich in der Regel aus einzelnen gedanklichen „Ereignis-Wolken“ zusammen setzt (welche im Laufe der Jahre immer wieder neue „Färbungen“ erfahren).

Das Erinnern ist kein auf alle Ewigkeit zementierter Vorgang, sondern unterliegt verschiedenen Einflüssen, wie z. B. der wachsenden Einsicht und Erkenntnis, die man im Laufe des Älterwerdens gewinnt. Aber auch das Bedürfnis, Erinnerungen zu harmonisieren, um sie leichter bewältigen zu können oder mit ihnen „Frieden“ schließen zu können, formt und verändert unser Memorieren.

Vom Krieg tangierte Menschen können entweder selbst (aktive oder passive) Kriegsteilnehmer sein, im Krieg oder nach dem Krieg geboren worden sein, im Krieg oder nach dem Krieg die Kindheit und/oder die Jugendjahre erlebt haben. Manche Menschen wurden erst viele Jahre nach dem Krieg geboren, und spüren dennoch in sich „die langen Schatten“ des Krieges nachwirken. Das geht zum Teil bis in die 1980er Jahrgänge hinein.

Nicht selten gibt es innerhalb von Familien auch die Konstellation der Spätgeborenen mit „alten“ Eltern, wo also ein so großer zeitlicher Abstand zwischen Eltern und Kindern besteht, wodurch sich die Zeitspanne innerhalb dieser zwei Generationen auf mehrere Jahrzehnte erstreckt.

Manchmal leben in solchen Familien die Großeltern nicht mehr und können daher zur Familiengeschichte nicht mehr direkt befragt werden. Die Zeitspannen der Lebenserinnerungen der Eltern überschneiden sich hier zum Teil mit den Erinnerungs-Zeitspannen jener der Großeltern-Generation anderer Familien.

Dieser Umstand beeinflusst auch die subjektive Wahrnehmung und persönliche Einordnung dieser „Kinder“. Junge Eltern (die in den 20ern und 30ern ihres Lebens Nachwuchs bekommen) leben anders als Eltern, die erst in ihren 40ern (oder noch später) eine Familie gründen.

Auch das Zusammenleben der Generationen innerhalb einer Familie wirkt stark in die Prägung der Kinder mit hinein: Leben nur die Eltern mit den Kindern zusammen oder drei Generationen gemeinsam unter einem Dach (was früher wesentlich häufiger vorkam als es heute der Fall ist)?

Ob sich jemand als Kriegskind oder Kriegsenkel fühlt, hängt auch damit zusammen, wie stark er sich überhaupt mit diesen Begriffen identifiziert. Wissenschaftler vermuten, dass etwa ein Drittel der Gesamtbevölkerung durch Kriegs- und Nachkriegsereignisse stark berührt und erschüttert wurde. Dieser Personenkreis hat ein verstärktes Bedürfnis nach persönlicher Auseinandersetzung mit der Geschichte.


Nachkriegs-Kindheit in den 70er Jahren

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