Читать книгу Die Grünen Piraten - Faule Tricks im Windpark - Andrea Poßberg - Страница 9

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»Pauline?«, rief Jannik. »Alles in Ordnung?«

Die Kinder sprinteten gleichzeitig los, Ben war als Erster am Wohnwagen und riss die Tür auf. Verblüfft hielt er inne und starrte auf sein Gegenüber, das genauso überrascht aus großen braunen Augen zurückstarrte. Es war etwa einen Me­­ter hoch, hatte auf dem Kopf und an den Beinen weißes pu­scheliges Fell und dazwischen kurz geschorene Locken.

»Was ist denn da?« Neugierig schob sich Flora an ihrem Bruder vorbei. Hinter den beiden reckten Jannik und Lennart die Köpfe, um auch einen Blick ins Innere des Wohnwagens zu werfen.

»Oh, ist der süß!«, flötete Jannik beim Anblick des Pudels, der ein oranges Kissen im Maul hatte.

»He, das ist meins!«, rief Lennart und sprang die Stufe hoch.

Lachend verfolgten Ben und Flora, wie der schwarzhaarige Junge versuchte, den großen Hund einzufangen, der über die Sitzbank, den kleinen Tisch und dann zurück auf das ausgeklappte Bett sprang, das den Kindern als Chill-Ecke diente. Endlich hatte Lennart einen Zipfel des orangen Kissens erwischt und zog heftig daran.

RITSCH!

Der Stoff riss und plötzlich stoben jede Menge weiße Watteflöckchen durch die Luft. Erschrocken ließ er das Kissen los und der Hund tobte siegreich damit über die Matratze, wobei er seine Beute wild knurrend hin und her schleuderte.

»Was ist hier los?« Pauline drängte sich zwischen Jannik und Ben hindurch. »Sansibar, aus!«

Der Hund warf ihr einen kurzen Blick zu, kämpfte dann aber unbeirrt weiter mit dem Kissenrest.

»Sitz und aus!«, versuchte Pauline es noch einmal und als auch das nichts half, griff sie kurzerhand nach dem Hals­­band und zerrte dem Pudel den Stofffetzen aus dem Maul. »Böser Hund«, schimpfte sie und reichte das zerlöcherte Ding an Lennart weiter, der es mit spitzen Fingern entgegen­­nahm. »Tut mir leid, ich war nur schnell auf Toilette und dachte, ich kann ihn einen Moment alleine lassen. Er ist wohl noch etwas ... verspielt.«

Lennart hielt sein ehemaliges Lieblingskissen hoch und verzog den Mund. »So, so, verspielt.«

Jetzt kletterten auch die anderen in den Wagen. Jannik ließ sich neben Sansibar auf die Matratze fallen und kraulte das weiche, lockige Fell. Sofort drehte sich der Hund auf den Rücken und genoss die Streicheleinheiten. »Das ist wirklich mal eine tolle Überraschung«, sagte Jannik strahlend. Er liebte Tiere über alles. Zu gerne hätte er auch einen Hund ge­­habt, aber die kleine Fiona war das einzige Zugeständnis seiner Eltern.

Pauline strich sich die Haarsträhnen aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten, und blickte den Jungen ver­wirrt an. »Äh, wovon sprichst du?« Doch dann begriff sie: »Sansibar? Den hab ich eigentlich gar nicht gemeint.« La­­chend wuschelte sie über den Kopf des Pudels. »Meine Tante musste für ihre Firma nach Südamerika fliegen, deswegen hat sie Sansibar zu uns gebracht. Meine Eltern waren nicht ge­rade begeistert, aber sie konnten es Tante Henriette auch nicht abschlagen. Sansibar ist ihr Ein und Alles, er hat sogar schon Preise auf irgendwelchen Wettbewerben gewonnen.«

»Sein Benehmen ist allerdings nicht ganz so preisverdächtig«, nölte Lennart und stopfte sein besiegtes Kissen in den Mülleimer.

Pauline sprang auf. »Jetzt kommt meine eigentliche Über­raschung. Ihr dürft gespannt sein.« Mit diesen Worten verschwand sie durch die Tür.

Die restlichen Grünen Piraten warfen sich fragende Blicke zu, bis auf Jannik, der sich sowieso keine bessere Über­raschung als einen Hund vorstellen konnte. Kurz darauf war Pauline zurück und wuchtete ein riesiges Paket in den Wohn­­wagen. Ben sprang auf und half ihr den langen Karton hinein­­zuziehen.

»Das hier«, Pauline holte kurz Atem und deutete auf das Paket, »ist die zukünftige Stromversorgung unseres Haupt­quartiers: das Grüne Piraten-Windrad! Und ganz ne­­ben­­bei noch mein Umweltprojekt für die Schule«, fügte sie hinzu. »Na, was sagt ihr?«

Lennart drehte den Karton zur Seite und betrachtete das Foto auf dem Karton. »Wie cool ist das denn«, rief er. »Ein Windrad zum Selberbauen.«

»Meine Eltern fanden, dass das eine gute Investition in meine Schulbildung ist. Und ich find’s super, wenn wir im Hauptquartier unseren eigenen, selbst erzeugten Strom haben. Meint ihr, eure Eltern erlauben, dass wir es hier aufstellen?«

Lennart nickte. »Da bin ich mir sicher, die sind gerade voll im Windrad-Fieber. Habt ihr schon von dieser Initiative gehört, die in Bieberheim einen Windpark errichten will?«

Ben und Flora schüttelten die Köpfe, aber Pauline nickte. »Meine Mutter hat mir davon erzählt, alle Bieberheimer können sich daran beteiligen. Meine Eltern überlegen auch, dort Geld zu investieren. Vielleicht waren sie deswegen so begeistert, dass ich ein Windrad für mein Umweltprojekt bauen will.«

»Ob Miranda da auch mitmacht?«, überlegte Flora. »Die redet doch seit Wochen davon, dass es hier saubere Energie geben müsste und es höchste Zeit für einen Windpark wäre.«

»Das können wir sie gleich fragen. Miranda hat versprochen uns zu helfen, das Windrad zusammenzubauen. Und sie freut sich, wenn wir mal wieder vorbeikommen.« Pauline klaubte ein paar Watteflocken vom Boden auf.

»Ich hör immer uns«, sagte Ben. »Ist das nicht eher dein Umweltprojekt?«

»Klar.« Pauline grinste. »Aber ein bisschen Unterstützung könnte ich trotzdem gebrauchen. Außerdem kann ich den Karton schlecht alleine zum Hausboot schleppen.«

Ben ließ sich neben Jannik auf die Matratze plumpsen und seufzte abgrundtief. »Na toll. Du hast die coole Karte gezeichnet, Lennart macht das Stromdings, nur ich weiß immer noch nicht, was ich für ein Umweltprojekt machen soll. Mir fällt einfach nichts ein. Hat denn keiner von euch ’ne Idee für mich?«

»Hm«, machte Jannik und runzelte die Stirn. »Du könntest untersuchen, wie viele Schottervorgärten es in Bieberheim inzwischen gibt und die Hausbesitzer fragen, warum sie nicht lieber ein paar bunte Blumen für die Insekten anpflanzen. Das würde mich echt mal interessieren.«

»Bist du verrückt?« Ben tippte sich gegen die Stirn. »Das dauert viel zu lange. Bei den ganzen Gärten, die die hier plattgemacht haben, brauche ich ein ganzes Jahr, um die alle abzuklappern.«

»Ja, leider«, musste Jannik ihm recht geben.

Lennart sprang auf. »Ich muss noch schnell mit Jannik meine Messgeräte im Haus anschließen. Ihr könnt ja schon mal den Fahrradanhänger aus der Garage holen, den wollte ich Miranda sowieso zurückbringen.«

Die Brüder liefen über die Terrasse ins Haus, wo Lennart erst mal seinen Schulrucksack suchen musste, aus dem er dann fünf kleine Geräte mit Digitalanzeige holte.

»Wir fangen bei meinem Computer an.« Er kniete sich unter seinen Schreibtisch und steckte das Messgerät in die Steckdose und da hinein stöpselte er den Stecker des Computers. »So, fertig. Morgen kann ich nachsehen, wie viel Strom mein Computer verbraucht.«

»Wahrscheinlich gar keinen, weil Mama dir wohl kaum erlauben wird, heute noch zu zocken«, lachte Jannik.

»Von wegen«, schnaubte sein Bruder und kroch unter dem Tisch hervor. Er schaltete den Computer ein und beobachtete die Digitalanzeige auf dem Messgerät, die sofort den Stromverbrauch anzeigte. »Na, klappt doch«, stellte er zufrieden fest.

»Eigentlich schon komisch, man steckt einen Stecker in die Wand und schon funktioniert alles Mögliche, egal ob Com­­puter oder Lampe«, stellte Jannik fest und drehte sich eine Runde mit dem Schreibtischstuhl. »Was ist denn Strom überhaupt?«

»Hm.« Lennart überlegte einen Moment. »Strom sind Elek­tronen, also ganz winzige Teilchen, die sich in eine Rich­tung durch ein Kabel bewegen, immer vom Pluspol zum Mi­­nuspol. Hat mir Opa erklärt.« Er griff nach einer kleinen Bat­­terie, die auf seinem Schreibtisch lag. »Auf der Seite mit dem Knubbel ist Plus und auf der anderen Minus und wenn du jetzt beide Enden mit einem Kabel verbindest und eine Glüh­­birne dazwischen hängst, dann leuchtet sie, weil der Strom fließt.«

»Trotzdem komisch, weil man Strom nicht sehen kann«, sagte Jannik und stieß sich vom Schreibtisch ab für eine weitere Runde.

»Aber stell dir vor, wir hätten keinen, dann würde hier ziemlich viel nicht mehr funktionieren«, entgenete Lennart.

Danach nahmen sie sich den Kühlschrank, den Fernseher, die Stehlampe und den Laptop im Wohnzimmer vor.

»Als ob du das nicht hättest alleine machen können«, maulte Jannik, als sie zehn Minuten später wieder auf der Terrasse standen.

»Versprochen ist versprochen«, grinste sein Bruder. »Und schließlich musste ja einer in den Staub hinterm Kühlschrank kriechen.«

Ben, Flora und Pauline hatten das schwere Windrad-Paket schon auf Mirandas Fahrradanhänger verschnürt, den Lennart kurzerhand am Rad seines Vaters befestigte. Er warf einen wehmütigen Blick auf sein BMX-Rad, aber das hatte keine Kupplung, um den Hänger zu befestigen.

Kurz darauf radelten die fünf Freunde Richtung Hafen. Sansibar lief an der Leine neben Paulines Rad her, Fiona hatte Jannik in den gepolsterten Fahrradkorb gesetzt, der an seinem Lenker hing. Nachdem sie den Stadtpark und das Apfelwäldchen hinter sich gelassen hatten, folgten sie der alten Landstraße durch Felder und brachliegende Wiesen. Auf der linken Seite ragten hinter den Feldern die Buchen und Ahornbäume des Bieberheimer Forsts auf und rechts konnte man in der Ferne das Rapsfeld und die alte Eiche mit dem Storchennest sehen. Das warme Sonnenlicht ließ die Bäume und Felder unwirklich aufleuchten gegen den dunkelgrauen Himmel.


»Das sieht nach einem fiesen Unwetter aus«, rief Pauline und deutete zu den aufgetürmten Wolken.

Lennart trat in die Pedale. »Es soll heute auch noch Ge­­wit­­ter geben, lasst uns mal Gas geben, damit wir dann schön ge­­mütlich bei Miranda in der Kombüse sitzen, wenn’s losgeht.«

Endlich erreichten sie den Weg, der zum stillgelegten Hafen führte. Mirandas Hausboot war schon seit Langem das einzige Schiff, das hier noch vor Anker lag. Ansonsten teilte sie sich das kleine ummauerte Hafenbecken nur mit Barschen und Karpfen und ab und zu mit ein paar Kanufahrern, die hier ihre Boote zu Wasser ließen.

In der Hafenzufahrt stoppte Lennart keuchend. »Pauli, weißt du eigentlich, wie schwer das Ding ist?«

»Wir können ja mal die Räder tauschen«, bot sie ihm an.

Lennart verzog das Gesicht. »Ha ha. Die paar Meter schaff ich schon noch.«

Ben legte neben ihnen eine Vollbremsung ein, sodass er fast vorneüber fiel. »Was ist denn hier für eine Versammlung? Kann Lennart etwa nicht mehr?« Feixend blickte er zu seinem Freund hinüber.

»Von wegen«, schnaubte der.

Auch Flora hielt an und sah zum Schiff hinüber, auf dem die Fotovoltaikplatten in der Sonne blitzten. »Was ist denn das?« Sie schirmte die Augen ab, damit das Licht sie nicht blendete. »Da, an Mirandas Bootswand.«

Jetzt sahen auch die anderen zum Schiff hinüber.

»So eine Schweinerei!«, keuchte Ben.

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