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Der plattfüßige Clown

Plautus

Name: Titus „Maccius Plautus“

Lebensdaten: um 250–184 v. Chr.

Tätigkeiten: Schauspieler in Komödie und Atellane, Dramenautor

Besonderheit: einer der erfolgreichsten Komödiendichter der Antike, der die Zeiten überdauert hat

Plautus schrieb die ersten und bekanntesten römischen Komödien, von denen uns sogar ein beträchtlicher Teil ohne Verluste erhalten geblieben ist. Bis in die Spätantike war ihre Beliebtheit ungebrochen (über 600 Jahre!), und auch das Mittelalter schätzte sie, wenn auch mehr für den Lateinunterricht denn für die inzwischen verpönte Unterhaltung. Die Werke des Plautus wurden von vielen Schriftstellern aller Epochen zitiert und werden es noch immer – allen voran William Shakespeare, der die plautinischen Stücke so ausschlachtete wie Plautus einstmals die des Menander.

Wer war das?

Plautus stammte aus Sarsina in Umbrien/Mittelitalien und war schon als Atellanenschauspieler tätig, bevor er nach Rom kam. Er war in dieser Epoche des Zweiten Punischen Krieges Zeitgenosse des älteren Scipio Africanus und des Cato. Angeblich übte er alle möglichen Berufe aus, bevor er mit dem Schreiben von Theaterstücken so viel Erfolg hatte, dass er davon leben konnte. Schon in seiner Zeit als Bühnenarbeiter, Mühlenknecht und Seehändler hatte er nebenbei geschrieben, konnte sich aber erst mit gut 40 Jahren auf diese seine Lebensaufgabe konzentrieren. Sein Vorbild war der berühmte griechische Dichter Menander, den er ausgiebig studierte und im römischen Stil imitierte. Bei seinem Namen Titus Maccius Plautus dürfte es sich um einen Künstlernamen handeln, denn Macc(i)us ist eine feststehende Clowns-Figur in der Atellane, während Plautus „barfuß“ oder Plattfuß bedeuten kann (abgeleitet von planis pedibus oder planipes), was ebenfalls auf das Komödiengenre verweist.


Der römische Komödiendichter Plautus ist ununterbrochen bis in die Neuzeit hinein bekannt und beliebt. So stellte man ihn sich im 17. Jh. vor.

Die Atellane oder: römisches Bauerntheater

Die ländliche Posse der Atellane (atellana fabula) ist benannt nach der

Kleinstadt Atella bei Capua/Kampanien, wo im 3. Jh. v. Chr. erste Vorführungen in oskischer Sprache stattfanden. Möglicherweise handelt es sich hierbei um den Vorläufer des später so beliebten Mimus, der eng verwandt ist mit der sog. „Phylakenposse“. Eine Schauspieltruppe aus Atella soll diese Theaterform erstmals in Rom gezeigt und zur Beliebtheit geführt haben. Ihren Höhepunkt erlebte die Atellane am Anfang des 1. Jhs. v. Chr., bevor sie langsam aber sicher vom Mimus abgelöst wurde bzw. in diesem aufging.

Bei den Atellanen handelt es sich um burleske Sketche mit vier feststehenden Rollentypen, die alle Masken trugen: Maccus (Dummkopf, der immer wieder betrogen wird), Bucco (Maulheld, Großsprecher, der deshalb immer wieder Prügel einstecken muss), Pappus (alter, aber lüsterner Trottel) und Dossennus/Manducus (Vielfraß – denkt nur an eines, und das ist Essen). Alle vier sind keine sonderlich „hellen“ Charaktere, was zu endlosen Verwirrungen Anlass gibt. Die Atellanen wurden ebenso wenig wie die meisten Mimenstücke schriftlich festgehalten, so dass uns nur einige charakteristische Titel wie „Macco als Wirt“, „Bucco als Gladiator“ oder „Pappus als Bauer“ überliefert sind. Die Szenen konzentrierten sich auf jeweils eine der vier Hauptfiguren, für die quasi alle Berufe und merkwürdigen Tätigkeiten abgeklappert wurden. Wichtiger Bestandteil waren erotisch-derbe Motive sowie eine Verspottung des Landlebens und der Eigenheiten seiner Bewohner (Gegensatz Land/Stadt). Ähnlich dem griechischen Satyrspiel wurde die Atellane als lustiges Nachspiel nach Tragödien gegeben.

Was hat ihn berühmt gemacht?

Von den über 100 Stücken, die uns unter dem Namen des Plautus bekannt sind, sind zwanzig komplett erhalten geblieben (vom „nächstberühmten“ Dichter Terenz bspw. nur sechs), so dass wir einen hervorragenden Einblick in sein Werk erhalten – und in den Volksgeschmack der römischen Republik. Es handelt sich bei allen Stücken um Komödien, wobei bei Plautus die ausgiebige Verwendung von Musik in seinen Stücken ins Auge fällt, so dass man sie nach heutigen Maßstäben als Operetten oder Musicals bezeichnen könnte. Solche Singspiele waren bei den Römern beliebter als reine Textstücke. Interessanterweise enthalten viele von Plautus’ Stücken Anspielungen, die man als gotteslästerlich bezeichnen könnte: Seine Charaktere vergleichen sich mit Göttern oder machen sich über diese lustig – doch erstaunlicherweise kam der Autor damit durch, wahrscheinlich spiegelte er die Meinung seines Publikums. Die früheste von Plautus erhaltene Komödie heißt „Miles Gloriosus“ nach seiner Titelfigur, einem militärisch-großsprecherischen Maulhelden, und wurde 205 v. Chr. zum ersten Mal aufgeführt; sie dürfte auf ein Vorbild Menanders zurückgehen. Das militärische Element ist wahrscheinlich als „typisch römisch“ in der ansonsten traditionellen Verwechslungskomödie stärker herausgearbeitet. Mit einem solchen Typ konnte jeder in Rom etwas anfangen, denn zu Zeiten der Punischen Kriege war das römische Gemeinwesen von Grund auf militarisiert worden – jeder kannte (und hasste ggf.) so einen Großsprecher. Allerdings ist die Charakterisierung der Hauptfigur so allgemein gehalten, dass niemand auf die Idee kommen konnte, sie wäre ein Hinweis auf tagespolitische Ereignisse. Alle Rollennamen haben sprechenden Charakter: Der Titelheld heißt Pyrgopolinices, der „Turm- und Stadtbezwinger“, der Liebhaber Pleusicles, „Seeheld“, und die Heldin Philocomasium, „Freundin der Gelage“. Schon daraus ist zu entnehmen, dass die Handlung nicht wirklich ernst zu nehmen ist und in erster Linie das Publikum zum Lachen bringen soll – inwieweit alle die griechischen Namen verstehen konnten, ist eine andere Frage. Dass die dargestellten Szenen darüber hinaus auch das griechische Alltagsleben bis zu einem bestimmten Punkt lächerlich machen sollten, war für das einfache römische Volk sicher kein Hindernis. Auffällig ist, wie oft im Text betont oder wiederholt wird, dass dieser oder jener Handlungsstrang eine Finte ist – Plautus fürchtete offenbar noch zu sehr, dass die römischen Theaterneulinge die Handlung für bare Münze nehmen könnten (s. o. die Vorwürfe, die gut 400 Jahre früher Solon dem Thespis machte).

„Der heilige Hieronymus pflegte sich, nach einer Nacht des Weinens über seine Sünden, durch die Lektüre des Plautus zu trösten.“

W. Beare

Wie ist das alles überliefert worden?

Bis heute gehören die Komödien des Plautus (neben denen des Terenz) zur klassischen Schullektüre – das war schon in der Römerzeit und im Mittelalter so, wie zahlreiche entsprechende Erwähnungen zeigen (zu den spätesten römischen zählen Hieronymus [ep. 22 ad Eustochium] und Ausonius, der von seinem Enkel erwartete, dass er neben Plautus Terenz, Horaz, Vergil und Sallust las). Der sonst so asketische Kirchenvater Hieronymus musste gestehen, als eines der wenigen „klassischen Relikte“ in seiner Bibliothek nicht auf die Werke des Plautus verzichten zu können: „Besonders häufig zitiert ihn H., der sich am wenigsten von allen Kirchenvätern von den Verlockungen der antiken Literatur zu lösen vermochte“ (J. Blänsdorf).

Trotzdem gab es nicht wenige Fälle, in denen die Werke des Plautus vom Pergament abgeschabt wurden, z. B. um Platz für christliche Erbauungsliteratur wie Augustins Psalmenkommentar zu schaffen. Dabei ging der „Übeltäter“, wohl ein mittelalterlicher Mönch, in einem Fall unterschiedlich sorgfältig vor – am Anfang mit großem Eifer bei der Sache, so dass man kaum noch ein plautinisches Wort entziffern kann, schwächelte er in der Mitte, um gegen Ende wieder zu voller Form aufzulaufen und über längere Passagen keine Spuren des Originals mehr übrig zu lassen – auch nicht für moderne Computertechnologie.

Was bleibt?

Will man sich ganz und gar im Alltagsleben der Römer versenken, so genügt es nicht, ihre Bauwerke und Kunstgegenstände zu studieren; man muss sich auch der schon so oft als „tot“ geschmähten lateinischen Sprache intensiv widmen und über die Lektüre etwa der plautinischen Komödien dem römischen Massengeschmack auf den Grund gehen. Zu diesem Zwecke könnte man zum Beispiel eine Vorstellung des Valahfridus besuchen (Sodalitas LVDIS LATINIS faciundis e. V.).

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