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ОглавлениеKapitel 1
Die Anatomie des Rückens
Die Wirbelsäule
Die Wirbelsäule, ein zentrales Organ des Rückens, ist ein elastischer S-förmiger Stab, der die Masse des Stammes und die oberen Gliedmaßen trägt. Sie ermöglicht Beugung, Streckung, Neigung und Rotation und stabilisiert die aufrechte Haltung.
Als zentrale Stütz- und Bewegungsachse des Rumpfes hat die Wirbelsäule drei wichtige Aufgaben:
Tragen: Die Körperlast wird von der Wirbelkörperreihe gehalten und größtenteils über das Becken beziehungsweise Hüftgelenk an die Beine weitergegeben. Ein Teil der Last bleibt jedoch. Die Bauchmuskulatur, die an den unteren Rippenknorpeln beginnt und am Schambein endet, kann die Wirbelsäule entlasten, wenn sie ausreichend trainiert ist.
Bewegen: Bewegungen werden erst durch die Bandscheiben ermöglicht. Bandscheiben sind gallertartige Pufferkissen, die jeweils zwischen zwei Wirbeln liegen. Die Dicke der Bandscheibe bestimmt das Maß der Beweglichkeit in einem Wirbelsäulenabschnitt. Kleine Wirbelgelenke schienen die Bewegungen. Sie begrenzen oder begünstigen bestimmte Richtungen. Ein weiterer Faktor für die Beweglichkeit ist die Rumpfmuskulatur. Je verspannter man ist, desto unbeweglicher wird man. Bei schlecht ausgebildeter Muskulatur ist man überbeweglich (hypermobil), welches sich auf Dauer negativ auf die Wirbelgelenke auswirkt.
Der beweglichste Abschnitt des Rückens ist die Halswirbelsäule, dann folgt die Lendenwirbelsäule. Die Brustwirbelsäule ist durch die Rippenansätze nur minimal beweglich. Gänzlich unbeweglich sind Kreuz- und Steißbein.
Schutz des Rückenmarkes: Die einzelnen Wirbel sind so geformt, dass zwischen dem Wirbelkörper und den knöchernen Spangen der Wirbelbögen ein Loch freibleibt. Diese Löcher (Foramen vertebrae) bilden in der Wirbelsäule einen durchgängigen Kanal. In diesem sogenannten Spinalkanal verläuft das Rückenmark und seine Wurzeln. Bei Defekten des Spinalkanals, wie zum Beispiel bei Wirbelbrüchen, kann es im schlimmsten Fall zu einer Querschnittslähmung kommen.
Der Aufbau der Wirbelsäule
Die Wirbelsäule kann mit einem federnden Stab verglichen werden. Sie besteht aus einzelnen Wirbeln, die durch Bandscheiben, Muskeln und Bänder miteinander verbunden sind. Im Normalfall besitzt der Mensch insgesamt vierundzwanzig freie (präsakrale) und neun zu Kreuz- und Steißbein verschmolzene Wirbel.
Die sieben Halswirbel sind am kleinsten, die folgenden größeren zwölf Brustwirbel sind über facettierte Gelenkflächen beweglich mit zwölf Rippenpaaren verbunden. Die restlichen fünf Lendenwirbel haben das meiste Gewicht zu tragen und sind demnach am dicksten ausgebildet. Im fünfundzwanzigsten Lebensjahr ist die Verschmelzung der fünf Kreuzwirbel abgeschlossen. Das gebildete Kreuzbein liegt keilförmig zwischen den beiden Hüftbeinen und stellt die hintere Beckenwand dar. An das Kreuzbein ist das aus der Verschmelzung von drei bis sechs Wirbelresten entstandene Steißbein angehängt. Das Steißbein ist funktionslos und wahrscheinlich der aus der Evolution zurückgebliebene Teil eines Schwanzes.
Die Wirbelsäule aus der frontalen (links) und Seitenansicht (rechts), mit der segmentalen Einteilung und der physiologischen Krümmungsform.
Der Aufbau eines Wirbels von oben
Die sieben Halswirbel sind erkennbar an der Benennung C 1 bis C 7, ab geleitet aus der lateinischen Übersetzung: Halswirbel heißt übersetzt Vertebrae cervicales. Die Brustwirbel (Vertebrae thoracicae) sind numeriert von Th 1 bis Th 12. Die Lendenwirbel (Vertebrae lumbales) bezeichnet man als L 1 bis L 5. Das Kreuzbein (Os sacrum, S 1 bis S 5) und das Steißbein (Os coccygis, Co 1 bis Co 4) sind durch ihre feste Verbindung oftmals nicht so leicht voneinander abzugrenzen.
Der Aufbau eines Wirbels
Die einzelnen Wirbel besitzen mit Ausnahme der ersten beiden Halswirbel (Atlas und Axis) eine einheitliche Grundform. Je nach Aufgabenbereich und Belastung werden die Einzelbausteine modifiziert ausgebildet. Die Hauptmasse wird durch den Wirbelkörper (Corpus vertebrae) gebildet. Als Tragstück des Wirbels und mit nach unten hin zunehmender Belastung sind die Körper der Lendenwirbel am größten, die der Halswirbelsäule am kleinsten. An den Wirbelkörper schließt sich der spangenförmige Wirbelbogen (Arcus vertebrae) an. Jeder Wirbelbogen besitzt am Übergang zum Wirbelkörper eine kleine Einkerbung. Liegen zwei Wirbel aufeinander, bilden sie das Zwischenwirbelloch (Foramen intervertebrale), durch welches die Spinalnerven aus dem Spinalkanal austreten können.
Angelagert am Wirbelbogen sind insgesamt sieben Fortsätze. Der nach hinten austretende Dornfortsatz (Processus spinosus) ist am deutlichsten zu spüren. Zwei weitere, seitlich austretende Querfortsätze (Processus transversi) und der Dornfortsatz dienen als Ansatz und Hebel der Rumpfmuskulatur und Bänder. Je nach Größe des ansetzenden Muskels variieren die Fortsätze in ihrer Länge und Ausrichtung. Die verbleibenden vier Fortsätze bilden eine Scheinverbindung zwischen den einzelnen Wirbeln. Die Gelenkfortsätze (Processus articularis) sind jeweils paarig nach oben und unten gerichtet. Mit ihren überknorpelten Gelenkflächen bilden sie mit dem darüber- oder darunterliegenden Wirbel die kleinen Wirbelgelenke. Durch die Stellung der Gelenkflächen werden bestimmte Bewegungen eingeschränkt oder vorgegeben.
Es gibt einige Abweichungen von diesem Grundbaumuster. Eine Sonderstellung nehmen die ersten beiden Halswirbel, Atlas und Axis, ein. Der Atlas (erster Wirbel) hat die Form eines Ringes, er hat also keinen Wirbelkörper. Als Träger des Kopfes besitzt er zwei Gelenkfortsätze, die die Verbindung mit den Gelenkfortsätzen des Hinterhauptes bilden. Die Verbindung zum zweiten Halswirbel (Axis) erfolgt durch einen Zahn (Dens). Der Dens entspringt dem zweiten Wirbel und durchdringt den Atlas. Durch diese Verzahnung ist es möglich, den Kopf in alle Richtungen zu kippen oder sogar zu drehen.
Ständige Überkopfarbeit oder die Teilnahme am Straßenverkehr nehmen die kleinen Halswirbel über Gebühr in Anspruch. Der relativ schwere Schädel muss in allen Körperpositionen getragen werden, aber die positiven und negativen Beschleunigungen, die während der Fahrt im Auto auftreten, belasten die Halswirbelsäule besonders. Daher rührt auch die bekannte Verletzung bei Auffahrunfällen, das Schleudertrauma.
Im weiteren Verlauf der Halswirbel sind die Dornfortsätze sehr individuell gestaltet. Der Atlas besitzt keinen Dorn, die folgenden sind sehr kurz, meistens am Ende verdickt oder sogar gespalten. Sehr gut auch für den Laien zu ertasten ist der Dorn C 7. Streichen Sie am Hinterkopf entlang der Wirbelsäule. Der erste stark vorstehende Knochen ist der Dornfortsatz des siebten Halswirbels. Er ist ein wichtiger Ansatzpunkt beim Abzählen der Brustwirbel. Ebenfalls deutlich zu spüren sind die stark ausgebildeten Querfortsätze des Atlaswirbels. Streichen Sie mit einem Finger hinter dem Ohr entlang Richtung Schulter. Auf Höhe des Unterkiefers sind die Querfortsätze als etwas schmerzhafte Höcker zu ertasten.
Das Tasten nach den Querfortsätzen des Atlas
Die Brustwirbel, der längste Abschnitt der Wirbelsäule, zeichnen sich zum einen durch die Rippenansätze, zum anderen durch die steil nach unten ausgerichteten Dornfortsätze aus. Zwischen den zwölf Wirbeln setzen ebenfalls zwölf Rippenpaare an. Jede Rippe besitzt zwei Gelenke (Kostotransversalgelenk). Die Rippenköpfchen haben mit den Kanten der beiden benachbarten Wirbelkörper je eine Gelenkverbindung, die zusätzlich durch ein Band gefestigt wird. Die Enden der ersten sieben Rippenpaare sind durch Knorpelspangen fest-elastisch mit dem Brustbein verbunden. Die Rippen acht, neun und zehn sind über knorpelige Rippenbogen indirekt am Brustbein angeheftet.
Die restlichen zwei Rippenpaare sind stark verkürzt und enden in der Bauchwand. Aus diesem Grund ist besonders die Seitneigung und Rotation der Brustwirbelsäule stark eingeschränkt. Segmentale Messung der Drehbewegungen während des Gehens zeigten im Bereich Th 7 – 12 die größten Rotationsausschläge. Die klinischen Untersuchungen sagen ebenfalls aus, dass die größte Rotationsbeweglichkeit in der unteren Brustwirbelsäule zu finden ist. Während die ersten Brustwirbel der Kopfdrehung folgen, zeigt sich das Bewegungsminimum in Höhe Th 6 – 8.
Die Dornfortsätze sind lang und schräg abwärts gerichtet. Die spitzen Enden sind in Höhe des nächsttieferen Wirbels zu ertasten. Sie liegen dachziegelartig übereinander, was besonders die Retroflexion (Rückbeuge) einschränkt. Versuchen Sie einmal die Bauchmuskeln anzuspannen und sich aus der Brustwirbelsäule nach hinten zu lehnen. Sie werden merken, dass Sie nur eine geringe Veränderung der Ausgangsstellung erzielen. Die Gelenke sind unter der Rückenmuskulatur nur schwer zu erfühlen. Aufgrund der offenen Bogenstellung wäre ihrerseits jede Bewegungsrichtung möglich.
Die fünf Lendenwirbel sind die größten Einzelknochen des Rückens. Die Lendenwirbelkörper haben die stärksten Lasten zu tragen. Das gilt im Stand sowie beim Heben schwerer Gegenstände. Die Dornfortsätze sind hoch und schmal, können bei Retroflexion in Kontakt miteinander treten und die Bewegung beenden. Das Segment L 4/5 zeigt im Erwachsenen alter den größten Bewegungsausschlag in der Vor- und Rückbeuge (Beckenkippe). Die Gelenkfortsätze sind ebenfalls stark ausgebildet. Die Gelenkfacetten sind nicht eben, sondern gekrümmt. Insgesamt liegen die Fortsätze in großer Fläche aufeinander. Bei Vorbeuge (Anteversion) gleiten die Gelenkfacetten auseinander. In der Seitneigung schieben sich die Facetten der Neigungsseite ineinander, auf der Gegenseite werden sie auseinandergezogen. Diese Verschiebungen können unter Umständen zu Reizzuständen der Knochenhaut führen. Die Gesamtrotation der Lendenwirbelsäule ist mit fünf bis fünfzehn Grad so gering, dass man hier nicht von einer Funktionsbewegung sprechen kann.
Die physiologische Form der Wirbelsäule
Wie auf der Abbildung dargestellt, hat der Rücken in der Seitenansicht mehrere Krümmungen. Die Halswirbelsäule ist konkav gebogen (Lordose). Im Brustbereich ist die Wirbelsäule konvex, also in die Gegenrichtung gekrümmt (Kyphose). Die Lendenwirbel stehen wieder in konkaver Form, das Kreuz- und Steißbein haben eine konvexe Krümmung.
Sieht man die Wirbelsäule als Ganzes, wechseln sich Lordose und Kyphose ab, so dass eine doppelte S-Form entsteht. Die Schwingungen der Wirbelsäule sind für uns wichtig, um Stöße aufzufangen. Die Halslordose bildet die federnde Stütze des Kopfes. Die Lendenlordose trägt den Rumpf und übt einen Stoßdämpfereffekt aus. Aufgrund der beiden Kyphosen wird zusammen mit der Vergurtung durch die Bänder eine aufrechte Körperhaltung erzielt. Wenn im Verlauf der Übungsbeschreibungen von einem geraden Rücken gesprochen wird, bedeutet das die Einhaltung dieser physiologischen Krümmungsform der Wirbelsäule.
Die Krümmungsformen sind Optimalfälle, was bedeutet, dass es auch Abweichungen gibt. Bei der Wirbelsäule werden Haltungs-, Stellungs- und Formfehler unterschieden. Während beim Haltungsfehler eine aktive Aufrichtung möglich ist, gelingt diese beim Stellungsfehler nur mit Hilfe eines Therapeuten oder Arztes. Handelt es sich um einen Formfehler, liegt eine Knochenveränderung vor. Für uns ist der Haltungsfehler von besonderem Interesse. Die Grundhaltung des Menschen wird vererbt. Einfluss auf die Wirbelsäulenstatik nehmen unter anderem Krankheiten, Wachstum, Alter, Psyche, Sport, Ernährung und Gewicht. Haltungsfehler entstehen im Wachstumsalter. Mit dem raschen Wachstum des Achsenskeletts kann die Entwicklung der Muskulatur nicht Schritt halten. Die Rückenbeschwerden treten dagegen häufig erst im Erwachsenenalter auf.
Die bekanntesten Krankheitsbilder werden hier vorgestellt. Im Anschluss daran sind auch die therapeutischen Maßnahmen genannt, die vor allem aus Stretching und Kräftigungsübungen bestehen. Allerdings können Sie keine sofortige Linderung erwarten. Erst durch regelmäßiges, konsequentes Üben werden die Beschwerden beseitigt. Die entsprechenden Übungen finden Sie im Übungsteil.
Flachrücken
Die physiologischen Krümmungen der Wirbelsäule sind beim Flachrücken nur sehr gering ausgeprägt oder fehlen völlig. Am stärksten ist die Lendenlordose davon betroffen, die sogar in eine angedeutete Kyphose übergehen kann. Die Ursache dieser Fehlhaltung ist umstritten. Diskutiert wird ein Zusammenhang mit einer frühkindlichen Sitzkyphose und einer extremen Schwäche der Haltemuskeln. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule ist eingeschränkt. Eine Pufferung der vertikalen Kraftstöße ist beim Flach rücken nicht oder nur eingeschränkt möglich. Die Stöße werden überwiegend über die elastischen Bandscheiben abgefangen, was zu frühzeitigen Verschleißerscheinungen und Schmerzen führt.
Therapeutische Maßnahmen Die gesamte Muskulatur des Körperstammes muss gedehnt und gekräftigt werden. Dazu gehören:
•Rückenstrecker (M. erector spinae)
•Bauchmuskeln (M. rectus abdominis, M. transversus abdominis)
•Hüftbeuger (M. iliopsoas)
•vorderer und hinterer Oberschenkelmuskel (M. quadrizeps femoris, ischiocrurale Muskulatur)
•Brustmuskulatur (M. pectoralis)
•obere Schultermuskeln (M. trapezius, M. rhomboideus)
Rundrücken
Beim Rundrücken handelt es sich um eine keilartige Verformung der Brustwirbelsäule, teilweise sogar der Lendenwirbelsäule (Kyphosierung). Dabei darf der Rundrücken nicht mit der vorübergehenden, schlechten Haltung nach einer Erschöpfung der Stammmuskulatur verwechselt werden. Durch die Deformierung ist eine gleichmäßige Lastenübertragung der Wirbelkörper und Bandscheiben nicht mehr gegeben. Brust- und Lendenwirbelsäule verändern ihre physiologische Schwingungsform, was eine Überdehnung und Überlastung der Rückenmuskulatur zur Folge hat. Das Endstadium ist eine vorzeitige Abnutzung der Gelenkflächen sowie eine Steifheit und Bewegungseinschränkung vor allem im Bereich der Brustwirbelsäule.
Therapeutische Maßnahmen Die Maßnahmen zur Behandlung des Rundrückens sollten auf eine Verhinderung der drohenden Wirbeldeformierung abzielen. Sind bereits Keilwirbel entstanden, können entsprechende Behandlungsmaßnahmen lediglich eine Verschlechterung vermeiden.
Stretching:
•Brustmuskulatur (M. pectoralis)
Kräftigung:
•obere Schultermuskeln (M. trapezius, M. rhomboideus)
•Bauchmuskeln (M. rectus abdominis, M. transversus abdominis)
•Rückenstrecker (M. erector spinae)
Hohlkreuz
Beim Hohlkreuz handelt es sich um eine äußerlich sichtbare Verstärkung der physiologischen Krümmung der Lendenwirbelsäule (Lordose).
Das Becken wird sehr weit nach vorne gekippt, und der Bauch wölbt sich etwas vor. Ursachen des Hohlkreuzes können erbbedingte Veränderungen der Wirbelkörper oder eine Folgeerscheinung der Fettsucht sowie Bewegungsmangel und damit verbundene muskuläre Dysbalancen sein. Durch die Fehlhaltung werden vorzeitige Abnutzungserscheinungen an den Wirbelkörpern, Ineinanderstauchen der Wirbelgelenke und ungleichmäßige Komprimierung der Bandscheiben ausgelöst. Zusätzlich kann es zu Reizungen der austretenden Nerven kommen.
Therapeutische Maßnahmen Die auf die Beckenstellung wirkenden Muskeln müssen je nach Ansatz und Ursprung gedehnt oder gekräftigt werden.
Stretching:
•Rückenstrecker (M. erector spinae)
•Hüftbeuger (M. iliopsoas)
•vordere Oberschenkelmuskeln (M. quadrizeps femoris)
Kräftigung:
•Bauchmuskeln (M. rectus abdominis, M. transversus abdominis)
•Gesäßmuskel (M. gluteus)
•hintere Oberschenkelmuskeln (ischiocrurale Muskulatur)
Skoliose
Unter Skoliose ist eine seitliche Verbiegung der Wirbelsäule zu verstehen. Der Schulterhochstand ist ein wichtiges Frühsymptom. Im fortgeschrittenen Stadium zeigt sich der Schiefwuchs als deutlicher Buckel. Eventuell ist auf der Gegenseite ein Lendenwulst entstanden. Man unterscheidet das Krankheitsbild der statischen und posturalen Skoliose. Die statische Skoliose beruht auf einem Schiefstand, beispielsweise auf einer sichtbaren Beinverkürzung, die eine Beckenschiefstellung zur Folge hat. In diesem Fall kann ein Ausgleich der Beinlänge, durch Einlagen oder eine Absatzerhöhung, eine Abnahme der Beschwerden bedeuten. Bei der Entstehung der posturalen Skoliose spielen Vererbungs- und Anlagefaktoren, Umweltbedingungen, Gewohnheitshaltungen, Gewichtsverlagerungen, asymmetrische sportliche Ausbildung sowie die Tonisierung der Rumpf- und Extremitätenmuskulatur eine Rolle. Diese Form der Haltungsschwäche wird besonders durch einen verstärkten Rundrücken und eine vermehrte Beckenkippung sichtbar. Hinzu kommen Abweichungen in der Frontal ebene: Die entstehenden Wirbelkrümmungen ziehen den Oberkörper zur Seite. Probleme entstehen dadurch, dass der Belastungsdruck nicht gleichmäßig auf die einzelnen Wirbelkörper und Bandscheiben verteilt wird. Der einzelne Wirbel kann sich aus gelenkmechanischen Gründen in sich verdrehen. Weitere Auswirkungen zeigen sich im Bereich der inneren Organe. Infolge des Schiefwuchses und der Brustkorbverformung verlagern sich die Brust- und Bauchorgane. Lunge und Herz können Funktionsstörungen aufweisen, und das Nervensystem kann beeinträchtigt werden.
Die Veränderungen führen im Laufe der Zeit zu schmerzhaften Verspannungen der Rückenmuskulatur, zu Verschleißerscheinungen der Bandscheiben und Wirbelgelenke. Optimale Hilfe kann geleistet werden, wenn der Schiefstand frühzeitig erkannt wird. Beobachten Sie bei gebückter oder aufrechter Haltung eine Asymmetrie des Rückens, sollten Sie einen Orthopäden aufsuchen.
Therapeutische Maßnahmen Ein allgemeiner Trainingshinweis kann an dieser Stelle nicht geliefert werden, da die Ausbildung des Schiefstandes sehr unterschiedlich sein kann. Die Behandlung sieht bei jedem Patienten anders aus. Bevor Sie mit bestimmten Übungen beginnen, sollten Sie Ihren Orthopäden, Krankengymnasten oder Sporttherapeuten konsultieren.
Die Zwischenwirbelscheiben
Die Zwischenwirbelscheibe, besser bekannt als Bandscheibe, ist ein relativ einfaches Gebilde; statistisch gesehen verursacht sie jedoch die meisten der auftretenden Beschwerden. Insgesamt haben wir dreiundzwanzig Bandscheiben. Sie bilden die Verbindungsstücke zwischen zwei Wirbelkörpern. Einzige Ausnahme: zwischen dem ersten und zweiten Halswirbel liegt aufgrund des Densaxis keine Zwischenwirbelscheibe. Eine Bandscheibe besteht aus hintereinandergeschichteten ringförmigen Faserstrukturen (Faserknorpel); sie ist ähnlich aufgebaut wie eine Zwiebel. In der Mitte befindet sich ein Gallertkern (nucleus pulposus). Die Faserringe (Anulus fibrosus) sind mit den benachbarten Wirbelkörpern verwachsen, die Gallertkerne sorgen wie Stoßdämpfer für eine gleichmäßige Druckverteilung. Die Bandscheiben besitzen weder Blut- noch Nervengefäße, sondern werden durch einen speziellen Saug- und Druckmechanismus ernährt. Der Gallertkern besteht aus wasseranziehenden Makromolekülen, die im entlasteten Zustand (zum Beispiel Rückenlage) dafür sorgen, dass die umgebende Flüssigkeit in die Bandscheibe diffundiert. Unter ständiger Druckbelastung (zum Beispiel Sitzen) wird die Flüssigkeit wieder abgegeben. Dieser Austausch ernährt die Bandscheibe und wird Schwammprinzip genannt. Messen Sie sich einmal morgens nach dem Aufstehen und ein zweites Mal am Abend. Ihnen wird ein durch die Flüssigkeitsabgabe verursachter Größenunterschied von ein bis drei Zentimeter auffallen.
Abweichungen der Wirbelsäule: Flachrücken, Rundrücken, Hohlkreuz und Skoliose (von links oben nach rechts unten)
Das Bewegungssegment
Das Bandscheibenmaterial macht etwa ein Viertel der Gesamtlänge (ohne Kreuzund Steißbein) aus, allerdings zu unterschiedlichen Anteilen: ein Fünftel der Halswirbelsäule, ein Fünftel der Brustwirbelsäule und ein Drittel der Lendenwirbelsäule. Als Verschleißerscheinung verringert sich jedoch die Fähigkeit der Bandscheiben, Wasser aufzunehmen. Die Scheiben werden flacher oder trocknen ganz aus. Ebenfalls negativ wirkt sich einseitiges Verhalten, wie zum Beispiel langes Sitzen, aus. Der Flüssigkeitsaustausch wird gestoppt, die Bandscheibe nicht mehr ernährt.
Bei Bewegungen der Wirbelsäule verschiebt sich der Nucleus pulposus geringfügig und weicht zum Ort der geringeren Belastung aus. Beugen wir uns nach vorne, schiebt sich der Kern nach hinten. Bei unphysiologischen Bewegungen, zum Beispiel Anheben eines Gewichtes mit vorgeneigtem Oberkörper, kommt es zu einem sehr starken Druck auf die Bandscheibe. In einer intakten Bandscheibe wird, durch eine Art selbstregulierende Zugspannung der hinteren Ringstruktur, der Kern in der Mitte gehalten. Aber ab dem zwanzigsten Lebensjahr etwa treten degenerative Veränderungen auf. Bei oben genannter Belastung kann der Kern stark zur Seite verschoben werden, oder die Bandscheibe platzt. Ist die Gallertmasse verschoben (Protrusion) oder sogar geplatzt (Bandscheibenvorfall oder Prolaps), wird das Zwischenwirbelloch verengt und der dort verlaufende Nerv eingeklemmt. Da das Rückenmark durch ein Band geschützt wird, tritt die Bandscheibe meist rechts- oder linksseitig aus. Schmerzen sowie Kribbeln oder Lähmungserscheinungen sind aus diesem Grund nur einseitig zu spüren.
Die Muskulatur des Stammes
Im vorigen Kapitel wurde der Aufbau des Achsenskeletts des menschlichen Körpers erläutert. Ohne Bänder, Sehnen und Muskulatur ist jedoch weder eine aufrechte Haltung noch Bewegung möglich.
Durch die Bänder wird unser Achsenskelett gut stabilisiert. Innerhalb eines Bewegungssegments (Wirbel – Bandscheibe – Wirbel) wirken Bandscheibe und Bänder wie ein Selbstspannungsapparat. Der allseitig wirkende Quellendruck der Bandscheibe drückt die Wirbelkörper auseinander, die Bänder werden unter Spannung gesetzt.
Die eigentliche Bewegung erfolgt schließlich durch das koordinierte Zusammenspiel der Muskulatur (aktiver Bewegungsapparat). Die Hilfseinrichtungen, die ein Muskel benötigt, sind Sehnen, Faszien, Schleimbeutel und Sehnenscheiden. Ein Muskel setzt nicht direkt am Knochen an, sondern ist Teil einer funktionellen Einheit, der sogenannten kinetischen Kette (Knochen – Sehne – Muskel – Sehne – Knochen). Mechanisch bedeutet dies, dass sich ein Muskel zusammenzieht und die benachbarten Knochen, an denen seine Endsehnen befestigt sind, bewegt und einander annähert. Damit sich ein Muskel überhaupt zusammenziehen (kontrahieren) kann, muss er durch Nerven versorgt werden. Wird von den Sinnesorganen eine Bewegungsrichtung festgelegt, gibt das Gehirn motorische Befehle über das Rückenmark, durch die Nerven an die entsprechenden Muskelgruppen. In Form von kleinen Stromstößen und unter Mitarbeit von Milliarden von Eiweißmolekülen kontrahiert ein Muskel.
Kontraktion eines Muskels
•Aktionspotential trifft auf die Oberfläche und wird in die Tiefe der Faser weitergeleitet
•Kalziumionen werden freigesetzt
•ineinander verschränkt angeordnete Proteine (Aktin, Myosin) bilden Querbrücken
•Myosin-ATPase wird aktiviert, Energie wird freigesetzt
•Skelettmuskulatur verkürzt
•aktiver Rücktransport der Kalziumionen
•Muskel erschlafft
Bei der Muskulatur werden drei verschiedene Fasertypen unterschieden:
•langsam reagierende Fasern (tonische Muskulatur, Slow-twitch-Fasern)
•schnell reagierende Fasern (phasische Muskulatur, Fast-twitch-Fasern)
•Intermediärtyp
Die Aufgabe der langsam reagierenden Fasern liegt in erster Linie in der Kraftentfaltung und der Stützmotorik. Besondere Eigenschaften der tonischen (roten) Fasern sind:
•wenig ermüdbar und ausdauernd
•schmal
•mitochondrienreich (Ort des aeroben Stoffwechsels)
•kapillarenreich
•reich an Enzymen des aeroben Stoffwechsels
•langsame Kontraktion
•niedrige Reizschwelle
•langsame Atrophie
Die schnell reagierenden Muskelfasern dienen der Zielmotorik und der schnellen Kraftentwicklung. Demnach sind für die phasischen (weißen) Muskelfasern folgende Eigenschaften charakteristisch:
•schnell ermüdbar
•breiter
•schnelle Kontraktion
•reich an Phosphaten, Glykogen und Enzymen des anaeroben Stoffwechsels
•hohe Reizschwelle
•geringe Mitochondrienzahl
Für den Bereich der beim Rückentraining betroffenen Stammuskulatur ist die statische Muskulatur von besonderer Bedeutung. Bevor die Muskeln den Körper fortbewegen, müssen sie ihn erst entgegen der Schwerkraft in eine aufrechte Körperhaltung bringen. Schon das ruhige Stehen oder Sitzen erfordert die Aktivität einer Vielzahl von Muskeln. Die Rücken- und Bauchmuskeln weisen somit eine kontinuierliche Muskelspannung auf, die als Ruhetonus bezeichnet wird.
Die Funktion dieser Haltemuskeln liegt also weniger in einer Verkürzung, sondern besteht einer der Situation angepassten Änderung des Tonus.
Zur Rumpfmuskulatur gehören Nacken-, Rücken-, Hals-, Brust- und Bauchmuskeln, die je nach Lage als dorsale (rückwärtige) oder ventrale (vordere) Muskulatur bezeichnet werden. Die Hüftmuskulatur hat eine ähnlich große Bedeutung für die Haltung des Körpers, besonders auf die Position des Beckens, und wird gesondert skizziert. Den folgenden Abbildungen können Sie die Lage und den Verlauf der wichtigsten Muskeln entnehmen, den Tabellen ihre Funktionen unter Beachtung der angefügten Hinweise und Besonderheiten.
Die dorsale Rumpfmuskulatur
Rückansicht der wichtigsten Muskeln des Körperstamms (Nacken- und Rückenmuskeln)
Name des Muskels | Funktionen | Hinweise und Besonderheiten |
M. trapezius (1) | Retroflexion der Halswirbelsäule, hebt die Schulter zieht die Schulterblätter zur Wirbelsäule | nur der obere Anteil des Muskels mittlerer und unterer Anteil des Muskels, bei fixierter Wirbelsäule |
M. levator scapulae (2) | hebt das Schulterblatt, dreht es nach innen Retroflexion des Halses, Seitbeugung | bei fixierter Halswirbelsäule bei fixiertem Schulterblatt |
M. rhomboideus (3) | zieht die Schulterblätter zur Wirbelsäule zieht die Brustwirbel zur Seite | bei fixierter Wirbelsäule bei fixiertem Schulterblatt (bedeutsam bei Skoliosen) |
M. deltoideus (4) | ist an fast allen Bewegungen des Armes beteiligt | besteht aus mehreren Funktionseinheiten |
M. latissimus dorsi (5) | streckt die Brust- und Lendenwirbelsäule Innenrotation und Rückführung des Armes | bei fixiertem Oberarm und beidseitiger Kontraktion bei beweglicher Schulter |
M. quadratus lumborum (6) | zieht die 12. Rippe nach unten, wirkt seitbeugend und unterstützt das Ausatmen hebt die Beckenhälfte | bei fixiertem Becken bei fixierten Rippen und bei einseitiger Kontraktion |
M. erector spinae: M. iliocostalis (7) M. longissimus (8) M. spinalis (9) M. splenius Mm intertransversari Mm interspinales Mm transversospinales | drehen und neigen die Wirbelsäule bei einseitiger Kontraktion beidseitig kontrahiert beugen sie die Wirbelsäule nach hinten | fasst eine Gruppe von Muskeln mit der annähernd gleichen Funktion zusammen, die im folgenden immer nur mit M. erector spinae bezeichnet werden |
M. serratus posterior superior | hebt die Rippen und unterstützt damit das Einatmen | |
M. serratus posterior inferior | senkt die Rippen und unterstützt damit das Ausatmen |
Die Hüftmuskulatur
Die wichtisten Hüftmuskeln, die die Position des Beckens und der Wirbelsäule beeinflusse n
Name des Muskels | Funktionen | Hinweise und Besonderheiten |
M. gluteus maximus (10) | streckt das Hüftgelenk hilft beim Abspreizen des Beines zieht das Bein heran | oberer Teil des Muskels unterer Teil des Muskels |
M. gluteus medius (11) M. gluteus minimus | Abduktion der Hüfte streckt die Hüfte, Außenrotation des Beines beugt die Hüfte, Innenrotation | bei fixiertem Becken, bildet eine funktionelle Einheit mit seinem Hilfsmuskel (M. gluteus minimus) nur die hinteren Muskelfasern nur die vorderen Muskelfasern |
M. iliopsoas (12) | kippt das Becken vorwärts Beugung, Adduktion und Außenrotation des Beines neigt die Lendenwirbelsäule zur Seite | bei fixiertem Becken und beidseitiger Kontraktion bei fixierten Wirbeln bei einseitiger Kontraktion |
Die ventrale Rumpfmuskulatur
Vor allem die Bauchmuskeln haben neben Stütz- und Bewegungsfunktionen, die den Körperstamm betreffen, weitere wichtige Aufgaben. Zum einen begünstigen sie in nicht unbedeutendem Ausmaß die Atmung. Zum anderen stabilisieren sie die Lage der inneren Organe im Bauchraum und unterstützen durch ihre Druckwirkung die Ausscheidung und den Geburtsvorgang.
Vorderansicht der wichtigsten Muskeln des Körperstamms (Hals, Brust- und Bauchmuskeln )
Name des Muskels | Funktionen | Hinweise und Besonderheiten |
M. sternocleidomastoideus (14) | dreht und neigt den Kopf überstreckt die Halswirbelsäule hebt das Brust- und Schlüsselbein | bei fixiertem Brustkorb und einseitiger Kontraktion bei beidseitiger Kontraktion bei fixiertem Kopf |
M. longus colli | beugt die Halswirbelsäule nach vorne dreht den Kopf seitlich nach vorne | bei beidseitiger Kontraktion (besteht aus drei Fasergruppen) bei einseitiger Kontraktion |
M. pectoralis major (15) | Innenrotation und Adduktion des Armes | bei fixiertem Brustkorb |
M. pectoralis minor | zieht das Schulterblatt gegen den Brustkorb hebt die Rippen und unterstützt die Atmung | bei fixierten Rippen bei fixiertem Schulterblatt |
M. serratus anterior (16) | zieht das Schulterblatt nach außen und drückt es gegen den Brustkorb | oberer Teil des Muskels |
M. rectus abdominis (17) | beugt den Rumpf, unterstützt das Ausatmen und stabilisiert die Lage der inneren Organe | bei gutem Trainingszustand ist die Vierteilung durch quer verlaufende Zwischensehnen erkennbar |
M. obliquus externus abdominis (18) | dreht den Brustkorb zur Gegenseite Seitneigung und Flexion des Rumpfes | bei einseitiger Kontraktion und fixiertem Becken |
M. obliquus internus abdominis (19) | Rotation und Seitneigung des Rumpfes unterstützt das Beugen des Rumpfes | bei einseitiger Kontraktion bei beidseitiger Kontraktion |
M. transversus abdominis | stabilisiert die inneren Organe | bildet einen Gürtel zwischen dem inneren und äußeren schrägen Bauchmuskel |
Diaphragma (Zwerchfell) | unterstützt das Einatmen (Bauchatmung) | eine nach oben gewölbte Muskelplatte, die den Brustvom Bauchraum trennt |