Читать книгу Spinning ist was für Friseure - Das neue Buch der Radsportzitate - Andreas Beune - Страница 7

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Classiques

»Manche Leute schenken einen Ring, wenn sie einen Hochzeitsantrag machen. Ich habe ihr einen Pflasterstein geschenkt.«

Paris–Roubaix – die »Königin der Klassiker«, die »Hölle des Nordens« – ist ein herrlich unzeitgemäßes und ungerechtes Rennen voller Staub und Schlamm und Schläge, eine Belastungsprobe für Material und Taktik. Ein solches Rennen verdient eine außergewöhnliche Siegestrophäe, keinen goldglänzenden Protzpreis. Mit dem Pflasterstein-Original gibt es für den Tagesbesten eine durch und durch authentische Auszeichnung. Als der Belgier Johan Van Summeren, ein Hüne, der in seiner Laufbahn oft als verlässlicher Domestik eigene Siegchancen hintanstellte, 2011 das Rennen nach erfolgreichem Ausflug in die Ausreißergruppe und anschließender beherzter Solo-Attacke gewann, war der Jubel so groß, dass er im Überschwang seiner Freundin unmittelbar nach der Ankunft im Velodrom von Roubaix einen Heiratsantrag machte. Da die Freundin sich ihre Brötchen als Radsportjournalistin verdiente, wusste sie nur zu gut um die symbolische Bedeutung des massiven Pavé-Pokals als Ringersatz. Sie hat dann auch nicht mit »Nein« geantwortet.

Gleich drei dieser nordfranzösischen Belohnungssteine hat der Schweizer Ausnahmefahrer Fabian Cancellara erstrampelt. Nach den ersten Erfolgen aus den Jahren 2006 und 2010 hatte seine Frau die beiden Steinbrocken daheim in der Schweiz in den Fenstern der hauseigenen Sauna platziert. 2013 kam ein dritter Stein ins dritte Fenster – weitere Durchschaumöglichkeiten weist die Sauna allerdings nicht auf. »Der vierte Stein ist noch weit weg«, erklärte Fabian Cancellera kurz nach seinem Paris–Roubaix-Sieg im April 2013 auf die Frage, was er denn machen wolle, wenn er auch im darauffolgenden Jahr wieder gewinnen sollte: »Unser Haus umbauen wollen wir eigentlich nicht.«

Die auf derlei Maßnahmen spezialisierten Handwerker rund um Bern sollten sich von dieser Aussage nicht blenden lassen und sich schon mal die Aprilmonate der kommenden Jahre freihalten.

Bei Paris–Roubaix geht es darum, wer die Eier und den härtesten Hintern hat, nicht darum, wer der talentierteste Fahrer ist. Ich liebe das. Das ist der Grund, warum das Rennen so großartig ist.

Jonathan Vaughters

Ab Doullens war die Landschaft nur noch trostlos. Die zerborstenen Bäume sahen aus wie Gerippe, die Straßen waren voller Schlaglöcher oder von Panzern zerstört. Statt Vegetation gab es am Straßenrand nur Militärfahrzeuge in erbärmlichem Zustand. Von den Häusern der Dörfer war nicht viel mehr übrig geblieben als die Mauern. Eugène Christophe rief aus: »Dies hier ist wirklich die Hölle des Nordens.«

Victor Breyer, Radsportredakteur der Veranstalterzeitung »L’Auto«, kommentiert das Paris–Roubaix im Nachkriegsjahr 1919

Für mich gibt es nur das Fazit: Roubaix ist geil! So viele Glückshormone hat mein Körper noch nie ausgeschüttet. Etwas Härteres habe ich zwar auch noch nie erlebt, aber das Hochgefühl im Velodrom von Roubaix ist wie ein Rausch.

John Degenkolb

Meine älteste Erinnerung an den Radsport ist die, dass ich 1980 am Küchentisch saß und Paris–Roubaix im Fernsehen sah. Ich ließ meine Eltern mit der Autorität, wie sie nur ein Sechsjähriger haben kann, wissen, dass ich eines Tages Paris–Roubaix gewinnen werde.

Roger Hammond

Paris–Roubaix ohne Regen ist kein richtiges Paris–Roubaix.

Sean Kelly

Wenn ich angehalten hätte, um einen Kaffee zu trinken, hätten sie auch angehalten.

Fabian Cancellara beklagt die taktische Einfalt in der Spitzengruppe bei Paris–Roubaix 2011

Du musst die Steine mögen. Das ist das Wichtigste.

Peter Van Petegem

Mein größter Sieg? 1950 habe ich Paris–Roubaix gewonnen. Gut, eigentlich haben sie Coppi als Sieger geehrt, aber seien wir doch mal ehrlich: Fausto fuhr doch außer Kategorie. Dieser Mann ist vom Teufel besessen, er ist nicht mehr zu Hause unter den Menschen.

Maurice Diot

Paris–Roubaix ist wie eine schöne Frau. Du willst sie unbedingt haben, aber du wirst abgewiesen, immer und immer wieder, und dann wirft das Miststück sich plötzlich auch noch irgendeinem Dahergelaufenen an den Hals.

Marc Madiot

Notfalls trage ich mein Rad nach Roubaix.

Servais Knaven, Überraschungssieger von 2001, vor seiner 16. Paris–Roubaix-Teilnahme, mit der er seine Karriere beendete

Mir gefällt das Amstel Gold Race. Das Rennen ist taktisch anspruchsvoll, und es hat die besten Zuschauer. Sie fangen schon früh morgens mit dem Trinken an und sind bereits ziemlich in Stimmung, wenn das Rennen dann losgeht.

Simon Gerrans

Der Cauberg ist auf seine Weise auch ein Berg der Holländer, ein Ort, den die Radsportfans aus den Niederlanden für sich vereinnahmt haben. Genau wie Alpe d’Huez, nur mit dem Vorteil, dass der Cauberg direkt vor ihrer Haustür liegt.

Leo Van Vliet, Ex-Profi und Organisator des Amstel Gold Race

Es ist, als ob du durch einen Tunnel aus Krach fährst, den du beinahe anfassen kannst.

Eddy Planckaert, Sieger der Flandern-Rundfahrt 1988, über die Muur van Geraardsbergen

Eine Ronde ohne die Muur ist wie die Rolling Stones ohne Mick Jagger.

Geert Vandenbon, Mitbegründer des Museums der Flandern-Rundfahrt in Oudenaarde

Zwei Mal Platten, drei Mal gewechselt, hundert Mal gequält. Meine erste Flandern-Rundfahrt hat mich komplett überwältigt. Das war zum Teil wie bei einem gigantischen Rockkonzert.

John Degenkolb

Man fühlt sich wie ein Rockstar, der auf die Bühne kommt. Die Fans stehen so nahe, dass man den Atem der Leute riechen kann, die uns anfeuern. Das macht den Radsport so besonders. War etwa ein Wayne Rooney jemals einem Fan so nahe, als er einen Pass spielte oder ein Tor erzielte?

Geraint Thomas über die Flandern-Rundfahrt

Die Muur ist ein Rendezvous mit deinem eigenen Charakter.

Eddy Planckaert

Was man bei der Übertragung von der Ronde zu sehen bekommt, ist ein Flandern, wie es früher mal war. Es scheint auch Äcker zu geben. Das ist seltsam. Denn eigentlich besteht Flandern heute doch nur noch aus Beton und IKEA-Parkplätzen.

Dimitri Verhulst, belgischer Schriftsteller

Was haben wir getan, dass man uns in die Hölle schickt?

Bernard Hinault über den Koppenberg

Seien wir doch mal ehrlich: Das Schlimmste an den Hügeln den Flandern-Rundfahrt sind doch jedes Mal die zehn Kilometer Gemetzel, die vorausgehen.

Walter Planckaert


»Wenn ihr den Koppenberg so toll findet, warum macht ihr aus der Ronde nicht ein Querfeldein-Rennen?«

Frans Verbeeck

In Flandern gibt es keine Taktik. Du musst einfach nur Rad fahren. Aber das so hart wie nirgends sonst.

Moreno Argentin

Geht heim – ich habe einen halben Tag Vorsprung.

Henri Van Lerberghe, Sieger der Flandern-Rundfahrt 1919

Als ich zum ersten Mal nach Flandern kam, habe ich mir fast in die Hose gemacht. Ich hatte in der Zeitung schreckliche Geschichten gelesen von bärenstarken Flandriens, prähistorischen Wetterumständen und unbefahrbaren Straßen. Ich wusste noch nicht mal, was Kasseien überhaupt waren.

Fiorenzo Magni

Was ein echter Flandrien war? Du musstest so hart in die Pedale treten können, dass du nicht mehr wusstest, aus welchem Dorf du kamst.

Briek Schotte

Die Entwicklung der modernen Flandern-Rundfahrt hat etwas Öbszönes. Nirgends sonst sieht man den Parvenüstaat Flandern treffender verkörpert. All die VIPs und Politiker, die sich da tummeln. Und der Flandrien? Ach, den gibt es doch schon seit fünfzig Jahren nicht mehr. Der letzte war Briek Schotte. Punkt, aus. Dass die Presse immer noch darüber schreibt, ist nichts anderes als ewig gestrige Faulheit.

Hugo Camps, Journalist

Die Flandern-Rundfahrt ist das Olympia von Belgien. Da ist das ganze Land auf den Beinen. Für sechs Stunden steht die Zeit still. Wer gewinnt, wird in den Himmel gehoben.

Andreas Klier

Ich weiß jetzt, wie sich die Beatles gefühlt haben.

Bradley Wiggins über die Begeisterung der Zuschauer nach seinem Zeitfahr-Olympiasieg 2012

Das ist so groß, so wunderbar – und in spätestens sechs Stunden bin ich betrunken.

Bradley Wiggins feiert seinen Olympiasieg vor heimischem Publikum

Es war das Wahnsinnigste, was ich je in meinem Leben erlebt habe. Es gab nicht eine Stelle zum Pinkeln.

André Greipel über die Zuschauermassen beim olympischen Straßenrennen 2012

Bei Olympia lagen wir auf einer Etage mit den Handballern, Bahnfahrern und ein paar anderen, da hieß es immer nur: Oh, Platz 6 – super, weiter A-Kader. Da lachen wir Profis uns doch tot drüber. Allein mit dem, was ein Olaf Ludwig monatlich an Vorabzugssteuer entrichten muss, bezahlt er 15 Mann vom A-Kader bar.

Erik Zabel

Bei jedem anderen Radrennen würde man sagen: Hierher komme ich nicht noch einmal wieder. Die Zimmer sind sehr spartanisch und erinnern von der Einrichtung an Jugendherbergen. Heute früh, als einer irgendwo im Haus duschte, dachte ich, ich werde in meinem Bett gleich mit nass, so laut war das.

Tony Martin während der Olympischen Spiele 2012

Peking war toll – wenn nur die Radrennen nicht gewesen wären.

Olympia-Bilanz 2008 von Stefan Schumacher

Mailand–Sanremo ist kein Rennen, das man gerne fährt, aber ein hervorragendes Rennen, um es zu gewinnen.

Sean Kelly

Wenn du Mailand–Sanremo gewinnen willst, musst du die Abfahrt vom Poggio auch blind nehmen können.

Francesco Moser

Mailand–Sanremo ist eine Diva, eine Scarlett Johansson. Zweihundert Mann reißen sich um sie, wollen sie unbedingt haben, aber sie lässt immer nur einen ran.

Michel Wuyts, belgischer Radsportreporter

Ich konnte mich teilweise kaum auf dem Rad halten und musste mich am Auto aufhalten, wo mir mein Mechaniker heißen Tee über Hände, Füße und Rücken schütten musste!

Björn Thurau über ein schnee- und regenreiches Mailand–Sanremo 2013

Edvald Boasson Hagen kam zum Bus und duschte dann im Rennanzug. Mat Hayman war unterkühlt und zitterte. Er gab dem belgischen Fernsehen ein Interview, an das er sich bis heute nicht erinnern kann.

Ian Stannard über die Ausgabe von Kuurne–Brüssel–Kuurne im Frühjahr 2010, bei der wegen eines Unwetters nur 26 Fahrer das Ziel erreichten

Die Frühjahrsklassiker wurden auf Dantes Pergamentpapier verfasst – genau dort, wo die »Göttliche Komödie« in »Inferno« übergeht.

Bob Roll

Ein Sieg bei einem Klassiker oder einem großen Rennen ist kein Diplom, auf das du dich für den Rest deines Lebens berufen könntest. Im Radsport gibt es keine Diplome, es ist eher so, als stündest du ständig vor dem Examen.

Eddy Merckx

Zusammen mit Eddy Merckx habe ich alle Klassiker gewonnen, die es zu gewinnen gab. Ich Paris–Tours und er den Rest.

Noël van Tyghem

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