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Etwas seltsames passiert

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Am nächsten Tag hatte Peter schon seinen ersten freien Tag. Weil die Feen ihm Münzen zugesteckt hatten, hatte er an einem Tag mehr verdient als Onkel Wankel in einem Monat. Er hatte aber auch weniger Münzen poliert als Onkel Wankel in fünf Minuten. Deshalb hatte Herr Klappo Schack gesagt: „Bleib morgen weg!“ Peter ging nach dem Frühstück auf den Markt, wo er sich eine Melone kaufte, das war der einzige Hut in seiner Größe. Man bekam zwar alle Größen, vom Hut für Spitzmäuse bis zum Hut für Köpfe mit zwei Metern Durchmesser, die Auswahl an Modellen, vor allem für Herrenhüte, war aber begrenzt. Für Spitzmäuse waren nur noch Cowboyhüte da, für Köpfe mit zwei Metern Durchmesser gab es nur Zylinder und für einen Pinguin gab es nur die Melone. (Die riesigen Zylinder waren auch noch sehr hoch, viel mehr als zwei Meter. Wenn es Riesen gab, denen diese Hüte passten, wollten sie wohl noch größer wirken, als sie ohnehin schon sind.) Menschen, Kobolde und Katzen konnten zwischen diesen drei Formen und natürlich den typischen irischen Koboldhüten wählen, mehr gab es aber auch für diese Wesen, die den größten Teil der Kundschaft des Hutmachers ausmachten, nicht. (Wenn es noch Detektivhüte gegeben hätte, hätte sich Peter natürlich einen in seiner Größe bestellt, das ging auch, es hätte aber gedauert, bis er ihn gekriegt hätte. Peter wusste aber auch gar nicht, was ein typischer Detektivhut ist und ob er ihm gestanden hätte.) Dann kaufte sich Peter einen braunen Trenchcoat. Er wunderte sich ein wenig, dass es einen passenden in seiner Größe gab.

Mit seinem neuen Hut und seinem neuen Mantel ging Peter zum Münzhaufen. Er wollte die Feen beobachten. Einerseits weil sie ihn auch bei der Arbeit beobachtet hatten, andererseits aus Interesse. Außerdem wollte er genaues Beobachten üben, ein wichtiger Bestandteil der Detektivarbeit. So schaute Peter dem Treiben einige Stunden zu. In seiner neuen Kleidung fühlte er sich total unauffällig, obwohl ein paar Feen tuschelten, dass die Melone und der Trenchcoat doch nun gar nicht zusammen passten. Eine der Feen kicherte, leider verschwand sie sehr schnell. Als Peter dachte, dass ihm das Kichern bekannt vorkam, war sie weg. Es könnte die Fee aus dem Café gewesen sein.

Peter wollte wissen, wie viele Wünsche Feen erfüllen, ob es ihnen wirklich so wichtig ist, seltene Münzen zu finden. Tatsächlich wurden die wenigsten Wünsche erfüllt, aber es gab zumindest Feen, die über jeden Wunsch nachdachten. Diese erfüllten zunächst eher weniger Wünsche als diejenigen, die die Wünsche nicht ernst nahmen. Solche Feen schienen tatsächlich am ehesten amüsante Wünsche zu erfüllen. Sie schauten die meiste Zeit gelangweilt, aber manchmal lächelten sie kurz und dann schwangen sie ihren Feenstab. Nach einiger Zeit fingen diese Feen jedoch an, sich immer wenn sie einen Wunsch hörten, gequält an die Schläfen zu fassen. Außer es war ein amüsanter Wunsch, dann lächelten sie. Aber das Lächeln wurde immer müder. Im Laufe der Zeit erfüllten sie immer weniger Wünsche. Die ernsthafteren Feen hingegen arbeiteten langsamer und waren am Nachmittag noch einigermaßen guter Dinge. Sie schienen allerdings nicht wirklich Spaß zu haben. So plätscherte das dahin, was man einen normalen Arbeitstag der Feen nennen könnte. Vormittags kam einmal für wenige Minuten Schwung in die Sache, da hatten mehrere Feen eine selten Münze gesehen. Die Szene war aber ähnlich wie die, als Peter im Feenreich ankam, nur dass eben kein Pinguin plötzlich herabgeschlittert kam. Es war also viel langweiliger als damals. Die Feen stritten sich, irgendwann schnappte sich eine die Münze und rannte fort. Die andere schimpfte ihr hinterher. Am späten Nachmittag, Peter hätte eigentlich schon längst nach Hause gehen wollen, war aber vom Treiben der Feen vor Langeweile gelähmt, passierte etwas Seltsames. Etwas, das wohl noch nie zuvor passiert war. Peter beobachtete gerade, um sich von den Feen abzulenken, wie die Münzen aus dem Nichts fielen. Einige Zentimeter, zumindest weniger als einen halben Meter über dem Münzhaufen erschienen die Münzen und regneten herab. Es waren nicht so viele, dass es geprasselt hätte, aber es waren mehrere pro Sekunde. Das Seltsame, das passierte, war, dass es plötzlich aufhörte. Von einer Sekunde auf die nächste fielen keine Münzen mehr auf den Haufen. Peter fand das zunächst nicht allzu seltsam. Die Feen jedoch starrten eine Weile stumm auf die Spitze des Hügels, dann fingen sie alle an, durcheinander zu schreien. Peters Fähigkeit zu sprechen und andere zu verstehen, wenn sie sprachen, war nicht so gut, dass er durcheinander schreiende Feen verstehen konnte. Er hörte Wörter wie „ruinieren“, „Nichten“, „Zauberer“ und immer wieder „Weh“ mit „Achs“ und „Ohs“. Statt „Nichten“ könnte es auch „vernichten“ geheißen haben. Noch nie hatte Peter so aufgeregte Feen gesehen und das, obwohl sich Feen sehr leicht aufregen. Peter hatte keine Lust sich Gedanken zu machen, warum die Aufregung so groß war. Aus dem Geschrei hörte Peter auch Nananananelda heraus, die er bisher nicht sehen konnte, weil sie auf der anderen Seite des Münzhaufens war. Peter hatte keine Lust ihr zu begegnen. Plötzlich aber hörte er sie nicht mehr und das machte ihn neugierig. Er ging hinüber zu ihr und da lag sie ohnmächtig auf dem Boden. Die anderen Feen stolperten beim Durcheinanderrennen über Nananananelda, aber keine kümmerte sich um sie. Peter ging hin und fächelte ihr Luft zu, so gut es ging mit seinen kleinen Flügeln. Da das nicht half, pickte er mit seinem Schnabel auf ihre Wange, was so ähnlich ist, wie wach küssen. Als sie schließlich erwachte starrte sie Peter lange an und sagte schließlich.

„Mach dir keine Vorwürfe, mein lieber Peter, du kleiner Pinguin.“

Peter dachte gar nicht daran sich Vorwürfe zu machen und wusste auch nicht weshalb. Nananananelda schien das zu merken.

„Das muss die Rache sein, weil dem König der Zauberer das Tortenstück ins Gesicht geflogen ist, das du hast fallen lassen.“,

erklärte sie in einem belehrenden Tonfall, der recht befremdlich wirkte inmitten von all dem Tumult, dazu noch von einer auf dem Boden liegenden und ohnmachtbleichen Fee.

Peter dachte immer noch nicht daran, sich Vorwürfe zu machen.

Schließlich kamen vom Markt her weitere Feen angelaufen. Ihnen folgten die Kobolde, unter ihnen natürlich auch Wismut. Er hatte die Hände in den Hosentaschen. Er ging langsam und nickte, als wolle er sagen, er habe es ja kommen sehen. Die Lässigkeit war aber nur gespielt. Wenn man genau hinsah, sah man wie er vor Aufregung zitterte. Gleichzeitig umspielte ein verschmitztes Lächeln seine Mundwinkel. Hinter seinem Bart war das aber kaum zu sehen.

„Na, das war doch bestimmt der König der Zauberer. Und wie siehst du eigentlich aus? Schwarze Melone und brauner Trenchcoat!“,

sagte Wismut zu Peter.

Der Münzberg

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