Читать книгу Missi Moppel - Detektivin für alle Fälle (2). Die schwebende Teekanne und andere Ungereimtheiten - Andreas H. Schmachtl - Страница 8

Оглавление

Missi war mit Piwi Pots bereits in den Kindergarten gegangen. Sie kannten sich also praktisch schon ewig. Aber er war nicht nur ihr langjährigster Freund, er war auch der winzigste. Und zwar mit Abstand. Der Lurch war sogar so klein, dass die Klassenrüpel Rob, Nob und Hub – die fiesen Frettchen – ihn immer wieder in das Lehrerpult, den eigenen Spind und einmal sogar in seinen Sportbeutel gestopft hatten. Das war nicht nur gemein, das war vor allem ziemlich nervig. Aber Piwis minimale Größe konnte auch Vorteile haben. Zum Beispiel, wenn sich jemand durch eine sehr kleine Dachluke quetschen musste, um zu überprüfen, was das Fallrohr verstopfte.

Missi hatte Piwi mit ihrem Smartphone eine Nachricht geschrieben, und schon kurz darauf hielt er mit seinem Roller vor dem Haus der Moppels. Ganges sagte gerade: »Vielleicht sollten wir doch lieber Mama und Papa anrufen.«

Doch Nil erklärte: »Papa ist gerade in Ägypten und buddelt im Wüstensand nach Altertümern. Der kann uns im Moment wohl kaum helfen.«


»Und Mama hält ihren Vortrag«, fügte Missi hinzu. Wenn Herr und Frau Moppel mal nicht durch die Welt reisten, arbeiteten sie an der Universität von Animalia. Entweder im Büro oder im Labor. Und normalerweise konnten Missi, Ganges und Nil sie dort natürlich jederzeit erreichen. Doch ausgerechnet heute hielt Frau Moppel eben einen Vortrag. Er war ziemlich wichtig, und ihre Mutter war deswegen schon seit einer Woche echt aufgeregt gewesen. Tja, und aus diesem Grund war sie wenigstens im Moment eben nicht zu erreichen. Nil war allerdings nicht recht wohl bei dem Gedanken, den kleinen Piwi da hinaufzuschicken. Es durfte auf gar keinen Fall eines der Kinder auf dem Dach herumspazieren. Das gab auf jeden Fall Ärger. Und den würde Missis ältester Bruder vermutlich ausbaden müssen.



»Piwi soll ja nur durch die Luke schauen«, erklärte Missi noch einmal. »Wir können ihn auch vorsichtshalber an seinen Füßen festhalten. Dabei kann nun wirklich nichts passieren.«

Die Sache war also beschlossen. Blieb nur noch ein Problem. Diese spezielle Dachluke erreichte man nämlich nur vom Turmzimmer aus. Aber das war bekanntermaßen streng geheim. Darum wurde Piwi mit verbundenen Augen die Treppe hinaufgeführt. Und was für ein guter Freund er war, erkannte man daran, dass er Missi mit keiner Silbe fragte, was sie da oben vor ihm verbarg. Schließlich linste er jedenfalls durch die Luke und untersuchte das Fallrohr. Dabei waren seine Augen natürlich nicht verbunden. Und so konnte Piwi sehen, dass tatsächlich etwas im Fallrohr der Dachrinne steckte. Und zwar etwas ziemlich Großes.

»Kannst du es herausziehen?«, fragte Missi, während sie Piwis Füße festhielt. Obwohl das echt übertrieben war. Er konnte beim besten Willen nicht hinausfallen.

»Ich versuch’s«, ächzte Piwi. Denn er musste sich gehörig anstrengen, um das Ding aus dem Rohr zu bekommen. Und als er es schließlich geschafft hatte, fuhr er vor Schreck zusammen.

»Was ist es?«, drängte Missi.

»Das …«, antwortete Piwi und reichte Missi einen großen und, ehrlich gesagt, ziemlich grausigen Knochen. Nil und Ganges sträubte sich das Fell im Nacken. Und sogar als die vier schon unten in der Küche saßen, starrten sie noch immer mit einem mulmigen Gefühl im Bauch auf den Knochen. Missi hatte ihn vorsichtig auf den Boden gelegt.

»Sollen wir Kommissar Pingelig anrufen?«, fragte Piwi.

Nil nickte. »Er ist immerhin ein Hund und sollte sich mit Knochen bestens auskennen.«

»Außerdem ist das hier kein Kinderspiel mehr«, entschied Ganges. »Der Knochen muss ja jemandem … äh … gehört haben.«

»Stimmt«, erklärte jetzt Missi. »Aber das ist schon Millionen von Jahren her.«

Während die anderen damit beschäftigt waren, sich gehörig zu gruseln und zu grausen, hatte Missi den Knochen im wahrsten Sinne des Wortes unter die Lupe genommen.


Und dabei hatte sie erstens festgestellt, dass die Oberfläche des Knochens ganz glatt und hart war. Und zweitens sah er eher aus wie die Gesteinsbrocken im Arbeitszimmer ihres Vaters. Missi schabte mit ihrer Bastelschere vorsichtig ein bisschen Staub von dem Knochen und zerrieb diesen zwischen den Fingern.

»Echt interessant«, murmelte sie, und die anderen lauschten gespannt. Bis Missi die Lupe weglegte und verkündete: »Ihr könnt euch beruhigen. Dieser Knochen stammt nicht von einem grausigen Verbrechen. Er ist längst versteinert, also ein sogenanntes Fossil. Und wenn mich nicht alles täuscht, stammt er von einem Dinosaurier.«

»Klasse!«, rief Piwi. Denn Dinos konnte er besonders gut leiden. Immerhin sah er manchen von ihnen ein bisschen ähnlich. Und sie waren sooo groß! »Was für ein Dino könnte das denn gewesen sein?«, wollte er wissen.

»Das muss ich natürlich erst herausfinden«, antwortete Missi. »Ich fahre am besten in die Bibliothek. Kommst du mit?«

»Ts, da fragst du noch?«, lachte Piwi und schlüpfte in seinen Regenmantel. Nil und Ganges sollten unterdessen den Knochen bewachen, aber möglichst nicht anfassen. Immerhin konnte so ein altes Ding sehr empfindlich sein. Sogar, wenn Millionen Jahre es in massiven Stein verwandelt hatten.

Die Bibliothek befand sich übrigens in einem Anbau der Schule. Und an fast jedem Tag schaute Missi schon vor dem Unterricht kurz hinein, um ihre ausgeliehenen Bücher zurückzugeben. Die Bibliothekarin Frau Soundso kannte das schon. Dass Missi und Piwi aber an einem Samstagnachmittag aufkreuzten, überraschte die Entendame dann doch.


»Wo finde ich denn etwas über Dinosaurier?«, wollte Missi wissen.

»Im Biologie-Regal«, erklärte Frau Soundso, ohne lange überlegen zu müssen. »Stichwort Naturgeschichte.«

Missi entdeckte schnell ein geeignetes Buch. Darin las sie, dass Dinosaurier, ganz wie die Tiere unserer Zeit, in mehrere sogenannte Familien aufgeteilt waren. Solche mit langen Hälsen und Beinen wie Baumstämmen nannte man Sauropoden. Die Räuber hießen Raptoren. Gleich mehrere Erdzeitalter hindurch hatten diese Giganten die Welt beherrscht, waren dann aber vor 66 Millionen Jahren nach und nach ausgestorben. Die Wissenschaftler stritten noch darüber, woran das gelegen haben mochte. Das Buch enthielt auch haufenweise Abbildungen verschiedenster Dinos oder versteinerter Skelette. Alle waren furchtbar groß und bestanden aus kräftigen Knochen. Trotzdem war es auf diese Weise fast unmöglich, den Knochen aus ihrer Dachrinne einer bestimmten Dinosaurierfamilie zuzuordnen. Also konnte Missi auch nicht herausfinden, um welchen Dino es sich nun genau handelte. Das erfuhr sie auf ganz andere Weise. Nämlich so: Missis Smartphone brummte in der Tasche. Es war ihre Mutter.


»Hallo, Mama, was gibt’s?«, flüsterte Missi, weil man in der Bibliothek eigentlich nicht telefonieren durfte. Aber es war außer ihnen ja keiner hier, den sie stören konnten.

»Ich brauche deine Hilfe. Du musst sofort zur Uni kommen«, sagte Frau Moppel.

Glücklicherweise lagen die efeubewachsenen Gebäude der Universität nur einen Katzensprung von der Schule entfernt. Außerdem hatte es zu regnen aufgehört. Und so standen Missi und Piwi schon Minuten später im Büro, während Frau Moppel berichtete: »Wir wurden bestohlen.«


»Was fehlt denn?«, staunte Missi. Ihre Mutter führte sie über den Flur in eines der Labore. Und hier ragte doch tatsächlich ein riesenhaftes Dinosaurierskelett vor ihnen auf.


»Das ist ein Edmontosaurus«, erklärte Frau Moppel.

»Ein Entenschnabelsaurier«, erklärte Piwi fachkundig.

»Ganz genau«, nickte Frau Moppel stolz und fuhr fort: »Und zwar ein ganz besonderes Exemplar. Denn man findet nur selten ein absolut vollständiges Skelett.«

»Und dieses ist vollständig?«, fragte Missi.

»Das war es«, antwortete ihre Mutter und deutete auf das rechte Hinterbein, in dem ein Holzklotz steckte, wo eigentlich ein Knochen sein sollte.

»Keiner kann sich erklären, wohin der Knochen verschwunden ist. Wir müssen ihn unbedingt wiederhaben. Denn das Skelett wurde der Universität zu Forschungszwecken geliehen.


Wenn jetzt herauskommt, dass wir beklaut wurden, gibt es eine Katastrophe.«

»Na, da kann ich helfen«, sagte Missi, als wäre es nichts. »Der fehlende Knochen liegt in unserer Küche.«

»Was?!«, rief Frau Moppel und musste sich vor Schreck erst einmal setzen. Das passte ganz gut, denn Missi würde eine Weile brauchen, um die ganze Geschichte zu erzählen. Schließlich endete sie: »Nil und Ganges passen auf den Knochen auf. Es kann also nichts passieren. Sollen wir ihn schnell holen?«

»Aber auf der Stelle«, nickte Frau Moppel heftig. »Wir fahren mit dem Auto. Eure Roller kommen in den Kofferraum.«


Der Rest ist schnell erzählt. Frau Moppel lud den Knochen ein und sauste zur Universität zurück. Dort setzten ihn gleich mehrere Fachleute wieder an die richtige Stelle, und damit war die Katastrophe zunächst einmal abgewendet.

»Missi, den Fall hast du ja in null Komma nichts gelöst«, staunte Piwi.

»Gar nichts habe ich«, antwortete Missi.

Schön, der Knochen war wieder an Ort und Stelle. Aber der Fall war damit noch lange nicht gelöst. Immerhin blieb die nicht ganz unerhebliche Frage offen, wie das Ding in ihre Dachrinne geraten war. Und vor allem, wer hinter dieser ganzen Sache steckte und was er damit bezweckte.


Und genau zu dieser letzten Frage bekam Missi einen kleinen Fingerzeig. Nil überreichte ihr nämlich einen Umschlag mit ihrem Namen darauf. »Lag vor der Haustür«, sagte er kurz.

Missi öffnete den Brief und las:


»Wer ist die Elster?«, hauchte Piwi, wobei ihm ein Schauer über den Rücken lief.

»Das finden wir hoffentlich bald heraus«, grummelte Missi und wollte den Brief schon zusammenknüllen. Doch dann legte sie ihn vorsichtig vor sich auf den Tisch. Immerhin war er bislang die erste heiße Spur.


Missi Moppel - Detektivin für alle Fälle (2). Die schwebende Teekanne und andere Ungereimtheiten

Подняться наверх