Читать книгу An Fluss und See - Andreas Jaun - Страница 8
ОглавлениеIm Frühling beginnt wieder das Wachstum der verschiedenen Wasserpflanzen.
Wasser bedeutet Leben
Gewässer wie Seen, Flüsse und Bäche hatten für uns Menschen schon immer eine große Bedeutung. Die Besiedlung der Kontinente erfolgte vermutlich zunächst entlang der Wasserwege. Hier war immer Wasser und Nahrung zu finden, außerdem konnte unwegsames und dicht bewachsenes Gelände auf dem oder am Wasser leichter überwunden werden. Auf dem Wasserweg lassen sich auch relativ leicht schwere Güter transportieren. Mit Beginn der technischen Revolution wurde fließendes Wasser zum Antrieb von Maschinen eingesetzt und diente später auch der Stromerzeugung. Schließlich darf die Bedeutung des Wassers für Freizeit und Erholung nicht vergessen werden. Baden, Schwimmen, Tauchen, Rudern, Segeln oder einfach nur entspannt am Ufer sitzen – Menschen suchen gerne die Nähe des Wassers. Und dieser Aspekt wird immer wichtiger.
Wasser ist eine chemische Verbindung von Sauerstoff und Wasserstoff mit einzigartigen Eigenschaften. Wasser ist unabdingbar für alles Leben auf der Erde. Vor mehr als drei Milliarden Jahren entstanden in den Urozeanen die ersten einfachen Lebensformen. Lange Zeit entwickelte sich das Leben ausschließlich im Wasser und erreichte dort eine ungeheure Artenvielfalt. Vor weniger als 500 Millionen Jahren begannen die ersten Pflanzen das Land zu besiedeln, blieben jedoch vom Wasser abhängig.
«Gehen auf dem Wasser»
Ohne Nahrung können Mensch und Tier längere Zeit überleben, jedoch nicht ohne Wasser. Aber nicht alles Wasser kann von allen Lebewesen genutzt werden. Wichtig ist, zwischen Meerwasser (also Salzwasser) und Süßwasser zu unterscheiden. Je nach Salzkonzentration im Wasser sind unterschiedliche physiologische Anpassungen von Tieren und Pflanzen erforderlich. Es gibt nur relativ wenige Wasserbewohner, die sowohl im Meer als auch im Süßwasser leben können. Bekannte Beispiele sind Wanderfische wie der Atlantische Lachs (Salmo salar) und der Europäische Aal (Anguilla anguilla).
Renaturierter Flussabschnitt
Gewässer stellen aber auch Hindernisse dar und können zum Beispiel bei Hochwasser große Schäden an Infrastruktur und Kulturland anrichten. Vielerorts wurden Gewässer aufwändig korrigiert, kanalisiert, verbaut oder sogar eingedolt. Dadurch wurden aber nicht nur Probleme gelöst, sondern auch neue geschaffen. Durch das schnelle Ableiten des Wassers wurden zum Beispiel die Engpässe und die Hochwassergefahr weiter flussabwärts verlagert. Aber die größten negativen Auswirkungen haben diese Gewässerkorrekturen auf die natürlichen Bewohner der Gewässer und der Auenlandschaften (zum Beispiel Fischotter, Biber, Flusskrebse, Flussuferläufer). Fehlende Gewässerdynamik, verbaute Ufer, Staudämme als Barrieren und zu geringe Restwassermengen sind nur einige Aspekte. Da konnten auch die deutlichen Verbesserungen in Sachen Wasserqualität keinen Ausgleich schaffen.
«Fischotter»
«Der Biber»
«Flusskrebse»
Erfreulicherweise hat in den letzten Jahren ein Umdenken eingesetzt. Vielerorts sind Renaturierungen und Aufwertungen von Gewässern und Uferbereichen geplant oder bereits umgesetzt. In diesen aufgewerteten Gebieten fühlen sich nicht nur die ursprünglichen Bewohner dieser Lebensräume wohl, sondern auch der Mensch. Daher kommt es leider immer wieder zu Konflikten zwischen Naturschutzinteressen und Naherholungsansprüchen. Aber mit Toleranz, Gesprächsbereitschaft und vor allem Verständnis für die Ansprüche der Gewässer- und Auenbewohner sollten sich gute Lösungen finden lassen.
Bei Zusammenflüssen lassen sich oft unterschiedliche Farben des Wassers erkennen. Je nach Ursprungsgebiet und Sedimentfracht können die Unterschiede deutlich oder fast nicht erkennbar sein.
Farbe des Wassers
Das Wassers eines tiefen Bergsees ist wunderbar blau, das Leitungswasser in einer Flasche farblos, das Wasser eines Tieflandflusses grünbraun, der Moortümpel ganz klar, aber braun (nicht getrübt) und das Wasser eines Gletscherbaches milchig trüb. Welches ist nun die ursprüngliche Farbe des Wassers, und woher kommen die Variationen? Hat das aktuelle Wetter Einfluss? Wie Sie sicher richtig getippt haben, ist reines Wasser farblos und klar. Aber warum sehen die Gewässer dann so unterschiedlich aus?
Viele Flüsse im Tiefland transportieren Schwebstoffe und sind reich an organischen Substanzen. Der relativ hohe Nährstoffgehalt fördert das Algenwachstum. Das Wasser ist daher oft grünbraun gefärbt. Auch Gletscherbäche sind schwebstoffreich. Der Gesteinsabrieb des Gletschers führt zu einer milchigen Färbung. Die sogenannte Gletschermilch beeinflusst die Wasserfarbe über viele Kilometer. Wenn dieses Wasser in einen See gelangt, sammeln sich dort die Schwebstoffe. Vor allem die blaugrünen Anteile des Sonnenlichts werden reflektiert, der See schimmert dann oft in einem schönen Türkis. Moorwasser dagegen ist meist ganz klar. Seine braune Färbung, die auch an den aus Moorgebieten fließenden Bächen zu beobachten ist, rührt von Huminstoffen her, die im Wasser gelöst sind. Das klassische Blau eines Gewässers ist auf die Streuung des Sonnenlichts zurückzuführen. Andere Lichtanteile, wie beispielsweise Rot, werden absorbiert, während die blauen Anteile gestreut und damit zum Betrachter zurückgeworfen werden. Je tiefer ein Gewässer, desto stärker ist dieser Effekt. Die «Wassertiefe» in einem Glas oder einer Flasche reicht nicht, um ihn sichtbar zu machen. Die oft geäußerte Vermutung, die blaue Farbe sei auf die Spiegelung des blauen Himmels zurückzuführen, ist auch nicht ganz falsch. Je nach Betrachtungswinkel kann sich der Himmel sehr stark auf der Wasseroberfläche spiegeln und den Farbeindruck massiv verstärken oder verändern.
«Schaurige Moorlandschaften»
Das Blau des Wassers vor dieser Kormorankolonie wird durch den blauen Himmel noch verstärkt.
Beobachtungstipps
Machen Sie im Laufe eines Jahres Fotos von je einem Stillgewässer und einem Fließgewässer zu verschiedenen Jahreszeiten, unterschiedlichen Tageszeiten und bei verschiedenen Wetterlagen. Beschriften Sie diese, sodass Sie sie richtig zuordnen können. Vergleichen Sie die Farbe des Wassers zwischen den verschiedenen Aufnahmen.
Fragen
› | Welche Faktoren beeinflussen die Intensität der Blaufärbung des Wassers? |
› | Welche Ursachen können zu braunem Wasser führen? |
Lebensraum Fließgewässer
Ein Fluss ist ein mehr oder weniger natürliches Fließgewässer. Die umgangssprachlichen Begriffe Bächlein, Bach oder Strom stehen für eine Klassierung nach Abflussmenge. Zudem kann ein Bach vom Kronendach vollständig beschattet werden, ein Fluss ist jedoch zu breit dazu. Die Beschattung beeinflusst das Pflanzenwachstum und die Wassertemperatur. In der Praxis sind die Grenzen zwischen den Begriffen aber nicht leicht zu ziehen. Erschwerend kommt dazu, dass die Wassermengen auch unter natürlichen Bedingungen stark schwanken. Sehr verallgemeinernd lässt sich ein Fluss in vier verschiedene Abschnitte unterteilen. Innerhalb dieser gibt es jedoch immer wieder Bereiche, die auch einem anderen Abschnitt zugeordnet werden könnten. Besonders in den oberen Abschnitten können sich Bereiche mit starkem und geringem Gefälle mehrmals abwechseln.
Quellgebiet
Jeder Fluss, der ins Meer mündet, entsteht aus vielen Nebenflüssen und hat entsprechend viele Quellgebiete. Meist wird aber nur eine Quelle pro Fluss festgelegt. Um diese zu ermitteln, kann man sich flussaufwärts von der jeweils größten Wasserführung leiten lassen oder durch die längere Fließstrecke. Manchmal wird aber auch ein besonderer Ort als Quelle festgelegt. Ein Beispiel ist der Tomasee im Kanton Graubünden als Quelle des Rheins.
Schwemmebene eines Flussoberlaufes. Das Material wird hier deponiert und umgelagert, daher kommt es zu den verzweigten Läufen.
Gletscherbach kurz nach dem Austritt aus dem Gletscher
Als eigentliche Quelle bezeichnet man einen Ort, wo das Grundwasser auf natürliche Weise aus dem Boden tritt. Es gibt verschiedene Typen, die austretende Wassermenge unterscheidet sich und kann im Laufe des Jahres variieren. Die charakteristische Lebensgemeinschaft umfasst insbesondere Insektenlarven, neben den Larvender Zweigestreiften Quelljungfer (Cordulegaster boltonii), einer Libellenart, beispielsweise Larven verschiedener Eintags- und Steinfliegenarten.
«Leben an der Quelle»
Oberlauf
Im Oberlauf ist das Gelände deutlich profiliert, und die Flüsse weisen meist ein starkes Gefälle auf. Das führt bei starker Tiefen- und Seitenerosion zu tief eingeschnittenen Kerbtälern (auch als V-Täler bezeichnet). Die Flüsse können sich aber auch in tiefe Schluchten mit fast senkrechten Wänden einfressen oder sich in flachen Abschnitten stark verzweigen. Das Flussbett ist im Oberlauf stark strukturiert, immer wieder gibt es kleinere und größere Wasserfälle. Die starken Verwirbelungen und die niedrigen Wassertemperaturen führen zu einer hohen Sauerstoffsättigung des Wassers. Es gibt kaum größere saisonale Schwankungen der Wassertemperatur.
Schäumender Gebirgsbach mit Schwemmholzablagerungen
Wegen der Erosion, der laufenden Materialumlagerungen und der Verwirbelungen können sich hier praktisch keine höheren Wasserpflanzen ansiedeln. Die wenigen Nährstoffe werden meist schnell wieder weitertransportiert. Die Zahl der Larven von Steinfliegen, Köcherfliegen und Eintagsfliegen ist oft erstaunlich. Auch Bachforellen (Salmo trutta) und (zumindest früher) junge Lachse haben hier ihren Lebensraum. Die Wasseramsel ist an diesen Flussabschnitten ebenfalls häufig zu beobachten.
«Eine Larve»
«Fische»
«Die Wasseramsel»
Mittellauf
Im Mittellauf ist das durchschnittliche Gefälle bereits deutlich geringer, entsprechend kleiner ist die Fließgeschwindigkeit. Das abgelagerte Material, wie Kies und Sand, ist immer noch zum großen Teil grobkörnig, aber bereits weitgehend rundgeschliffen. In diesem Abschnitt überwiegt die Seitenerosion klar gegenüber der Tiefenerosion. Das Flussbett wird dadurch breiter, was die Fließgeschwindigkeit weiter herabsetzt. Kleine Steine und Sand werden immer noch weitertransportiert, größere Steine aber nur noch bei Hochwasser mitgerissen. Da es im Mittellauf immer wieder dynamischere Abschnitte gibt, ist das Wasser noch sauerstoffreich. Neben Algen und Wassermoosen können hier auch höhere Pflanzen wie Wasserhahnenfußarten (zum Beispiel Ranunculus fluitans) wachsen. Bei den Fischen sind Bachforelle (Salmo trutta), Äsche (Thymallus thymallus) und Elritze (Phoxinus phoxinus) häufig. Unter den Vögeln sind Wasseramsel, Gänsesäger und Eisvogel zu nennen. Auch Eintags-, Stein- und Köcherfliegen sind im Mittellauf häufig. Es handelt sich aber um andere Arten als im Oberlauf. Charakteristisch und auffällig sind auch die Prachtlibellen (Calopteryx sp.).
Flusslauf mit gut sichtbarer Ufererosion
«Fische»
«Die Wasseramsel»
«Der Eisvogel»
Unterlauf
Im Unterlauf sind Gefälle und damit auch Fließgeschwindigkeit nochmals geringer als im Mittellauf. Durch kleine Unregelmäßigkeiten im Flussbett kommt es immer wieder zu kleinen Richtungsänderungen des Flusses und somit zur Ausbildung von Mäandern. Berühren sich mit der Zeit zwei benachbarte Schlingen, nimmt das Wasser die neu entstandene Abkürzung. Es bleibt dann ein sogenannter Altarm zurück, der mit der Zeit zu einem langsam verlandenden Altwasser werden kann.
Weibchen einer Blauflügel-Prachtlibelle (Calopteryx virgo)
Eintagsfliege
Unterlauf eines Flusses gesäumt von Auenwald
Ausgedehnte Auenlandschaften bilden sich aus. Im untersten Bereich, an der Mündung ins Meer oder in Seen, kommt es unter natürlichen Bedingungen zu einer Verästelung des Flusslaufes. Im Mündungsbereich reduziert sich die Fließgeschwindigkeit, das mitgeführte Material lagert sich ab. Der Fluss muss seine eigenen Ablagerungen umfließen, wodurch es immer wieder zu neuen Verzweigungen kommt. Große Flüsse haben so über die Jahrtausende Deltas von vielen Hundert Quadratkilometer Fläche aufgeschüttet.
«Die Aue»
Das Wasser weist im Unterlauf einen hohen Anteil an Schwebstoffen (Tonteilchen und organisches Material) auf. Der Nährstoffgehalt ist entsprechend hoch, der Sauerstoffgehalt geringer als in den oberen Flussabschnitten. Die Pflanzenwelt ist vielfältiger. Im Uferbereich können ausgedehnte Schilfröhrichte (Phragmites australis) entstehen. In den Altarmen und Altwässern wachsen zudem verschiedene Schwimmblattpflanzen, wie zum Beispiel die Weiße Seerose (Nymphaea alba) und die Große Teichrose (Nuphar lutea).
«Das Schilfrohr»
Seerose
Mäander – oder das Schlängeln von Fließgewässern
Beginn der Mäanderbildung: Auf der Kurvenaußenseite (Prallhang) wirkt die Erosion, und auf der Innenseite (Gleithang) wird Material abgelagert.
Eine Abfolge von solchen Flussschlingen wird als Mäander bezeichnet. Wenn sich zwei Schlingen berühren, kommt es zu einem Durchbruch. So entstehen Altarme und Altwasser.
Flusslauf mit Altarm (einseitig verbunden)
Flusslauf mit Altwasser (vollständig vom Flusslauf getrennt)
Entstehung von Mäandern bis zur Abschnürung von Altwasserarmen
Ein verlässliches Kennzeichen für natürliche Fließgewässer des Flachlandes sind schlängelnde Gewässerläufe. Der Begriff Mäander geht auf den Fluss Büyük Menderes in der Westtürkei zurück, der in der Antike Maiandros hieß und einen sehr stark gewundenen Lauf hatte. Mäander bilden sich in einem bestimmten Bereich von Abflussmenge und Gefälle. Die deutlichsten Flussschlaufen entstehen bei mäßigem bis geringem Gefälle und mäßiger Strömung. Das Gelände muss allerdings gut formbar sein. An der Kurvenaußenseite (Prallhang) wird Material abgetragen, an der Innenseite (Gleithang) wird Material abgelagert. Mit der Zeit entstehen so die typischen Mäander, welche die Fließstrecke enorm verlängern und die Fließgeschwindigkeit verringern.
Grottenolm (Proteus anguinus)
Unterirdische Fließgewässer
Es gibt Stellen, wo Fließgewässer aus dem Fels austreten, und solche Stellen, wo sie im Boden verschwinden. Es existieren auch Seen ohne oberirdische Abflüsse. Vor allem in kalkhaltigem Gestein kann Wasser über längere Zeit große und ausgedehnte Höhlensysteme bilden, durch die Flüsse viele Kilometer unterirdisch fließen.
Erstaunlicherweise leben sowohl in den Höhlengewässern als auch im Grundwasser zahlreiche Wassertiere, unter anderem Schnecken, Ruderfußkrebse, Wasserasseln und Flohkrebse. Aufgrund ihres Lebens in völliger Dunkelheit sind die Tiere ohne Pigmente und erscheinen dadurch weiß oder durchsichtig. Die kleinen Arten ernähren sich hauptsächlich von den Bakterienfilmen auf dem Substrat. Der Grottenolm, eine höhlenbewohnende Amphibienart mit pigmentloser Haut, ernährt sich wiederum von diesen kleinen Wasserwirbellosen.
«Erstaunliche Selbstheilungsfähigkeiten»
Die kleinen Fließgewässer
Den weitaus größten Anteil am Gewässernetz haben die vielen kleinen Fließgewässer. Sie sind leider auch heute noch unter starkem Druck. Nach wie vor werden neue Abschnitte begradigt, verbaut oder gar eingedolt. Meist geschieht dies schleichend und weitgehend unbemerkt, weshalb sich kein großer Widerstand regt.
Die Groppe lebt gerne auch in kleineren, kühlen Fließgewässern mit steinigem Grund.
Intensiv genutzte Uferbereiche eines kleinen Fließgewässers
Es ist äußerst wichtig, dass auch diese vielen kleinen bis sehr kleinen Gewässer geschützt und aufgewertet werden. Die intensive Nutzung bis in Uferbereiche zerstört vielerorts den Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten und lässt wertvolle Ufergehölze nicht aufkommen.
«Ufergehölze»
Beobachtungstipps
Versuchen Sie, die verschiedenen Fließgewässer, die Sie kennen, einem der oben genannten Abschnitte zuzuordnen. Wahrscheinlich werden Sie feststellen, dass das nicht immer so einfach und eindeutig möglich ist. Betrachten Sie die Sedimente im Wasser und am Ufer. Sind es vorwiegend große Steine, kleine Steine oder gar Sand? Sind die Steine stark gerundet? Achten Sie doch auch auf die Strömungsgeschwindigkeit und die Turbulenzen. Wenn Sie ein Blatt oder kleine Holzstücke ins Wasser werfen, sehen Sie gut, was damit geschieht. Vielleicht gelingt es Ihnen, auch eine der erwähnten typischen Arten zu entdecken!
Interessant, aber oft ernüchternd ist der Vergleich der aktuellen Situation oder von Luftbildern (z. B. aus Google Earth) mit alten Fotos, Landkarten oder Gemälden.
Fragen
› | Wie entstehen Altwasser? |
› | Worin besteht der Unterschied zwischen Altwasser und Altarm? |
› | Wie sieht das Bett eines Fließgewässers im Bereich des Deltas aus? |
› | Was sind Mäander, und wie entstehen sie? |
› | In welchen Gewässerabschnitten kann man Bachforelle und Äsche finden? |
Lebensraum Stillgewässer
Glazial entstandener See (Thunersee)
Unter dem Begriff Stillgewässer werden alle Binnengewässer mit stehendem Wasser zusammengefasst, unabhängig von ihrer Größe und Entstehung.
Seen
Seen sind kleinere und größere Gewässer mit einer Tiefe von meist mehreren Metern. So kann sich eine Temperaturschichtung ausbilden, die längere Zeit bestehen bleibt. Aufgrund ihrer Größe und Tiefe sind diese Stillgewässer nur im Uferbereich und den Flachwasserzonen von Wasserpflanzen bewachsen.
«Wasserzirkulation in Seen»
Flussbarsch
Die Entstehung der Seen Mitteleuropas ist am häufigsten auf die abtragende oder aufschüttende Wirkung von Gletschern zurückzuführen. Glazialen Ursprungs sind zum Beispiel die meisten Seen in den Alpen und im Alpenvorland (beispielsweise Thunersee, Chiemsee). Aber auch norddeutsche Seen, wie beispielsweise der Schweriner See, sind auf vergangene Gletschertätigkeiten zurückzuführen. Daneben gibt es Seen, die durch tektonische Vorgänge, Bergstürze, Karstprozesse oder vulkanische Aktivitäten (Kraterseen) entstanden sind. Eine Sonderstellung nehmen großflächige, aber sehr flache Seen (beispielsweise Neusiedler See) ein. Solche Steppenseen sind oft nicht einmal zwei Meter tief, was der obigen Definition widerspricht.
Seen wirken im Gegensatz zu den Fließgewässern sehr konstant und ruhig und scheinen keinen großen Veränderungen unterworfen zu sein. Dieser Eindruck täuscht jedoch.
Zum einen treten jahreszeitliche temperaturbedingte Umwälzungen auf. Zum anderen können je nach Lage und Windverhältnissen beträchtliche Wellen entstehen, die zu Ufererosion führen. Zuflüsse tragen kontinuierlich Material in das Seebecken ein, wodurch ausgedehnte Deltas entstehen können. Über einen Zeitraum von Tausenden von Jahren werden die Seen langsam aufgefüllt. Man spricht von Auflandung. Bei kleinen Seen geschieht das natürlich deutlich schneller. Aber auch ohne regelmäßigen Stoffeintrag durch Zuflüsse werden die Uferbereiche langsam seichter, denn abgestorbene Pflanzen und Tiere lagern sich ab. Dies geschieht besonders im Bereich von Röhrichten. Die Pflanzengemeinschaften der Uferzonen können dadurch immer weiter in den See hinein wachsen. In diesem Fall spricht man von Verlandung. Normalerweise wirken an einem See sowohl Auflandungs- als auch Verlandungsprozesse. Über aufgefüllten Seen können unter günstigen Bedingungen ausgedehnte Moore entstehen.
«Wasserzirkulation in Seen»
«Das Schilfrohr»
«Uferzonierung»
Je nach Höhenlage, Topografie und Nährstoffgehalt sind in den Seen ganz verschiedene Pflanzen und Tiere anzutreffen. Hoch gelegene Seen zeigen eine geringere Artenvielfalt als Tieflandseen. Wo sich eine ausgeprägte Uferzonierung bilden konnte, leben normalerweise viele verschiedene Pflanzen- und Tierarten. Seeforelle (Salmo trutta lacustris) und Flussbarsch (Perca fluviatilis) sind typische Bewohner des Freiwasserbereichs von Seen, während in den Uferbereichen oft dieselben Arten wie in Weihern und Tümpeln leben.
«Fische»
Weiher
Weiher und Teiche
Weiher und Teiche sind meist deutlich kleiner als Seen. Maßgebend für die Abgrenzung ist in erster Linie die geringe Wassertiefe, die keine stabile Temperaturschichtung ermöglicht. Flache Gewässer, die künstlich angelegt wurden und zumeist auch reguliert werden können, werden als Teiche bezeichnet. Für die Entstehung von Weihern gibt es verschiedene Ursachen (Rutschungen, Altwasser, Verlandungen usw.). Aber auch Biber können mit ihren Dämmen dazu beitragen. Aufgrund der geringeren Wassertiefe können Wasserpflanzen die ganze Wasserfläche erobern, und die Verlandungsprozesse laufen schneller ab. Neben den typischen Röhrichtpflanzen wie Schilf (Phragmites australis) und Rohrkolben (Typha sp.) wachsen hier Tannenwedel (Hippuris vulgaris), Tausendblatt (Myriophyllum sp.) und Froschlöffel (Alisma sp.). Aus dem Tierreich sind Wasservögel (etwa Blässhuhn, Zwergtaucher, Stockente), Insekten und deren Larven (Libellen, Wasserkäfer, Köcherfliegen, Wasserwanzen usw.), Mollusken (zum Beispiel Spitzschlammschnecken, Tellerschnecken), Amphibien (Bergmolch, Fadenmolch, Wasserfrosch, Erdkröte usw.) und Fische (zum Beispiel Moderlieschen, Stichling, Karpfen) anzutreffen.
«Der Biber»
«Was sind eigentlich Wasservögel»
«Libellen»
«Fische»
Tellerschnecke
Beobachtungstipps
Vergleichen Sie die Vielfalt, Dichte und Ausdehnung der Ufervegetation an Seen. Sie werden sicher große Unterschiede an unterschiedlichen Stellen eines Sees und zwischen verschiedenen Seen feststellen können. Entsprechend können Sie auch ganz unterschiedliche Tierarten entdecken. An der Ausbildung der Ufervegetation lässt sich im Jahresverlauf auch gut erkennen, ob der Wasserstand eines Sees mehr oder weniger konstant ist.
Ein Besuch an einem See ist nicht nur bei Badewetter interessant. Beobachten Sie einmal, was am Ufer bei hohem Wellengang geschieht.
Fragen
› | Welche Ursachen für die Entstehung von Stillgewässern gibt es? |
› | Was geschieht mit Seen im Laufe der Jahrtausende? |
› | Was ist der Unterschied zwischen einem See und einem Weiher? |
Lebensraum Moore und Sümpfe
Eine Sonderstellung nehmen die Moore und Sümpfe ein. Sie sind selbst keine Gewässer, weisen jedoch häufig kleine und größere offene Wasserflächen auf. Eine Abgrenzung zwischen Mooren und Sümpfen ist nicht einfach. Moore sind permanent wassergesättigt. Der daraus resultierende Sauerstoffmangel verhindert einen vollständigen Abbau der abgestorbenen Pflanzen (hauptsächlich Moose). Eine Torfschicht bildet sich. Sümpfe sind feucht und nass, können aber periodisch austrocknen. Die ausreichende Durchlüftung ermöglicht den Destruenten einen vollständigen Abbau der abgestorbenen Pflanzenteile, sodass sich keine Torfschicht ausbildet.
«Schaurige Moorlandschaften»
Typische Vegetation eines Hochmoores
Lebensraum temporäre Stillgewässer
Neben den permanenten Oberflächengewässern gibt es solche, die nur zeitweise Wasser führen. Dazu gehören Geländemulden, die sich nach größeren Niederschlägen oder nach der Schneeschmelze mit Wasser füllen und dann langsam wieder austrocknen, aber auch Pfützen und Fahrspuren, die nur Tage oder wenige Wochen Wasser führen.
Selbst die kurzlebigsten Gewässer werden von pflanzlichen und tierischen Einzellern besiedelt. Auch Mückenlarven oder Ruderwanzen sind zu finden. Temporäre Gewässer, die länger Wasser führen, werden gerne von Pionierarten unter den Amphibien wie der Kreuzkröte (Bufo calamita) als Laichgewässer genutzt.
Beobachtungstipps
Machen Sie sich doch einmal im Sommerhalbjahr nach einer längeren Niederschlagsperiode auf die Suche nach temporären Gewässern. Vielleicht finden Sie solche, die vielleicht einige Tage oder gar Wochen bestehen bleiben. Wenn Sie diese in regelmäßigen Abständen aufsuchen, werden Sie vermutlich einige interessante Beobachtungen machen können. Es gibt zahlreiche Arten, die solche Gewässer schnell finden und besiedeln können. Andere haben bereits vor Ort auf diese günstige Gelegenheit gewartet. Wenn Sie ein Binokular oder ein Mikroskop benutzen können, lohnt es sich, Wasserproben zu untersuchen.
Fragen
› | Wie nennt man die Erstbesiedler von neu entstandenen Gewässern? |
› | Was könnten die Vorteile für diese Erstbesiedler sein? |
› | Welche Risiken gibt es für Erstbesiedler von neuen Gewässern? |
Temporäres Stillgewässer mit Kreuzkröten-Kaulquappen
Wasserpflanzen
Zwar entwickelten sich die Vorfahren der heutigen Pflanzen wie die der Tiere im Wasser, die heutigen Wasserpflanzen stammen aber von Landpflanzen ab, die sich sekundär an das Leben im Wasser angepasst haben.
Oft ist es gar nicht einfach, eine klare Grenze zwischen Wasserpflanzen und Landpflanzen zu ziehen. Denn es gibt Arten, wie das Schilfrohr, die sowohl im Wasser als auch an Land wachsen können.
Bei den Wasserpflanzen lassen sich folgende Wuchsformen unterscheiden:
«Das Schilfrohr»
Wasserpflanzen ohne Verankerung (frei schwimmend)
Hier kann man zwei Gruppen unterscheiden. Es gibt einerseits die unter Wasser lebenden Arten, bei denen höchstens die Blüten aus dem Wasser ragen. Dazu gehören beispielsweise bestimmte Wasserschlauch- und Hornblattarten. Andererseits gibt es die Arten, deren Blätter auf der Wasseroberfläche schwimmen. Wasserlinsen und Froschbiss sind typische Vertreter dieser Gruppe.
«Wasserschlauch»
Wasserlinsen
Seekannenblüte
Wasserpflanzen mit Verankerung am Gewässergrund
Auch in dieser Gruppe kann man vollständig unter Wasser lebende, sogenannte submerse Pflanzen und Schwimm- oder Schwimmblattpflanzen unterscheiden.
Zu den submersen Pflanzen gehören etwa Laichkräuter, Tausendblatt, Wasserpest und Quellmoos, zu den «schwimmenden» Seerosen, Seekanne und gewisse Laichkräuter.
In der Realität ist es meist noch komplizierter, denn es gibt Wasserpflanzen, die sowohl Schwimmblätter als auch submerse Blätter haben. Bei anderen ragen die Blätter sogar deutlich aus dem Wasser, z. B. bei Pfeilkraut und Froschlöffel. Beim Tannenwedel gibt es neben untergetaucht lebenden Formen landlebende und Übergangsformen zwischen diesen Extremen.
Ein Pflanzenteil ragt aber bei den meisten Wasserpflanzen, auch den submersen, aus dem Wasser: die Blüten. Nur an der Luft können die Blüten von Insekten oder durch den Wind bestäubt werden. Es gibt aber auch wenige Arten, bei denen eine Bestäubung unter Wasser oder an der Wasseroberfläche nachgewiesen wurde.
Tannenwedel
Wasserhahnenfuß
Und was ist mit den Algen?
Blaualgen
Die Algen werden heute nicht mehr zu den Pflanzen gezählt, auch wenn einige Arten, wie die Armleuchter- und Braunalgen äußerlich recht pflanzenähnlich sind. Unter dem Sammelbegriff Algen werden sehr unterschiedliche Lebewesen zusammengefasst, die systematisch nicht näher verwandt sind, aber fast alle Fotosynthese betreiben. Die Spanne reicht von Einzellern über Zellkolonien (wie z. B. Volvox) bis zu großen vielzelligen Arten wie den erwähnten Armleuchter- und Braunalgen.
Auch Blaualgen betreiben Fotosynthese. Dabei handelt es sich aber nicht um Algen, sondern um Bakterien (Cyanobakterien), die im Gegensatz zu den anderen «Algen» keinen Zellkern haben. Die Cyanobakterien zählen zu den ältesten bekannten Organismen der Erde. Sie existierten vermutlich schon vor 3,5 Milliarden Jahren.
Anpassungen der Wasserpflanzen
Die Lebensbedingungen im Wasser erfordern von den Pflanzen verschiedene Anpassungen. Pflanzen in Gewässern mit deutlicher Strömung sind großen mechanischen Belastungen ausgesetzt. Um den Strömungswiderstand zu reduzieren, sind ihre Blätter meist fein geteilt und die Sprossachsen richten sich flexibel nach der Strömung (beispielsweise Wasserhahnenfuß). Submerse Pflanzen müssen das für die Fotosynthese benötigte Kohlendioxid aus dem Wasser gewinnen, das dort nur in sehr geringer Konzentration vorhanden ist. Um die Aufnahme zu erleichtern, ist die Blattoberfläche häufig vergrößert (schmale oder geschlitzte Blätter) und die Wachsschicht (Cuticula) auf der Blattoberfläche reduziert (zum Beispiel Tausendblatt oder Wasserpest). Die Wurzeln dienen meist nur noch zur Verankerung. Die Nährstoffaufnahme aus dem Wasser erfolgt über die gesamte Oberfläche. Manche Arten, zum Beispiel Wasserschläuche, haben sich eine zusätzliche Nährstoffquelle erschlossen: Sie haben sich zu fleischfressenden Pflanzen entwickelt.
«Wasserschlauch»
Beobachtungstipps
Suchen Sie ein Gewässer in ihrer Nähe nach Wasserpflanzen ab. Können Sie die verschiedenen Arten den oben beschriebenen Gruppen zuordnen? Achten Sie auch auf die verschiedenen Blütentypen der Wasserpflanzen. Beobachten Sie, wie oft und von welchen Insekten die Blüten besucht werden.
Vergleichen Sie die submersen Blätter des Tannenwedels mit denjenigen, die über dem Wasser wachsen.
Fragen
› | Wieso hängen die submersen Blätter des Tannenwedels an Land schlaff herunter, nicht aber die über dem Wasser stehenden Teile? |
› | Welche Pflanzenteile stehen auch bei submers lebenden Arten über der Wasseroberfläche? |
› | Können nur Pflanzen Fotosynthese betreiben? |
› | Sind Blaualgen Algen? |
Wassertiere
Wasserfrosch
Die Vielfalt der Tiere in unseren Gewässern ist beeindruckend, obwohl ein großer Teil uns Landlebewesen verborgen bleibt. Viele der Tiere, die wir im Wasser beobachten können, verbringen allerdings nicht ihr ganzes Leben in diesem Element. Sie kommen nur zur Fortpflanzung an die Gewässer. Die Weibchen legen nach der Paarung ihre Eier im Wasser oder an Wasserpflanzen ab und kehren danach wieder in ihre Landlebensräume zurück. Die Larven bleiben nach dem Schlüpfen im Wasser, bis ihre Entwicklung abgeschlossen ist. Libellen, Mücken, Köcher- und Steinfliegen sowie die meisten Amphibien sind Beispiele für diese Lebensweise.
«Libellen»
«Der Biber»
«Fischotter»
Wasservögel, manche Reptilienarten, aber auch Säugtiere wie der Biber, der Fischotter und die Wasserspitzmaus, sind stark an Gewässer gebunden, leben aber ebenfalls nicht ausschließlich im Wasser.
Natürlich gibt es auch viele «echte» Wassertiere. Fische, Krebse, Muscheln, Schnecken und viele Insektenarten verbringen praktisch ihr ganzes Leben im Wasser. Aber auch unter den Spinnentieren, Würmern und Egeln gibt es zahlreiche Wassertiere. Ständige Wasserbewohner sind auch unzählige Arten tierischer Einzeller und mit bloßem Auge fast nicht sichtbare Mehrzeller (Fadenwürmer, Bärtierchen, Ruderfußkrebse usw.)
«Taucher mit acht Beinen»
Ruderfußkrebs
Beobachtungstipps
Sie werden wahrscheinlich nie ein natürliches Gewässer finden, in dem Sie nicht schon nach kurzer Zeit irgendein Wassertier entdecken. Selbst im Winter lassen sich in einem Gebirgsbach Wasserinsekten finden. Das Gewässer darf natürlich nicht zugefroren sein, und Sie sollten kalte Hände beim Steinewenden nicht scheuen. Nehmen Sie sich die Zeit und schauen Sie zu allen Jahreszeiten, was es in und an den Gewässern zu entdecken gibt. Irgendwo schwimmt, krabbelt oder versteckt sich sicher ein Wassertier.
Fragen
› | Nach welchen Kriterien lassen sich Wassertiere unterscheiden? |
› | Nennen Sie Beispiele für die verschiedenen Lebensweisen von Wassertieren. |