Читать книгу SOS Beziehung in Not - Andreas Klaene - Страница 10

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Ausbrechen, das war es, was Sven wollte. Anfangs spürte er diesen Drang nur unterschwellig, nach und nach jedoch wie einen Appetit, der immer größer wurde. Hätte ihm ein Jahr zuvor jemand prophezeit, dass es so kommen würde, wäre er sich gehörig fehleingeschätzt vorgekommen. Denn mit Bianca zusammen zu leben, war für ihn das Gegenteil von Knast. Nach so einigen Affären musste Sven mit 34 Jahren nicht lange überlegen, um klar benennen zu können, was ihn an seiner Freundin begeisterte: „Das Tolle für mich ist, dass sie aus einer guten Familie kommt, einen spirituellen Ansatz hat und ich mit ihr einfach einen sehr feinen, sensiblen Menschen an meiner Seite habe, der mich als Mann, als Typ, als kreativen Menschen sehr unterstützt.“

Dennoch gab es einen Freitagabend, der für Sven zur Ausbrechertour wurde. Er war mit Freunden im nächtlichen Hamburg unterwegs, gab – wie meistens – den Ton an und seiner ganzen Runde eine Leichtigkeit, die ihre Nachtschwere komplett verfliegen ließ. In den Morgenstunden landeten sie in einem Club. Sven ließ sich auf ein Sofa fallen, streckte Arme und Beine von sich, stierte mit sich und der Nacht zufrieden auf die menschlichen Reste dieser Partynacht wie auf eine kleine Schar namenloser Bühnenstatisten. Taghell wurden seine Sinne, als eine Frau vor ihm auftauchte, die er als „zuckersüßes Traumwesen“ beschreibt. „Ein Typ, total nach meinem Geschmack. – Nicht nur, dass sie diese Schlangenledersandalen anhatte, auch diese blonden langen Haare …!“

In dem Moment, als er sein Auge auf sie geworfen hatte, schaute sie ihn an. Ihre Augen schienen Sven in Bewegung zu bringen, denn sein langer Körper räkelte sich sogleich aus der Lümmelposition in eine aufrechtere. Ihre Blicke, die sich soeben zum ersten Mal getroffen hatten, hielten aneinander fest, wurden von umherlaufenden Gästen unterbrochen, fanden sich wieder.

Bald hatte Sven das Gefühl, sprechende Blicke, die sich immer wieder bereitwillig trafen, dürften nicht das letzte Wort haben. Er wurde aktiver: „Ich streckte einfach nur meinen Finger aus, zeigte auf sie.“ Sein Fingerzeig kam in einer wortlosen Sprache zu ihr herüber, die sie verstand: „Komm doch mal zu mir!“ – Sven redet noch heute fasziniert wie ein kleiner Junge darüber, der es kaum fassen kann, dass sich sein ferngesteuertes Auto tatsächlich auf Knopfdruck in Bewegung setzt: „Sie kam wirklich zu mir.“ Auch diesen ersten gemeinsamen Moment bezeichnet er als ein Kennenlernen „ganz nach meinem Geschmack.“

Saskia schenkte Sven in dieser Nacht zwar keine Zärtlichkeiten, gab ihm aber ihre Telefonnummer. Er brannte darauf, sie anzurufen, sie wiederzusehen, hielt sich jedoch zurück, weil er spürte: „So einfach geht das bei der nicht. Diese Frau muss ich von mir überzeugen.“

Nach zwei Wochen war ihm das gelungen. Er weiß auch wie: „Ausschlaggebend war meine Einfühlsamkeit. Ich weiß, welche Möglichkeiten ich habe, auf eine Frau einzugehen. Und ich sah, was Saskia brauchte: einen wilden Mann an ihrer Seite. – Den hatte sie mit mir durchaus bekommen.“

Saskia verhielt sich nicht wild. Jedenfalls meistens nicht. Das hätte nicht zu ihrer Tätigkeit im Finanzamt gepasst. Als „ausschweifend“ bezeichnet Sven lediglich ihre Nächte, in denen sie sich mit ihren Freundinnen traf. „Das war eine tolle Mädchencrew“, schwärmt er, „und da bin ich dann auch aufgenommen worden als der wilde Sven.“ Er spricht von einem „Rausch der Überwältigung“, der dazu geführt habe, dass er sich schnell für Saskia entschied, obwohl er noch mit Bianca zusammenlebte.

Er teilte Bianca mit, dass er eine andere Frau gefunden habe. Außerdem sagte er ihr, er werde eine Party veranstalten und bitte sie, dann nicht zu Hause zu sein.

Heute ist ihm klar, Bianca mit diesem Auftritt sehr verletzt und sie regelrecht „in einen Abgrund“ gestürzt zu haben. Sie habe daraufhin weder essen noch schlafen können. „Die war völlig durch den Wind.“

Bewusst wurden ihm die Folgen seines Verhaltens erst, als er selbst in eine Situation geriet, die ihn an seine Grenzen führte. Kopfschüttelnd sagt er: „Ich war es so gewohnt, wild von einer Beziehung in die nächste zu gehen und dabei den Schmerz des anderen gar nicht zu sehen.“

Er fühlte sich erleichtert, als Bianca auszog, weil er sich auf ein barrierefreies Zusammensein mit Saskia freute.

Ein halbes Jahr später. Die beiden waren längst ein Paar. Wieder ein Freitagabend. Sven hatte Saskia in dieser Woche nur zweimal gesehen. Am Abend zauberte er für seine Freundin und sich ein Essen, schaffte es, wie vereinbart, um acht Uhr fertig zu sein und wartete auf das Schellen der Türklingel. Nach einer Viertelstunde schaute er abwechselnd mal auf die Uhr, mal auf den immer spärlicher aufsteigenden Dampf seines aufgetischten Essens. Als Saskia um neun noch immer nicht vor der Tür stand, kochten seine Gedanken so hoch, dass er etwas unternehmen musste. Er wählte ihre Nummer und wusste nicht, was er sich mehr wünschte: Wenn sie ans Telefon ginge, würde sie ihm erklären, warum sie noch nicht bei ihm war. Und das, was sie sagen könnte, bereitete ihm ein mulmiges Gefühl. Wenn sie nicht abnähme, wäre dies auch kein Mut machendes Signal.

„Wo bleibst du denn?“, fragte er, sobald er ihre Stimme hörte. Ihre Antwort: „Sven, ich komme nicht.“ – „Wie, ist etwas passiert? Kommst du später?“ – „Nein, ich komme gar nicht mehr.“

Zwei Atemzüge lang konnte Sven nichts sagen. Dann hakte er nach: „Warum, was ist denn?“ Sven sagt, ihm sei sofort durch den Kopf geschossen, Saskia habe sich in einen anderen Mann verliebt. Und dieses Gefühl verdichtete sich in ihm, als er hörte, was Saskia ihm erzählte. „Dabei hat sie das gar nicht direkt gesagt. Aber sie gab mir das Gefühl, dass ich es nicht mehr bin und dass es einen anderen gibt.“

Sven konnte in diesem Moment kaum noch zuhören. Er sah, wie das Bild des lockeren Party-Wilden, das er von sich gemalt hatte, verschwamm. Stattdessen kreuzten all seine Mankos deutlich sichtbar vor ihm auf. Er dachte daran, nie ein richtiges Ziel verfolgt zu haben, ihm fiel ein, wie er sich aus dem Staub machte, als sein Vater ihm antrug, in dessen Architekturbüro einzusteigen, dachte an die vielen Jobs, die er für wenig Geld gemacht hatte. Und bevor er Saskia wieder zuhörte, nannte er ihr seine Erklärung für ihren Rückzug: „Ich begreife. Es ist die Kohle, die mir fehlt. Du brauchst einen richtigen Geldgeber.“

Was Saskia darauf antwortete, registrierte er nicht mehr. Das Gespräch ging zu Ende. Gedanken an die eigenen Fehler standen nun in seiner Wohnung wie eine Schar ungebetener Gäste.

Sven liefert sich seiner Fantasie aus, erklärt sie zur Wirklichkeit.

Zu bedrückend sind seine Gedanken an das, was er für seine Mankos hält. Zu bedrückend der Gedanke, dass Saskia am Ende gar nicht ihn meinte, sondern den Party-Wilden, den Sven schon mal in die Schlacht schickte, während er selbst in Deckung blieb.

Auf die Dauer ist es langweilig und gleichzeitig befremdlich, es immer wieder mit einer Fassade zu tun zu haben. Die Beziehung stagniert, wenn keine neuen Impulse gesetzt werden, wenn keiner der Partner sich traut, hinter der Fassade hervorzulugen.

Wer weiß, was aus Sven und Saskia geworden wäre, hätten sie sich für eine echte Begegnung miteinander entschieden und auch die Mankos miteinander geteilt.

Als Sven sich schließlich doch auf den Weg macht, um direkt von Saskia zu erfahren, warum so plötzlich alles aus sein soll, ist er kaum fähig, ihren Erklärungen zu folgen. Vielleicht würde Sven es ja als befreiend erleben, Saskia seine Gefühle mitzuteilen und die kräftezehrende Fassade fallen zu lassen.

Sven musste raus aus dieser Umgebung, rief ein Taxi. Er drückte auf Saskias Klingelknopf und kam sich vor wie einer, der Wiederbelebungsversuche bei einem Toten startet: „Ich ging nicht davon aus, dass sie aufmacht. Doch ich bin reingekommen. Aber die Situation, die dann entstand, war absurd für mich: Mit der Frau, die ich liebte, mit der ich noch vor ein paar Tagen geschlafen hatte, mit der jetzt am Tisch zu sitzen und zu hören, wie sie abgekühlt begründet, warum sie mich nicht mehr will, das machte mich ohnmächtig. Ja, ich stand unter Schock.“

Saskia war zu der Erkenntnis gekommen, ihn nicht mehr lieben zu können, weil sie in einer anderen Welt als Sven lebe: „Du bist der Freak, ich das verrückte Huhn, das aber neben allen Verrücktheiten im Finanzamt arbeitet und dort auch etabliert ist.“ Sie sagte, sie feiere zwar gern, ebenso wie er, aber Sven passe dennoch nicht in ihre Kreise.

Saskias Begründung erschien ihm so konfus, dass ihm kein Gegenargument einfiel. Demonstrativ packte er seine Sachen zusammen, die noch in ihrer Wohnung herumlagen, ging und sagte ihr auf schweigende Weise: „Okay, dann eben nicht!“

In den nächsten Tagen hatte Sven das Gefühl, „in ein tiefes Loch zu fallen.“ Verrückt machende Bilder geisterten ihm durch den Kopf: Immer wieder starrte er auf eine Saskia, die losgelöst mit einem anderen schlief. Er kam nicht zur Ruhe. Saskias Erklärung war für ihn keine Erklärung, also suchte er nach einem Grund, der ihm plausibel erschien. Er fand seine Lösung: „Mich nicht mehr zu lieben, das war es nicht – was im Nachhinein ganz beruhigend ist, denn das Schlimmste für mich ist natürlich, nicht mehr um meiner selbst willen geliebt zu werden.“ Svens Erklärung lautet: „Sie hat dieses Partyleben mit mir, immer auf der Überholspur, zwar schon genossen, aber mein Tempo war ihr zu hoch. Im Grunde fühlte sie für sich nicht mehr die wirkliche Kontrolle auf dieser Spur. Sie hat, das ist meine Meinung, Angst bekommen und musste sich schützen.“

Sven rationalisiert das Geschehene, so dass es für ihn erklärbar und somit aushaltbar wird. Als Erste-Hilfe-Maßnahme ist der Abwehrmechanismus der Rationalisierung zunächst geeignet, um aus dem tiefen Loch herauszukommen und wieder Frieden zu finden.

Auf längere Sicht ist es sinnvoll, die Traurigkeit darüber, dass eine Beziehung zu Ende gegangen ist, nach und nach zuzulassen und sich der eigenen Anteile daran bewusst zu werden. Wenn ich erkannt und anerkannt habe, selbst zum Scheitern der Beziehung beigetragen zu haben, muss ich mich nicht mehr als Opfer fühlen.

Das eröffnet die Möglichkeit, mich selbst in künftigen Beziehungen reflektierter zu erleben. Menschen beeinflussen einander in der Partnerschaft. Dessen sollten wir uns bewusst sein.

Wenn Sven an Saskias Liebe denkt, weiß er genau, was für ihn so besonders daran war: „Es war einfach diese ungeteilte Aufmerksamkeit eines Menschen, der sich dir schenkt.“ – Bei diesem Gedanken kommt ihm sogleich ein nächster in den Sinn. Er spricht über eine andere Frau, eine, die ihn, wie er meint, „auch viel zu früh verlassen hat.“ Damals war Sven 19 und noch „ein schüchterner Junge.“ Er spricht über seine „Sturm- und Drangzeit“, in der er sich von seiner Mutter „freikämpfte“. Genau in dieser Phase starb sie. „Aber das war zu früh“, sagt Sven, „eigentlich hätte ich sie noch gebraucht. – Außerdem hatte ich mir keine Zeit genommen, mich von ihr zu verabschieden.“ Nachdenklich stellt er fest, dies sei seine „Grundsituation“. Er meint, „in der Tatsache, dass ein Mensch auf einmal weg sein kann, darin liegt das Grundgefühl, das ich seitdem immer wieder erlebe.“ Und darum, so vermutet er, habe er jahrelang ein wildes Leben geführt, sich von einer Partnerschaft direkt in die nächste gestürzt – „eine Methode, um meinen Schmerz zu verarbeiten“.

Traumatische Ereignisse der Vergangenheit wirken, sofern unbearbeitet, in unsere Gegenwart hinein. Sie beeinflussen die Art und Weise, wie wir Liebeskummer erleben, aber eben auch, wie wir versuchen ihn zu vermeiden, etwa wenn der Schmerz des Verlassenwerdens als existenziell bedrohlich wahrgenommen wird.

Für Sven wäre es von großem Wert, an seiner so genannten Grundsituation etwas zu verändern, um mit der Wiederholung alter Beziehungsmuster abschließen zu können.

Sich dem alten zu Schmerz stellen, sich zu erlauben, um die Mutter zu trauern, gäbe Sven die Möglichkeit, die alten Gefühle zu verarbeiten. Dies verhieße eine deutlich positivere Prognose für seine zukünftigen Beziehungen und den Umgang mit Verlassensängsten.

Ein gutes Mittel, die Zukunft vorherzusagen, ist, die Gegenwart zu gestalten.

Aber es ist nicht nur der plötzliche Tod seiner Mutter, der ihm anhaftet. Sven erzählt von ihrer letzten Lebensphase: „Sie hat mir – aber das kam nur, weil sie unter Medikamenten stand – Vorwürfe gemacht. Hat mir ganz kurz vor ihrem Tod vorgehalten, ich wolle sowieso nur das und das von ihr. Ich dachte, das darf doch nicht wahr sein, dass sie das so sieht. Es war bestimmt der Einfluss der Arzneimittel, dass sie diese ungefilterten und ungerechtfertigten Gefühle raus ließ und mir zeigte, dass ich nicht mehr ihr kleiner Junge bin, dem sie schützend die Hand hält.“ Sven gibt zu, noch heute schlecht damit umgehen zu können, derartige Vorwürfe zu hören und missverstanden zu werden.

Alles in allem hätten seine Eltern ihm aber ein gutes Selbstvertrauen vermittelt. Er merke allerdings, dass er in seinen Partynächten immer darauf bedacht sei, von allen gemocht zu werden. Er meint, irgendwas schiebe er mit diesem wilden Leben weg oder verdränge etwas.

Als Saskia ihn verlassen hatte, sah er nur die Möglichkeit, sich in Clubs und Bars zu beruhigen. Dabei merkte er aber: „Du kannst das nicht sedieren. Das Gefühl des Schmerzes bleibt.“ Sven versuchte, seinen alten Weg einzuschlagen, der ihn möglichst unmittelbar in eine neue Partnerschaft führte. Doch diesmal erschien ihm dieser Weg versperrt. Saskia hatte sich in seinen Sinnen quergelegt. Das heißt, bei jeder Frau, die er kennenlernte, legte er Maß an, „aber diesen Glanz, den ich bei Saskia sah, den hatten sie alle nicht.“

Die Suche nach dem Menschen, der der verlorenen Liebe möglichst ähnlich ist, kann nur erfolglos verlaufen. Andere potenzielle Partner werden systematisch nach Ähnlichkeiten abgescannt, können aber so nicht in ihrer einzigartigen Gesamtheit wahrgenommen werden.

Wir tun uns selbst und anderen einen Gefallen, wenn wir uns eine Ruhepause gönnen, in der Zeit ist, die Wunden heilen zu lassen und den Kummer um das verlorene Liebesglück loszulassen.

Wenn wir dann, ohne Reue und frei von Groll, auf die alte Beziehung zurückblicken können, mag die Zeit für einen Neubeginn mit einer neuen Liebe gekommen sein.

Hoffnung bekam Sven, als er eine Frau aus seinem Freundeskreis näher kennenlernte. Er genoss es, mit ihr zusammen zu sein und zu spüren, wie sehr sie ihn mochte. Mit ihr fuhr er aufs Land, gemeinsam besuchten sie ihre Eltern, gingen zusammen spazieren und verbrachten Nächte zusammen. Trotz aller Harmonie entdeckte Sven ein Problem: „Irgendwann merkte ich, dass ich einfach keinen Sex mit ihr haben konnte, denn ich war nicht verliebt in sie.“ Dennoch wollte er sie nicht verlieren. „Am liebsten hätte ich sie platonisch als Freundin gehabt, aber sie wollte eben mehr.“ Obwohl diese Beziehung auseinander gegangen sei, habe sie ihm geholfen, „denn so habe ich wenigstens mein Selbstwertgefühl wiedergefunden.“

Den Gedanken, sich anzustrengen und um Saskia zu kämpfen, hatte er, verwarf ihn jedoch schnell. Er erinnerte sich nämlich an das Ende einer anderen mehrjährigen Beziehung. „Damals wartete ich wirklich nächtelang vor ihrer Tür, bis sie nach Hause kam. Wie eine krabbelnde Eidechse einer Frau auflauern, das hatte ich schon hinter mir. Diese ganzen Fürchterlichkeiten wollte ich nicht noch einmal.“

Je länger er von Saskia getrennt war, desto klarer wurde ihm, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. „Meine einzige Möglichkeit, sie zurück zu bekommen, wäre gewesen, ein solideres Leben einzuschlagen. Aber dazu war ich in der Zeit noch nicht bereit.“

Sven weiß nicht, wie er diese Zeit ohne seine Freunde überwunden hätte. Ihnen konnte er ungeschminkt sagen, was los war, sie hörten zu und konnten auch damit umgehen, wenn ihm weinend die Worte wegbrachen. Sobald er allein war, kam ihm wieder der Gedanke, Saskia hätte ihn doch nur verlassen, um einen wirtschaftlich unabhängigen Mann zu finden. Diesen Gedanken empfand er als hilfreich. Gut tat ihm auch die Vorstellung, Saskia sei im Grunde eine oberflächliche Frau, die einen wie ihn überhaupt nicht verdient habe.

Freunde, bei denen man sich trauen kann, man selbst zu sein, sind in Phasen von Liebeskummer eine wichtige Stütze, vielleicht sogar die tragendste.

Saskia als Projektionsfläche zu nutzen, hilft ihm, sie vom glanzvollen Sockel zu holen. So hielt es schon der Fuchs in der Fabel mit den zu hoch hängenden Trauben: Meister Reinecke sagte sich, dass sie ihm sowieso zu sauer seien.

Auch wenn das nicht unbedingt die ganze Wahrheit sein mag, so ist es doch ein gedankliches Trostpflaster auf dem Weg hin zu einem realistischen Bild des Ex-Partners.

Ein lohnenswerter Weg für jeden, der Wert auf Eigenverantwortung legt.

So richtig wütend sei er nie auf sie gewesen. Vielmehr machten ihm „zwei Seiten der Traurigkeit“ zu schaffen. Sven spricht in diesem Zusammenhang davon, verlassen worden zu sein und sich vor einem großen Nichts gesehen zu haben. Außerdem habe ihn eine selbstbemitleidende Art von Trauer befallen. Mittlerweile vertritt er eine klare Meinung zu diesem Thema. Er glaubt, es sei eine „gesunde Sache“, als Verlassener traurig zu sein. Schließlich sei man einem geliebten Menschen auf einer bestimmten Ebene nicht mehr verbunden. Von trauervollem Selbstmitleid hält er jedoch nichts mehr: „Das bringt einen nämlich nicht weiter.“

Sven findet, das Schönste nach all seinen Beziehungsdramen sei, dass er den Partnerinnen von einst heute wie sehr guten Freundinnen begegnen könne. Außerdem hätten seine Geschichten ihm geholfen, etwas zu begreifen: „Wenn zwei sich trennen, tut sich irgendwo in der Mitte eine Tür auf. Es entsteht neuer Raum. Alles ist in einem Prozess, und das ist im Grunde ein Geschenk. Man muss es nur zulassen.“

SOS Beziehung in Not

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