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Denkfundamente – die Wirklichkeit als meine Perspektive (ein wenig Theorie muss dann doch sein)

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Das rechte Maß

Die Alten lehren: Maß halten. Welches Maß? Das rechte Maß! Was ist das rechte Maß? Dasjenige, das man in einem Zustand naiver Glückseligkeit anlegt – das ist dein rechtes Maß, das ist mein rechtes Maß.

Man kann nicht zu viel über sein Leben nachdenken, nur zu wenig. Ich denke viel nach. Ich opfere dieser Tätigkeit etliche Stunden. Ich denke über alles und jeden nach. Ich erforsche meine Gefühle, gehe bis an die Wurzeln jeder Empfindung, rationalisiere und verbalisiere Stimmungen und Eindrücke. Ich bringe mir mich selbst und mein Leben zu Bewusstsein. Ich erkenne mich selbst, wie der Türbalken zum delphischen Orakel es anmahnt. Nichts entgeht meinem argwöhnischen Blick. Ich belauere mich und was mich angeht. Vor allem aber, wenn mich etwas ärgert, wird es der strengsten Prüfung unterzogen.

Als ich mein Handy verloren habe, war ich verstimmt. Und der erste Reflex war, dieses Werkzeug zu ersetzen. Doch das hätte Geld gekostet und eine Fahrt in die Stadt, bzw. eine Recherche im Internet nach dem passenden Produkt bedeutet. Ein-zwei gute Stunden, dazu der Stress. In Anbetracht der Kürze meines Lebens ein geradezu waghalsiges Unterfangen, eine vielleicht irrsinnige Verschwendung. Zeit mit Unerfreulichem vergeuden? Lieber nicht. Ich dachte also darüber nach. Wozu brauche ich dieses Werkzeug? Um unterwegs mit anderen reden zu können. Um im Notfall Hilfe zu rufen. Um erreichbar zu sein. Nun, unterwegs angerufen zu werden, empfinde ich meist als lästig – auch ist die Qualität der Telefonate meist nicht sehr erbaulich. Wo bist du gerade? Na hier, wo soll ich schon sein? Zu kurzatmig also der aus seiner Rastlosigkeit Aufgeschreckte und mit Anderem Befasste. Und um Hilfe zu rufen hatte ich gottlob noch nie nötig. Ich stelle mir aber vor, dass in einem dicht besiedeltem und hochtechnisierten Land wie Deutschland ein hilfreicher Mensch praktisch an jeder Ecke und hinter jeder Türe zu finden ist. Ja, so ist es ganz gewiss. Auch wenn einem medial suggeriert wird, man wäre eigentlich nur von mörderischen Bestien, Perversen, Betrügern und Terroristen umgeben – die Wahrheit ist, dass der bei weitem größte Teil aller Menschen ihren Mitmenschen gegenüber grundsätzlich wohlwollend und freundlich gesinnt sind. In der Not wird einem also auch ohne Handy schnell geholfen werden, wenn man nur um Hilfe bittet, gleich wie der geneigte Leser dieses Buches natürlich selbst jederzeit seinen Mitmenschen, gleich welcher Schicht sie angehören, gleich welcher Religion oder Hautfarbe sie sind, hilfreich zur Seite stehen wird – jedes andere Verhalten wäre tatsächlich bestialisch und unmenschlich.

Ich folgerte also: Weder die Investition an Zeit noch an materiellen Ressourcen rechtfertigen die Wiederbeschaffung eines Mobiltelefons. So befreite ich mich von diesem für mich unnützen Werkzeug, indem ich seine Überflüssigkeit in meinem Lebenskonzept begriffen habe – ich habe das rechte Maß, mein rechtes Maß in dieser Sache gefunden. Wäre ich viel unterwegs oder genösse angerufen zu werden – mein Urteil wäre zweifellos anders ausgefallen.

Woran erkennt man also das rechte Maß? Gibt es eine Art goldene Regel? Wie überwindet man die stimmungs- und situationsbedingten Schwankungen der eigenen Meinung?

Nun es gibt einen Trick, den ich recht erfolgreich benutze. Jeder kennt das: Hungrig soll man nicht einkaufen gehen, weil die Erfüllung des Gelüstes vom eigentlich Notwendigen ablenkt. So soll man auch aus einer Notlage heraus nicht entscheiden. Angst, Unwohlsein, Sorge – das sind alles schlechte Ratgeber. Auch Zeitdruck vernebelt die Sicht. Auch die Meinung der Anderen, das Diktat des Man – so umschreibt es M. Heidegger – sind für mich wenig hilfreich. Man tut dies, man tut jenes... Warum, wenn ich fragen darf? Weil man das eben so tut, weil man es immer so getan hat, weil es konventionell ist, allgemein zustimmungsfähig. Aber ist dieses sonderbare Maß des Man auch das rechte Maß für...mich?

Ich strukturiere meine Entscheidungen wie folgt:

1. Entscheide und urteile über Dinge, wenn sie dich am Wenigsten kümmern (zum Beispiels in der Sonne dösend). Schreib den Einkaufszettel, wenn du satt, über-satt bist.

2. Überlege bei Anschaffungen, wie es wäre, wenn du besagtes Produkt nicht erwerben würdest oder könntest, oder was du tun würdest, wenn sein Preis verdoppelt wäre oder wie seine Unverfügbarkeit dein Leben beeinflussen würde. So lernt man an den Dingen das Wesentliche zu sehen.

Spielen wir es einmal durch:

Nehmen wir als Beispiel das Auto und nehmen wir an, es kommt nicht durch den TÜV oder nehmen wir an, es ist in einem Fluss versunken und irreparabel beschädigt. Ersatz muss her! Oder?

Was wäre, wenn ich kein neues Automobil erwerben könnte? Welche Rolle spielt ein Kfz in meinem Leben, welche Funktion erfüllt es, welchen Nutzen besitzt es, welche Nachteile bringt es mit sich? Wie wäre mein Alltag, wenn es so etwas wie ein Auto nicht gäbe?

Einige Gedanken von mir:

Zum Nutzen: Ich brauche mein Auto um zur Arbeit zu kommen und den wöchentlichen Großeinkauf zu erledigen. Auch für Ausflüge wird es gerne und häufig genutzt.

Nachteile: Mein Auto erfordert ein gewisses Maß an Zeit und Zuwendung. Es kostet mich zudem bares Geld. 100-150€ pro Monat (Reparaturen, Wartung, Sprit, Steuern etc., ohne Anschaffungskosten!) – in meinem Fall (wir leben zu viert von insgesamt 750€ im Monat alles inklusive) eine signifikante Summe.

Wenn der Unterhalt des Wagens das Doppelte, also sagen wir 200-300€ betragen würden, würde ich mir dieses Luxus dann noch leisten? Sicher nicht.

Was wäre, wenn ich kein Auto besäße? Zur Arbeit würde ich dann den Bus nehmen oder eine Fahrgemeinschaft ins Leben rufen. Ich würde mich den Möglichkeiten anpassen. Den wöchentlichen Großeinkauf würde ich ausfallen lassen, um stattdessen zwei- oder dreitägig den Discounter in meiner Nähe aufzusuchen. Ich würde meine Essgewohnheiten, dem dortigen Warensortiment anpassen. Aus dem automobilen Ausflügen würden lokale Wanderungen werden – in die Felder, in den nahen Wald oder Park, zum Spiel- oder Marktplatz. Auch hier würde ich mich anpassen.

Ich resümiere: Brauche ich ein Auto? Nun, nein. Will ich eines haben? Gerne. Kann ich eines besitzen? Mit meinem Budget ist das kein Problem! Mit meinem Budget kann ich nämlich nicht nur überleben, sondern mir sogar so einen beträchtlichen und unerhörten Luxus wie ein eigenes Auto erlauben! Wie das geht? Darum geht es in diesem Buch.

Was will ich, was brauche ich, was kann ich mir leisten?

Im Kfz-Beispiel habe ich bereits zwei Prinzipien angewandt, mit denen ich das rechte Maß im Bezug auf Einzelentscheidungen finde.

1. Anpassen an das Gegebene.

2. Das Notwendige erkennen.

Notwendig ist, was ich brauche, um mein Leben aufrecht zu erhalten. Brechen wir unsere Existenz auf die grundlegenden Bedürfnisse herunter, so benötigen wir erschreckend wenig.

Nahrung, Kleidung, Unterkunft, soziale Interaktion.

Ein in Lumpen gekleideter Obdachloser, der ein halbes Sandwich aus dem Müll gezogen hat und in einer U-Bahnstation mit einem Leidensgenossen schwatzt, hat sämtliche überlebensrelevanten Bedürfnisse gestillt. Nun will ich aber nicht unbedingt so leben wie er. Ich habe ja andere Bedürfnisse!

Nein, habe ich nicht. Hier liegt der Fehler. Genau an dieser Stelle. Wir meinen, die Befriedigung der Grundbedürfnisse genüge nicht, um ein glückliches Leben zu führen. Man muss sich dazu noch selbst verwirklichen (was auch immer das bedeuten mag), muss anerkannt, respektiert werden (von wem eigentlich?) muss ein großes Auto, ein luxuriöses Haus, Markenklamotten etc. besitzen.

Unsinn. Chimären, Dämonen! Besser man treibt sie aus, bevor sie einen umtreiben. Besser, man besinnt sich auf sich Selbst.

Man verwirklicht sich in jedem Augenblick seines Lebens. Mehr als existieren muss und kann man nicht. Anerkennung? Wer die Anerkennung der Anderen braucht, der verachtet sich offensichtlich selbst, hält sich für gering. Wer sich aber selbst anerkennt, der gibt auf die Meinung der Anderen nichts mehr, der ist sich selbst genug.

Um glücklich zu leben, muss man nicht zusätzliche, sozialisierte und daher aufgebürdete und meist eitle Bedürfnisse befriedigen, sondern nur lernen, sich mit dem Notwendigen zufrieden zu geben. Erst wenn das Fundamentalste stimmt, kann man nach Anderem streben.

Vielen Menschen gelingt aber nicht einmal das. Sie haben Jobs, die sie unglücklich oder krank machen. Sie sehen ihre Familie, ihre Kinder nur abends und am Wochenende. Manchmal haben sie überhaupt keine Kinder, sagen, sie könnten sich keine leisten! In Deutschland, wo, im Gegensatz zu anderen Teilen der Welt, wirklich niemand frieren und hungern muss, eine zynischen Behauptung! Sie essen schlecht. Sie leben in kleinen oder lauten oder kleinen und lauten Wohnungen. Sie unterwerfen sich dem Urteil irgendwelcher Menschen, die sie nicht kennen oder die selbst an ihrer Existenz leiden. Ihr Alltag frisst sie auf...

Dabei wäre ein einfacher, bewusster Lebensstil, der zunächst nur auf die Befriedigung der Grundbedürfnisse abzielt, so viel besser für die allermeisten Menschen. Und die fast zwangsläufige Überfüllung dieser Grundbedürfnisse, mit der wir in einem reichen und sicheren Land wie Deutschland rechnen müssen, würde uns bald mit Staunen und Freude in Anbetracht all der Privilegien erfüllen, die uns praktisch geschenkt werden.

In Deutschland muss niemand verhungern, niemand muss im Freien schlafen, niemand muss nackt sein, niemand muss alleine bleiben, niemand wird Opfer staatlicher Gewalt, niemand wird ohne Grund seiner Freiheit beraubt. Stattdessen können wir aus vielfältigen Speisen wählen. Wir teilen unsere Wohnung normalerweise nicht mit ein oder zwei anderen Familien. Hocken auch nicht zu acht in der Stube. Haben sogar mehrere Wohnräume zur Verfügung, Sanitäreinrichtungen und eine Küche. Wir können über ein erstaunliches Sortiment an Kleidern verfügen, sind sogar in der bevorzugten Lage uns wintertaugliche Kleidung und Schuhwerk zuzulegen. Und wenn es uns an etwas mangelt, gibt es tausend Hilfsangebote, staatliche und private, und das, obwohl man diese Angebote nicht einmal nötig hat. Ein Wunderland, in dem zu leben wir privilegiert sind. Ein Land, in dem ein Mensch, dem es nur auf das Wesentliche, das Notwendige ankommt, zu jeder Zeit mit Überfülle und Luxus konfrontiert wird. Ein Land, in dem man gehen kann, wohin man will, sagen, was man denkt. Ein Land, in dem ein freies Leben möglich ist, wenn man es nur will.

Ich zähle zum Beweis meiner kleinen Polemik nur Einiges von dem auf, was ich besitze, ohne es wirklich zu brauchen: Eine mehrtausendbändige Bibliothek großartiger Literatur, meist gebraucht gekauft oder geschenkt bekommen. Einen Laptop – gebraucht gekauft. Jedes Mitglied meiner Familie hat ein eigenes Zimmer, ein eigenes Bett. Jedes Zimmer ist beheizbar. Mein Haus ist abbezahlt. Ich verfüge über ca. 60 (!) Kleidungstücke, darunter vier Hosen, fünf Hemden, drei Pullover, zwei Jacken, fünf paar Socken, drei paar Schuhe etc. – alles (bis auf die Unterwäsche) gebraucht gekauft, alles beste Qualität. Ich besitze ein Auto – einen Kleinwagen zwar mit 200.000km und aus vierter Hand – aber mit CD-Spieler!

Bin ich nicht ein reicher Mann? Wer kann meinen materiellen Überfluss bestreiten? Mir selbst, und das sage ich ohne jede Ironie, schwindelt im Angesicht des Reichtums, der sich auf meine Person konzentriert hat, ohne dass ich ihn besonders mühevoll erwerben musste. Ich nehme nur, was andere nicht mehr wollen und kann – so arrogant, so dumm bin ich – nicht verstehen, warum bei all dieser absurden Überfülle, nicht jedem Mensch auf diesem Planeten zumindest das Nötigste zur Verfügung gestellt werden kann...

Anpassen an Gegebenes

Survival of the fittest – so heißt es bei Darwin, so lautet die Gesetzmäßigkeit, nach der sich Entwicklung, Evolution, vollzieht. Das Überleben der Angepasstesten.

Wir haben verlernt, uns anzupassen. Was für unsere Vorväter noch natürlich war, erscheint uns heute in Anbetracht unseres technologischen Potenzials, archaisch und rückständig, nämlich: Mit dem auszukommen, was leicht verfügbar ist, d.h. sich an die Gegebenheiten anpassen.

Stattdessen glauben wir, wir könnten die Gegebenheiten immer an unsere Bedürfnisse anpassen. Und dies nicht einmal an die Grundbedürfnisse, sondern vor allem an die erlernten, die chimärenhaften, die fantastischen, die irrealen. Das letzteres mit Notwendigkeit zur Katastrophe führen wird, ist wohl auch dem Dümmsten mittlerweile aufgegangen. Unser Planet ist begrenzt – unsere Wünsche (und ja: auch unsere Ignoranz, unsere Unbescheidenheit, unser Größenwahn) unbegrenzt. Ich verbiete mir an dieser Stelle das weitere Polemisieren, denn jeder, der Augen hat, zu sehen, der sieht.

Stattdessen werde ich kurz erläutern, wie effizient die Anpassung an die Gegebenheiten im Gegensatz zu deren Anpassung an unsere Bedürfnisse ist, ohne dabei zu verschweigen, dass beides beizeiten nötig ist.

Um Land urbar zu machen, um aus Wald Ackerboden zu gewinnen, muss das bestehende Terrain verändert werden. Jeder sieht das ein, jeder versteht, warum wir in diesem Fall unsere Umwelt anpassen müssen. Doch wie schwer, wie langwierig ist dieser Prozess! Jahrhunderte und ungezählte Mühen ungezählter Menschen kostete es, das wilde Germanien, von dem Tacitus noch als einem fast durchgehend bewaldeten und gänzlich unwirtlich Gebiet spricht, urbar zu machen.

Wie leicht ist es dagegen, Bedürfnisse aus dem Vorhandenen zu befriedigen. Man lebt beispielsweise in der Nähe eines Waldes. Man benötigt Baumaterial, Feuerholz, will sich einen Tisch, einen Stuhl zimmern – siehe: alles im Überfluss vorhanden! Eine Axt, ein Wagen, ein paar Schritte und schon hat man alles beisammen, um sich Behausung, Mobiliar und Wärme zu erschaffen.

Die Anpassung an das Gegebene ist deutlich einfacher als die Anpassung des Gegebenen – dieses Prinzip auf die Gestaltung des eigenen Lebens angewandt, hilft, dieses immens zu vereinfachen und unglaublich zu bereichern.

Ein Beispiel aus meinem Alltag. Wir benötigten Unterkunft. Wir wollten neben ausreichendem Wohnraum auch ein Gärtchen für die Kinder. Wir konnten und wollten uns nicht viel leisten, konnten und wollten nur um unser Geld kaufen, also mit dem arbeiten, was faktisch verfügbar war.

Wir endeten in einer Vorstadtgemeinde, deren Zentrum im Verfall begriffen war, während an ihren Rändern wie Krebsgeschwüre die Neubaugebiete empor wucherten. Irrsinn. Auf der einen Seite günstiger bzw. günstig herzurichtender Wohnraum, der leer steht, auf der anderen Seite immens kostenintensive Neubauprojekte! Ein kleines Haus wurde es also, mit einem kleinen Garten, einem kleinen Hof, einer Scheune dabei. Jeder hat sein Zimmer. Darüber hinaus gibt es zwei Wohnräume. Eines der zwei Bäder und eine der zwei Küchen habe ich zurück gebaut – wir brauchen nämlich nur ein Bad und eine Küche. Die Renovierung erfolgte nach folgenden Überlegungen:

Was nicht kaputt war, wurde nicht ersetzt.

Was schadhaft war, wurde repariert.

Was irreparabel beschädigt war, wurde durch etwas Gebrauchtes (so es verfügbar war) ersetzt.

War der Schaden nur optischer Natur, wurde er erst einmal ignoriert.

Nur im äußersten Notfall wurde etwas neu angeschafft.

Alles was funktionierte, wurde belassen wie es war.

Was nicht gefiel und ohne großen Kostenaufwand verändert werden konnte (Tapeten, Bodenbeläge – kann selbst ich machen), wurde auch verändert.

Was nicht gefiel, und nicht ohne großen Kostenaufwand verändert werden konnte (in unserem Fall die 70er-Jahre Zimmertüren) wurde belassen. Wir haben uns den erdfarbenen Rechtecken aus feinstem Pressspan schlicht angepasst und...überlebt.

Das Geld, das ich nicht ausgebe, muss ich nicht verdienen

Bislang haben wir uns mit Einzelentscheidungen beschäftigt. Die Grundlage jeder Einzelentscheidung ist aber der gewählte Lebensstil. Wenn ich mich entschieden haben, möglichst ökologisch zu Leben, dann ist beispielsweise die Frage, ob ich Billigfleisch vom Discounter kaufe, bereits entschieden. Wenn ich mich als Selbstversorger durchschlagen will, muss ich mir nicht überlegen, wo ich kostengünstig Gemüse einkaufe. Dann sind andere Dinge wichtig, Anderes wird entschieden, das ist ganz klar.

Um herauszufinden welches Maß grundsätzlich das richtige für mich ist und welches die Eckpfeiler meiner Entscheidungsarchitektur sind oder seinen sollen, muss ich mir zuerst die Frage beantworten, was für mich das wichtigsten im Leben ist. Welche Ziele, welche Zustände möchte ich verwirklichen? Auch hier werde ich mich jeder ethischen Beurteilung enthalten. Ich bin, wie gesagt, kein Weltverbesserer und keiner Ideologie Kind. Jeder ist sich selbst der Nächste und wenn jeder lernen nur würde, mit seinem Stück des Kuchens zufrieden zu sein, bzw. sich in den Gegebenheiten seiner Existenz einzurichten, wäre wohl am Ende allen gedient. Ich beneide nicht den Reichen, den Fleißigen, den Schönen, den Beliebten. Ich bedauere sie sogar. Mit niemanden möchte ich tauschen, denn für mich habe ich das rechte Maß gefunden und daher ist mein Lebensglück... maßlos.

Für mich ist Freiheit das wichtigste. Freiheit von Zwängen sowie die Freiheit zu tun, was mir behagt. Ich liebe nicht die Sklavenarbeit, bin faul und stolz dazu. Ich liebe nicht das Geld. Ich finde es lästig. Ich ehre es nicht. Ich missbrauche es zu meinen Zwecken, gebe es aus, sobald es mir unter die Hände gerät; ich laufe ihm nicht mehr nach, als unbedingt nötig. Daher habe ich gelernt mit wenig zurecht zukommen. Ganz ohne Gelderwerb geht es auch bei mir nicht, aber ich halte den Aufwand an Zeit und Mühe so gering wie möglich. Mit zwei- drei Stunden pro Werktag ernähre und erhalte ich vier Köpfe. Meine Frau ist zu Hause und wirtschaftet. Ihrer Sorge um unser Hauswesen ist es zu verdanken, warum ich nur das Nötigste verdienen muss. Ich verstehe nicht, warum heutzutage so häufig beide Eheleute Arbeiten gehen. Die Neubausiedlungen gleichen des Tags Geisterstädten. Da sieht man schmucke Häuser und gepflegte Gärten mit Schaukel und Sandkasten darin – verwaist. Keine Kinder, nirgends. Was soll das? Wo sind diese Menschen? Sie arbeiten, um Geld zu verdienen, um sich einen teuren Neubau, zwei Autos, und einen Urlaub zu leisten. Den Urlaub haben sie nötig, um nicht völlig die Fühlung miteinander und zu sich selbst zu verlieren. Wann sieht man sich denn sonst? Abends, wenn alle, Eltern und Kinder, müde und entnervt nach Hause kommen. Bleiben ja noch die Wochenenden, wenn man nicht gerade am Haus werken oder aufarbeiten muss, was an Hausarbeit liegen geblieben ist. Die beiden neuen Autos im schicken Carport entspringen dem Bedürfnis, den Nachbarn unterschwellig anzuzeigen, dass man sich das leisten kann. Und das teuer erbaute Haus und der glatt rasierte Rasen dahinter– nutzloser Tand, weil meist ungenutzt, leer, tot.

Ich bin gerne daheim, lese viel, schreibe, spiele mit den Kindern, helfe meiner Frau im Haushalt. Ich bin beschäftigt. Ich hätte kein Zeit sieben-acht Stunden pro Tag außer Haus zu sein. Außerdem kostet Werktätigkeit Geld, viel Geld – man darf das nicht unterschätzen. Die Nähe zum Arbeitsplatz muss oft mit erhöhten Wohnkosten bezahlt werden. Die andauernde Mobilität muss sichergestellt werden, auch das kostet. Man geht mittags auswärts essen, man muss entsprechende Kleidung anschaffen. Auch neigt man dazu, mehr Geld für regenerative Maßnahme, wie Urlaub oder Ausgehen auszugeben. Ich habe seit sieben Jahren keinen Urlaub nötig gehabt! Keinen einzigen Tag. Ob ich Lust hätte mal zwei Wochen in einem Hotel am Strand zu verbringen? Gott bewahre! Mein geruhsames Leben geht mir vor!

Wer wie ich, wenig für andere und viel für sich selbst leben will, muss lernen mit seinen Ressourcen auszukommen. Wer zudem, wie ich, auf gewissen Luxus und Wohlleben nicht verzichten möchte, sollte in der Lage sein, seinen Euro nicht drei, sondern zehnmal um zudrehen. Denn das Geld, das ich nicht ausgebe, muss ich nicht verdienen. Man muss sein Denken verändern. Die Perspektive allein unterscheidet den Armen vom Reichen, den Glücklichen, vom Unglücklichen. Ein Obdachloser, der eine unversehrte Semmel findet, freut sich, der Reiche ekelt sich – die Semmel bleibt die Gleiche.

Seneca hat einmal von einem sehr wohlhabenden Schlemmer erzählt, einem zigfachen Milliardär. Jedes Mahl ließ er sich 1 Million Sesterzen kosten. Er prasste mit seinem Geld, ließ sich die erlesensten Speisen kommen und sie von den besten Köchen der Welt zubereiten. Als sein Verwalter ihm mitteilte, dass sein Vermögen auf zehn Millionen – immer noch ein riesengroßer Betrag – geschrumpft war, nahm er sich aus lauter Verzweiflung das Leben. Ohne seine üppigen Feste glaubte er, nicht glücklich sein zu können.

Ich lebe also nach dem Grundsatz: Was ich nicht ausgebe, muss ich nicht verdienen. Ich passe mich meinen Bedürfnissen an, nicht meinen Wünschen. Jene sind leicht zu befriedigen, diese aber auch bei mir grenzenlos.

Man muss lernen Möglichkeiten und Chancen wahrzunehmen. Mit dem Blick des Idioten urteilen, das eigene Maß anlegen, sich den Umständen anpassen – das sind die Bedingungen eines freien, leichten und sorgenlosen Lebens.

Die beste Note...

… ist die Vier. Ausreichend. Denn sie beweist die überragende Fähigkeit des Schülers, die perfekte Balance zwischen dem Lernaufwand und dem Ziel, die Prüfung zu bestehen, hergestellt zu haben. Ich hatte die Abiturnote 3,6 – ich habe meine Sache sehr gut gemacht, auch wenn mir die versammelte Lehrerschaft beizeiten Gegenteiliges einzureden versuchte. In diesem Fall wusste ich es besser.

Das Geld, das ich ausgebe, muss ein Vielfaches seines Wertes erbringen

Investiert man, d.h. tauscht Geld in Güter um, muss sich die Sache auch lohnen. Ein Geschäft ist lohnend, wenn das zu befriedigende Bedürfnis möglichst langfristig und nachhaltig und vollkommen erfüllt wird. Wir bedienen uns zur Verdeutlichung des allgegenwärtigen Beispiels eines Kfz.

Langfristig bedeutet, dass eine Sache lange hält, bzw. ihre Wirkung lange anhält.

Ein Auto, das ich dreißig Jahre und länger fahren kann, das 300.000km und mehr läuft, ist im Hinblick auf seine Langfristigkeit eine gute Investition.

Nachhaltig bedeutet, dass eine Sache unterhaltsarm, am besten unterhaltsfrei ist, bzw. dass ihre Wirkung oder Wirksamkeit über die Zeit nicht oder nur sehr wenig nachlässt.

Ein Auto, bei dem nur Verschleißteile oder kleine Reparaturen im Verhältnis zu seiner Nutzungsdauer und -intensität anfallen, das sparsam im Verbrauch, günstig in Versicherung und Besteuerung ist, ist eine nachhaltige Investition.

Ein Bedürfnis wird möglichst vollkommen befriedigt, wenn die Sache ihre intendierte Funktion erfüllt.

In unserem Fall fährt das Auto, wohin wir wollen, hat keine Pannen, springt immer an etc. – erfüllt also unser Bedürfnis nach Mobilität.

Jede Investition, vor allem aber die größeren Anschaffungen, müssen auf diese drei Aspekte hin untersucht werden. Wird einer dieser Aspekte verfehlt, lohnt die Investition nicht, bzw. müssen Alternativen gefunden werden.

Stellt man sich die Kfz-Frage unter dem Gesichtspunkt der Mobilität und in Hinblick auf die genannten drei Kriterien müsste man nach längerem oder kürzerem Nachdenken zum Ergebnis kommen, dass recht häufig das Fahrrad oder der Motorroller im Nahbereich, der Fernbus bzw. die Bahn (nur mit Wochenendtickets etc.) im Fernbereich die besseren Alternative sind.

Aber jetzt genug mit der Theorie, gehen wir in media res, denn

das gute Leben...beginnt jetzt!

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