Читать книгу "Bodhisattvaweg" und "Imitatio Christi" im Lebensgang Rudolf Steiners - Andreas Neider - Страница 4
Prolog
ОглавлениеNovalis berichtet im 5. Kapitel seiner einzigen von ihm vollendeten größeren und zu Lebzeiten publizierten Dichtung, den Hymnen an die Nacht, in einer denkwürdigen Passage von einem griechischen Sänger, der die frohe Botschaft der Geburt des Christus auf Erden nach Osten, nach «Indostan» brachte, wo sie «tausendzweigig emporwuchs».1
Diese Passage2 sei als Vorspann unseren nachfolgenden Betrachtungen vorangestellt. Der Grund dazu wird sich im Laufe der Lektüre bald erschließen.
«Von ferner Küste, unter Hellas heiterm Himmel geboren, kam ein Sänger nach Palästina und ergab sein ganzes Herz dem Wunderkinde:
Der Jüngling bist du, der seit langer Zeit
Auf unsern Gräbern steht in tiefen Sinnen;
Ein tröstlich Zeichen in der Dunkelheit –
Der höhern Menschheit freudiges Beginnen.
Was uns gesenkt in tiefe Traurigkeit
Zieht uns mit süßer Sehnsucht nun von hinnen.
Im Tode ward das ewge Leben kund,
Du bist der Tod und machst uns erst gesund.
Der Sänger zog voll Freudigkeit nach Indostan – das Herz von süßer Liebe trunken; und schüttete in feurigen Gesängen es unter jenem milden Himmel aus, dass tausend Herzen sich zu ihm neigten, und die fröhliche Botschaft tausendzweigig emporwuchs.»
Im ersten der Geistlichen Lieder von Novalis findet sich hierzu noch eine Parallelstelle, die auf denselben Kontext weist:
«Hat Christus sich mir kund gegeben,
Und bin ich seiner erst gewiss,
Wie schnell verzehrt ein lichtes Leben
Die bodenlose Finsternis.
Mit ihm bin ich erst Mensch geworden;
Das Schicksal wird verklärt durch ihn,
Und Indien muss selbst im Norden
Um den Geliebten fröhlich blühn.»3