Читать книгу Die Rückkehr der Dämonen, Teil 4 (Theben, Ägypten, 1528 v. Chr.) - Andreas Parsberg - Страница 4
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ОглавлениеOberägypthen, Tal der Könige,
45 km von Theben entfernt
1528 v. Chr.
Henri spürte seinen Körper wieder. Er fühlte, sah und hörte.
Sofort versuchte er, sich zu orientieren. Um ihn herum war es stockfinster. Nicht der kleinste Lichtschimmer drang an seine Augen. Außerdem herrschte eine bedrückende Stille.
Wie in einer großen Grabkammer!
Henri erkannte schnell, dass diese Annahme den Nagel auf den Kopf traf. Er lag auf hartem, kaltem Untergrund, der eindeutig als Stein oder Fels zu identifizieren war. Als er die Hände ausstreckte, fühlte er auch links, rechts und über sich steinerne Platten. Er befand sich in einem länglichen, viereckigen Kasten.
In einem Sarkophag!
Diese Erkenntnis schockierte ihn. Er hatte vieles angenommen, aber nicht, dass ihn Alexandra in einem Grab ankommen ließ.
Die große Frage war jetzt nur, wo sich dieser Sarkophag befand!
Auf dem Rücken liegend, stemmte Henri die Flächen beider Hände gegen den Sargdeckel. Einen kurzen Augenblick zögerte er noch. Dann drückte er entschlossen die Steinplatte nach oben.
Es war Schwerstarbeit! Der Deckel wog seiner Schätzung nach weit mehr als einen Zentner. Millimeter um Millimeter nur hob sich die Platte. Henri brauchte fast eine Minute, um eine spaltbreite Öffnung zu schaffen.
Und noch immer sah er kein Licht! Außerhalb des Sarges war es genauso dunkel wie im Inneren. Und genauso still. Nicht der kleinste Laut drang an sein Ohr. Er konnte also guten Gewissens davon ausgehen, dass kein menschliches Wesen in der Nähe war.
Henri mobilisierte sämtliche Energien, die in ihm steckten, und stemmte sich mit aller Kraft gegen die Steinplatte. Der Schweiß trat ihm auf die Stirn, seine Muskeln spannten sich an. Endlich gelang es ihm, den Schwerpunkt zu überwinden. Der Rest war ein Kinderspiel. Der Deckel klappte zur Seite.
Schwer atmend blieb er noch einige Sekunden im Sarkophag liegen, um die verbrauchten Kräfte zu regenerieren. Als er sich wieder einigermaßen fit fühlte, richtete er sich in eine sitzende Stellung auf.
Nach wie vor war er von Dunkelheit und Lautlosigkeit umgeben. Er musste sich in irgendeinem Gebäude befinden, in einem geschlossenen Raum. Das war die einzige Erklärung für die absolute Stille, die in ihrer Vollkommenheit beängstigend wirkte.
„Hallo?“, rief er halblaut. Es kam keine Antwort, kein Echo auf seinen Ruf. Seine Stimme hörte sich ausgesprochen dumpf an. Er sah seine Vermutung bestätigt, dass er sich in einem allseits von Mauern umschlossenen Raum befand. In einem ausgesprochen engen und niedrigen Raum, wenn er sich nicht täuschte.
Henri richtete sich in dem Steinkasten langsam auf. Wie erwartet, stieß er mit den vorgestreckten Händen schon sehr bald gegen die Decke des Raums. Immerhin hatte er noch Platz genug, um ein Bein über den Rand des Sarkophags zu schwingen. Mit den Zehenspitzen tastete er nach dem Boden, erreichte ihn aber nicht. Sein Fuß pendelte in der Luft.
Sich mit den Händen am Rand festhaltend, kletterte er nach unten. Ganz geräuschlos war seine Kletteraktion nicht über die Bühne gegangen. Aber er hatte offenbar niemanden aufgeschreckt. Es blieb so still wie zuvor.
Er streckte die Hände nach vorne und begann, den engen Raum zu erkunden. Schon nach wenigen Schritten stieß er gegen ein hüfthohes Hindernis. Es schien ein Tisch zu sein, sicher feststellen konnte er es in dieser Finsternis nicht. Als Henri seine Hände über die Platte gleiten ließ, ertastete er allerlei Gegenstände: diverse Töpfe und Gefäße, etwas, das sich wie frische Blumen anfühlte, einige Utensilien, die er nicht auf Anhieb identifizieren konnte. Dann stieß er auf etwas, bei dem es sich fraglos um einen Laib Brot sowie um irgendwelche beerenartigen Früchte handelte.
Dann erkannte er die Bedeutung dieser Sachen und erschrak! Es schien sich um Totengaben zu handeln, die im alten Ägypten ihren Verstorbenen mit ins Grab gegeben wurden.
Das würde bedeuten, dass er sich hier in einer Grabkammer befand. Henri war belesen genug, um zu wissen, dass altägyptische Grabstätten verdammt solide von der Außenwelt abgeschlossen waren.
War er lebendig in einer solchen Grabkammer eingemauert?
Was hatte Alexandra hier nur falsch gemacht? Henri erschrak bis ins Mark, denn dies wäre sein größter Alptraum.
Lebendig eingemauert!
Ohne fremde Hilfe würde es ihm wohl kaum gelingen, aus diesem Gefängnis wieder hinauszukommen. Fast hektisch setzte sich Henri wieder in Bewegung, um den engen Raum weiter zu erforschen und vielleicht einen Ausweg zu finden.
Er fand aber keinen!
Die Mauern waren ringsum undurchdringlich. Wuchtige Quader, viel zu schwer, um von einem einzigen Mann auch nur um einen Millimeter bewegt zu werden, waren auf- und nebeneinander geschichtet worden. Zum Glück gab es zwischen den Steinen kleine Fugen, sodass frische Luft in die Grabkammer eindringen konnte. Eine Tür oder einen andersartigen Öffnungsmechanismus konnte Henri nicht entdecken.
Er stieß einige laute Hilferufe aus, die jedoch ohne das geringste Echo blieben. Weit und breit schien niemand in der Nähe zu sein, der ihn hören konnte.
Es kostete ihn große Mühe, die in ihm aufsteigende Panik niederzukämpfen. Sich zur Ruhe zwingend, setzte er sich auf den kalten Steinboden und lehnte sich mit dem Rücken an den Sarkophag.
So schwer es ihm auch fiel, Henri machte sich langsam mit dem Gedanken vertraut, dass er in dieser Grabkammer elendig umkommen würde!