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Prolog

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Regen peitschte vom Meer heran.

Annora schlug den Kragen ihrer Jacke in die Höhe. Es wäre so einfach gewesen, diesen lächerlichen Sturm zu bändigen. Doch niemand sollte wissen, dass sie sich hier trafen. Noch nicht. Jeder weitere Schritt musste mit Bedacht gegangen werden.

»Ich hätte nicht gedacht, dass du tatsächlich auftauchst«, sagte Max Manning mit der ihm typischen hochgezogenen Augenbraue, mit der er jeden verhöhnte.

Niemand schien auf der gleichen Stufe wie er zu stehen, zumindest aus seiner Sicht. Sie hätte ihn liebend gerne hier und jetzt erledigt. Bedauerlicherweise hatten die Dinge sich geändert.

»Gibt es Neuigkeiten?«, fragte sie anstelle einer Begrüßung.

Er trat neben sie. Gemeinsam gingen sie die leere Straße am Meer entlang. Der Wind störte ihn offenbar wenig. Der Höchste Magier von Australien war nach einer Handvoll Schritten klitschnass. Das dunkle Haar klebte an seinen Wangen. Einzig die sanften Gesichtszüge, die so viele Feinde getäuscht hatten, blieben unverändert. Er trug eine simple Herbstjacke, die er nicht einmal geschlossen hatte.

»Der falsche Kevin Grant befindet sich noch immer in London«, erklärte er. »Moriarty hält seine schützende Hand über ihn.«

Jeder, der auf dem Parkett der Macht verkehrte, hatte Zuträger, Informanten, Spione in den Reihen der anderen. Ein Geheimnis existierte niemals lange.

Sah man von jenem ab, das sie selbst seit langer Zeit verbarg. Aber sie, Annora Grant, war nun einmal etwas Besonderes.

»Wir wissen ebenso, wo sich Artus befindet«, sagte sie. »Jennifer, Alexander und Tyler sind jedoch durch ein Portal verschwunden, dessen Magie sich hinter ihnen aufgelöst hat.«

»Konntest du keinen Zeitschattenzauber weben?«, spie er ihr vorwurfsvoll entgegen.

»Nein«, sagte sie leichthin.

»Es geht um unsere Welt.« Ein gefährliches Funkeln trat in seine Augen, als er stehen blieb und sich ihr zuwandte.

Regen perlte über seine Haut, dunkelblonde Haarsträhnen klebten auf seiner Stirn. Hass schillerte in seinem Blick in jeder erdenklichen Facette, wie ein dunkler Regenbogen.

»Tut es das nicht immer?«, fragte sie. »Der Anbeginn bedroht uns seit einer Ewigkeit, und wir existieren nach wie vor.«

Unnötig zu erwähnen, dass sie auch dabei ihre Finger im Spiel hatte.

»Mach mich nicht noch wütender, Annora Grant.« Max’ Stimme war kalt wie Eis und scharf wie Stahl. »Du weißt nicht, wozu ich fähig bin.«

»Ich habe Erinnerungen gesehen«, setzte sie dagegen. »Wie hieß diese Stadt noch gleich, die du ausgelöscht hast, weil eines der Noblen Häuser dich beleidigt hatte?«

»Du weißt nicht, wozu ich fähig bin«, wiederholte er nur.

Sie seufzte. »Es ist unabdingbar, dass wir die sieben Stäbe finden und den dazugehörigen König. In der Zwischenzeit gibt es nur ein Ziel: Wir müssen die Passage in Besitz nehmen, bevor Jennifer, Alexander und Tyler dies tun. Kontrollieren wir diese, können die drei ihre Seite nicht warnen.« Sie lächelte. »Außerdem dürfte es dann recht simpel sein, Agenten dort einzuschleusen.«

Für einige Augenblicke gab es nur das Meer hinter, den Sturm über und den Hass vor ihr.

»Dann sei es so«, sagte Max.

»Und all das sollte uns gelingen, bevor das Institut sich einschaltet.«

Er runzelte die Stirn. »Ich stelle mich nicht gegen das Institut. Nicht einmal ich wage das.«

Wieder einmal fühlte Annora sich in ihrer Tat bestätigt: den Zwillingsfluch erschaffen zu haben, geborene Magier mit eigenen Sigilen. Unangreifbar durch das Institut. Was sie nicht gegeben hatten, konnten sie nicht nehmen.

»Wir machen es einfach, wie die Römer es taten«, sagte sie: »Teile und herrsche. Ich denke, es ist an der Zeit, dass das Institut sich um die gefährlichen Subjekte kümmert. Immerhin sind mit Alexander, Jennifer und Tyler drei Magier dort draußen unterwegs, die Sigile besitzen, obwohl sie ihnen nie vom Institut verliehen wurden. Das wird die Jäger des Instituts eine Weile beschäftigen.«

Sie las die Zustimmung in den Augen von Max, bevor er etwas sagte. »Willst du ihnen den Tipp geben oder soll ich es tun?«

Annora lächelte seinem Hass überlegen entgegen.

Das Erbe der Macht - Band 32: Sigilschwingen

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