Читать книгу Der Psychocoach 6: Anti-Aging - Andreas Winter - Страница 4
ОглавлениеI. Einführung
Viele Fragen – eine Antwort
Warum werden wir Menschen eigentlich von Generation zu Generation immer älter, während die Ausdehnung der Lebensdauer großer Haus- und Nutztiere trotz verbesserter tierärztlicher Versorgung ausgeschöpft zu sein scheint?
Wie kann es sein, dass Zwillinge, also nahezu erbidentische Menschen, unterschiedliche äußere Altersmerkmale, wie etwa Falten oder Haarergrauung, aufweisen?
Wie schaffen es bestimmte Tiefseefische, bis zu 200 Jahre alt zu werden? Sicherlich ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass ein Mensch nach einem schweren Schicksalsschlag überaus schnell graues Haar und Falten bekommt, obwohl diese Erscheinungen doch dem Alter zugeschrieben werden und damit an objektiv messbare Zeit gebunden sein müssten.
Und letztlich: Wie kommt es, dass ein verwitweter Mensch nach langer Zeit des Trauerns wieder besser aussieht und agiler wird, nachdem er sich in einen neuen Partner verliebt hat? Wie kann das sein, wenn doch das Altern angeblich genetisch bedingt und unumkehrbar ist?
Antwort: Weil der körperliche Alterungsprozess maßgeblich von der Erfüllung Ihrer persönlichen Absicht beeinflusst wird und nicht nur von gelebter Zeit! Was einen Menschen jung sein lässt, ist die Erfahrung, gestaltungsfähig und damit selbstbestimmt zu sein. Weshalb Menschen im Alter dennoch nicht wie Teenager aussehen können, wird durch einen Prozess verursacht, den ich Reife nenne. Differenziert man zwischen Alter und Reife, tun sich plötzlich Welten von Möglichkeiten der Agilität und Vitalität auf.
In diesem Buch finden Sie vereinzelte Beispiele aus der Praxis, die letztlich alle eines gemeinsam haben: Menschen konnten plötzlich ihr Verhalten maßgeblich ändern und länger und gesünder leben, nachdem sie das, worunter sie am meisten gelitten hatten, von der Ursache her verstanden hatten und damit emotional auflösen konnten.
Zur wissenschaftlichen Vorgehensweise in diesem Buch
Kritische Forschung ist unabdingbar für den Fortschritt, so glaube ich. Ohne Forschung tritt eine Gesellschaft auf der Stelle und wird sich nur schwerlich weiterentwickeln. Zur Forschung gehört allerdings nicht nur Wissensdurst oder eine Notwendigkeit, sondern auch immer eine gehörige Portion Mut. Es ist der Mut des Forschers, an die Öffentlichkeit zu gehen und zu publizieren, was er herausgefunden hat, selbst wenn seine Erkenntnisse noch so sehr der bisherigen Denkweise widersprechen mögen. Dieser Widerstandsgeist ist ein soziologisches Phänomen, welches sich „Systemträgheit“ nennt. Es besagt, dass Veränderungen in großen Systemen nur ganz allmählich stattfinden. Diese Trägheit verhindert oftmals den Fortschritt aus ideologischen Gründen und kann durchaus sehr vehemente und unreflektierte Widerstände in der Allgemeinheit erzeugen. Um diese Widerstände möglichst gering zu halten, möchte ich Ihnen meine wissenschaftliche Vorgehensweise und meinen Anspruch erklären.
Ich bin von meiner akademischen Fachrichtung her Diplom-Pädagoge. Diese geisteswissenschaftliche Disziplin beschäftigt sich u. a. mit der Frage: „Wie lernt der Mensch?“ Dabei geht es immer nur um geistige Prozesse, nie um mechanische, chemische oder medizinische. „Information“ und ihre Auswirkungen sind der Gegenstand der Untersuchung. Meiner Forschung liegen also keine Experimente mit Laborratten und Reagenzgläsern zugrunde, sondern die komplexe Realität des Alltags. Das streng wissenschaftliche Vorgehen verlangt, dass die zugrunde liegenden Faktoren so lange auf Kausalitätsbeziehungen untersucht werden, bis sich eine Gesetzmäßigkeit ableiten lässt – und die muss für alle gelten! Forschungsergebnisse müssen reproduzierbar, aber auch in der Praxis anwendbar sein.
Eine Gesetzmäßigkeit erkennen Sie daran, dass sie keine Ausnahmen, keine Widersprüche und keine Paradoxien zulässt und Allgemeingültigkeit besitzt. Nur was unter tatsächlichen Lebensbedingungen beobachtbar und wiederholbar ist, halte ich für geeignet, um daraus allgemeingültige Schlüsse zu ziehen. So lässt sich beobachten, dass es Menschen gibt, bei denen sich nach Auflösung einiger Glaubenssätze die Lebensweise völlig umgestellt und damit ein medizinisch diagnostizierbarer Gesundungs- und Verjüngungsprozess eingesetzt hat.
In Konsequenz folgt aus dieser Beobachtung:
dass ein Todkranker durch bloßes Erkennen seines Lebenssinnes wieder vitaler und aktiver werden kann! Man muss nur die diesem Prozess zugrunde liegenden Faktoren isolieren.
Was dies für die Praxis und die Betroffenen bedeutet, wollen wir nun klären. Denn es geht um nichts weniger als die Vitalität und Lebensqualität einer ganzen Spezies: Es geht um unsere Gesundheit und das Leben von mehreren Millionen Menschen jährlich, die mit der passenden Therapie von alterungsbedingtem Leiden kuriert werden könnten. Wir beraten in unserem Institut seit vielen Jahren Hunderte von Menschen, bei denen herkömmliche therapeutische Verfahren weder Einsichts- noch Verhaltensänderungen, geschweige denn Symptomlinderung bewirken konnten. Dennoch lässt sich bei einer beeindruckenden Vielzahl beobachten, dass allein ein einziges Analysegespräch eine bahnbrechende positive Wende im Leben unserer Kunden erzeugen kann.
Wenn sich bei nur einem einzigen Menschen das Aufhalten des Alterungsprozesses beobachten lässt, dann ist die Wissenschaft dazu verpflichtet herauszufinden, welche Bedingungen zu diesem Effekt geführt haben, diese zu isolieren und damit der Allgemeinheit verfügbar zu machen. Der Zweifel muss dem Fortschritt dienen, so behaupte ich und appelliere damit an alle Zweifler, Kritiker und Widerstandsgeister, meine Beobachtungen, meine Thesen und meine Forschungsergebnisse kritisch an sich selbst zu überprüfen.
Was ist Alter und wo beginnt es? – Ein Definitionsversuch
Ab wann ist man eigentlich „alt“? Wenn es nach den Werbeslogans der Kosmetikindustrie ginge, wären Frauen ab 25 bereits reif für den plastischen Chirurgen, derweil Männer sich erst ab dem ersten grauen Schläfenhaar täglich einer kosmetischen Runderneuerung unterziehen müssten. „Der Tod beginnt mit der Geburt“, so lautet eine weit verbreitete philosophische Ansicht. Wenn das stimmte, welchen Sinn hätte dann das Leben?, frage ich provokant. Sind wir etwa im Mutterleib bereits vollkommen und verlieren nach und nach unsere Lebenskraft? Unsinn! Der Tod beginnt mit dem Tod und nicht eine Minute vorher! Alles davor ist Leben – und so sollte es auch gesehen werden. Doch mit der Angst vor dem Alter wird ohne Skrupel ein ertragreiches Geschäft gemacht. Sei es die Pharmaindustrie, die jüngst in Zeitungsanzeigen damit warb, man solle zu seinem hundertsten Geburtstag auch ein paar Pharmaforscher einladen, diese wären aufgrund der Medikamente, die sie herstellten, schließlich dafür verantwortlich, dass wir ein solches Lebensalter überhaupt erreichen. Oder die Versicherungsbranche, die unsere Ängste zunächst schürt, um uns dann mittels „Ablasszettel“, der Versicherungspolice, wieder zu beruhigen. Dabei gäbe es diesen Branchenzweig gar nicht, wenn sich herumspräche, dass der innere Kampf gegen Falten, Schatten unter den Augen und graue Schläfen das Altern tatsächlich sogar vorantreibt. Angst, Wut und Kampf, so glaube ich, hinterlassen oftmals körperliche Spuren, die Sie bei friedlichen, selbstsicheren und ausgeglichenen Menschen nicht finden werden.
Um „Alter“ fassbar zu machen, wird nach biologischem Alter (die Funktionen des Körpers betreffend), biografischem Alter (das Geburtsdatum betreffend) und psychologischem Alter (die psychische Entwicklung betreffend) unterschieden. Bislang findet sich jedoch keine eindeutige Beschreibung und allgemeingültige Festlegung biologischer Alterungsprozesse eines Menschen. Ganz subjektiv beschreibt man in der Medizin Menschen mit „vorgealtert“, „dem Alter entsprechend“, „jung geblieben“ oder „jünger wirkend“.
Altern ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Selbst bei Zwillingen können Alterungsprozesse unterschiedlich ablaufen. Daher hat man versucht, in einer Definition eine Festlegung zu treffen, die aussagt, ab wann der Begriff „alt“ im medizinischen Sinne angewandt werden kann.
Gemäß Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO gilt als alt, wer das 65. Lebensjahr vollendet hat. Laut dieser Feststellung wird das Altern also nur von den erreichten Lebensjahren abhängig gemacht. Jedoch spricht man in Deutschland und auch in den USA von einem „geriatrischen Patienten“ erst ab dem 70. Lebensjahr. Das war Anfang des vorletzten Jahrhunderts noch anders: Um 1900 lag die durchschnittliche Lebenserwartung bei rund 40 Jahren. Wer fünfzig war, galt als uralt. Ich persönlich wäre mit meinen 43 Lenzen also bereits im mumienfähigen Alter gewesen. Heutzutage können Sie noch nicht einmal Bundespräsident werden, wenn Sie nicht zumindest das vierzigste Lebensjahr erreicht haben. Wie sehr die Bezeichnung „alt“ von Relationen abhängt, zeigte uns der älteste Mann Deutschlands, Robert Meier. Bis zu seinem Tod im Januar 2007 unterhielt sich der 109-jährige Witwer gerne mit, wie er einmal sagte, „jüngeren Damen aus der Nachbarschaft“ – und die waren allesamt um die 70. Verstorben ist Robert Meier übrigens nicht an Altersschwäche, sondern, so wie ich das sehe, an den Folgen eines Krankenhausaufenthaltes nach einem Sturz in seiner Wohnung.
Der Unterschied zwischen Altern und Reifen
Alt muss also noch lange nicht präfinal – dem Tode geweiht – heißen. Sie kennen den schottischen Schauspieler Sean Connery. Er sagte einmal: „Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als einmal ein alter Mann mit einem guten Gesicht zu sein.“ Nun, bedenkt man, dass Connery Jahrgang 1930 ist, kann man sagen, dass er sein Ziel durchaus erreicht hat. Wie hat Connery das gemacht? Hat er sich fast achtzig Jahre lang Faltencremes ins Gesicht geschmiert? Wohl kaum. Soweit bekannt ist, hat er sich noch nicht einmal besonders um sein Aussehen gekümmert. In einem Interview mit der Zeitschrift „Quick“ sagte Connery 1990: „Ich möchte auf keinen Fall noch mal jung sein. Als ich die Schwelle zur Fünfzig überschritt, hatte ich ein gutes Gefühl − es bedeutete, als Schauspieler und Mensch dem Leben getrotzt zu haben. Ich bin nicht, wie viele meiner Kollegen, auf der Suche nach dem ewigen Jungbrunnen. Die bemühen sich auf Teufel komm raus, möglichst jung auszusehen, und wirken stattdessen nichts weiter als unreif.“
Aha, unreif! Was ist denn eigentlich der Unterschied zwischen reif und alt? Mit Reife bezeichnet man zumeist das mittlere Lebensalter. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass die körperliche Entwicklung vollendet und eine psychische Festigung eingetreten ist. Denken wir an Obst, bedeutet „reif“, in seinem Dasein vollkommen zu sein.
Meiner Ansicht nach ist Altern eine physiologische Degeneration, ein Prozess, an dessen Ende der Verfall steht. Reifen hingegen wäre eine morphologische Evolution, eine stetige Verbesserung der Seinsmöglichkeit. Reif wäre damit also das Optimum einer Existenz und alt ihr Untergehen. Einige fortschrittliche Wissenschaftler sprechen beim Altern auch von einer Zellvergiftung. Altern ist somit ein biologischer Prozess, der zu einer verminderten Fähigkeit des Individuums führt, die auf den Organismus einwirkenden Belastungen auszubalancieren. Altern ist eine Art Anpassungsunvermögen, welches zum Tode führt. Rein sprachlich schlage ich vor, alt in reif und evolut zu differenzieren. Der Begriff „evolut“ ist der Mathematik entlehnt. Eine „Evolute“ bezeichnet den Krümmungsmittelpunkt einer Kurve, also den Punkt, an dem es „bergab“ geht.
Folgen Sie diesem Definitionsversuch, dann ergibt sich: Solange Sie reifen, altern Sie nicht; altern Sie, entwickeln Sie sich nicht optimal weiter. Daher gibt es so viele Senioren, die sich unserer Bewunderung gewiss sein können, und erst recht viele Menschen, die im „mittleren Alter“ bereits „verbraucht“ wirken. Damit wäre meines Erachtens nach auch die Streitfrage vom Tisch, ab wann wir denn nun altern, also bereits vor der Geburt oder erst später. Wir altern von dem Zeitpunkt an, in dem wir in unserer Reife eingeschränkt werden. Um das klar zu verstehen, muss man allerdings einen wichtigen Schritt machen: Man muss unterscheiden zwischen Körper und dem, was ihn belebt: seine Psyche.