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Vorwort des Erzählers

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich möchte Ihnen an dieser Stelle ganz herzlich zu Ihrem kaffeetassenübergreifenden Interesse am Weltgeschehen gratulieren! Der Umstand, dass Sie dieses Buch erworben haben und gerade aufgeschlagen in Händen halten, mag dafür Beweis genug sein. Wenn Sie es geschenkt bekommen haben, dürfen Sie das Lob auch sehr gern weitergeben.

Diese Seiten beinhalten drei Geschichten. Es handelt sich bei diesen Geschichten um Erfahrungsberichte von meiner Arbeit als Projektleiter in Entwicklungshilfeprojekten im Nahen Osten und in Afrika. Sie sind sehr persönlich, nehmen sich nicht allzu ernst und sind an einigen Stellen bewusst kreativ überzeichnet. Sie haben daher mit Johann Wolfgang von Goethes Autobiografie einiges gemeinsam – sie sind zugleich Dichtung und Wahrheit. Allerdings ist die Realität darin wiederum auf sehr eigentümliche Weise so präsent, dass ich mich an dieser Stelle vorab für – natürlich rein zufällige – Parallelen zu tatsächlich existierenden Personen, Phänomenen und Organisationen entschuldigen möchte. Wer sich also hierdurch auf den Schlips getreten fühlt, möge zur Fliege wechseln. Mein Ziel ist es, meine ganz realen und daher natürlich sehr einseitigen Erfahrungen mit der deutschen Entwicklungshilfe – dem Feigenblatt deutscher Außenpolitik im 21. Jahrhundert – zu schildern. Im Laufe Ihrer Lektüre werden Sie sich immer wieder einmal bei folgendem Gedanken ertappen: „So verrückte Geschichten wie die hier vorgestellten können doch nur Fantasie sein! So etwas gibt es nicht wirklich, oder?“ Seien Sie beruhigt: Nein, sicher nicht! Oder vielleicht doch? Wer weiß …

Um Ihnen das Verständnis dieser Zeilen zu erleichtern, möchte ich mich Ihnen zunächst vorstellen. Ich bin, wie gesagt, Projektleiter in Entwicklungshilfe-Projekten im besten Alter. Als Widder von Geburt bin ich impulsiv und neige zur Überreaktion. Dieses Buch ist daher auch eine Möglichkeit, mir den einen oder anderen Frust von der Seele zu schreiben, damit er nicht eskaliert und anschließend bei denen, die es verdienen, faustdick hinter den Ohren einschlägt.

Wichtig ist mir bei aller Kritik, dass ich an der Sinnhaftigkeit der Entwicklungshilfe an sich nicht zweifle, ja sogar überzeugt bin, dass ihre vernünftige Umsetzung sehr viel Gutes zu zeitigen fähig ist. Und ich bin stolz auf die Rolle, die ich im Rahmen von Entwicklungshilfeprojekten immer wieder spielen durfte!

Zu kritisieren ist für mich also nicht das Was, sondern das Wie, die Umsetzung. Dabei herrscht meiner Erfahrung nach das Gießkannenverfahren vor: Kurzfristig, ziellos und ungeprüft wird viel Geld in fragwürdige Dienstleister gepumpt, die einen Teil davon auf die eigenen Mühlen schütten und den Rest dann planlos über einer Region ausgießen. Dadurch wird irgendwo schon etwas wachsen und blühen, so die These. Jeder Unternehmer und jede Unternehmerin weiß, dass das nicht funktionieren kann. Aber in anderen Ländern gelten ja auch andere Regeln, nicht wahr? Ja, genau! Und der Maulwurf wirft Mäuler, schon klar! Aber ich schweife ab …

Alle Geschichten, die ich hier vorstelle, sind im Rahmen von Projekten einer bestimmten, natürlich völlig fiktiven Entwicklungshilfsorganisation entstanden. Lassen Sie uns diese verfremdend und charakterisierend zugleich als Bundesdeutsche Leit-Organisation für Entwicklungshilfe-Dienste (kurz: BLOED) bezeichnen.

Die Aufgabe von BLOED besteht darin, die Gelder, die vom Bund für die Entwicklungshilfe zur Verfügung gestellt werden, in sinnvolle und vor allem nachhaltige Projekte zu investieren. Ein Ziel ist beispielsweise die Fluchtprävention und hier sind die Ergebnisse dürftig. Gerade jetzt wären in eben diesem Bereich jedoch gute Ergebnisse außerordentlich wertvoll. Doch der Erfolg, so scheint es, ist ein scheues Reh.

„Never change a running system!“, heißt es allgemein. Und wenn das System nicht ‚läuft‘? Dann schließen alle Beteiligten die Augen, stecken den Kopf in den Sand und träumen von der schönen neuen Welt. Ein teurer Traum, den am Ende der Steuerzahler finanziert und sich dann wundert, warum trotz der zahlreichen Milliarden jedes Jahr, die in die Entwicklungshilfe fließen, die sogenannte 3. Welt drittklassig bleibt. Doch solange die eigene Reputation trägt, die Geschäfte laufen und das Geld vom Bund fließt, ohne dass die Ergebnisse ernsthaft geprüft werden, gibt es ja auch keinen Grund, eine angemessene Leistung zu erbringen.

Der Fehler liegt im System und das wird sich nicht nur anhand der folgenden Geschichten zeigen, sondern auch durch meine anschließende Analyse. Ich will ja nicht nur meckern – wir Widder können das gut! – ich will auch Gedanken aufzeigen, wie einige Fehler im System behoben werden können.

Einige meiner Freunde haben mich immer wieder gefragt, warum ich mir die Mühe mache, meine Gedanken und Erfahrungen niederzuschreiben. Dadurch ändere sich ja doch nichts, so der Tenor. Ich mag meine Freunde sehr, aber ich kann diesen Unsinn nicht hören! Es interessiert mich, was mit meinen Steuergeldern geschieht. In dem Rahmen, wie ich darauf Einfluss nehmen kann, dass diese sinnvoll verwendet und nicht verschwendet werden, möchte ich das tun. Vielleicht bin ich ein romantischer Träumer und Weltverbesserer, wer weiß? Ich bin jedenfalls davon überzeugt, dass bei der Entwicklungshilfe das Rad nicht neu erfunden, sondern nur intensiv ausgebeult werden muss. Das ist machbar, wenn der Wille da ist, etwas zu bewegen.

Lassen Sie uns nun, mit diesen Gedanken, Beobachtungen und Vorab-Analysen im Hinterkopf, in die eigentlichen Geschichten starten. Wenn Sie darüber so viel lachen können, wie ich mich dabei geärgert habe, habe ich mein Ziel erreicht. Sollten Sie sich auch ärgern, darüber mit Ihren Nächsten sprechen und sich ernsthaft Gedanken machen, wie die Situation zu ändern ist, habe ich es sogar übertroffen. Und sollten Sie danach ins Handeln kommen, um Ihren Beitrag zur Verbesserung der Situation zu leisten, bleibt auf meiner Seite kein Wunsch mehr offen. Eines ist sicher: Es lohnt sich, die eigenen Weltrettungspläne hin und wieder zu überdenken!

Entwicklungsgehilfe

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