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Papa ist an allem schuld

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Micki hilft Papa. Sie legt die kleinen Schrauben in die kleinen Dosen und die großen Schrauben in die großen Dosen. Ganz krumme und verrostete Schrauben darf sie wegwerfen. Der Drache – die Tüte – muß ja auch was zu fressen kriegen.

„Fast wie bei Aschenputtel“, sagt Micki.

„Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen.“

Papa lacht. „Die Schrauben würden uns aber schwer im Magen liegen! Dabei fällt mir ein, wann kriegen wir denn was zu essen?“ Er guckt Mama an.

„Wie soll ich in dem Durcheinander kochen?“ fragt Mama. Sie zeigt mit spitzem Finger auf die Schrauben.

„Du sollst ja keine Schrauben kochen, und du sollst auch nicht im Flur kochen“, sagt Papa.

„Wo soll ich denn kochen?“ Jetzt piekt Mamas Zeigefinger in die Küche. Die Küche ist auch durcheinander. Das Durcheinander kommt schon zur offenen Tür heraus. Das ist ähnlich, wie wenn Micki ihren Spielzeugschrank aufmacht.

Dann fällt ihr auch alles entgegen. In der Küche stehen dicht an dicht Kisten, große und kleine Kisten, volle, halbvolle und leere Kisten. In die leeren Kisten soll alles gepackt werden, was in der Küche herumsteht: Zuckertüten, Mehltüten, Geschirr, ein Bügeleisen und der Weihnachtsengel.

Micki stellt sich neben Mama. „Wo soll Mama denn da kochen?“ schreit sie Papa an. Plötzlich ist sie wieder wütend auf Papa. Der ist an allem schuld. Er will nämlich in die Stadt ziehen. Und Mama und Micki müssen mit. Papa hat sein Wort nicht gehalten. Früher hat er immer gesagt, er will nie, nie von hier wegziehen. Er will immer bei Opa und Oma und seinem besten Freund Harri bleiben, hat er gesagt. Wegen der Frösche auf der Wiese hinterm Haus wollte er auch bleiben. Die haben im Sommer immer so schön gequakt. Und nirgendwo auf der Welt gibt es so gute Pflaumen und Äpfel wie in Opas Garten, hat Papa gesagt.

Aber zuerst ist Opa gestorben, dann ist Papas Freund Harri weggezogen. Dann ist Oma gestorben. Die Frösche quaken nicht mehr, weil die Wiese keine Wiese mehr ist. Dort stehen jetzt lauter neue Häuser. Opas Garten gehört nun anderen Leuten. Die essen jetzt die guten Pflaumen und Äpfel. Dann hat Papa seine Arbeit bei der Tankstelle verloren. Da mußte er sich eine neue Arbeit in der Stadt suchen.

Micki hat Papas Schrauben vergessen. Ihr fällt ein, wie schrecklich alles ist. Plötzlich muß sie wieder weinen. Sie kann gar nichts dagegen machen. Ihre Augen laufen einfach über. Mama sagt immer: „Hör auf zu weinen. Große Mädchen weinen nicht. Du bist doch mein großes Mädchen?“

Micki möchte gern ein großes Mädchen sein. Aber manchmal muß sie trotzdem weinen. So wie jetzt. Dann ist sie wieder ein kleines Mädchen. Dann nimmt Mama sie in die Arme und putzt ihr die Nase. So wie jetzt.

„Es wird ja alles wieder gut“, sagt Mama tröstend. Aber das ist gelogen. Klar, ein aufgeschlagenes Knie hört auf zu bluten. Irgendwann tut es nicht mehr weh, dann ist alles gut. Aber mit einem Umzug ist das anders. Den kann man nicht vergessen. Micki nicht. Danach wird bestimmt nichts mehr gut. Und deswegen muß Micki weinen.

„Ich geh jetzt zu Olaf!“ sagt sie schniefend. „Da gibt es wenigstens was zu essen! Pfannkuchen und Apfelmus!“ Olaf hat es ihr vorhin erzählt. Sie nimmt ihren Schuhkarton und knallt die Tür hinter sich zu. Sollen Mama und Papa doch sehen, wie sie ihre Schrauben und das ganze blöde Zeug verpacken.

Hauptsache, wir sind Freunde

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