Читать книгу Frauenbewegung in Deutschland 1848-1933 - Angelika Schaser - Страница 16
2. Die Revolution von 1848/49
ОглавлениеIn der neueren Forschung zur Revolution von 1848/49 ist deutlich geworden, dass es sich dabei keineswegs nur um den Kampf des Bürgertums für Einheit und Freiheit im Sinne der Verfassungsgebenden Versammlung der Frankfurter Paulskirche handelte, sondern um verschiedene Revolutionen in verschiedenen Städten und Gemeinden sowie in einzelnen Staaten des Deutschen Bundes. Neben dem Bürgertum waren auch unterbürgerliche und bäuerliche Schichten an den Aufständen beteiligt, mit unterschiedlichen Hoffnungen und Zielsetzungen. Die Abgeordneten der Paulskirche hatten dabei zwar Visionen für ein einiges, demokratisches Deutschland entwickelt, jedoch wenige Vorstellungen darüber, wie weit eine Demokratisierung reichen sollte. Letztlich herrschte auch bei den Liberalen ein großes Misstrauen gegenüber der breiten Masse, die man für zu ungebildet erachtete, um mit dem Wahlrecht verantwortungsbewusst umgehen zu können. Die „Frauenfrage“ hatte die Versammlung in der Paulskirche aus ihren Beratungen gänzlich ausgeblendet, obwohl Frauen die Revolution mitgetragen und auf den Emporen der Paulskirche als Zuhörerinnen sichtbar ihr Interesse an den Beratungen kundgetan hatten. Wie unvorstellbar eine politische Beteiligung von Frauen damals den meisten Zeitgenossen erschien, macht eine Reaktion des Berliner demokratischen Publizisten Robert Springer (1816–1885) deutlich, die als typisch gelten kann: „Ihr Weiber wollt an Urwahlen teilhaben? Wohl, aber versichert uns erst, dass ihr nicht denjenigen bevorzugt, der Euch bei den Fensterpromenaden am süßesten zulächelt. … Ich würde sagen, Ihr seid noch nicht reif, wenn ich Euch überhaupt für fähig hielte, reif zu werden. Ich würde sagen, ehe Ihr Euch von den Männern emanzipieren wollt, möchtet Ihr Euch zuerst von Euren Schwächen und Gebrechlichkeiten freimachen, wenn diese nicht gerade Eure Wesenheit bildeten. Ihr Weiber seid Kinder, liebenswürdige göttliche Kinder, Ihr greift nach allem, was glänzt. Ihr liebt den Genuß und das Vergnügen, Ihr liebt das Spiel und den Tanz. Ihr liebt mehr als Ihr denkt, und schwärmt mehr als Ihr urteilt.“ Damit drückte Springer im November 1848 in der radikaldemokratischen Zeitschrift „Locomotive“ aus, was anerkannter Konsens unter Politikern aller Lager war: Frauen hatten in der Öffentlichkeit nichts zu suchen und sollten sich auf ihren Wirkungskreis im privaten Heim beschränken.