Читать книгу Die drei Sherlock's - Ann Bexhill - Страница 3
Die TV-Show
ОглавлениеSchnaufend ließ sich Abel Green, genannt Dickerchen in einen Polstersessel plumpsen. Er hatte die beiden Freunde zu einer Notfallsitzung im Hauptquartier zusammengerufen. Und an den höchsten Flaggenmast in der Stadt, in seinem Garten die Fahne der Organisation GOGVU hochgezogen. Die Bewohner der Stadt Bexhill in Sussex hielt die schwarze Fahne mit den fünf roten Buchstaben für das Hoheitszeichen einer weit entfernten Insel und fragte sich, wer von den Greens der patriotische Gogvulaner war. Die meisten tippten auf Abels Vater, weil er so komisch nuschelte, sobald er den Mund aufmachte. Abels Vater hatte in Oxford studiert. Es war aber kein Hoheitszeichen, sondern das Emblem der geheimen Organisation gegen Verbrechen und Unerklärliches. Deren einziges Ziel es war Verbrecher dingfest zu machen und Scharlatane auffliegen zu lassen.
Seit Wochen war kein Hilferuf an die Ohren der Detektive gedrungen. Kein Brief, keine Email, kein Zeitungsinserat ... nichts. Es schien so, als hätte sich die Verbrecher in ihre Badehosen gezwängt und machten Urlaub am Baggersee. Als hätte die Scharlatane, die den Aberglauben der Menschen ausnutzten, die Geister geholt mit denen sie angeblich kommunizieren konnten. Es war langweilig ... sterbenslangweilig.
Der Eingang zum Hauptquartier, dem von Calvin Blackwells verrücktem Großvater gebauten Bunker, lag in einem Gebüsch verborgen, das mit falschen Brenneseln und anderem widerlichen Bewuchs bedeckt war. Gut verborgen war er seit 1950 völlig vergessen worden und im übrigen Gestrüpp des verwilderten Gartens hinter dem großen Möbelladen von Calvins Eltern nicht zu entdecken. Der Bunker diente als Hauptquartier der geheimen Organisation und nur drei Menschen wussten überhaupt von seiner Existenz.
»Ich habe Neuigkeiten Jungs!«, sagte Dickerchen, »Sicherlich fallt ihr wie die kleinen Schulmädchen um, vor Neugier.« Er schmunzelte über seinen Vergleich.
»Was ist los? Es muss ja ungeheuer wichtig sein, dass du uns zu einem Notfalltreffen zusammen trommelst!«, sagte Bird skeptisch. Er trug kein T-Shirt nur seine Thaiboxhose und war bis um die Bandagen um seine Füße barfuß. Kaum hatte er im Gym die Flagge über den Dächern der Stadt gesehen war er losgestürmt.
»Ist es auch«, sagte Dickerchen und legte die dicken kurzen Beine auf das Sperrmüllsofa. Bei jeder Bewegung quietschten die Sprungfedern. Er stopfte sich einen Schokoriegel in den Mund und schob das herausstehende Ende mit dem Finger nach.
»Dann heraus mit der Sprache ich muss in einer Stunde auf Arbeit sein«, sagte Bird Williams und überflog noch einmal seine Hausaufgaben und sah dann hektisch auf seine Uhr.
Ihn hatte die wehende Fahne daran gehindert, mit zehn Hunden in den Park zu gehen. Für jeden Hund gab es einen Schilling die Stunde, dringend benötigtes Geld. Von 12 Uhr bis 14 Uhr arbeitete er als Dogwalker.
»Bird Williams ob Einkauf oder Malerei oder Hunde „Gassigeherei“ ist mit einem Schilling schon dabei!«, sang er. Anstatt lebhaft und gut gelaunt wie sonst, klang sein Werbejingle heute wie eine kleine Beschwerde an das Leben.
»Jungs ihr weißt ja, seit meine Mutter schwanger ist und sie nicht arbeiten kann muss ich mit anpacken sonst reicht es vorne und hinten nicht! Rechnungen ohne ende!«, stöhnte Bird bedrückt. »Lohnt sich echt nicht ... ich meine auch finanziell, wenn man ratzfatz arm ist.«
Er grinste und Calvin und Dickerchen kicherten. Bird machten selten Witze aber wenn, hatten die auch Hand und Fuß, besser eine Pointe. Im Gegensatz zu den beiden anderen Freunden aus der Stadt Bexhill in Sussex waren Bird Williams Eltern arm wie Kirchenmäuse. Seine Vater arbeitete zwölf Stunden am Tag aber bei sieben Kindern war das Geld knapp und es fehlte an allen Ecken und Enden. Die schönsten Sachen und Markenklamotten konnte sich Bird nicht leisten, aber er nahm es nicht schwer. Anstatt an der Playstation zu sitzen, unternahm er etwas mit seiner Familie. Und wer brauchte schon den Kram, wenn er gute Freunde, die füreinander durch dick und dünn gingen und einen Leserausweis der Stadtbibliothek hatte?
Was kam schon an Bücher heran? Man konnte einen Fernsehfilm sehen und hören, aber beim Lesen eines guten Buches war man leibhaftig dabei, konnte riechen und schmecken. Wie hatte Bird mitgefiebert mit der von Charles Dickens erschaffenen Romanfigur Oliver Twist. Das Dabeisein und Aktiv an der Handlung teilnehmen, konnte nur die Zauberwelt des Buches.
Oh je er musste unbedingt die geliehenen Bücher zurückgeben! Erwacht aus seinem Tagtraum machte er sich Sorgen, Morgen begannen die Sommerferien und Birds Geschäfte gingen dann die ersten Wochen recht schleppend, weil alle Welt Urlaub machte, naja bis auf ihn und seine Familie.
»Ja ja ja ihr mit eurer Miesepetrigkeit. Ich habe das Notfalltreffen einberufen, weil ich etwas in die Wege geleitet habe, um Bird aus der Klemme zu helfen. Ich meine wozu sind Freunde denn da?«
»Was hast du angestellt?«, rief Calvin. Er ahnte Übles. Immer, wenn es damit begann, das Dickerchen einem Freund aus einer Klemme helfen wollte, steckten die drei Jungs kurze Zeit später bis zum Hals in Schwierigkeiten. Aber Dickerchen war ein Glückspilz, kaum steckte er in einer Gefahr, kreischte der glückliche Zufall begeistert auf, um seinen Liebling aus der Patsche zu helfen, aber um das zu können, musste Dickerchen sich und seine Freunde erst einmal in Gefahr bringen.
»Angestellt ... ich ... ausgerechnet ich?«, rief Dickerchen ungehalten. Er hob den Finger. »Draußen scheint die Sonne und wir sitzen zu zweit in Draculas Gruft herum! Es ist ein unerträglicher Zustand, wenn Gogvu Mitglieder in einer Mülldeponie nach verwertbaren Metallen suchen, oder wie der kleine Jamie Oliver nur mit einer Bürste und einem kleinen Feuer unter dem Hintern in enge beklemmende Kaminschächte hochgejagt werden, um den Ruß auszukratzen! Oder wenn Freunde an einer Bahnhof Imbissbude bis weit nach Mitternacht Fisch und Chips brutzeln.«
»Jamie Oliver ist der berühmte Fernsehkoch! Der Junge, den du meinst, heißt Oliver Twist. Ich bin aber kein Kaminkehrer und werde nicht irgendwelche Kamine hochgescheucht.« Bird unterdrückte sein Lachen und wurde ernst. »Ja, ja schon gut ich weiß ich hatte in den letzten Wochen wenig Zeit für meine Kumpel. Aber was soll ich denn machen ich muss wirklich arbeiten. Wenn ich nicht mit anpacke, essen wir die Woche über trocken Brot und Marmelade«, erwiderte Bird mit einem Anflug von schlechtem Gewissen. Er hatte wirklich kaum noch Zeit für seine Freunde. Seine Mutter erwartete ihr achtes Baby. Er grinste: wurde langsam voll in der zwei Zimmer Wohnung, dachte er. Er selber wohnte auf einem Ausklappbett über der Badewanne im Badezimmer. Birds Vater meinte als ältester brauche er seine Privatsphäre!
Calvin stand auf, ging zum Camping Kühlschrank und verteilte Coladosen. »Da fangt!«, rief er.
Bird fing mit der linken Hand die Getränkedose und sah sich erst jetzt überrascht um. Sein schlechtes Gewissen wurde größer. Im Hauptquartier sah es gemütlich aus. Die Wände waren frisch gestrichen worden. Und aus Langerweile hatten Calvin und Dickerchen sauber gemacht. Man merkte kaum, mit der Stehlampe, Schreibtisch und bequemen Sperrmüll Polstermöbeln und dem Buchregal, Fernseher das man sich in einem Bunker befand ... Fernseher? Den sah er zum ersten mal. Er wies mit dem Finger zum Fernseher, der gleichzeitig als PC Monitor fungieren sollte.
Dickerchen nickte und murmelte mit vollem Mund, er brauche noch ein paar Platinen, Kabel und Stecker und eine alte Satellitenschüssel dann habe sie im Gogvu Hauptquartier Internetanschluss und Kabel TV. Er grinste zudem und sagte etwas vom MI 5 Spionagesatelliten dem sie das zu verdanken hätten. Abel öffnete den Verschluss seiner Dose und spülte die Schokolade herunter. Nachdem er wieder ungehindert reden konnte, erhob er seine Stimme.
»Ich sage anstatt, dass die durchgedrehten Kontrollfreaks, unbescholtene Bürger überwachen, aus Vorsicht das könnte sich ändern sollten sie kostenlose Internet Hotspots einrichten. Was sie auch tun werden. Da rasseln Millionen Daten jede Sekunde durch den Satelliten George Orwell 12. Der wird nicht merken, wenn er uns mit kostenlosem Breitband Internet und TV versorgt.«
Diesmal hatte er recht! Anstatt den Terroristen hinterherzuschnüffeln, horchten diese Leute die Telefonate der eigenen Großmutter ab.
»Meine Herren, Bird bringt harte Opfer«, erklärte Dickerchen. »Aber ich habe eine Lösung gefunden, die seinen finanziellen Problemen ein Ende bereiten! Ich habe diese Lösung nicht nur gefunden, sondern auch ein wenig am Schicksalsrad gedreht, damit wir ihm diese goldene Zukunft erfüllen!« Er holte eine TV-Zeitschrift hervor und hielt sie in die Luft. »Sagt euch der Begriff Reality-TV etwas? Genauer der Begriff: Wer zieht aus ist raus! Die Reality Show mit dem Gruselfaktor mit dem beliebten Moderator Mister Stempel?«
Niemand außer Dickerchen kannte die Sendung. Aber das war kein Wunder, Dickerchen sah sich alles an, was im TV lief. Wenn er sich keine Sorgen um Bird gemacht hätte, würde das Fernsehen auch seinen Tagesablauf während der Sommerferien bestimmt haben. Er würde wie ein Faultier im Bett liegen und essen und fernsehen. Dann ins Wohnzimmer auf die Couch wechseln und Fernsehen und essen. Ohne Gogvu und seine Freunde Bird und Calvin wäre er vermutlich ein unausstehliches, fettes Einzelkind geworden. Vielleicht hätte er sich ein seltsames Hobby wie Action Figuren zu sammeln zugelegt.
»Nein ... was?«, er war sprachlos. »Wer zieht aus ist raus? Man das ist echt eine Bildungslücke! Das ist die beste Donnerstagnacht Show der Welt! Also in der Zeitung stand ein Inserat, dass die Leute suchen die mitmachen. Und ich habe uns beworben und wir wurden genommen ... na ja was anderes blieb denen nicht übrig ich habe deren Computer gehackt und uns verglichen mit den anderen Kandidaten wie Prinz Harry aussehen lassen!«
»Aber das ist eine schwere Straftat das ist Computerkriminalität!«, rief Calvin.
»Ich bitte dich Calvin, ein Computer kann nicht kriminell sein ... es ist sein Bediener ... der Mann mit dem Abzugsfinger auf der Tastatur!« Dickerchen streckte seinen Zeigefinger und pustete imaginären Rauch davon.
»Was kann man denn gewinnen?«, fragte Bird.
Seit er nach der Schule seine Geschwister versorgte und dann selber noch ein paar Stunden arbeitete, war er müde. Wenn man dazu noch sieben Kinder nahm, fragte er sich, wie sein Papa das schaffte, nie seine gute Laune zu verlieren.
Nanu dachte Calvin und sah überrascht zu Bird. Sonst wäre er der erste der Dickerchen eine Standpauke gehalten hätte. Anscheinend war er wirklich ganz schön fertig. Und das Schlimme war seine Eltern wussten davon nichts, Birds Eltern hätten das nie zugelassen. Sie dachten er ist in der Bibliothek oder treffe sich mit Freunden.
»Nicht was man ... sondern was du gewinnen wirst, Bird!Nun mein Freund die Lebensmittel für eine Großfamilie für ein Jahr. Die Produktionsfirma bezahlt alle Lebensmittel! Das heißt du hast wieder Zeit!«, sagte Dickerchen. Er reichte die TV-Zeitschrift an seine Mitstreiter weiter. »Lest es und sagt mir, was ihr denkt.«
Neugierig nahm Bird die Zeitung und las laut vor: »Cumberland TV Produktion sucht talentierte Kandidaten für TV Show. Sind sie sportlich und okkult interessiert, wollten sie schon immer einmal zum Fernseh und in einem echten Gruselschloss ihr Können vor der Kamera zeigen. Bewerben sie sich jetzt. Ab 18 Jahre Gesundheit Psy/Phy vorausgesetzt.« Bird sah auf und schüttelte den Kopf: »Psychologische und physische Gesundheit, ist das etwas Dschungelcamp?«
Calvin verzog sein Gesicht selbst Bird sah etwas traurig aus. Bevor jemand den wichtigen Umstand erwähnen konnte, die Jungs seien 14 und keine 18 Jahre alt, hob Abel Green grinsend den Finger.
»Ich habe uns älter gemacht und uns in der Zeitungsdruckerei Universitätsausweise und nebenbei Führerscheine machen lassen. Die sind echter als echt, die Uni von Bexhill lässt ihre nämlich auch da machen!«
Dickerchens Vater war Chefredakteur der lokalen Zeitung und Abel betrachtete die Redaktion und die Druckerei als weitere Zimmer seines Zuhauses. Obwohl die Zeitung das schlimmste aller Schmierenblätter in England war und dreimal im Jahr die Landung von UFOs am weißen Haus in Washington meldeten.
»Oh Gott Dickerchen du stehst schon mit einem Bein im Kittchen!«, sagte Bird beeindruckt.
»Was riskiert man nicht alles für die Kumpel. Also die nehmen uns wir sind 18 Jahre. Also benehmt euch auch so! Und da die nur Paare nehmen oder einzelne können wir nicht als Trio hin. Ihr geht als Calvin und Bird und seid verliebte Turteltauben. Ich bin der hippe Londoner Jura und Wirtschaftswissenschaft Student! Wir treffen den Moderator, wenn die uns in das Gruselschloss bringen, morgen früh. Also vergesst nicht wir kennen uns nicht sind uns aber spontan sympathisch und ihr seit ein Paar!«
»Wo sollen wir denn die Zuschauer gruseln?«, fragte Calvin. Dickerchen verteilte die Universitätsausweise und sah auf.
»Wo in ...«